Kommentar
Das BMF hat am 14.1.2015 Änderungen zum Anwendungserlass der AO nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder bekanntgegeben. Diese Änderungen treten sofort in Kraft. Für die Praxis bedeutsam sind insbesondere die nachfolgend benannten Punkte:
1. Durchbrechung des Steuergeheimnisses zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
Ein Schwerpunkt der Änderungen sind neue Anweisungen zum § 31b AO, in dem es um Mitteilungspflichten der Finanzverwaltung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung geht. § 31b AO enthält Ausnahmen zum Steuergeheimnis nach § 30 AO. Nach § 31b AO dürfen grundsätzlich dem Steuergeheimnis nach § 30 AO unterliegende Informationen offenbart werden, soweit die Offenbarung der Durchführung eines Strafverfahrens zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung dient. Mit der Änderung des Anwendungserlasses reagiert die Finanzverwaltung auf die Änderung der Regelung des § 31b AO, die zum 31.12.2014 in Kraft trat.
Die gesetzliche Regelung des § 31b AO
Die gesetzliche Neuregelung ist aufgrund der neu ins Gesetz aufgenommenen Unterteilung in zwei Absätze und weitere Unterteilung in Ziffern erheblich übersichtlicher geworden als die bis Ende 2014 geltende Fassung. Liegen Verdachtsmomente dafür vor, dass eine Geldwäsche-Straftat oder eine strafbare Terrorismusfinanzierung vorliegt, hat die Finanzverwaltung dies dem Bundeskriminalamt zu melden. Bei Tatsachen, die auf eine Ordnungswidrigkeit hindeuten, ist darüber die zuständige Verwaltungsbehörde zu informieren. Ob eine solche Ordnungswidrigkeit verjährt ist, ist nach der zum 31.12.2014 in Kraft getretenen Regelung nicht mehr – hier unterscheidet sich die Neuregelung auch materiell-rechtlich von der Altfassung – zu prüfen.
Mitteilungspflichten durch den Anwendungserlass konkretisiert
Im Anwendungserlass stellt die Finanzverwaltung klar, dass die Finanzbehörden im Einzelfall zu prüfen haben, ob ein meldepflichtiger Vorgang i. S. d. § 31b Abs. 2 AO vorliegt und weist ihnen dazu einen recht weiten Beurteilungsspielraum zu. Ein meldepflichtiger Vorgang – der immerhin die Durchbrechung des Steuergeheimnisses rechtfertigt – liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung bereits vor, wenn objektiv erkennbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat sprechen und ein krimineller Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann. Ausreichend ist es, wenn ein Vorgang besonders ungewöhnlich und auffällig ist und die Verwirklichung einer strafbaren Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung nahe legt. Hohe Anforderungen gelten dabei nicht. Insbesondere muss die Finanzbehörde vor einer Meldung nicht prüfen, ob nach ihren Erkenntnissen eine strafrechtliche Verurteilung in Betracht kommt.
Tatsachen, die auf eine Ordnungswidrigkeit i. S. d. § 17 Geldwäschegesetz hindeuten, sind den zuständigen Behörden zu melden. Welche (Landes-)Behörde im Einzelfall zuständig ist, ist im Geldwäschegesetz geregelt. Seit 31.12.2014 muss die Finanzbehörde eine solche Meldung auch dann vornehmen, wenn sie der Auffassung ist, die Ordnungswidrigkeit sei verjährt. Dies führt dazu, dass es zukünftig häufiger zu Meldungen im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten kommen wird.
Auskunftspflichten bei Anfragen
Stellen die Strafverfolgungsbehörden im Rahmen von Vorermittlungen oder Ermittlungsverfahren Anfragen wegen des Verdachts einer Geldwäsche und/oder Terrorismusfinanzierung an die Finanzverwaltung, sind die geforderten Auskünfte im Rahmen des § 31b Abs. 1 und 2 AO zu erteilen. Entsprechendes gilt, wenn Anfragen von den nach dem Geldwäschegesetz zuständigen Behörden gestellt werden.
Ausdrücklich betont die Finanzverwaltung, dass die Betroffenen über beabsichtigte oder erstattete Meldungen nicht zu informieren sind, da ansonsten dessen Zweck gefährdet würde. D. h. Betroffene müssen jederzeit damit rechnen, dass sich insbesondere Finanzverwaltung und Bundeskriminalamt über verdächtige Aktivitäten austauschen, ohne dass die Betroffenen darüber – auch nicht nach Einstellung eines Verfahrens – informiert werden.
2. Festsetzung von Hinterziehungszinsen nicht bei erschlichener Investitionszulage und Eigenheimzulage
Im Zusammenhang mit Strafverfahren sind auch die Änderungen des AEAO bei der Festsetzung von Hinterziehungszinsen praktisch bedeutsam. Hinterziehungszinsen sind zu zahlen, wenn der objektive und subjektive Tatbestand einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung erfüllte wird und die Tat vollendet wurde (vgl. § 235 AO). Steuerordnungswidrigkeiten oder auch eine leichtfertige Steuerverkürzung i. S. d. § 378 AO berechtigen die Finanzverwaltung nicht zur Erhebung von Hinterziehungszinsen (vgl. AEAO zu § 235 Nr. 1.2). Nunmehr stellt die Finanzverwaltung fest, dass auch bei erschlichener Investitionszulage und Eigenheimzulage keine Hinterziehungszinsen erhoben werden dürfen, weil es sich dabei um einen Subventionsbetrug i. S. d. § 264 StGB handelt und nicht um eine Steuerhinterziehung. Dies war bislang umstritten. Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassu...