Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
1 Umsatzsteuerpflicht
Eine Arbeitsgemeinschaft ist umsatzsteuerlicher Unternehmer, wenn sie im Geschäftsverkehr im eigenen Namen auftritt, also insbesondere den Vertrag mit dem Auftraggeber abschließt und auch in dieser Weise durchführt. Dies gilt auch, wenn sich die Arbeitsgemeinschaft – wie in der Praxis üblich – nur zur Abarbeitung eines einzigen Auftrags zusammenfindet. Zivilrechtlich ist die Arbeitsgemeinschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die sich zur Erfüllung eines bestimmten Auftrags zusammenschließt.
Als Außengesellschaft unterliegt sie mit ihren Leistungen, die sie an Dritte bewirkt, der Umsatzsteuer und ist unter den weiteren Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Besonders beachtet werden muss das Verhältnis der Arbeitsgemeinschaft zu ihren Gesellschaftern, da im Regelfall die Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft gegenüber Leistungen ausführen. Wird ein Gesellschafter gegenüber seiner Gesellschaft tätig, kann es sich
- um eine auf gesellschaftsrechtlicher Ebene ausgeführte Leistung (sog. echter Gesellschafterbeitrag) oder
- um einen auf Leistungsaustausch gerichteten Vorgang (sog. unechter Gesellschafterbeitrag)
handeln.
Wirtschaftliche Betrachtung für Gesellschafterbeitrag maßgeblich
Bei der Frage, ob es zu einem entgeltlichen Leistungsaustausch zwischen der Arbeitsgemeinschaft und dem Gesellschafter kommt, ist nicht nur auf die verbale Festlegung in einem Vertrag zu achten. Zu beachten ist auch, was wirtschaftlich zwischen den Vertragsparteien gewollt ist. Stellt eine Bezahlung eine Vergütung für erbrachte Leistungen dar, führt dies zu einem Leistungsaustausch, auch wenn die Zahlung als "Gewinnverteilung" bezeichnet wird.
Zahlt die Arbeitsgemeinschaft an die Gesellschafter die erzielten Gewinne aus, unterliegen diese bei den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft nicht der Umsatzsteuer. Leistungen der Mitglieder an die Gesellschaft, wie z. B. die Überlassung von Geräten, die durch die Beteiligung der Gesellschafter am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden, sind als echter Gesellschafterbeitrag nicht steuerbar, da diesem kein Leistungsaustausch zugrunde liegt. Sonderfälle zu den Arbeitsgemeinschaften im Baugewerbe regelt die Finanzverwaltung in Abschn. 1.6 Abs. 8 UStAE.
Keine Leistung der ARGE bei Vertragsabschluss in fremdem Namen
Schließt eine Arbeitsgemeinschaft die Verträge mit dem Auftraggeber nicht im eigenen Namen, sondern in dem ihrer Mitglieder ab, unterliegen die Mitglieder mit ihren Leistungen an den Auftraggeber der Umsatzsteuer, während die Arbeitsgemeinschaft Umsatzsteuer nur für ihre Provision und für den Ersatz von Aufwendungen zu zahlen hat.
2 Ausnahmen
Keine Arbeitsgemeinschaft liegt vor, wenn ein Auftraggeber mit einem Unternehmer einen Vertrag abschließt und dieser den Auftrag ganz oder teilweise an andere Unternehmer im eigenen oder fremden Namen weitergibt. Die anderen Unternehmer werden dann als Sub- oder Nebenunternehmer beteiligt. Die einzelnen Unternehmer können sich für bestimmte Zwecke, wie z. B. die Gestellung von Arbeitskräften oder Geräten, zu einer Innengesellschaft zusammenschließen. Diese ist kein Unternehmer; ein Leistungsaustausch kommt unter Umständen zwischen ihren Mitgliedern in Betracht.
3 Besonderheiten
Eine Besonderheit besteht für eine Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes bei der Entstehung der Umsatzsteuer. Erbringen Gesellschafter als Subunternehmer gegenüber der im Baubereich tätigen Arbeitsgemeinschaft Bauleistungen, wird die Arbeitsgemeinschaft Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 UStG. Dies gilt auch, wenn die Arbeitsgemeinschaft selbst noch keine Bauleistungen ausgeführt hat.
Arbeitsgemeinschaft als Steuerschuldner der Umsatzsteuer
Rohbauunternehmer B ist Gesellschafter der "ARGE Rathausneubau" und erbringt gegenüber der Arbeitsgemeinschaft die Rohbauleistungen bei der Errichtung des Rathausneubaus. Zwischen der ARGE und dem B ist ein entgeltlicher Vertrag (unechter Gesellschafterbeitrag) abgeschlossen worden.
Da B gegenüber der ARGE eine Bauleistung nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG ausführt und die ARGE bauleistender Unternehmer nach § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG ist, wird die ARGE zum Steuerschuldner für die ihr gegenüber ausgeführte Leistung. B darf in seiner Rechnung keine Umsatzsteuer ausweisen, muss aber auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft hinweisen. Die ARGE muss die geschuldete Umsatzsteuer anmelden, kann diese aber im Regelfall als Vorsteuer abziehen.
Nachweis der Eigenschaft durch Bescheinigung notwendig
Die Eigenschaft als "bauleistender Unternehmer" muss auch von der ARGE gegenüber den Unternehmern, die ihr gegenüber Leistungen ausführen, nachgewiesen werden. Dies ist unabhängig davon, ob die Leistungen an die ARGE durch fremde Dritte oder (entgeltlich) durch Gesellschafter ausgeführt werden. Die Finanzverwaltung bestätigt dem bauleistenden Unternehmer mit der Bescheinig...