Prof. Dr. jur. Tobias Huep
1.1 Allgemeine Grundsätze
Wird ein ausländischer Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber mit Sitz und Betriebsstätte in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt, gilt für dieses Arbeitsverhältnis ausschließlich deutsches Recht, sofern zwischen den Parteien keine abweichende Regelung getroffen wurde. Die Staatsangehörigkeit allein hat grundsätzlich keine Bedeutung für das anwendbare Recht.
Das Recht eines anderen Staates kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Arbeitsvertragsparteien dies (ausdrücklich oder konkludent) vereinbaren oder sich aufgrund weiterer Tatsachen des Sachverhalts ein besonderer Bezug zu einem anderen Staat und dessen Rechtsordnung ergibt. Solche Tatsachen können sein:
- Der Sitz des Arbeitgebers im Ausland, die grenzüberschreitende Erbringung der Arbeitsleistung,
- eine nur vorübergehende Entsendung des Arbeitnehmers nach Deutschland im Rahmen eines Konzernverbunds oder
- Fälle der Arbeitnehmerüberlassung aus dem Ausland.
In diesen Fällen kommt es entscheidend auf die Bestimmung der anwendbaren Rechtsordnung, das sogenannte "Vertragsstatut", an. Die Anwendbarkeit eines ausländischen Vertragsstatuts kann allerdings im Einzelfall aufgrund von Rechtsschutzüberlegungen eingeschränkt sein.
Anwendbares Recht
Die Einstellung eines Arbeitnehmers mit spanischer Staatsangehörigkeit durch ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland für eine Beschäftigung ausschließlich an einem Standort in Deutschland unterliegt ausschließlich dem deutschen Arbeitsrecht. Die spanische Staatsangehörigkeit löst keinen ausreichenden Bezug zu einer anderen, bspw. der spanischen Rechtsordnung aus.
1.2 Bestimmung des Vertragsstatus
Nur wenn Verbindungen eines Arbeitsverhältnisses zu mehreren Rechtsordnungen bestehen, bedarf es der Bestimmung der anwendbaren Rechtsordnung, des sogenannten (Vertrags-)Statuts. Nach allgemeinen IPR-Regeln ist dabei auf ein geeignetes ("Anknüpfungs-")Kriterium abzustellen – im Arbeitsrecht wird dafür typischerweise der Ort, an dem die Arbeitsleistung erbracht wird, herangezogen.
Die "Anknüpfung" im Internationalen (Arbeits-)Privatrecht
Schließt ein deutsches Unternehmen mit einem italienischen Bewerber einen Arbeitsvertrag und erbringt dieser dann regelmäßig seine Arbeitsleistung in der französischen Niederlassung, ist nach allgemeinen IPR-Grundsätzen (vgl. Art. 8 Rom I-VO) zu bestimmen, welches Recht anzuwenden ist. Weil entscheidend an den Ort der Erbringung der Arbeitsleistung anzuknüpfen ist, gilt französisches Arbeitsrecht. Aber auch insoweit spielt die Staatsangehörigkeit keine Rolle!
Das auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Recht (Vertragsstatut) kann aber auch von den Arbeitsvertragsparteien abweichend vertraglich vereinbart werden. Grundsätzlich ist eine Rechtswahl auch bei einem im Inland durchzuführenden Arbeitsverhältnis mit einem ausländischen Arbeitnehmer möglich, in der Praxis macht dies jedoch regelmäßig keinen Sinn.
Insbesondere können durch eine solche Rechtswahl eines ausländischen Arbeitsvertragsrechts "unliebsame" Regelungen des deutschen Arbeitsrechts nicht umgangen werden: Die Rechtswahl der Parteien kann dem Arbeitnehmer nicht den Schutz entziehen, der ihm durch arbeitnehmerschützende Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das ohne die Rechtswahlvereinbarung anzuwenden wäre.
Zwingende Vorschriften
Zu den durch die Rechtswahl nicht abdingbaren Vorschriften zählen die Regelungen über die Arbeitszeit, den Mutterschutz, den Schutz behinderter Menschen, die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, den Jugendarbeitsschutz bzw. die Kinderarbeit, die Arbeitnehmerüberlassung, die Arbeitssicherheit und den allgemeinen Arbeitsschutz, die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns.