Die Regelungen des Wehrpflichtgesetzes gelten uneingeschränkt für abhängig Beschäftigte, also Arbeiter und Angestellte sowie die Bediensteten im öffentlichen Dienst.
3.2.1 Heimarbeiter und selbstständige Handelsvertreter
Für Heimarbeiter und selbstständige Handelsvertreter, die rechtlich nicht als Arbeitnehmer anzusehen sind, hinsichtlich ihrer sozialen Abhängigkeit aber genauso schutzwürdig erscheinen, hat der Gesetzgeber einen vergleichbaren sozialen Schutz vorgesehen. Nach § 58f SG i. V. m. § 7 Abs. 1 ArbPlSchG gelten die §§ 1–4 sowie § 6 Abs. 2 des ArbPlSchG sinngemäß auch für Heimarbeiter. Sie dürfen im Zusammenhang mit der Wehrpflicht bei der Ausgabe von Heimarbeit gegenüber anderen Heimarbeiter des gleichen Auftraggebers oder Zwischenmeisters nicht benachteiligt werden. Sollte es dennoch zu einer Ungleichbehandlung kommen, haben die betroffenen Heimarbeiter gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 ArbPlSchG einen Anspruch auf Zahlung des entgangenen Entgelts; bei der Berechnung ist das in den 52 Wochen vor der Vorlage des Einberufungsbescheids erzielte Durchschnittsentgelt heranzuziehen.
Bei selbstständigen Handelsvertretern wird das Vertragsverhältnis mit dem Unternehmen gemäß § 8 Abs. 1 ArbPlSchG durch eine Einberufung im Falle des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b SG oder nach § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 6b WPflG im Spannungs- oder Verteidigungsfall nicht aufgelöst. Dem Unternehmer ist es zudem nach § 8 Abs. 4 ArbPlSchG verboten, das Vertragsverhältnis aus Anlass des Eintritts in die Bundeswehr zu kündigen . Bei Bezirksvertretern gemäß § 87 Abs. 2 HGB kann der Unternehmer die Betreuung des Bezirks selbst oder durch eigene Angestellte wahrnehmen, wobei der Handelsvertreter die dem Unternehmer entstehenden Aufwendungen zu ersetzen hat.
§ 8 Abs. 4 ArbPlSchG stellt klar, dass ein während des Wehrdienstes auslaufendes, befristetes Vertragsverhältnis zwischen Handelsvertreter und Unternehmen nicht allein wegen des Wehrdienstes auf dessen Ende verlängert wird.
3.2.2 Ausländische Arbeitnehmer
Zu einer Pflichtenkollision kann es kommen, wenn Mitarbeiter mit ausländischer Staatsangehörigkeit ihren Wehrdienst im jeweiligen Heimatland antreten müssen.
Die Wehrpflicht im Spannungs- oder Verteidigungsfall besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Wehrpflichtige neben der deutschen noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzt. Dies kann der Fall sein, wenn ein Elternteil Deutscher und ein Elternteil Ausländer ist. Diese Pflicht gilt selbst dann, wenn der in Deutschland Wehrpflichtige wegen seiner doppelten Staatsangehörigkeit durch den Wehrdienst Schwierigkeiten mit dem anderen Staat hat, evtl. sogar von diesem strafrechtlich verfolgt werden sollte.
Die Ableistung des Wehrdienstes kann unabhängig von dieser Kollisionslage eine besondere Härte sein und zur Zurückstellung führen.
3.2.2.1 EU-Staatsangehörige
Nach § 16 Abs. 6 des ArbPlSchG gelten § 1 Abs. 1, 3 und 4 und die §§ 2 bis 8 ArbPlSchG auch für in Deutschland beschäftigte Ausländer, die Staatsangehörige der Vertragsparteien der Europäischen Sozialcharta vom 18.10.1961 sind und die ihren rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland haben. Auf Ausländer mit EU-Staatsbürgerschaft ist die Regelung umfassend anwendbar, da alle EU-Mitgliedstaaten auch Vertragspartner der Europäischen Sozialcharta sind. Tatbestandlich greift § 16 Abs. 6 ArbPlSchG ein, wenn die Ausländer in ihrem Heimatstaat zur Erfüllung ihrer dort bestehenden Wehrpflicht zum Wehrdienst herangezogen werden. Unabhängig davon sind EU-Bürger den deutschen Staatsangehörigen im Hinblick auf die Anwendbarkeit des ArbPlSchG gleichgestellt.
3.2.2.2 Ausländer aus Drittstaaten
Für ausländische Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten, die zudem auch der Europäischen Sozialcharta nicht beigetreten sind, gilt das ArbPlSchG nicht. Wenn sie zum Wehrdienst in ihrem Heimatland eingezogen werden, können sie jedoch ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 616 BGB analog gegenüber ihrem deutschen Arbeitgeber haben, da sie sich in einer unverschuldeten Pflichtenkollision zwischen Arbeitsvertragspflicht und Wehrdienstverpflichtung befinden. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung sind die Dauer der wehrdienstbezogenen Abwesenheit und die konkreten betrieblichen Auswirkungen zu berücksichtigen. Dabei ist von einer zeitlichen Obergrenze von 2 Monaten auszugehen. Dazu darf die Arbeitsleistung für den geordneten Betriebsablauf nicht von erheblicher Bedeutung sein und der Arbeitgeber darf durch den Ausfall in keine Zwangslage gebracht werden, die durch zumutbare Überbrückungsmaßnahmen nicht behoben werden kann.
Bei längerer Abwesenheit zur Ableistung eines Wehrdienstes im Ausland kann eine ordentliche, personenbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sein, wenn der wehrdienstbegründete Ausfall zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt und nicht durch zumutbare personelle und organisatorische Maßnahmen zu überbrücken ist. Zu den zumutbaren Überbrückungsmaßnahmen kann auch e...