Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
Die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung des FA, Gewinnerhöhungen rückgängig zu machen, verpflichtet nur insoweit, wie vorher der Gewinn tatsächlich erhöht worden ist.
Normenkette
#167; 126 Abs. 4 FGO , § 133 BGB
Sachverhalt
Die Beteiligten erklärten den finanzgerichtlichen (ESt- und GewSt-)Rechtsstreit wegen einer – vom Prüfer des FA vorgenommenen – gewinnerhöhenden Auflösung von Tantiemerückstellungen in der Hauptsache für erledigt, nachdem sich das FA auf Vorschlag des FG verpflichtet hatte, die "Gewinnerhöhungen gem. Tz. 22 bis 25 des BP-Berichts unter anteiliger Auflösung der Gewerbesteuerrückstellungen rückgängig zu machen". Nach dem BP-Bericht waren die in Tz. 23 bis 25 erfassten Ausbuchungen von Darlehensverbindlichkeiten ausweislich der Tz. 27 des BP-Berichts durch Ansatz entsprechend hoher Einlagen gewinnneutral – und damit nicht wie vom FG angenommen gewinnerhöhend – erfolgt.
Das FA korrigierte deshalb lediglich die Gewinnerhöhung aufgrund Tz. 22 des BP-Berichts. Auf den Antrag des Klägers, das Klageverfahren wegen Nichterfüllung der Änderungszusage fortzusetzen, wies das FG die Klage ab. Die Revision blieb erfolglos.
Entscheidung
Obwohl das FG im Streitfall – u.a. unter Hinweis auf eine streitige Kenntnis des Klägers von dem BP-Bericht – zu Unrecht eine Bindung des FA an die gegebene Zusage verneint hatte, ist die Klage im Ergebnis zu Recht, wenn auch aus anderen Gründen, erfolglos geblieben. Dabei ist die Klage auf Fortsetzung des durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendeten Verfahrens die richtige Klageform, mit der der Rechtsstreit über die Wirksamkeit und den ggf. streitigen Inhalt einer Zusage des FA auszutragen ist.
Veranlasst das FA im finanzgerichtlichen Verfahren die Abgabe einer Hauptsachenerledigungserklärung des Klägers durch die Zusage, den angefochtenen Bescheid in bestimmter Weise zu ändern, so ist es daran nach Treu und Glauben gebunden. Dabei ist der Inhalt der Zusage als öffentlich-rechtliche Willenserklärung ergänzend nach den Regelungen des BGB und dabei insbesondere nach § 133 BGB aus der Sicht des Erklärungsempfängers auszulegen.
Danach konnte der Zusage auch aus der Sicht des Klägers nur der Wille des FA entnommen werden, "Gewinnerhöhungen" rückgängig zu machen. Soweit den in der Zusage in Bezug genommenen Tz. des BP-Berichts tatsächlich entgegen der übereinstimmenden Annahme der Beteiligten keine Gewinnerhöhung zugrunde lag, ging die Zusage mithin ins Leere.
Hinweis
Hat das FA – anders als im Streitfall – eine dem Wortlaut nach eindeutige Zusage zur Änderung eines Steuerbescheids (z.B. Minderung der festgesetzten Steuer um einen ziffernmäßig bestimmten Betrag) gemacht, bleibt es daran gebunden, auch wenn sich nachher herausstellt, dass die Zusage auf einem Irrtum beruht.
Denn zum einen ist die aufgrund der Zusage abgegebene übereinstimmende Hauptsacheerledigung der beiden Hauptbeteiligten als Prozesshandlung nicht wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder Drohung anfechtbar (BFH, Beschluss vom 15.2.1968, V B 46/67, BStBl II 1968, 413); zum anderen gebietet diese zwingende prozessuale Bindungswirkung der Erledigungserklärung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, dass die Zusage als "Veranlassungsgrund" der Erledigungserklärungen auch tatsächlich – uneingeschränkt – umgesetzt wird.
Um spätere Unsicherheiten über den Umfang der Zusage aufgrund von "Auslegungsspielräumen" zu vermeiden, sollten Sie regelmäßig auf eine betragsmäßige Fixierung der zugesagten Änderungen hinwirken.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.11.2000, XI R 28/99