OFD Frankfurt, Verfügung v. 21.9.2016, S 7171 A - 003 - St 16

Anträge von (privaten) Arbeitsvermittlern auf Anwendung der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL

In den hessischen Finanzämtern gehen derzeit vermehrt Anträge von (privaten) Arbeitsvermittlern ein, in denen die steuerfreie Behandlung der ausgeführten Umsätze begehrt wird. Dies betrifft auch Veranlagungszeiträume, die vor dem 1.1.2015 geendet haben.

Als Begründung wird auf die in § 4 Nr. 21 UStG nicht ausreichende Umsetzung des Begriffs der sozialen Einrichtung aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL in nationales Recht sowie eine in § 4 Nr. 18 Buchstabe c UStG über den Wortlaut der MwStSystRL hinausgehende Beschränkung der Steuerbefreiung verwiesen. Aus diesem Grund sei die Steuerbefreiung auch vor dem 1.1.2015 zu gewähren, da die Befreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL uneingeschränkt gelte (vgl. Tz. 2).

 

1. Behandlung für Zeiträume ab dem 1.1.2015

Durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer Vorschriften wurde zum 1.1.2015 § 4 Nr. 15b UStG eingefügt. Demnach sind Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden, steuerfrei zu behandeln. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,

  1. die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
  2. die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
  3. die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben.

Ob die Steuerbefreiung zu gewähren ist, muss im Einzelfall geprüft werden.

 

2. Behandlung für Zeiträume bis zum 31.12.2014

Mit BMF-Schreiben vom 19.9.2016 ist das BFH-Urteil vom 29.7.2015, XI R 35/13, veröffentlicht worden. Danach können sich (private) Arbeitsvermittler für die von ihnen erbrachten Leistungen unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen, wenn sie

  • ihr Honorar aufgrund eines ab dem 1.4.2012 ausgestellten Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach § 45 SGB III (bis zum 31.3.2012 nach § 421g SGB III a.F. ausgestellten Vermittlungsgutschein) unmittelbar von der Bundesagentur für Arbeit erhalten haben.

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist eine Steuerbefreiung der Leistungen (privater) Arbeitsvermittler lediglich unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG möglich, vgl. ofix: UStG/4/106.

Die bisherige Rundvfg. vom 7.1.2016 wird aufgehoben.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 15b

UStG § 4 Nr. 21;

RL 2006/112/EG Art. 132 Abs. 1 Buchst. g

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