Rz. 248
Die körperschaftsteuerliche Organschaft führt zur Hinzurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organträger. Das positive oder negative Einkommen der Organgesellschaft ist zu kürzen. Beim Organträger kommt es zur Hinzurechnung des entsprechenden Betrags. Wird ein negatives Einkommen zugerechnet, kommt es bei der Organgesellschaft zu einer entsprechenden Hinzurechnung und beim Organträger zu einer entsprechenden Kürzung.
5.1.1 Organgesellschaft
5.1.1.1 Handelsbilanzrecht
Rz. 249
Zu den Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft gehört der Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags (EAV), § 14 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 17 Nr. 1 KStG. Der Ergebnisabführungsvertrag muss den gesamten handelsrechtlichen Jahresüberschuss erfassen. Im Jahresabschluss der Organgesellschaft ist der Aufwand aufgrund der Gewinnabführung bzw. der Ertrag aus der Verlustübernahme gesondert auszuweisen, § 277 Abs. 3 Satz 2 HGB.
Für den handelsrechtlichen Jahresüberschuss vor Gewinnabführung ergibt sich also der Buchungssatz: "per Aufwand aufgrund des EAV an Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen". Der handelsrechtliche Jahresüberschuss beträgt aufgrund der Gewinnabführung Null, soweit nicht die Ausgleichszahlungen an die Minderheitsgesellschafter der Organgesellschaft geleistet werden.
5.1.1.2 Ausgleichszahlung an Minderheitsgesellschafter
Rz. 250
Die körperschaftsteuerliche Organschaft setzt nicht voraus, dass der Organträger Inhaber aller Anteile an der Organgesellschaft ist. Da nach dem Gewinnabführungsvertrag der Organgesellschaft aber der gesamte Jahresüberschuss an den Organträger abgeführt werden muss, verlangt das Gesellschaftsrecht eine jährliche Ausgleichszahlung für Minderheitsgesellschafter, § 304 AktG. Da das Gesetz den Schuldner der Ausgleichszahlung nicht benennt, kommt sowohl die beherrschte als auch die beherrschende Gesellschaft als Schuldner der Ausgleichszahlung infrage. Richtig ist es, die Pflicht zur Ausgleichszahlung bei der beherrschenden Gesellschaft zu sehen. Die beherrschte Gesellschaft fungiert bei einer direkten Zahlung als Zahlstelle. Die steuerlichen Folgen der Ausgleichszahlung sind unabhängig davon, ob die Zahlung durch den Organträger oder die Organgesellschaft erfolgt.
In der Sache ist die Ausgleichszahlung an die Minderheitsgesellschafter eine Einkommensverwendung. Handelsrechtlich wird die Ausgleichszahlung als Aufwand behandelt. Nach § 158 Abs. 2 AktG sind die Ausgleichszahlungen, die von der Muttergesellschaft geleistet werden, mit dem Gewinn bzw. Verlust aus dem Ergebnisabführungsvertrag zu saldieren.
Rz. 251
Steuerlich soll erreicht werden, dass die Ausgleichszahlung bei der Organgesellschaft der Körperschaftsteuer unterworfen wird. Die Ausgleichszahlung wird daher nach § 4 Abs. 5 Nr. 9 EStG als nicht abziehbare Betriebsausgabe behandelt. Dies entspricht der Behandlung der Ausgleichszahlung als Einkommensverwendung. Der Betrag der Ausgleichszahlung wird auf 20/17 aufgestockt und von der Organgesellschaft versteuert. Der Bruch von 20/17 bzw. 100/85 entspricht dem Bruttobetrag der Ausgleichszahlung vor der Belastung mit Körperschaftsteuer. Der Zurechnungsbetrag ist dann um 20/17 der Ausgleichszahlung zu kürzen, da die Ausgleichszahlung bereits durch die Organgesellschaft versteuert wird.
Rz. 252
In der Gewerbesteuer wird die Organgesellschaft als Betriebsstätte behandelt, § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG. § 14 und § 16 KStG sind keine Vorschriften der Gewinnermittlung, sondern gehören zur Einkommensermittlung. Die Ausgleichszahlung wirkt sich nicht auf die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer des Organträges aus, da die Gewerbesteuer an den Gewinn und nicht an das Einkommen anknüpft. Die Ausgleichszahlung wirkt sich in der Gewerbesteuer also nicht aus. Der gesamte Gewerbeertrag der Organgesellschaft einschließlich der Ausgleichszahlung ist beim Organträger als Stammhaus der Gewerbesteuer zu unterwerfen.
5.1.1.3 Steuerliche Zurechnung
Rz. 253
Steuerlich ist das zuzurechnende Einkommen zu ermitteln. Dies erfolgt in mehreren Schritten. Der handelsrechtliche Jahresüberschuss der Organgesellschaft beträgt zunächst null. Die Gewinnabführung ist für die Zwecke der Zurechnung wieder hinzuzuaddieren. Im nächsten Schritt ist die Handelsbilanz der Organgesellschaft den Regeln des Bilanzsteuerrechts anzupassen. In diesen bilanziellen Abweichungen zwischen Handelsbilanz (Gewinnabführung) und Steuerbilanz (Zurechnung) liegt ein wesentlicher Grund für die Mehr- und Minderabführungen.
Rz. 254
Der Steuerbilanzgewinn/-verlust der Organgesellschaft ist dann um die außerbilanziellen Korrekturen der Organgesellschaft zu berichtigen. Die Regeln über das Teileinkünfteverfahren bzw. die 95 %-Freistellung nach § 8b KStG werden aber erst auf der Ebene des Organträgers berücksichtigt, da es sich erst auf seiner Ebene zeigt, ob § 3 Nr. 40/§ 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG zur Anwendung kommt (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Die außerbilanziellen Korrekturen aufgrund der Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8a KStG) sind...