1. Zunehmende Verlagerungsaktivität durch Krisendruck
Es mehren sich in der Praxis die Anträge auf Verlagerung der Buchführung ins Ausland. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass lediglich die elektronische Buchführung und elektronische Aufzeichnungen bzw. Teile hiervon verlagert werden können. Papierunterlagen sind grundsätzlich weiterhin im Inland aufzubewahren. Erlangt die Finanzbehörde letztlich Kenntnis davon, dass der Steuerpflichtige die elektronische Buchführung oder Teile davon ins Ausland – ohne förmliche Anzeige – verlagert hat, ist zu prüfen, ob gerade eine Rückverlagerung verlangt werden muss (s. hierzu auch BayLfSt v. 20.1.2017 – S 0316.1.1-3/5 St42).
2. Einordnung
Abweichend von § 146 Abs. 2 S. 1 AO kann der Steuerpflichtige elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen oder Teile davon in einem anderen Mitgliedstaat oder in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union führen und aufbewahren. Macht der Steuerpflichtige von dieser Befugnis Gebrauch, hat er sicherzustellen, dass der Datenzugriff (§ 146b Abs. 2 S. 2, § 147 Abs. 6 AO und § 27b Abs. 2 S. 2 und 3 UStG) in vollem Umfang möglich ist (§ 146 Abs. 2a AO).
Die formellen Anforderungen an die elektronische Auslandsbuchführung entsprechen denen der inländischen. Es muss somit sichergestellt sein, dass
- die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung vom Inland aus lückenlos geprüft werden kann und
- die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD) eingehalten werden.
Dies setzt voraus, dass auch nach der Verlagerung die Voraussetzungen der §§ 140 bis 147 AO und alle sonstigen Anforderungen erfüllt sind, die nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (sog. GoBS; s. hierzu bereits BMF v. 7.11.1995, BStBl. I 1995, 738) an ein DV-gestütztes Buchführungssystem gestellt werden. Ferner ist sicherzustellen, dass die Voraussetzungen des Datenzugriffs nach den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (sog. GDPdU für Alt-Jahre; s. hierzu auch BMF v. 16.7.2001, BStBl. I 2001, 415; sowie weitergehend bereits Rennar, StuB 2021, 780) in vollem Umfang erfüllt werden.
Ersetzende bildliche Erfassung: Erfolgt im Zusammenhang mit einer, nach § 146 Abs. 2a AO genehmigten, Verlagerung der elektronischen Buchführung ins Ausland eine ersetzende bildliche Erfassung, wird es alternativ nicht beanstandet, wenn die papierenen Ursprungsbelege zu diesem Zweck an den Ort der elektronischen Buchführung verbracht werden. Die bildliche Erfassung hat zeitnah zur Verbringung der Papierbelege ins Ausland zu erfolgen (BMF v. 28.11.2019, BStBl. I 2019, 1269, m.w.N.
Literaturhinweis: Zur Umsetzung des Public Country-by-Country Reporting in Deutschland s. Rennar, IWB 2023, 61.
3. Form und Inhalt des Antrages
In dem nach § 146 Abs. 2a S. 1 AO schriftlich zu stellenden Antrag sind die für die Verlagerung vorgesehenen elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen nach Art und Umfang näher zu bezeichnen und konkret anzugeben, welche Bearbeitungs-/Verarbeitungsvorgänge (Erfassung, Kontierung, Datenverarbeitung, Archivierung, etc.) zukünftig im Ausland vorgenommen werden bzw. in Abgrenzung dazu – weiterhin im Inland verbleiben. Dazu gehört u.a. auch die Beschreibung des geplanten Verfahrens. Sofern neben der reinen Aufbewahrung auch die Führung der elektronischen Bücher im Ausland vorgesehen ist, sind daher auch Angaben erforderlich, wie die hierfür erforderlichen Informationen im Zusammenhang mit Papierunterlagen ins Ausland gelangen (z.B. inländische Digitalisierung von Papierbelegen, Versand von Kopien, etc.). Aus dem Antrag muss auch entnommen werden können, dass die Richtigkeit der Kontierung und Verbuchung der Belege sowie deren vollständige Erfassung durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt wird und vom Inland aus überprüfbar bleibt. Insgesamt muss der Antrag dem FA letztlich eine Überprüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 146 Abs. 2a AO ermöglichen (s. hierzu bereits FinMin. Schl.-Holst. v. 1.3.2012 – VI 328 - S 0316 - 032).
Beraterhinweis Für jeden Steuerpflichtigen ist ein gesonderter Antrag erforderlich. Dieses gilt auch für Konzerne i.S.d. Betriebsprüfungsordnung – BpO. Nach § 146 Abs. 2a AO ist es demnach zulässig, auch nur Teile der elektronischen Buchführung ins Ausland zu verlagern. Die Verlagerung weiterer Teile bedarf dann dem Grunde nach eines neuen Antrags und einer ergänzenden Bewilligung nach § 146 Abs. 2a AO.