Überblick über die Einstellungsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteile
[Ohne Titel]
RA, FASt/FAStrafR Hans Dieter Eich
Im Regelfall liegt es im Interesse des Betroffenen, ein gegen ihn eingeleitetes steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren zügig und "geräuschlos" zum Abschluss zu bringen. Vorrangiges Ziel der Verteidigung ist dann die Vermeidung einer Anklageerhebung. In dem Beitrag werden die außergerichtlichen Möglichkeiten zur Verfahrenseinstellung im Überblick dargestellt und aufgezeigt, weshalb eine Einstellung nach § 153a StPO (oftmals) vorzugswürdig ist.
I. Einleitung
Im Regelfall liegt es im Interesse des Betroffenen, ein gegen ihn eingeleitetes steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren möglichst zügig und "geräuschlos", also insb. ohne Öffentlichkeit zum Abschluss zu bringen. Vorrangiges Ziel der Verteidigung ist daher in derartigen Fällen die Vermeidung einer Anklageerhebung und damit die Durchführung einer öffentlichen Gerichtsverhandlung. Bei Hinterziehungsbeträgen von mehreren einhunderttausend Euro, dem Zusammentreffen mit anderen Straftatbeständen oder bei von krimineller Energie nachhaltig geprägten Wiederholungstätern dürfte dieses Ziel nur schwer, in allen anderen Fällen jedoch, die im Steuerstrafrecht die Mehrzahl ausmachen dürften, grundsätzlich ohne große Mühen erreichbar sein. Ist eine Verfahrenseinstellung nicht durchsetzbar, kommt schließlich noch eine außergerichtliche Verfahrenserledigung durch Strafbefehl in Betracht.
Beraterhinweis Nach § 392 Abs. 1 AO können auch Angehörige der steuerberatenden Berufe – abweichend von § 138 Abs. 1 StPO – die Verteidigung in steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren übernehmen, soweit die Finanzbehörde das Strafverfahren gem. § 386 Abs. 2 AO selbstständig durchführt.
Sodann sind unter Berücksichtigung der Vorstellungen und auch wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten Überlegungen darüber anzustellen, ob und ggf. zu welchen Konditionen eine Einstellung des Verfahrens erreichbar und wirtschaftlich vernünftig ist. In jedem Fall sind dem Mandanten die mit dem jeweiligen Verfahrensabschluss verbundenen Vor- und Nachteile, insb. mögliche Wechselwirkungen auf das parallele Besteuerungsverfahren sowie die von der Art des Verfahrensabschlusses abhängigen Rechtsfolgen (z.B. Strafklageverbrauch, Vorstrafe, sonstige Nebenfolgen) aufzuzeigen.
In den folgenden Ausführungen in Teil 1 des Beitrags werden daher zunächst die außergerichtlichen Möglichkeiten zur Verfahrenseinstellung im Überblick dargestellt und aufgezeigt, weshalb eine Einstellung nach § 153a StPO erstrebenswert und vorzugswürdig sein kann. Im Anschluss daran werden im Teil 2 mögliche Folgewirkungen von Einstellungen nach § 153a StPO, insb. mit Blick auf das zum 1.7.2022 in Vollzug getretene Wettbewerbsregister, einer näheren Betrachtung unterzogen.
II. Überblick über die außergerichtlichen Einstellungsmöglichkeiten von Steuerstrafverfahren
1. Zielbestimmung
Außergerichtlicher Verfahrensabschluss: Nachdem das angestrebte Ziel definiert ist, stehen Gespräche und Verhandlungen mit der Strafverfolgungsbehörde, regelmäßig mit der Straf- und Bußgeldsachenstelle des zuständigen Strafsachen-Finanzamts, im Mittelpunkt der Verteidigung. Für den erfolgreichen Abschluss dieser Verhandlungen ist die Kenntnis der Möglichkeiten und Rechtsfolgen eines außergerichtlichen Verfahrensabschlusses unentbehrlich.
Art der Verfahrenseinstellung: In der Praxis wird der Verteidiger bereits im Ermittlungsverfahren durch Verhandlungen mit der Straf- und Bußgeldsachenstelle eine Einstellung des Verfahrens anstreben, um das Verfahren im Interesse seines Mandanten möglichst diskret und möglichst zügig zum Abschluss zu bringen. Hierbei wird der Verteidiger – ausgehend von der besten Lösung (§ 170 Abs. 2 StPO) – zunächst prüfen, welche Art der Verfahrenseinstellung bei realistischer Einschätzung der Sachlage erreichbar erscheint.
Beraterhinweis Instrumentarien zur Herabstufung des strafrechtlichen Vorwurfs und zur Förderung des Verhandlungserfolgs sind z.B.
- das Herunterrechnen der strafrechtlich relevanten Steuern,
- der Hinweis auf die Reduzierung des effektiven Steuerschadens durch Auswirkungen auf andere Steuern,
- die Thematisierung von Vorsatzfragen,
- der Hinweis auf die erhöhten Beweisanforderungen im Strafverfahren (In-dubio-pro-reo-Grundsatz) und
- die Erörterung möglicher Verwertungsverbote,
- die Ankündigung von Beweisanträgen sowie
- die Diskussion von sonstigen steuerlichen oder strafrechtlichen Rechtsfragen.
2. Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO
Maximales Ziel einer außergerichtlichen Verfahrenserledigung ist die Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO. Nach dieser Vorschrift stellt die Strafverfolgungsbehörde das Verfahren ein, wenn kein hinreichender Tatverdacht besteht. Ein hinreichender Tatverdacht besteht nicht, wenn aufgrund der Ermittlungen kein genügender Anlass zur Erhebung der Klage bzw. zur Beantragung eines Strafbefehls besteht, weil z.B. eine Verurteilung des Beschuldigten nicht mit der...