Leitsatz
Es ist nicht klärungsbedürftig, dass sich der gemeinschaftsrechtlich bedingte Ausschluss der Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. bei Auslandsbeteiligungen im VZ 2001 auch auf die Situation einer Beteiligung von über 10 % bezieht.
Normenkette
§ 8b Abs. 3, § 34 Abs. 2a S. 1, § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 KStG 1999 i.d.F. des UntStFG vom 20.12.2001, § 8b Abs. 2 S. 2 KStG 1999 a.F., Art. 43, Art. 56 EG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, war im Streitjahr 2001, Alleingesellschafterin einer österreichischen Vertriebsgesellschaft. Im Streitjahr nahm die Klägerin auf den Beteiligungswertansatz im Hinblick auf die beabsichtigte Liquidation der Tochtergesellschaft und der bereits beschlossenen Beendigung des Engagements in Österreich eine Teilwertabschreibung auf 0 DM vor.
Das FA rechnete den Abschreibungsbetrag gem. § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. dem steuerpflichtigen Einkommen hinzu.
Die anschließende Klage war erfolgreich (FG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2009, 6 K 2724/06 F, Haufe-Index 2291890, EFG 2009, 1460).
Entscheidung
Der BFH hat das FG bestätigt und die Revision gegen dessen Entscheidung in Ermangelung eines Zulassungsgrunds nicht zugelassen.
Hinweis
1. Durch das Urteil vom 22.04.2009, I R 57/06 (BFH/NV 2009, 1460, BFH/PR 2009, 378) hatte der BFH abschließend und im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 22.01.2009, C-377/07 (BFH/PR 2009, 152) über die Rechtssache "STEKO Industriemontage" entschieden:
a) Mit der Abschaffung des früheren KSt-rechtlichen Anrechnungsverfahrens wurde die Steuerfreistellung von Gewinnen aus der Veräußerung von Beteiligungen an anderen Körperschaften in § 8b Abs. 2 KStG konstituiert. Damit einher ging die Ausweitung des steuerlichen Abzugsverbots für jegliche die Substanz betreffenden Gewinnminderungen, die mit solchen Veräußerungsgewinnen in Zusammenhang stehen. Das bestimmt § 8b Abs. 3 KStG n.F., und das alles gilt für Inlands- ebenso wie für Auslandsbeteiligungen.
b) Die Anwendungs- und Übergangsvorschrift des § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 KStG n.F. führte allerdings dazu, dass Inlands- und Auslandsbeteiligungen im Übergangsjahr 2001 im Ergebnis denn doch abweichend voneinander behandelt werden. Denn das umfassende Abzugsverbot griff bei Auslandsbeteiligungen danach bereits im Jahr 2001, bei Inlandsbeteiligungen hingegen erst im VZ 2002. Dem entsprach auch die Praxis der Finanzverwaltung: BMF, Schreiben vom 28.04.2003 (BStBl I 2003, 292, Tz. 64 ff.).
c) Diese unterschiedliche Behandlung widerspricht, wie der EuGH geklärt hat, europarechtlichen Anforderungen, konkret – da es sich im Streitfall um sog. Streubesitz von unter 10 % handelte – der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG, jetzt Art. 63 AEUV. § 8b Abs. 3 KStG n.F. fand sonach im VZ 2001 auch für Auslandsgesellschaften keine Anwendung. Dem hatte sich der BFH vorbehaltlos angeschlossen.
2. Allerdings gibt die Finanzverwaltung"keine Ruhe". Sie vertritt nach wie vor eine davon abweichende Rechtsauffassung, falls höhere Beteiligungsquoten in Rede stehen, die vorrangig die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG, jetzt Art. 49 AEUV) und nicht die Kapitalverkehrsfreiheit ansprechen (vgl. OFD Magdeburg vom 11.03.2010, S 2750 A-25-St 215).
Aus dieser Unterscheidung konnten sich indessen zwei FG keinen rechten Reim machen: Sowohl das FG Düsseldorf (Urteil vom 27.10.2009, 6 K 2724/06 F, Haufe-Index 2291890, EFG 2010, 591) als auch das FG Köln (Urteil vom 10.02.2010, 13 K 18/06, Haufe-Index 2338595, EFG 2010, 1163) haben sich dazu bekannt, die beschriebene Spruchpraxis des EuGH und des BFH auch für diese Konstellation fortzuschreiben. Die Revisionen wurden beiderseits nicht zugelassen.
Dagegen wurden von den beteiligten FÄ prompt Nichtzulassungsbeschwerden beim BFH eingelegt. Diejenige Beschwerde, die das Urteil des FG Düsseldorf betrifft, hat der BFH nun als unbegründet zurückgewiesen. Auch er erkennt keinen Grund für eine revisible "Neuauflage", um hinsichtlich der betroffenen Grundfreiheiten zu unterscheiden. Es verbleibt deswegen dabei, dass § 8b Abs. 3 KStG n.F. im VZ 2001 auch für Auslandsbeteiligungen mit einer über 10 %igen Anteilsquote unanwendbar war.
3. Offen bleibt für den Augenblick noch, ob Gleiches auch für Auslandsbeteiligungen in sog. Drittstaaten gilt. Diese können in den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit einbezogen werden; ein Freiheitsverstoß ist allenfalls besonderen Rechtfertigungsgründen ausgesetzt, so z.B. dem Erfordernis der Steuerkontrolle und Steueraufsicht. Ob ein solcher Rechtfertigungsgrund für § 8b Abs. 3 KStG greift, ist indes fraglich, lassen sich die Voraussetzungen und Wirkungen des § 8b Abs. 3 KStG doch auf nationaler Ebene kontrollieren und etwaige Informationen auf dem Ausland keine besonderen zusätzlichen Erkenntnisgewinn der Verwaltung erwarten. So gesehen könnte einer Nichtanwendung dieser Vorschrift auf "weltweite" Beteiligungen nichts im Weg stehen.
Allerdings fehlt in Drittstaatenfällen möglicherweise noch die letzte Klarheit über das Verhältnis der Kapitalverkehrsfreiheit zur Niederlassungsfreiheit bei K...