Tenor

Soweit der Kläger Ansprüche auf Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge an die jeweiligen Sozialversicherungsträger in Höhe von 942.147,05 EUR geltend macht, wird der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit insoweit an das zuständige Sozialgericht Münster verwiesen.

Im übrigen wird der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der …. Über das Vermögen dieser Gesellschaft wurde am 27.12.2002 die Insolvenz eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Kläger nimmt die vier Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter auf Zahlung verschiedener angeblicher Forderungen in Anspruch. Im einzelnen handelt es sich um folgende angebliche Forderungen:

  1. Ansprüche der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 1.745.789,69 EUR aus übergegangenen Arbeitsentgeltansprüchen gegen die Gemeinschuldnerin für den Insolvenzgeldzeitraum 27.09.2002 – 26.12.2002.
  2. Ansprüche der Arbeitnehmer gegen die Gemeinschuldnerin auf Zahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.–26.09.2002 in Höhe von 29.059,15 EUR.
  3. Ansprüche auf Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin an die jeweiligen Sozialversicherungsträger in Höhe von 942.147,05 EUR.
  4. Ansprüche des Pensions-Sicherungsvereins in Höhe von 1.664.513,01 EUR, welche die Gemeinschuldnerin ihren Arbeitnehmern versprochen habe. Im einzelnen handele es sich um rückständige Rentenansprüche von acht Rentnern, die Barwerte dieser acht Rentner und die Anwartschaften von zwölf Pensionsanwärtern.
  5. Sozialplanansprüche der Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin in Höhe von 272.434,57 EUR.

Der Beklagte zu 1) war Gründungsgesellschafter der Gemeinschuldnerin. Die Beklagten zu 2) und 3) sind später beigetretene, angeblich persönlich haftende Gesellschafter der Gemeinschuldnerin. Die Beklagte zu 4) ist ehemalige persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 3).

Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1), 2) und 3) aus der seiner Ansicht nach gegebenen Nachhaftung als persönlich haftende Gesellschafter der Gemeinschuldnerin und die Beklagte zu 4) als persönlich haftende Gesellschafterin einer persönlich haftenden Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin in Anspruch.

Die Beklagten rügen die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Sie sind der Ansicht, die Zivilgerichtsbarkeit sei für die Entscheidung über den Rechtsstreit zuständig.

 

Entscheidungsgründe

II.

Über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges war – nach Anhörung der Parteien – gemäß §§ 17 Abs. 3 GVG, 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG vorab ohne mündliche Verhandlung durch die Kammer zu entscheiden.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a), § 3 ArbGG i.V.m. § 93 Insolvenzordnung mit Ausnahme der Ansprüche auf Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge an die jeweiligen Sozialversicherungsträger gegeben. Hinsichtlich der Ansprüche auf Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge an die jeweiligen Sozialversicherungsträger ist dagegen der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben, so dass der Rechtsstreit insoweit zu verweisen war.

1. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist für die Ansprüche der Bundesagentur für Arbeit aus übergegangenen Arbeitsentgeltansprüchen, die Ansprüche der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgelt, die Ansprüche des Pensions-Sicherungsvereins und die Sozialplanansprüche der Arbeitnehmer gegeben, weil es sich hierbei letztlich um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis handelt.

Unerheblich ist dabei zunächst, dass es sich um Ansprüche gegen die angeblich persönlich haftenden Gesellschafter bzw. gegen die angeblich persönlich haftende Gesellschafterin einer persönlich haftenden Gesellschafterin und nicht gegen die ehemalige Arbeitgeberin, d.h. die Gemeinschuldnerin, handelt. Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass ein Arbeitnehmer auch die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft als Arbeitgeber in Anspruch nehmen kann (vgl. BAG Urteil vom 01.03.1993 – 3 AZB 44/92; BAG Urteil vom 19.05.2004 – 5 AZR 405/03 zur Nachhaftung des persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft). Dies muss entsprechend auch für die akzessorische Haftung der persönlich haftenden Gesellschafterin einer persönlich haftenden Gesellschaft der Arbeitgeberin gelten.

Ob eine persönliche Haftung der in Anspruch genommenen Gesellschafter tatsächlich vorliegt, ist sodann eine Frage der Begründetheit der Klage und für die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges nicht erheblich, weil zuständigkeitsbegründende und anspruchsbegründende Tatsachen zusammenfallen (vgl. GK-ArbGG/Wenzel, Stand Oktober 1999, § 3, Rn. 16). Sollte es an der persönlichen Haftung der Gesellschafter fehlen, ist die Klage mithin als unbegründet abzuweisen.

Im Verhältnis zur Gemeinschuldnerin handelt es sich um Forderungen, welche in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit fallen. Für die Ansprüche der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.–26.09.2002 ergib...

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