Leitsatz
Nach dem Fördergebietsgesetz konnten bereits auf Anzahlungen von Anschaffungskosten die Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden, wenn diese Vorauszahlungen nicht als willkürlich zu betrachten waren. Die Finanzverwaltung nahm eine Willkürlichkeit dann an, wenn das Wirtschaftsgut nicht spätestens im folgenden Jahr geliefert wurde (BMF, Schreiben v. 29.3.1993, BStBl 1993 I S. 279). Demnach dürfe nur der Betrag als Bemessungsgrundlage für Sonderabschreibungen herangezogen werden, der auch in dem der Vorauszahlung folgenden Jahr verbaut wurde. Das Finanzgericht Münster hat diese zeitliche Befristung als nicht verfassungskonforme Auslegung beurteilt.
Sachverhalt
Ein Steuerpflichtiger erwarb zusammen mit seiner Mutter, deren Anteil er wenig später übernahm, zu je ½ ein Grundstück in den neuen Bundesländern, wobei der Verkäufer die Verpflichtung eingegangen ist, neben der Grundstücksübertragung auf dem Grundstück ein Alten- und Pflegeheim zu errichten und dieses schlüsselfertig zu übergeben. Der Kaufpreis, der Zug um Zug gegen die Stellung einer Bürgschaft nach der Makler- und Bauträgerverordnung (MABV) zu zahlen war, wurde am 30.12.1994 überwiesen. Zu diesem Zeitpunkt gab es weder Baugenehmigung, noch war der Verkäufer seinerseits eingetragener
Eigentümer. Die Baugenehmigung wurde dann im April und Mai des Folgejahres erteilt. Das Objekt wurde am 01. September 1996 übergeben. Das Finanzamt erkannte die Sonderabschreibungen auf den in voller Höhe im voraus geleisteten Kaufpreis nicht an, unter Berufung auf obiges BMF-Schreiben, und korrigierte die Sonderabschreibungen auf den Betrag, der nach Zahlung binnen einem Jahr (1994) verbaut war. Hiergegen wandte sich die Klage.
Entscheidung
Das Finanzgericht stellt fest, dass weder § 4 Abs. 2 FördG noch § 7 a EStG dahingehend einschränkend auszulegen seien, dass eine Anzahlung nur dann zu Sonderabschreibungen berechtigt, wenn diese dem Stand der Baumaßnahmen nach 12 Monaten entspricht. Eine solche Auslegung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus dem Begriff der Anzahlung selbst. Maßgebend ist vielmehr, dass die Zahlung eine Vorausleistung auf ein noch zu vollziehendes Anschaffungsgeschäft darstellt. Ihre Höhe ist dabei für die Qualifizierung als Anzahlung ohne Belang. Des Weiteren hat das FG festgestellt, dass in diesem Fall auch § 42 AO nicht eingreift. Nachdem der Gesetzgeber die Sonderabschreibungen mit den daraus resultierenden steuerlichen Vorteilen auch auf Anzahlungen zugelassen hat, somit die Intention des Gesetzgebers seinen Niederschlag gefunden hat, kann eine Umgehung grundsätzlich nicht mehr angenommen werden. Anderes würde nur dann gelten, wenn die Vertragsbeteiligten mit der Vereinbarung einer Anzahlung erstreben, dass der Werber in den Genuss der Sonderabschreibung gelangt, während andererseits eine unverzügliche und alsbaldige Realisierung nicht beabsichtigt oder von einer solchen nicht auszugehen ist. Damit kommt es nur darauf an, ob die Beteiligten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund der Gesamtumstände davon ausgehen können, dass das Projekt alsbald realisiert werden könnte.
Hinweis
Alle noch offenen Veranlagungen im Rahmen der Anwendungen des Fördergebietsgesetzes müssen auf die Zulässigkeit der Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen auf Anzahlung überprüft werden. Das obige BMF-Schreiben findet keine Anwendung mehr, so dass gerade bei allen Fällen der Bauverzögerung gegebenenfalls von der Finanzverwaltung vorgenommene Kürzungen der Sonderabschreibung unrechtmäßig sind.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 16.05.2003, 11 K 2612/01 F