Leitsatz

Voraussetzung für die Entstehung eines Auflösungsverlustes ist die zivilrechtliche Auflösung der Gesellschaft. Im Streitfall erfolgte diese durch den Beschluss des Amtsgerichts, wodurch der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse nach §§ 107, 72 KO abgelehnt wurde. Ein solcher Beschluss führt zur zivilrechtlichen Auflösung der Gesellschaft und damit auch zur Auflösung im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG.

 

Sachverhalt

Der Kläger war zu 30 % am voll eingezahlten Stammkapital der 1996 gegründeten GmbH beteiligt. Mit separatem Vertrag übernahm er gemeinsam mit dem weiteren Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft gegenüber der Volksbank E. eine gesamtschuldnerische Bürgschaft in Höhe von insgesamt 400.000 DM. Im September 1998 stellte der Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einen Antrag auf Konkurseröffnung, der vom zuständigen Amtsgericht mit Beschluss vom 20.11.1998 mangels Masse abgelehnt wurde. Die Bank nahm den Kläger in Höhe von 60 000 DM aus der Bürgschaft in Anspruch. In seiner Einkommensteuererklärung für 1999 machte der Kläger einen Verlust aus der Beteiligung an der GmbH geltend. Das Finanzamt berücksichtigte den Verlust teilweise für das Jahr 1998.

 

Entscheidung

Nach § 17 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 EStG in der für 1998 und 1999 geltenden Fassung gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hält. Unter bestimmten, in § 17 Abs. 2 S. 4 und Abs. 4 EStG aufgeführten Voraussetzungen kann auch ein aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstandener Verlust eines wesentlich beteiligten Gesellschafters berücksichtigt werden. Der Kläger hat diese Voraussetzung bereits in 1998 und nicht erst im Streitjahr (1999) erfüllt. Der Verlust hat sich in 1998 realisiert und ist deshalb - ausschließlich - in diesem Jahr ausgleichsfähig. Soweit sich der 1998 dem Grunde nach entstandener Verlust später der Höhe nach verändert hat, wirkt dies auf die Berechnung und den Ausgleich des Verlustes 1998 zurück. Dabei ist der für § 17 Abs. 2 EStG maßgebliche Auflösungs- oder Veräußerungsverlust zeitpunktbezogen zu ermitteln. Die Entstehung des Auflösungsverlustes setzt die zivilrechtliche Auflösung der Gesellschaft voraus. Diese erfolgte im Streitfall durch den Beschluss des Amtsgerichts vom 28.10.1998, wodurch der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse nach §§ 107, 72 KO abgelehnt wurde. Ein solcher Beschluss führt zur zivilrechtlichen Auflösung der Gesellschaft und damit auch zur Auflösung im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG (BFH, Urteil v. 03.06.1993, VIII R 81/91, BStBl 1994 II S. 162). Daran ändert auch nichts, dass auf Gesellschafterebene die Höhe der Belastung aus der Bürgschaftsverpflichtung in 1998 noch nicht endgültig feststand.

 

Hinweis

Eine von der Auffassung des Senats abweichende, mit der klägerischen Rechtsansicht übereinstimmende Entscheidung hätte dazu geführt, dass die steuerliche Geltendmachung eines Auflösungsverlustes bei der Ablehnung der Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse erst dann möglich wäre, wenn die Höhe des tatsächlich zu leistenden Bürgschaftsbetrages endgültig feststünde. Dies kann u. U. aber mehrere Jahre dauern, insbesondere wenn gerichtliche oder außergerichtliche Verhandlungen mit der Gläubigerbank über die Zahlungsverpflichtung geführt werden oder die Verwertung anderer Sicherheiten abgewartet werden soll. Ein steuerlicher Verlustausgleich würde bis dahin zu unterbleiben haben, obwohl unstreitig feststünde, dass ein Verlust - insbesondere aus dem der Einlage - dem Grunde nach und in einer Mindesthöhe bereits entstanden ist.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 07.10.2003, 13 K 6898/00 E

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