Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Eine Ausgleichszahlung von Erben an den nichtehelichen Lebenspartner des Erblassers können Nachlassverbindlichkeiten darstellen.
Sachverhalt
Erblasser und seine nichteheliche Lebenspartnerin (seit mehr als 25 Jahren zusammen) bauten zusammen eine Einzelhandelskette auf und erwarben größeres Immobilienvermögen - überwiegend auf den Namen des Erblassers. Nach dem unerwarteten Tod des Erblassers machte die Lebenspartnerin Ausgleichsansprüche gegen die beiden Erben geltend, dessen Höhe von den Beteiligten einvernehmlich ermittelt wurde.
In der Erbschaftsteuererklärung machten die Erben die Ausgleichszahlung als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG geltend. Das Finanzamt versagte jedoch die Anerkennung als Nachlassverbindlichkeiten, da der Ausgleichszahlung an die Lebenspartnerin kein zivilrechtlich durchsetzbarer Anspruch zu Grunde gelegen habe.
Entscheidung
Das Gericht sah die Klagen der Erben als begründet an. Für die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten, die mit oder erst nach dem Tod des Erblassers rechtswirksam entstehen, ist Voraussetzung, dass sie auf einem von ihm gesetzten oder ihm zurechenbaren Rechtsgrund beruhen. Nach Auffassung des Gerichts stand der Lebenspartnerin des Erblassers bei Beendigung der Lebensgemeinschaft ein Ausgleichsanspruch nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu. Zwar bestehen bei Beendigung der nichtehelichen Lebenspartnerschaft keine gegenseitigen Ansprüche. Die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Grundsätze kann ausnahmsweise aber dann in Betracht kommen, wenn beide Partner durch gemeinsame Leistungen zur Schaffung eines Vermögenswerts von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung beitragen, den sie als gemeinsames Vermögen betrachten, auch wenn der Vermögensgegenstand rechtlich nur einem der Partner zugeordnet ist.
Nach diesen Grundsätzen sah das Gericht aufgrund der vorliegenden Tatsachen und der Zeugenaussagen der Lebenspartnerin sowie der Erben gesellschaftsrechtliche Ansprüche aus einer Innengesellschaft als gegeben an, so dass die Ausgleichszahlung bei den Erben als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzuziehen war.
Hinweis
Im entschiedenen Fall war - wegen des überraschenden Todes des Lebenspartners - keine testamentarische Regelung getroffen worden. Die Annahme eines gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruchs aufgrund einer Innengesellschaft zwischen den beiden Lebenspartnern ist aber - auch nach dieser Entscheidung des Finanzgerichts - immer im Einzelfall zu beurteilen und kann nur in Ausnahmefällen angenommen werden. Aus diesem Grunde sollte gerade in den Fällen, in denen keine gesetzlichen Erbansprüche gegeben sind, an eine rechtzeitige testamentarische Regelung gedacht werden.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 29.05.2008, 3 K 1354/06 Erb