OFD Hannover, Verfügung v. 19.8.2004, S 2354 - 399 - StH 214/S 2354 - 173 - StO 213
In der Bezugsverfügung wurde über die geänderte Rechtsprechung des BFH zur Abgrenzung zwischen Aus- und Fortbildungskosten informiert. Nach den Urteilen vom4.12.2002 und vom 17.12.2002, BStBl 2003 II S. 403 bzw. S. 407, stellen Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Erststudium bzw. für eine Umschulungsmaßnahme bei hinreichender beruflicher Veranlassung Werbungskosten dar. Zwischenzeitlich liegen weitere Entscheidungen vor, in denen der BFH seine Rechtsprechung weiterentwickelt hat. Diese Entscheidungen sind grundsätzlich erst über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden, sobald sie im BStBl veröffentlicht werden. Im Vorgriff auf weitere Veröffentlichungen ist zurzeit folgende Rechtsauffassung zu vertreten:
I. Rechtslage bis zum Veranlagungszeitraum 2003
1 Fortbildung und Umschulung
1.1 Änderung der Rechtsprechung
Aufwendungen für
können Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit darstellen. Voraussetzung hierfür ist, dass eine hinreichend konkrete berufliche Veranlassung besteht. Für die steuerliche Behandlung ist es unerheblich, ob die Bildungsmaßnahme eine Basis für andere Berufsbilder schafft oder einen Berufswechsel vorbereitet.
1.2 Berufliche Veranlassung (H 33 LStH „Berufliche Veranlassung”)
Die Anerkennung von Fortbildungs- und Umschulungskosten als unbeschränkt abziehbare Werbungskosten setzt eine so gut wie ausschließliche berufliche Veranlassung voraus. Diese liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem ausgeübten oder zukünftigen Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Grundsätzlich kann diese Voraussetzung bei einer berufsbezogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein, sofern ein konkreter und enger Zusammenhang mit der Berufstätigkeit vorliegt. Daran mangelt es jedoch, wenn die Maßnahme lediglich Allgemeinbildung vermittelt, wie z.B. der Besuch der Fachoberschule zur Erlangung der Fachhochschulreife.
1.3 Fortbildungskosten
Die Fortbildungsmaßnahme muss berufsbezogen auf die vom Arbeitnehmer auch ernsthaft angestrebte Berufstätigkeit vorbereiten bzw. geeignet sein, die bisherige Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen zu festigen, seine Chancen im beruflichen Fortkommen zu verbessern und seine Kenntnisse zu erweitern. Regelmäßig ist die berufliche Veranlassung vorhanden, wenn die Fortbildungsmaßnahme auf den bisher ausgeübten Beruf aufbaut. Dies gilt insbesondere dann, wenn die erste Berufsausbildung notwendige Voraussetzung für die Teilnahme an der Maßnahme ist.
Bei der Beurteilung ist nicht zu differenzieren, ob es sich um akademische oder nichtakademische Bildungsmaßnahmen handelt und ob die Bildungsmaßnahme ggf. einen Berufswechsel ermöglicht. Unerheblich ist auch, ob die Fortbildungsmaßnahme vom bisherigen Arbeitgeber verlangt oder aber vom Arbeitnehmer freiwillig betrieben wird.
1.4 Umschulung
Aufwendungen im Zusammenhang mit Umschulungsmaßnahmen können nunmehr zu den Fortbildungskosten gehören. Hier kommt eine Berücksichtigung nur in solchen Fällen in Betracht, in denen der Stpfl. bereits dauerhaft berufstätig ist oder war. Führt die Umschulungsmaßnahme zu einem gänzlich neuen Berufsabschluss, handelt es sich um Werbungskosten, wenn diese die Grundlage dafür bildet, von einer Erwerbs- oder Berufsart zu einer anderen überzuwechseln. Dies kann z. B. bei Arbeitnehmern der Fall sein, die mit dem neuen Berufsfeld nach Zeiten der Arbeitslosigkeit wieder Einnahmen erzielen wollen. Es ist auch bei einer Umschulung nicht danach zu differenzieren, ob es sich um akademische oder nichtakademische Bildungsmaßnahmen handelt. Ein Abzug der Aufwendungen ist jedoch nur möglich, wenn eine private Mitveranlassung so gut wie ausgeschlossen ist und § 12 EStG dem Abzug der Aufwendungen somit nicht entgegensteht.
2 Erstmalige Ausbildung
Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung, die nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses erfolgt, werden nunmehr vom BFH anerkannt, vgl. BFH-Urteil vom 27.5.2003, VI R 33/01, BFH/NV 2003 S. 1119. Im Streitfall hat der BFH den geforderten engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den erwarteten späteren Einnahmen offensichtlich deshalb bejaht, weil mit Abschluss der Ausbildung keine andere Tätigkeit als die eines Piloten erreicht werden konnte und der Stpfl. später auch von dem Träger der Einrichtung eingestellt wurde. Es bestehen keine Bedenken, die Aufwendungen in vergleichbaren Fällen als Werbungskosten anzuerkennen.
In allen anderen Fällen erstmaliger Berufsausbildung, z.B. Schulabgänger, insbesondere, wenn durch ein Erststudium – ausgenommen das berufsbegleitende Erststudium – ein allgemeiner Berufsabschluss ...