1. Einordnung
Abweichend von § 146 Abs. 2 S. 1 AO kann die zuständige Finanzbehörde auf schriftlichen oder elektronischen Antrag des Steuerpflichtigen bewilligen, dass elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen oder Teile davon in einem Drittstaat oder in mehreren Drittstaaten geführt und aufbewahrt werden können.
Voraussetzung ist, dass:
Bewilligungswiderruf und Rückverlagerung: Werden der Finanzbehörde Umstände bekannt, die zu einer Beeinträchtigung der Besteuerung führen, hat sie die Bewilligung zu widerrufen und die unverzügliche Rückverlagerung der elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen aus einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verlangen. Eine Änderung des Standorts oder der Standorte des Datenverarbeitungssystems (vgl. § 146 Abs. 2b S. 2 Nr. 1 AO) ist der zuständigen Finanzbehörde unverzüglich mitzuteilen (§ 146 Abs. 2b AO). Es wurde insoweit bereits durch das Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020, BGBl. I 2020, 3096) klargestellt, dass das Genehmigungserfordernis für die Verlagerung von elektronischen Büchern und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen nur noch für Verlagerungen in Drittstaaten gilt (vgl. bereits RegE zum JStG 2020).
Antragslose Verlagerung in EU-Mitgliedstaaten: Seit Inkrafttreten des JStG 2020 ist hierbei folgende Unterscheidung nötig. Eine Verlagerung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist nunmehr ohne expliziten Antrag möglich. Es ist aber sicherzustellen, dass der entsprechende Datenzugriff weiterhin in vollem Umfang möglich bleibt. Für eine Verlagerung in einen Drittstaat ist gem. § 146 Abs. 2b AO weiterhin die Bewilligung eines entsprechenden Antrages nötig. Zusätzlich zu der dabei auch künftig erforderlichen Ermöglichung des Datenzugriffes in vollem Umfang sind weitere Voraussetzungen zu erfüllen. Der schriftliche oder elektronische Antrag muss letztlich eine detaillierte Beschreibung der für die Verlagerung vorgesehenen elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen enthalten. Dazu gehört auch die Beschreibung des geplanten Verfahrens. Aus dem Antrag muss dem FA ebenfalls eine Überprüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 146 Abs. 2b AO möglich sein. Für jeden Steuerpflichtigen ist ebenfalls ein gesonderter Antrag erforderlich. Die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (sog. GoBD; s. hierzu BMF v. 28.11.2019, BStBl. I 2019, 1269) sind auch nach der Verlagerung zu erfüllen (vgl. hierzu auch BayLfSt v. 29.1.2021 – S 0316.1.1-3/7 St 43, m.w.N.).
2. Zuständiges Finanzamt
Die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag richtet sich nach den allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften der §§ 16 ff. AO. Das FA kann nur für seinen sachlichen und örtlichen Zuständigkeitsbereich eine Bewilligung nach § 146 Abs. 2b AO erteilen; daher gelten insb. von der Zollverwaltung erteilte Bewilligungen nicht für die Steuerverwaltung und umgekehrt. Der Antragsteller ist auf die Reichweite der Bewilligung hinzuweisen. Vor einer abschließenden Entscheidung im Zusammenhang mit § 146 Abs. 2b AO ist bei Konzernen insoweit das FA, das für die Besteuerung des herrschenden oder einheitlich leitenden Unternehmens zuständig ist, zu beteiligen. Über die jeweilige Bewilligung entscheidet das örtlich zuständige FA.
3. Keine Beeinträchtigung der Besteuerung
Das kritischste Tatbestandsmerkmal ist in Drittstaaten-Fällen die Sicherstellung zur Nichtbeeinträchtigung der Besteuerung i.S.d. § 146 Abs. 2b S. 2 Nr. 4 AO. Die Verlagerung darf wegen des Erfordernisses einer effizienten Steuerkontrolle hierbei nur bei solchen Steuerpflichtigen bewilligt werden, die in der Vergangenheit ihren steuerlichen Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen sind. Weiterhin ist zu prüfen, ob durch die Verlagerung die Besteuerung zukünftig beeinträchtigt wird. Zu den steuerlichen Pflichten gehören insoweit die allgemeinen Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren, die einschlägigen Ordnungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten der AO sowie die Auskunfts- und Vorlagepflichten einschließlich der Gewährung des Datenzugriffs im Rahmen einer Außenprüfung (§§ 193 ff. AO) bzw. einer Kassen-Nachschau (§ 146b AO) bzw. einer Umsatzsteuer-Nachschau (§ 27b Abs. 2 S. 2 f. UStG). Die Nichtbeeinträchtigung der Besteuerung umfasst hierbei die E...