Leitsatz
1. Verzichtet der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer auf Schadenersatz nach einem während einer beruflichen Fahrt alkoholbedingt entstandenen Schaden am auch zur privaten Nutzung überlassenen Firmen-Pkw, so ist der dem Arbeitnehmer aus dem Verzicht entstehende Vermögensvorteil nicht durch die 1%-Regelung abgegolten.
2. Der als Arbeitslohn zu erfassende Verzicht auf Schadenersatz führt nur dann zu einer Steuererhöhung, wenn die Begleichung der Schadenersatzforderung nicht zum Werbungskostenabzug berechtigt. Ein Werbungskostenabzug kommt nicht in Betracht, wenn das auslösende Moment für den Verkehrsunfall die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit war.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 Sätze 2 ff., § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, § 9 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger bezog im Streitjahr 1997 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus der Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der X-GmbH (GmbH). Im Rahmen einer bei der GmbH durchgeführten LSt-Außenprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger bei einer betrieblich veranlassten Fahrt mit dem auch für Privatfahrten überlassenen firmeneigenen Pkw unter Alkoholeinfluss einen Verkehrsunfall verursacht hatte, der zum Totalschaden führte. Eine Schadenersatzforderung gegen den Kläger in Höhe der Differenz zwischen dem Zeitwert des Kfz zum Unfallzeitpunkt und dem noch im Jahr 1997 erzielten Verkaufserlös hatte die GmbH nicht geltend gemacht.
Das FA erhöhte daraufhin die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit um die Differenz zwischen Zeitwert des Pkw und Verkaufserlös. Das FG gab der Klage statt (EFG 2006, 253).
Entscheidung
Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zur weiteren Sachaufklärung zurück. Der geldwerte Vorteil durch Verzicht der GmbH auf die Schadenersatzforderung führe nur dann zu einer Steuererhöhung, wenn und soweit die Begleichung der Schadenersatzforderung nicht ihrerseits zum Werbungskostenabzug berechtige. Diese Frage müsse vom FG noch geprüft werden. Ebenso sei noch zu klären, wie hoch die Schadenersatzforderung der GmbH gegenüber dem Kläger gewesen sei.
Hinweis
1. Arbeitnehmer, denen von ihrem Arbeitgeber ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt wird, müssen den damit verbundenen geldwerten Vorteil als Arbeitslohn versteuern. Dieser Vorteil wird nach der sog. 1%-Regelung monatlich mit 1% des Bruttolistenpreises (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 ff. i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) bewertet. Durch diese Regelung werden alle Kosten abgegolten, die unmittelbar durch das Halten und den Betrieb des Fahrzeugs veranlasst sind und typischerweise bei seiner Nutzung anfallen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 14.9.2005, VI R 37/03, BFH-PR 2006, 56). Hierzu zählen etwa fahrleistungsabhängige Aufwendungen (Treib- und Schmierstoffe) sowie feste Kosten, wie z.B. Haftpflichtversicherung, Kfz-Steuer, AfA).
2. Mit der Besprechungsentscheidung hat der BFH nun entschieden, dass Unfallkosten von der 1%-Regelung nicht erfasst werden. Der Verzicht des Arbeitgebers auf Ausgleich solcher Unfallkosten bzw. auf Schadenersatz stellt einen zusätzlichen geldwerten Vorteil dar. Insoweit hatte der BFH schon früher entschieden, dass der Verzicht des Arbeitgebers auf die Geltendmachung einer aus einem Verkehrsunfall herrührenden Schadenersatzforderung gegen den Arbeitnehmer eine Vermögensmehrung darstellt, die als Arbeitslohn zu erfassen ist.
3. Der als Arbeitslohn zu erfassende Verzicht auf eine Schadenersatzforderung kann im Rahmen der ESt-Veranlagung des Arbeitnehmers aber nur dann zu einer Steuererhöhung führen, wenn und soweit die Begleichung der Schadenersatzforderung nicht ihrerseits zum Werbungskostenabzug berechtigt. Denn sonst könnten von dem Arbeitslohn in Höhe der Schadenersatzforderung Aufwendungen für die Schadenersatzforderung als Werbungskosten abgezogen werden bzw. es könnte mithin eine Saldierung vorgenommen werden.
4. Dies führt zu der Frage, wann in solchen Fällen Werbungskosten (Erwerbsaufwendungen) vorliegen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass auch ein grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Verstoß gegen Verkehrsvorschriften für die Abziehbarkeit der dadurch entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten unschädlich ist. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn das auslösende Moment für einen Verkehrsunfall die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit ist (BFH, Urteil vom 28.11.1977, GrS 2-3/77, BStBl II 1978, 105).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.5.2007, VI R 73/05