Eine natürliche Person ist selbständig tätig, wenn sie auf eigene Rechnung und Gefahr tätig ist. Das ist der Fall, wenn sie das Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann.
Abgrenzung zur Nichtselbständigkeit: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit liegen im Gegensatz dazu vor, wenn die Person die Tätigkeit nach Maßgabe eines Dienstvertrages ausübt. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören u.a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Wer Arbeitnehmer ist, ist unter Beachtung der Vorschrift des § 1 LStDV nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Arbeitnehmer sind Personen, die im öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen (§ 1 Abs. 1 S. 1 LStDV). Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Angestellte dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Das ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (§ 1 Abs. 2 LStDV).
Arbeitnehmer ist nicht, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen und sonstigen Leistungen handelt (§ 1 Abs. 3 LStDV).
Für eine Arbeitnehmereigenschaft können u.a. folgende Merkmale sprechen:
- Weisungsgebundenheit in Bezug auf Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit,
- feste Arbeitszeiten,
- Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmen Ort,
- zeitlicher Umfang der Dienstleistungen,
- Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit,
- kein Unternehmerrisiko,
- keine Unternehmerinitiative,
- kein Kapitaleinsatz und
- keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln.
aa) Behandlungsvertrag über ärztliche Leistungen
Vertrag zwischen Hotel und Patienten: Der medizinischen Leistung liegt ein Behandlungsvertrag zugrunde. Durch einen Behandlungsvertrag
- ist derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt, zur Leistung der versprochenen Behandlung,
- der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist (§ 630a Abs. 1 BGB).
Der Behandlungsvertrag über ärztliche Leistungen kommt zwischen den Hotels und den Patienten zustande. Die Hotels stellen den Patienten die Leistungen in Rechnung. Diese sind zur Zahlung an das Hotel verpflichtet.
bb) Ärztliche Tätigkeit im Hotel: selbständig oder nichtselbständig?
Die Ärzte üben ihre ärztliche Tätigkeit im Interesse und für Rechnung der Hotels aus. Diese legen auch die Arbeitszeiten und den Arbeitsort fest. Außerdem stellen sie die Praxisräume, die Ausstattung und die Medikamente. Das Merkmal der Selbständigkeit könnte fehlen. Die Ärzte erzielen möglicherweise keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
Steht die Verkehrsanschauung dieser Wertung entgegen? Zu erörtern ist, ob die Verkehrsanschauung dieser Wertung entgegensteht.
(1) Auffassung des BFH und der Finanzverwaltung
BFH zum Praxisvertreter: Der BFH hat entschieden, dass eine selbständige Tätigkeit nach der Verkehrsanschauung auch dann gegeben ist, wenn ein Arzt mit eigener Praxis einen anderen freiberuflich tätigen Arzt mit eigener Praxis gegen eine feste Vergütung vertritt. Das gilt auch dann, wenn der Vertreter keine eigene Praxis betreibt.
Die Finanzverwaltung folgt der Auffassung des BFH. Der Vertreter eines Arztes kann selbständig sein.
Der Auffassung des BFH liegen folgende Überlegungen zugrunde: Bei der freien Berufstätigkeit bilden das geistige Vermögen und die eigene Arbeitskraft die maßgeblichen Grundlagen. Ein Arzt muss zwar bei der Ausübung seines Berufes auch Güter und Hilfskräfte einsetzen; maßgebend ist jedoch der Einsatz
- seines geistigen Vermögens und
- seiner eigenen Arbeitskraft.
Das Merkmal der Selbständigkeit ist im Ergebnis gegeben, wenn ein Arzt tätig ist
- in eigener Verantwortung und
- ohne Bindung an Weisungen Dritter.
Das gilt ohne Rücksicht darauf, ob diese eine eigene Praxis ausüben oder nicht. Das Merkmal der Selbständigkeit ist auch gegeben, wenn in Bezug auf äußere Umstände – Sprechstunde oder Einsatz von Hilfsmitteln – Weisungen bestehen. Diese äußeren Umstände sind nach Auffassung des BFH unwesentlich.
Gegen die selbständige Tätigkeit sprechende Umstände: Die Selbständigkeit liegt nur dann nicht vor, wenn der Vertreter in einem festen Anstellungsverhältnis zu dem Vertretenen steht, mittels dessen er
- nicht nur in Bezug auf die äußerlichen Gewohnheiten der zu betreuenden Praxis,
- sondern auch hinsichtlich der Verwendung seiner Arbeitskraft derart in diese eingegliedert ist, dass er auch bei der Behandlungsmethode den Weisungen des Vertretenen zu folgen hat.
Das gilt für jede als Arzt angestellte Person. Diese hat zwar ihre ei...