OFD Niedersachsen, Verfügung v. 22.8.2014, S 1978 c - 136 - St 243

Anwendung der Billigkeitsregelung in RdNr. 22.23 des BMF-Schreibens vom 11.11.2011, BStBl 2011 I S. 1314 (UmwSt-Erlass)

Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil nach § 20 UmwStG in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eingebracht und erhält der Einbringende hierfür neue Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft, sogenannte Sacheinlage, sind diese Anteile sperrfristbehaftet nach § 22 Abs. 1 UmwStG, wenn das übernommene Betriebsvermögen mit dem Buch- oder Zwischenwert angesetzt wird.

Soweit sperrfristbehaftete Anteile nach § 22 Abs. 1 UmwStG innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert werden, oder ein Tatbestand i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 6 UmwStG vorliegt, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn i.S. des § 16 EStG zu versteuern (Einbringungsgewinn I).

Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft gegen Gewährung neuer Anteile zum Buchwert eingebracht, sogenannter qualifizierter Anteilstausch nach § 21 UmwStG, sind die eingebrachten Anteile sperrfristbehaftet nach § 22 Abs. 2 UmwStG. Anteile an Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften, die im Rahmen einer Einbringung nach § 20 UmwStG zum Buch- oder Zwischenwert miteingebracht werden, sind ebenfalls sperrfristbehaftet nach § 22 Abs. 2 UmwStG.

Soweit sperrfristbehaftete Anteile nach § 22 Abs. 2 UmwStG innerhalb von sieben Jahren nach dem Anteilstausch bzw. der Einbringung veräußert werden, oder ein Tatbestand i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 6 UmwStG vorliegt, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung der (mit)eingebrachten Anteile zu versteuern (Einbringungsgewinn II), soweit der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile beim Einbringenden im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre.

RdNr. 22.23 des UmwSt-Erlasses regelt zu der einer Einbringung nachfolgenden Umwandlung oder Einbringung Folgendes:

„Grundsätzlich führt jede der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft nachfolgende Umwandlung oder Einbringung sowohl des Einbringenden als auch der übernehmenden Kapitalgesellschaft sowie die umwandlungsbedingte Übertragung der sperrfristbehafteten Anteile zu einer Veräußerung i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Satz 1 UmwStG (vgl. RdNr. 22.07 und RdNr. 00.02 des UmwSt-Erlasses), die die Einbringungsgewinnbesteuerung nach § 22 Abs. 1 bzw. Abs. 2 UmwStG auslöst. Nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2, 4 und 5 jeweils zweiter Halbsatz UmwStG kann jedoch eine Ausnahme von diesem allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsatz nur erfolgen, wenn eine nachfolgende Einbringung der sperrfristbehafteten Anteile nach § 20 Abs. 1, § 21 Abs. 1 UmwStG bzw. aufgrund eines mit diesen Vorgängen vergleichbaren ausländischen Vorgangs zum Buchwert erfolgt.

Aus Billigkeitsgründen kann im Einzelfall auch bei Umwandlungen zu Buchwerten auf übereinstimmenden Antrag aller Personen, bei denen ansonsten infolge des Umwandlungsvorgangs ein Einbringungsgewinn rückwirkend zu versteuern wäre, von einer rückwirkenden Einbringungsgewinnbesteuerung abgesehen werden. Dies setzt zumindest voraus, dass

  • keine steuerliche Statusverbesserung eintritt (d.h. die Besteuerung eines Einbringungsgewinns I bzw. II nicht verhindert wird),
  • sich keine stillen Reserven von den sperrfristbehafteten Anteilen auf Anteile eines Dritten verlagern,
  • deutsche Besteuerungsrechte nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden und
  • die Antragsteller sich damit einverstanden erklären, dass auf alle unmittelbaren oder mittelbaren Anteile an einer an der Umwandlung beteiligten Gesellschaft § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG entsprechend anzuwenden ist, wobei Anteile am Einbringenden regelmäßig nicht einzubeziehen sind (vgl. zu einer vergleichbaren Problematik die RdNr. 22 des BMF-Schreibens vom 16.12.2003, BStBl 2003 I S. 786).

Bei der Prüfung eines solchen Antrags ist die gesetzgeberische Grundentscheidung zu berücksichtigen, dass § 22 UmwStG keine Generalklausel enthält, wonach unter bestimmten allgemeinen Voraussetzungen bei nachfolgenden Umwandlungen von der Einbringungsgewinnbesteuerung abgesehen werden kann. § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG lassen lediglich punktuelle Ausnahmen zu (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2, 4 und 5 UmwStG). Von der Einbringungsgewinnbesteuerung kann deswegen nur dann aus Billigkeitsgründen abgesehen werden, wenn der konkrete Einzelfall in jeder Hinsicht mit den in § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2, 4 und 5 UmwStG enthaltenen Ausnahmetatbeständen vergleichbar ist. Dabei ist auch die gesetzgeberische Grundentscheidung zu berücksichtigen, dass § 22 UmwStG anders als für Einbringungen i.S. der §§ 20, 21 UmwStG keine Rückausnahme für Einbringungen i.S. des § 24 UmwStG vorgesehen hat. Nicht vergleichbar sind Umwandlungen z.B. dann, wenn sie ohne Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften an Kapitalges...

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