Leitsatz
Ein nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG steuerbefreiter Berufsverband von Zeitungsverlegern, der gegen Entgelt Presseausweise an Journalisten ausgibt, die nicht bei einem seiner Verbandsmitglieder beschäftigt sind, unterhält insoweit einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1, Satz 2 Buchst. a KStG, § 14 Satz 1 AO
Sachverhalt
Der Kläger war ein Zusammenschluss von Zeitungsverlegern in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Er ist als Berufsverband nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG von der KSt befreit. Gestützt auf den Runderlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25.11.1993, I A 3/22 10.1.13 (MinBl NRW 1993, 1854) gab er an Mitarbeiter seiner Mitglieder ohne Weiteres und an Journalisten, die bei keinem seiner Mitglieder angestellt waren (Nichtmitglieder), nach besonderer Prüfung und gegen eine Gebühr von 60 EUR Presseausweise aus.
In dem Runderlass heißt es u.a.: "Der Presseausweis soll den Behörden die Überprüfung erleichtern, wer als Vertreter(in) der Presse tätig ist. Es wird darauf hingewiesen, dass Journalisten, die keinen Presseausweis besitzen (z.B. nebenberufliche Journalisten), nach Maßgabe des Landespressegesetzes den gleichen Zugang zu Informationen fordern können wie Inhaber von Presseausweisen, wenn sie sich auf andere Weise als Vertreter der Presse legitimieren können."
Das FA sah in der entgeltlichen Ausgabe der Presseausweise an Nichtmitglieder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers, der von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sei. Er erließ dementsprechend KSt-Bescheide. Die deswegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 10.7.2012, 6 K 218/10 K, Haufe-Index 3340352, EFG 2012, 2060).
Entscheidung
Der Verein blieb auch vor dem BFH erfolglos. Aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen sah er die partielle KSt-Pflicht des Klägers als gegeben an.
Hinweis
Ein Berufsverband von Zeitungsverlegern in der Rechtsform eines e.V. gibt in Einklang mit der zuständigen Landesverwaltung Presseausweise an Journalisten aus, zum einen an seine Mitglieder, zum anderen gegen gesondertes Entgelt auch an Nichtmitglieder. Ist in Letzterem ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S. v. § 14 Abs. 1 AO zu sehen, der die partielle KSt-Pflicht des an sich gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG steuerbefreiten Vereins nach sich zieht?
Der BFH nimmt das an. Getragen wird er hierbei von verschiedenen, sich z.T. ergänzenden Aspekten.
- Die besagte Tätigkeit wird "selbstständig" i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 AO ausgeübt. Das wird sie, weil sie sachlich selbstständig und abgegrenzt von einem steuerbegünstigten Wirkungsbereich ist. Sie hängt nicht mit anderweitigen Betätigungen der Körperschaft dergestalt zusammen, dass ihre Ausübung ohne die anderweitige Betätigung nicht möglich wäre. Dass sie auf der anderen Seite der begünstigten Tätigkeit dienlich sein mag, steht auf einem anderen Blatt. "Selbstständigkeit" und "Dienlichkeit" schließen sich wechselseitig nicht aus. Einer zusätzlichen organisatorischen Abtrennbarkeit bedarf es für die (notwendige) Annahme der Selbstständigkeit nicht.
- Teilweise wird in der Literatur anstelle einer sachlichen Selbstständigkeit des Geschäftsbetriebs eine solche persönlicher Art i.S.d. ESt- und USt-Rechts verlangt, wonach die Tätigkeit also (nur) auf eigene Gefahr und frei von Weisungen Dritter ausgeübt werden müsse. Denn auch nach dieser Auffassung wäre die Selbstständigkeit im Streitfall zu bejahen.
- Die Annahme eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs scheitert schließlich nicht an einer fehlenden Wettbewerbsrelevanz der wirtschaftlichen Betätigung. Denn zumindest potenziell ist ein solcher Wettbewerb vorstellbar, und das genügt allemal, um eine wettbewerbsgetragene Gleichbehandlung der begünstigten Körperschaften mit konkurrierenden erwerbswirtschaftlichen Unternehmen einzufordern.
Per Saldo handelt es sich sicherlich um einen Sonderfall, der aber doch und einmal mehr verdeutlicht, dass der BFH vor allem besagter Wettbewerbsrelevanz im Recht der partiellen Steuerpflichten nach § 5 Abs. 1 KStG eine überragende Bedeutung beimisst.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.5.2014 – I R 65/12