Leitsatz
Eine Gemeinde, die aufgrund der Straßenverkehrsordnung Parkplätze durch Aufstellung von Parkscheinautomaten gegen Parkgebühren überlässt, handelt insoweit nicht als Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuerrechts.
Normenkette
§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG , Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin – eine Gemeinde – stellte 1990 bis 1993 Grundstücke als öffentliche Parkflächen zur Verfügung. Dafür ordnete sie als Straßenverkehrsbehörde (§§ 44 und 45 StVO)"aus Gründen der Sicherheit und Ordnung" die Aufstellung von Parkscheinautomaten (§ 13 StVO) und entsprechender Verkehrszeichen an. Die Parkgebühren wurden nach Maßgabe einer Parkgebührenordnung (§ 6a Abs. 6 StVG) erhoben. Der Verstoß gegen die Parkbestimmungen war bußgeldbewehrt. Private Unternehmer, die Parkplätze gegen Entgelt betrieben, waren nach den Feststellungen FG in den Streitjahren im Tätigkeitsbereich der Klägerin nicht vorhanden.
Die Parkflächen waren nicht förmlich dem öffentlichen Verkehr gewidmet; deshalb nahm das FA an, es handle sich um einen Betrieb gewerblicher Art und zog hieraus die umsatzsteuerlichen Folgen.
Das FG bestätigte die Klägerin: Mit der Überlassung der Parkflächen gegen öffentlich-rechtliche Gebühr sei die Gemeinde nicht Unternehmerin. Größere Wettbewerbsverzerrungen lägen mangels anderer Anbieter nicht vor.
Entscheidung
Der BFH bestätigte nur im Ergebnis das Urteil des FG. Das FG hatte bei seiner Entscheidung den Schutz des potenziellen Wettbewerbs nicht berücksichtigt. Gebührenpflichtige Parkplätze von Gemeinden erfüllen zwar grundsätzlich die Merkmale eines Betriebs gewerblicher Art. Eine hoheitliche Betätigung liegt in der Regel jedoch deshalb nicht vor, weil ein Privatunternehmer – ohne von der Gemeinde damit betraut zu sein – die Unterhaltung eines bewachten Parkplatzes(!) oder auch einer bewachten Tiefgarage ebenfalls wahrnehmen könnte.
Anders, wenn die Gemeinde als Straßenverkehrsbehörde (§ 44 StVO) tätig wird und Parkuhren oder Parkscheinautomaten aufstellt; denn Gemeinden dürfen nur bei konkreter Gefahr für Sicherheit und Ordnung als Straßenverkehrsbehörde nach § 45 StVO die Benutzung bestimmter Straßenflächen beschränken oder verbieten. Mit der Aufstellung von Parkscheinautomaten – letztlich nur eine Zusammenfassung mehrerer Parkuhren – erlassen die zuständigen Behörden ein modifiziertes Halteverbot und das – grundsätzlich durch Ersatzvornahme durchsetzbare – Gebot, ein verbotswidrig abgestelltes Kfz alsbald zu entfernen. Ein (auch) potenzieller Wettbewerb scheidet aus, weil für die – nach § 45 StVO zur Verbesserung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs angeordnete – Zurverfügungstellung ausschließlich von Kurzzeitparkplätzen kein wettbewerbsrelevanter Markt besteht.
Das sind die wesentlichen Unterschiede zur Beurteilung der – auch langfristigen – Parkplatzüberlassung in Parkhäusern. Letztlich muss es sich um Sachverhalte handeln, bei denen im Interesse des fließenden Verkehrs – vergleichbar der Rationierung der Stellplätze am Straßenrand – Parkraum für Kurzzeitparker vorgehalten wird.
Hinweis
Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe Unternehmer (§ 2 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 1 UStG). Zu den Betrieben gewerblicher Art (§ 4 Abs. 1 KStG) gehören u.a. auch "Betriebe, die ... dem öffentlichen Verkehr ... dienen" (§ 4 Abs. 3 KStG). Nicht dazu gehören Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe); für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- und Monopolrechte nicht aus (§ 4 Abs. 5 KStG).
Wie so oft lohnt ein Blick in die 6. EG-RL; deren Art. 4 Abs. 5 besagt:
- Die Regel: Einrichtungen des öffentlichen Rechts (Gemeinden usw.) gelten nicht als Steuerpflichtige (= Unternehmer), soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Sie sind jedoch auch dann Unternehmer, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (Wettbewerbsvorbehalt!).
- Die Ausnahmen: Bei bestimmten in Anhang D aufgezählte Tätigkeiten gelten sie stets als Unternehmer, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist. Die Mitgliedstaaten dürfen die nach Art. 13 oder 28 steuerbefreiten Tätigkeiten als solche behandeln, die den öffentlichen Einrichtungen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen.
Parkflächen zählen zu den Regelsachverhalten: Hierzu sagt der EuGH im Urteil vom 14.12. 2000, Rs. C?446/98, CMP, Rdnr. 44, Slg. 2000, I?11435, UR 2001, 108, entscheidend ist, ob die Ausübung der Tätigkeit das "Gebrauchmachen hoheitlicher Befugnisse umfasst".
Ist das der Fall, ist zu prüfen, ob der Wettbewerbsvorbehalt eingreift, mit der Folge, dass die öffentlich-rechtliche Einrichtung dennoch als Unternehmer zu behandeln ist. Bei der Prüfung d...