Dipl.-Kffr. Carmen Mausbach
2.1 Kreditfähigkeits- und Kreditwürdigkeitsprüfung
Viele Umfrageergebnisse unter mittelständischen Unternehmen belegen, dass der klassische Bankkredit ein nach wie vor wichtiges Finanzierungsmittel ist und der deutsche Mittelstand weiterhin auf die Fortsetzung der engen und i. d. R. langjährigen Geschäftsbeziehung mit seiner Hausbank vertraut. Allerdings sind die Anforderungen an die Kreditaufnahme deutlich gestiegen. Wesentlich dazu beigetragen haben die neuen Regelwerke Basel II, Basel III sowie das jüngste Änderungspaket Basel IV, die von den Kreditinstituten eine erhöhte Risikovorsorge bei der Kreditvergabe verlangen. Konkret werden Banken strengeren Regeln unterworfen, wie sie Kreditrisiken einzuschätzen und mit Eigenkapital zu unterlegen haben. Insbesondere bei langfristigen Darlehensformen, wie dem Immobilienkredit, muss die Kreditvergabe verantwortungsvoll erfolgen.
Als Kreditrisiko wird die Gefahr bezeichnet, dass ein Kreditnehmer aufgrund einer akuten Zahlungsunfähigkeit seinen Zahlungsverpflichtungen (Tilgung, Zinsen etc.) innerhalb eines bestimmten Zeithorizonts nicht oder nur unvollständig nachkommen kann.
Da das Kreditinstitut mit der Kreditvergabe ein Kreditrisiko eingeht, nimmt es zur Einschätzung dieses Risikos Prüfungen vor. Eine solche Prüfungspflicht ergibt sich einerseits aus dem Kreditwesengesetz andererseits aber auch aus internen Vorgaben.
Für Kredit suchende Unternehmen ist es wichtig, die Beurteilungsmodalitäten des Kreditinstituts zu kennen, damit der Kreditvergabeprozess beschleunigt oder überhaupt erst ermöglicht werden kann.
Die Kreditprüfung umfasst im Wesentlichen 3 Aspekte:
- die Kreditfähigkeitsprüfung,
- die persönliche Kreditwürdigkeitsprüfung sowie
- die wirtschaftliche Kreditwürdigkeitsprüfung.
Im Rahmen der Kreditfähigkeitsprüfung werden die rechtlichen Voraussetzungen des Kreditnehmers im Hinblick auf eine Kreditgewährung geprüft. Hinterfragt wird, ob der Kreditantragsteller die Fähigkeit hat, rechtswirksam Kreditverträge abzuschließen. Das ist dann der Fall, wenn der Antragsteller rechts- und geschäftsfähig ist und darüber hinaus befugt ist, das Unternehmen nach außen zu vertreten.
Bei der persönlichen Kreditwürdigkeitsprüfung werden das Verhalten und die Zuverlässigkeit des Kreditantragstellers beurteilt. Insbesondere wird sich der Kreditgeber über die fachliche Eignung (z. B. Meisterprüfung), unternehmerische Eigenschaften (z. B. Marktpositionierung) oder auch persönliche Aspekte (z. B. familiäre Verhältnisse) informieren. Hierzu werden auch Anfragen an Auskunfteien gestellt, die über Zahlungsprobleme der Vergangenheit informieren. Eine solche Auskunftei ist die SCHUFA (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung), mit der die meisten Kreditinstitute zusammenarbeiten. Ein Einverständnis zur Datenübermittlung und -abfrage wird häufig schon bei einer Kontoeröffnung gegeben.
Die Kreditwürdigkeit wird oftmals auch mit Bonität übersetzt. Je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Kreditnehmer seinen Kredit bedienen kann, desto höher ist auch die Bonität.
Prüfung nicht unterschätzen
Gerade diese sehr subjektive Prüfung sollte von jungen Unternehmen nicht unterschätzt werden. Besonders bei Existenzgründungen fehlen andere Prüfkriterien wie Bilanz- und Erfolgsanalysen oder auch Kreditsicherheiten, sodass die persönlichen Faktoren die Kreditentscheidung maßgeblich beeinflussen.
Die Prüfung der wirtschaftlichen Kreditwürdigkeit bezieht sich auf materielle Faktoren, aus denen der Kreditgeber versucht, Rückschlüsse auf die zukünftige Zahlungsfähigkeit zu ziehen. Insbesondere werden im Rahmen der Jahresabschlussanalyse Kennzahlen errechnet sowie Listen über Auftragsbestände und Zahlungs- und Gewährleistungsverpflichtungen angefordert. Auch zukunftsorientierte Daten wie Geschäfts-, Marketing- und Finanzpläne gehören zum Spektrum der Unterlagen einer Kreditprüfung.
Kreditprüfungen dieser Art weisen allerdings 2 wesentliche Nachteile auf: Zum einen werden vorwiegend vergangenheitsorientierte Daten herangezogen, die nicht ohne Weiteres über künftige wirtschaftliche Verhältnisse Aufschluss geben können, zum anderen lassen sich subjektive Einflüsse und Einschätzungen nicht ausschließen.
2.2 Konditionengestaltung im Kreditgeschäft
Ist die Bank bereit, dem jeweiligen Unternehmen einen Kredit zu gewähren, so stellt sich die Frage, wie hoch der Zinssatz ist, den das Unternehmen für die Bereitstellung des Kredits zu zahlen hat. Es ist daher zweckmäßig, die einzelnen Bestandteile des Kreditzinses zu analysieren, da nur so festgestellt werden kann, welche Bank auf Dauer das günstigste Konditionengefüge im Angebot hat. In einer vereinfachten Darstellung setzt sich der Zinssatz für die Darlehensvergabe zusammen aus den
- Eigenkapitalkosten
- Risikokosten
- Refinanzierungskosten
- Betriebskosten.
Die Refinanzierungskosten beinhalten die Kosten, die einem Kreditinstitut aufgrund der Beschaffung von Mitteln zur Refinanzierung der vergebenen Kredite entstehen. Ihre Höhe hängt insbesondere vom Hauptrefinanzierungssatz (aktuell 4,5 %) der Europäischen Zentralbank (EZB) ab, sowie v...