Werden Pensionsverpflichtungen von einem Arbeitgeber auf eine externe Versorgungseinrichtung übertragen, so ist die steuerliche Behandlung dieses Vorgangs zunächst davon abhängig, ob die Versorgungseinrichtung dem Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen gewährt. Ist das – wie bei einer Unterstützungskasse – formal nicht der Fall, so stellt sich die Frage nach einem möglichen Zufluss von Arbeitslohn nicht.
Beachten Sie: Handelt es sich dagegen bei der Versorgungseinrichtung um
- einen neuen Arbeitgeber,
- eine Lebensversicherung oder
- einen Pensionsfonds,
so liegt dem Grunde nach ein Lohnzufluss vor, der aber unter den Voraussetzungen der § 3 Nr. 55, § 3 Nr. 65b bzw. § 3 Nr. 6 EStG zunächst steuerfrei ist.
1. Sachverhalt des BFH-Urteils v. 19.4.2021 – VI R 45/18
Der BFH-Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Gesellschafter-GF einer GmbH veräußerte im Streitjahr 2010 seine gesamte Beteiligung, gleichzeitig beendete er seinen Anstellungsvertrag als GF der GmbH. Die GmbH übertrug eine dem Gesellschafter-GF erteilte Pensionszusage auf einen Pensionsfonds. Im Gegenzug trat die GmbH eine Rückdeckungsversicherung i.H.v. 257.644 EUR an den Pensionsfonds ab.
Die GmbH löste die Pensionsrückstellung i.H.v. 233.680 EUR auf. Der sich aus der Differenz zwischen Rückdeckungsversicherung und Pensionsrückstellung ergebende Aufwand von 23.964 EUR wurde nicht nach § 4e Abs. 3 EStG auf 10 Jahre verteilt.
Nach Ansicht des FA ist dem Gesellschafter-GF in Höhe der gebildeten Pensionsrückstellung von 233.680 EUR Arbeitslohn im Streitjahr zugeflossen.
Das FG Köln wies die Klage ab und teilte die Auffassung des FA. Für das FG war maßgebend, dass der Gesellschafter-GF einen eigenen Rechtsanspruch gegen den Pensionsfonds aufgrund der von der GmbH vorgenommenen Übertragung der Pensionszusage auf den Pensionsfonds erhalten hat.
2. Entscheidung des BFH
Der erkennende BFH-Senat bestätigte die Rechtsauffassung des FA sowie des FG Köln und hat die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.
Zufluss von Arbeitslohn bei unmittelbarem und unentziehbarem Rechtsanspruch gegen Dritten: Sagt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses eine Leistung zu, führt die bloße Einräumung der Ansprüche durch den Arbeitgeber beim Arbeitnehmer regelmäßig noch nicht zum Zufluss von Arbeitslohn. Erst der Eintritt des Leistungserfolgs durch die Erfüllung der Ansprüche bewirkt den Zufluss beim Arbeitnehmer. Danach ist der Zufluss erst gegeben, wenn
- der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt und
- der Arbeitnehmer hierüber die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt hat.
Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen: Dabei hängt die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistungen des Arbeitgebers an einen Dritten – z.B. einen Versicherer – erfolgen, davon ab, ob sich der Vorgang – wirtschaftlich betrachtet – so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Erwerb der Zukunftssicherungsleistung verwendet hat. Das ist dann gegeben, wenn dem Arbeitnehmer ein unmittelbarer und unentziehbarer Rechtsanspruch gegen den Pensionsfonds verschafft worden ist.
Bloße Anwartschaft ggü. GmbH wandelt sich in eigenen Anspruch gegen Pensionsfonds: Die bisherige bloße Anwartschaft des Gesellschafter-GF auf zukünftige Pensionszahlungen gegenüber der GmbH ist dabei in einen Anspruch auf Pensionsleistungen aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 236 Abs. 1 Nr. 3 VAG gegen den Pensionsfonds umgewandelt worden. Da dem Gesellschafter-GF ein eigenständiger Rechtsanspruch gegen den Pensionsfonds eingeräumt wurde, ist es bei ihm im Streitjahr 2010 zu einem Zufluss von Arbeitslohn gekommen.
Kein eigenbetriebliches Interesse der GmbH: Der Lohnzufluss scheiterte auch nicht am eigenbetrieblichen Interesse der GmbH. Aufgrund der Veräußerung der GmbH-Anteile durch den Gesellschafter-GF hatte dieser ein nicht unerhebliches eigenes Interesse an der Übertragung der Pensionszusage auf den Pensionsfonds und dem damit einhergehenden Wechsel des Durchführungswegs der betrieblichen Altersversorgung.
Beraterhinweis Eine betriebliche Altersvorsorge über einen Pensionsfonds kann überdies beim Ausscheiden des Arbeitnehmers oder bei einem Arbeitgeberwechsel vorteilhaft sein (vgl. § 4 BetrAVG), da dieser in diesen Fällen nicht verloren geht.
Das ganz überwiegende eigenbetriebliche Interesse der GmbH ist somit zu verneinen.
Keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG: Im Streitfall kam nicht zur Anwendung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG, da die GmbH den dafür erforderlichen Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG nicht gestellt hat. Beachten Sie: Das gilt unabhängig davon, wie hoch der auf 10 Jahre zu verteilende Aufwand bei der GmbH gewesen ist.