Leitsatz
Bei einem bezahlten Auslandspraktikum sind bei der Einkunftsgrenze des Kindes Aufwendungen für die auswärtige Unterkunft und Verpflegung als ausbildungsbedingter Mehrbedarf auch dann zu berücksichtigen, wenn das Kind im Inland keinen eigenen Hausstand unterhält und in den Hausstand seiner Eltern eingegliedert ist.
Sachverhalt
Der Sohn des Klägers absolvierte während seines Studiums in den Monaten Oktober 2005 bis März 2006 ein Praktikum in den USA und verdiente in dieser Zeit mtl. 1.400 US-Dollar. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes für das Jahr 2005 auf, da die Einkünfte und Bezüge des Sohnes den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschreiten würden. Dabei hat die Familienkasse die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung während des Praktikums nicht als ausbildungsbedingten Mehrbedarf berücksichtigt. Hiergegen richtet sich die Klage.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist der bisherigen Rechtsprechung des BFH nicht zu entnehmen, dass die erhöhten Kosten einer auswärtigen Unterbringung ausnahmslos kein ausbildungsbedingter Mehrbedarf sein können. Im Gegenteil ergäbe sich aus der BFH Rechtsprechung, dass der Fall der echten doppelten Haushaltsführung nicht die einzige Ausnahme von diesem Grundsatz sei. Da im Streitfall das Kind im Rahmen seiner Ausbildung einen Ausbildungsabschnitt außerhalb seiner regelmäßigen Ausbildungsstätte absolviert, liegt nach Auffassung des FG ebenfalls eine solche Ausnahme vor. Folge: Die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung sind nach reisekostenrechtlichen Grundsätzen als ausbildungsbedingter Mehrbedarf zu berücksichtigen.
Hinweis
Im Revisionsverfahren III R 28/09 muss der BFH die positive Entscheidung des FG überprüfen. Dabei wäre es zu begrüßen, wenn der BFH seine bisherige restriktive Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung von Unterkunft und Verpflegung eines zum Zwecke der Ausbildung auswärts untergebrachten Kindes als ausbildungsbedingter Mehrbedarf unter folgenden Aspekten aufgibt:
- ≫ Die bisherige Begründung des BFH, die Kosten für Unterkunft und Verpflegung seien im Existenzminimum enthalten, ist m.E. auch unter Berücksichtigung des BVerfG-Beschlusses vom 11.1.2005 nicht mehr haltbar. Diese Begründung kann nur für die "normalen" Kosten der Unterbringung und Verpflegung am Familienwohnsitz gelten.
- ≫ Im BMF-Schreiben zur Neuregelung der Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten v. 4.11.2005 (BStBl 2005 I S. 955) ist in Rz. 29 geregelt, dass die Kosten der auswärtigen Unterbringung als Sonderausgaben abzugsfähig sind, auch wenn die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorliegen. Danach sind die Unterkunftskosten bei der eigenen Einkommensteuerveranlagung des Kindes abzugsfähig. Dies muss m. E. aus Gleichheitsgründen dann auch bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG gelten.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.03.2009, 8 K 295/06