Dr. Christian Schlottfeldt
Eine Weiterentwicklung der Gleitzeit stellt die flexible Arbeitszeit im Tagesdienst mit Arbeitszeitrahmen und bereichsspezifischen Servicezeiten dar, die auch als "variable Arbeitszeit" bezeichnet wird. In diesem Modell steht dem Arbeitnehmer ein definierter (und ggf. bereichsspezifisch differenzierter) täglicher Zeitrahmen (z. B. Montag bis Freitag 7–19 Uhr) für die Erbringung seiner Arbeitsleistung zur Verfügung. Im Unterschied zur Gleitzeit wird eine Kernzeit nicht festgelegt. Der Arbeitnehmer ist jedoch verpflichtet, die Lage seiner Arbeitszeit auf der Grundlage gegenseitiger Absprache mit Kollegen und/oder Abstimmung mit der verantwortlichen Führungskraft so einzuteilen, dass betriebsseitige Vorgaben für die Erbringung bestimmter Leistungen wie z. B. die Gewährleistung von Mindestbesetzungsstärken ("Servicezeit" bzw. "Funktionszeit"), die Wahrnehmung von Terminen, die Einhaltung von "Deadlines" sichergestellt werden.
Die flexible Arbeitszeit im Tagesdienst ist dabei für voll- und teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gleichermaßen geeignet, da sie ihre Arbeitszeit innerhalb des definierten Arbeitszeitrahmens nach Abstimmung mit den Kollegen im Team eigenverantwortlich einteilen können. Dabei empfiehlt es sich, mit Teilzeitmitarbeitern abzusprechen, ob sie ihre Arbeitszeit grundsätzlich auf alle betriebsüblichen Arbeitstage (z. B. 5-Tage-Woche von Montag bis Freitag) verteilen oder weniger (und dafür längere) Arbeitstage leisten. Soweit zur Berücksichtigung individueller zeitlicher Restriktionen (z. B. aufgrund von Betreuungspflichten) feste Arbeitstage und -zeiten mit einer Teilzeitkraft vereinbart werden, sollte dies auf die Zeitspanne des Vorliegens solcher Restriktionen (z. B. häusliche Betreuungs- oder Pflegesituation) befristet werden.
4-Tage-Woche
Im Rahmen des flexiblen Tagesdienstes können auch Vollzeit- oder Teilzeitmodelle zur Verkürzung der Zahl der wöchentlichen Arbeitstage (z. B. 4-Tage-Woche) umgesetzt werden. So wäre es arbeitszeitgesetzlich zulässig, dass ein Arbeitnehmer seine vertragliche (Vollzeit-)Arbeitszeit auf 4 Tage pro Woche verteilt, auch wenn dann regelmäßig mehr als 8 Stunden bzw. 1/5 der Wochenarbeitszeit pro Arbeitstag gearbeitet wird (sog. überproportionale Tagesarbeitszeit). Solange aufgrund der zusätzlichen arbeitsfreien Tage durchschnittlich nicht mehr als 8 Stunden pro Werktag (einschließlich Samstag) gearbeitet wird (bzw. durchschnittlich 48 Stunden/Woche) und die werktägliche Höchstarbeitszeit von 10 Stunden als täglicher Spitzenwert beachtet wird, sind derartige Modelle arbeitszeitrechtlich unproblematisch.
Unter dem Aspekt der Kundenorientierung und Arbeitsproduktivität sollten solche Modelle jedoch sorgfältig geprüft werden. Denn je nach qualifkatorischer "Austauschbarkeit" der Arbeitnehmer innerhalb eines Teams können solche Modelle nachteilig für die Erfüllung der Kundenanforderungen sein. Je nach Annäherung der täglichen Arbeitszeit an die 10-Stunden-Grenze sind derartige Modelle nur wenig flexibel. Und auch die individuelle Arbeitsproduktivität kann durch überlange Tagesarbeitszeiten negativ beeinflusst werden.
Der Arbeitgeber muss dafür Sorge tragen, dass die gesetzlichen Grenzen der Arbeitszeit eingehalten werden. Demnach darf die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden (zuzüglich Pausen) grundsätzlich nicht überschritten werden. Eine Verlängerung auf 10 Stunden ist allerdings möglich. Voraussetzung hierfür ist, dass innerhalb eines Zeitraumes von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Diese Verpflichtung des Arbeitgebers gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer weitgehend frei über die Lage seiner Arbeitszeit entscheiden kann. Dies gilt ebenso, wenn ein Teil der Arbeitszeit im Rahmen "mobiler Arbeit" außerhalb der Betriebsstätte erbracht wird. Der Arbeitgeber muss insoweit (z. B. durch entsprechende Vorgaben im Rahmen einer betrieblichen Regelung) sicherstellen, dass die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes auch bei außerhalb des Betriebs geleisteter Arbeitszeiten eingehalten werden, insbesondere auch die tägliche Ruhezeit von 11 Stunden.
Bei der Verlängerung der Arbeitszeit ist zu beachten, dass innerhalb von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen eine Arbeitszeit von durchschnittlich 8 Stunden pro Werktag (bzw. durchschnittlich 48 Stunden pro Woche) nicht überschritten werden darf.
Eskalationsstrategie
Für die betriebliche Praxis empfiehlt es sich, eine "Eskalationsstrategie" festzulegen, nach der Abweichungen von den arbeitszeitgesetzlichen Grundnormen im Interesse der Sicherstellung betrieblicher Abläufe (z. B. 12-Stunden-Schichtmodelle in Anlagenbetrieben zur Gewährleistung des Betriebs auch bei höherem Personalausfall) und / oder Infektionsschutzmaßnahmen (z. B. "Entzerrung" der Mitarbeiterpräsenz durch Erstreckung der Betriebszeit auf den Sonntag zur Verringerung persönlicher Kontakte am Arbeitsplatz im Rahmen der Pandemie-Prävention) umgesetzt werden.
Die flexible Verteilung der täglic...