Leitsatz
Arbeitgeberanteile, die ein inländischer Arbeitgeber für einen unbeschränkt steuerpflichtigen französischen Arbeitnehmer an eine französische Sozialversicherung entrichtet, sind Arbeitslohn, der nicht nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG von der Steuer befreit ist, wenn die Abführung auf vertraglicher Grundlage erfolgt.
Normenkette
§ 3 Nr. 62 EStG
Sachverhalt
Der Kläger, ein französischer Staatsbürger, erzielt als Geschäftsführer einer inländischen GmbH Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die GmbH ist Tochtergesellschaft eines französischen Unternehmens. Der Kläger war zunächst als leitender Angestellter der Muttergesellschaft Pflichtmitglied der französischen Sozialversicherung. Nach seinem Wechsel zur GmbH führte diese Renten- und sonstige Versicherungsbeiträge als Arbeitgeberpflichtleistungen und Arbeitnehmeranteile an eine französische Versicherung (hier: Capimmec) ab, der sie früher auf vertraglicher Grundlage beigetreten war. Zusätzlich zahlte die GmbH für den Kläger pflichtgemäß Beiträge an die inländische Rentenversicherung.
Der Kläger hielt die Arbeitgeberleistungen an die französische Sozialversicherung Capimmec für steuerfrei nach § 3 Nr. 62 EStG. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Aufgrund der ihn bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG lägen im Streitfall keine gesetzlich geschuldeten Arbeitgeberanteile vor, da die Leistung an die Capimmec nicht auf gesetzlicher Grundlage beruht habe.
Es liege – entgegen der Ansicht des Klägers – auch keine europarechtswidrige Diskriminierung vor. Denn es komme bei der Auslegung des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG weder auf die Nationalität des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers an noch darauf, ob der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge auf Grund inländischer oder ausländischer Gesetze entrichten müsse. Entscheidend sei allein die Verpflichtung auf gesetzlicher Grundlage. Diese liege im Besprechungsfall aber nicht vor.
Hinweis
1. Leistet ein Arbeitgeber Beiträge an einen Dritten für die Zukunftssicherung eines Arbeitnehmers, so stellen diese Beiträge grundsätzlich Arbeitslohn dar. Denn die Zukunftssicherung fällt typischerweise in den Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers; finanziert sie der Arbeitgeber, wendet er Arbeitslohn zu.
2. Nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG sind indessen Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist. Demgemäß sind Pflichtbeiträge des Arbeitgebers zur gesetzlichen Sozialversicherung steuerfrei.
In diesem Zusammenhang hatte der BFH bereits im Urteil vom 6.6.2002, VI R 178/97, BFH-PR 2003, 56 erkannt, dass der Vorschrift des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG insofern nur deklaratorische Bedeutung zukommt. Arbeitgeberbeiträge zur Gesamtsozialversicherung sind keine Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und damit kein Arbeitslohn; sie beruhen auf einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers. Demgegenüber ist der Arbeitnehmeranteil Teil des Bruttolohns.
3. Im Streitfall betont der BFH, dass für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG eine auf gesetzlicher Grundlage beruhende Verpflichtung des Arbeitgebers vorliegen muss; auch eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitnehmers genügt für Satz 1 nicht. Dies ergibt sich auch aus § 3 Nr. 62 Satz 2 EStG (Steuerfreiheit gleichgestellter Beitragsleistungen des Arbeitgebers). Erfolgen die Beitragsleistungen des Arbeitgebers aufgrund einer Verpflichtung des Arbeitnehmers, kann nur ein Fall des Satzes 2 vorliegen.
4. Wichtig sind auch die Ausführungen des BFH dahin gehend, dass die Feststellung und Auslegung ausländischen Rechts grundsätzlich dem FG obliegt. Der BFH als Revisionsgericht ist an die diesbezüglichen Feststellungen wie an tatsächliche Feststellungen gebunden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.5.2004, VI R 11/01