Zusammenfassung
Arbeitsverweigerung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag bzw. die Erfüllung von Weisungen seines Arbeitgebers nach § 106 GewO rechtswidrig ablehnt. Sie kann sowohl eine außerordentliche (fristlose) als auch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Dies gilt grundsätzlich nicht für eine "bloße" Ankündigung einer Arbeitsverweigerung.
Arbeitsrecht
1 Ablehnung einer Haupt- oder Nebenpflicht
Der Arbeitnehmer hat die Arbeitsleistung nach § 613 BGB persönlich zu erbringen. Seine Haupt- und Nebenpflichten ergeben sich aus Gesetz, einem anwendbaren Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung und dem Arbeitsvertrag. Nach seinem Weisungs- oder Direktionsrecht gem. § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht bereits durch die dargestellten höherrangigen Normen festgelegt sind.
Ein Arbeitnehmer, der eine Arbeitgeberweisung zu Unrecht nicht befolgt, handelt rechtswidrig, was zunächst abmahnungs- und dann kündigungsrelevant ist.
Hat der Arbeitnehmer jedoch für sein Verhalten Rechtfertigungsgründe, liegt keine Arbeitsverweigerung vor. So ist er z. B. nicht verpflichtet, eine Weisung zu befolgen, die ihrerseits rechtswidrig ist, weil sie gegen Arbeitsschutzvorschriften verstößt oder nicht billigem Ermessen i. S. d. § 106 GewO entspricht.
Zudem handelt der Arbeitnehmer nicht rechtswidrig, wenn er nach vorheriger Ankündigung von seinem Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB Gebrauch macht, weil z. B. der Arbeitgeber seinerseits einen fälligen Anspruch des Arbeitnehmers schuldhaft nicht erfüllt hat. Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber mit der Auszahlung von mehr als 2 Monatsgehältern in Verzug ist. Allerdings muss der Arbeitnehmer sein Zurückbehaltungsrecht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ausüben und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Also muss er dem Arbeitgeber vorzeitig, unter Angabe des Grundes, klar und eindeutig mitteilen, er werde sein Zurückbehaltungsrecht wegen einer konkret benannten Gegenforderung wahrnehmen. Nur so kann der Arbeitgeber diese Forderung prüfen und ggf. erfüllen. Wenn der Arbeitnehmer so berechtigterweise von dem dargestellten Zurückbehaltungsrecht Gebrauch macht, liegt keine Arbeitsverweigerung vor.
Nach § 275 Abs. 3 BGB kann ein Arbeitnehmer die Leistung verweigern, wenn sie ihm unter Abwägung des für ihn entgegenstehenden Hindernisses nicht zugemutet werden kann. Die Vorschrift betrifft das Spannungsverhältnis von Vertragstreue und Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung und löst dieses dann zugunsten des Arbeitnehmers auf, wenn ihn die Leistungserbringung hoch belastet, weil ein Fall besonderer Leistungserschwerung vorliegt.
Auch ein echter und unvermeidbarer Gewissenskonflikt kann zu einer solchen Belastung und damit einer berechtigten Verweigerung der Arbeit führen.
Nimmt ein Arbeitnehmer an einem rechtmäßigen – d. h. von der zuständigen Gewerkschaft aufgerufenen – Arbeitskampf teil und streikt, handelt er ebenfalls rechtmäßig. Anders ist es jedoch bei der Teilnahme an einem von der Gewerkschaft nicht aufgerufenen und deshalb "wilden" Streik. Dann handelt es sich nicht um eine zulässige Rechtsausübung, die dem Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG unterliegt.
Verweigert der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung, weil er annimmt, er handle rechtmäßig, hat er grundsätzlich selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als unzutreffend erweist.
Er kann sich einer rechtmäßigen Weisung des Arbeitgebers auch nicht dadurch entziehen, dass er ein gerichtliches Verfahren zur Klärung der umstrittenen Frage einleitet.
Vorgehen des Arbeitgebers bei Arbeitsverweigerung
Ist der Arbeitnehmer der Auffassung, er müsse eine Weisung des Arbeitgebers nicht befolgen, wird er aufgrund der dargestellten Rechtslage den Arbeitgeber auf die entgegenstehenden Argumente hinweisen müssen. Andernfalls riskiert er eine Abmahnung oder Kündigung.
Allerdings wird der Arbeitnehmer wohl – zur Risikominimierung – der Weisung vorläufig unter Protest nachkommen oder Urlaub bis zur Klärung beantragen.
- Der Arbeitgeber kann dann nach Prüfung der Argumente entsprechend handeln und ggf. von der Weisung absehen oder zusätzliche Argumente mitteilen.
- Eine Kündigung des Arbeitnehmers, allein weil er im Wege der Klage die Rechtslage klären lässt, wäre nach §§ 612a, 134 BGB unwirksam (Maßregelungsverbot).
Voraussetzung für eine Arbeitsverweigerung ist nicht nur die Rechtswidrigkeit der Untätigkeit oder nicht richtigen Tätigkeit, sondern auch, dass der Arbeitnehmer bewusst nicht dazu bereit ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Keine Arbeitsverweigerung liegt also vor, wenn er lediglich langsam ist oder aus Vergesslichkeit nicht dem Arbeitsvertrag entsprechend arbeitet.
Auch die Verletzung von Nebenpflichten kann eine Arbeitsverweigerung darstellen.