Entscheidungsstichwort (Thema)
Stellenausschreibung. Benachteiligung. Bewerber. Indizien. Rechtsmissbrauch
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Bewerber, der Ansprüche wegen einer behaupteten Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes geltend macht, muss zumindest Indizien vortragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist (Anschluss an BAG 16. Mai 2019 – 8 AZR 315/18 – Rn. 15).
2. Das Entschädigungsverlangen eines Bewerbers ist rechtsmissbräuchlich, wenn er sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern zu dem Zweck, den Status eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen (Anschluss an BAG 25. Oktober 2018 – 8 AZR 562/16 – Rn. 45).
3. Einzelfall zu einer durch die Gestaltung und den Inhalt des Bewerbungsschreibens provozierten Absage.
Normenkette
AGG § 15 Abs. 1-2, § 22; BGB § 242
Nachgehend
LAG Köln (Aktenzeichen 5 Sa 661/19) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 11.084,58 Euro festgesetzt.
4. Eine gesonderte Zulassung der Berufung erfolgt nicht
Tatbestand
Der Beklagte ist ein öffentlich-rechtlicher Zweckverband in Trägerschaft e., der Industrie- und Handelskammer zu B. und der Handwerkskammer B.. Sie ist eine Qualifizierungseinrichtung zur Durchführung von Bildungsmaßnahmen für ua. Einzelpersonen, Unternehmen, Institutionen.
In der „Jobbörse” der Bundesagentur für Arbeit wurde ein „Stellenangebot – Ausbilder / Anleiter (Koch/Köchin)” mit den Arbeitsorten „T.” veröffentlicht, das auszugsweise wie folgt lautet und auf das im Übrigen Bezug genommen wird, Anlage 1 zur Klageschrift, Bl. 4 f. GA:
Überblick über das Stellenangebot |
[…] Titel des Stellenangebots |
Ausbilder / Anleiter (Koch/Köchin) |
Alternativberufe […] |
Hauswirtschafter/in |
Stellenbeschreibung |
Für unsere Bildungsmaßnahme suchen wir Fachanleiter aus den Bereichen Küche / Hauswirtschaft / Nähen […] Ausbildereignungsprüfung muss vorhanden sein oder kurzfristig nachgeholt werden |
[…] |
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Vergütung und Zusatzleistungen |
Bei der Besetzung des Stellenangebotes findet ein Tarifvertrag Anwendung Tarifvertrag: TVöD-VKA |
Befristung |
Befristetes Arbeitsverhältnis für 24 Monate, eine spätere Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist möglich |
Anforderungen an den Bewerber |
Berufsausbildung/Studium |
Koch/Köchin Hauswirtschafter/in |
[…]” |
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Mit auf dem Postweg übermitteltem Schreiben vom 27. Mai 2019 bewarb sich der im Jahr 1946 geborene und in 9. wohnende Kläger bei dem Beklagten um die ausgeschriebene Stelle. Sein Bewerbungsschreiben, auf das Bezug genommen wird, Anlage 2 zur Klageschrift, Bl. 6 GA, lautet wie folgt:
„Betr. Stellenausschreibung Internet Ausbilder / Anleiter
Sehr geehrter I.
bin an dieser Aufgabe interessiert und möchte eine nähere Kontaktaufnahme herstellen. Mein Status Regel-Altersrentner, ich bitte um ein Gehaltsangebot auf Vollzeitbasis, auch ist mir eine Tätigkeit auf Honorarbasis möglich. Der Ausbildungsbereich Nähen kann von mir nicht erbracht werden.
Wegen der Befristung benötige ich durch den Arbeitgeber ein Appartement in nächster Betriebsnähe.
Bewerbungsunterlagen als Anlagen.
Mit freundlicher Empfehlung”
Außer dem Kläger bewarben sich 14 weitere Interessenten bei dem Beklagen. Keine dieser Bewerbungen stellte auf das Erfordernis eines von dem Beklagten zu stellenden Appartements ab. Von den 15 Bewerbern lud der Beklagte fünf zum persönlichen Bewerbungsgespräch ein. Nachdem er die entsprechende Auswahlentscheidung getroffen hatte, vernichtete er alle übrigen Bewerbungen.
Unter dem 3. Juni 2019 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er ihn nicht in das engere Auswahlverfahren einbeziehe. Auf das Schreiben, Anlage 3 zur Klageschrift, Bl. 7 GA, wird Bezug genommen. Unter dem 6. Juni 2019 forderte der Kläger den Beklagten auf, zu seiner Bewerbung Stellung zu nehmen. Dies beantwortete der Beklagte mit E-Mai-Nachricht vom 11. Juni 2019, in welcher der Beklagte ausführt, ihm liege weder eine Papier-, noch eine E- Mai–Bewerbung des Klägers vor. Zugleich bat er den Kläger, die Unterlagen nochmals zu übersenden. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte die Bewerbungsunterlagen derjenigen Bewerber, die sie nicht in das nähere Auswahlverfahren einbezogen hatte, bereits vernichtet.
Mit Schreiben vom 11. Juni 2019 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 24. Juni 2019 auf, ihm eine Entschädigung iHv. 11.084,58 Euro zu zahlen. Mit seiner am 25. Juni 2019 bei Gericht eingegangenen Klage, die dem Beklagten am 28. Juni 2019 zugestellt worden ist, begehrt der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung dieser Entschädigung.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe seine, des Klägers, Bewerbung wegen seines Alters zurückgewiesen. Er verfüge über die in der Ausschreibung geforderte fachliche Eignung; es sei nicht aufgeführt, dass Nähkenntnisse vorhanden se...