Das Zeugnis ist keine Willenserklärung, sondern eine Schilderung der Leistung des Arbeitnehmers. Eine Willenserklärung kann unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden, wenn sie aus Sicht des Erklärenden inhaltlich falsch war. Dies geht bei einem aus Sicht des Ausstellers falschen Arbeitszeugnis dagegen nicht.
Ist ein Arbeitszeugnis objektiv falsch erteilt worden, kann es vom Aussteller also nicht angefochten werden, es kann aber widerrufen werden.
Voraussetzung ist zum einen, dass es sich um eine erhebliche Unrichtigkeit handelt. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber erst nach Erteilung des Zeugnisses von Umständen erfährt, die das erteilte Zeugnis objektiv als falsch erscheinen lassen. In der Praxis betrifft dies fast immer den Bereich der Leistungs- und Verhaltensbewertung.
Irrtum über beurteilungsrelevante Umstände
Dem ausgeschiedenen Mitarbeiter wird uneingeschränkte Loyalität bescheinigt. Im Nachhinein aber entdeckt der Arbeitgeber, dass er vom Arbeitnehmer bestohlen oder betrogen wurde.
Oder: Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer als ehrlich beschrieben und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bescheinigt. Nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber feststellen, dass es zu erheblichen Unregelmäßigkeiten im Arbeitsverhältnis gekommen ist.
Weiterhin muss der Arbeitgeber das Zeugnis versehentlich falsch ausgestellt haben.
In solchen Fällen kann und muss der Arbeitgeber das erteilte und objektiv falsche Zeugnis korrigieren.
Der Arbeitgeber kann vom Arbeitnehmer verlangen, dass dieser ihm das unrichtige Zeugnis Zug um Zug gegen die Übergabe des neuen und jetzt richtigen Zeugnisses herausgibt.
Hat der Arbeitnehmer sich den – unzutreffenden – Inhalt des Zeugnisses erschlichen, indem er sich z. B. an eine andere Person mit seinem Zeugniswunsch gewandt hat, ist der Arbeitgeber berechtigt, den Zeugnisinhalt zu widerrufen, da dieser auf unredliche Art erlangt wurde. Im Fall des wirksamen Widerrufs ist der Beschäftigte zur Rückgabe des Zeugnisses verpflichtet.
Kein Widerrufsrecht bei bewusst falschem Zeugnis
Hat der Arbeitgeber das Zeugnis bewusst falsch ausgestellt, hat er kein Widerrufsrecht: er war ja nicht im Irrtum über die Angaben im Zeugnis.
Eine Widerrufsfrist gibt es nicht, es kann jedoch eine Verwirkung durch Zeitablauf eintreten, wenn es entweder auf den Inhalt des Zeugnisses nicht mehr ankommt oder wenn der ehemalige Arbeitgeber schon längere Zeit weiß, dass das Zeugnis objektiv falsch ist, er es aber bisher nicht als notwendig erachtet hat, dieses zu korrigieren. Eine feste Frist, innerhalb derer ein etwaiger Widerruf erfolgen muss, gibt es nicht. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, vor allem darauf, wie erheblich der Widerrufsgrund ist, wann er dem Arbeitgeber zur Kenntnis erlangt ist und welchen Einfluss er auf die Beurteilung des Arbeitsverhältnisses hat.