Ob Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind, wird von den Finanzgerichten unterschiedlich beurteilt. So hat z.B. das Finanzgericht Münster die Zwangsläufigkeit bei Aufwendungen eines Ehepaares zur künstlichen Befruchtung der Ehefrau mit Samen eines Spenders, mit dem diese nicht verheiratet war (sog. heterologe In-Vitro-Fertilisation ) abgelehnt (FG Münster, Urteil v. 13. 10. 1992, 1 K 219/92 E, EFG 1993 S. 312, rkr). Das Niedersächsische Finanzgericht hat Aufwendungen eines Ehepaares zur künstlichen Befruchtung der Ehefrau für den Fall der organisch bedingten Unfruchtbarkeit als abziehbar angesehen (Niedersächs. FG, Urteil v. 25. 6. 1996, XII 826/95, EFG 1996 S. 924).
Der BFH hat die Enscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts, die Gegenstand des o.g. Revisionsverfahrens war, im Ergebnis gebilligt . Der BFH betont allerdings, für den entschiedenen Fall gehe er im Tatsächlichen davon aus, daß die bei der Klägerin durchgeführte künstliche Befruchtung mit dem Samen ihres Ehemannes durchgeführt sei, es sich mithin um eine sog. homologe Befruchtung handele. Sollte es sich allerdings, so der BFH, bei der aus anderen Gründen erforderlichen erneuten Prüfung der Streitsache durch das Finanzgericht herausstellen, daß es sich nicht um Samen des Ehemannes, sondern eines Dritten gehandelt habe, genetisch also nicht das gemeinsame Kind des Ehepaares „hervorgebracht” sei, erfordere die steuerrechtliche Beurteilung dieses Falles weitere rechtliche Überlegungen . Mit anderen Worten:
Vorstehend mitgeteilte Entscheidung läßt offen , ob die Aufwendungen der künstlichen Befruchtung bei einer empfängnisunfähigen unverheirateten Frau oder bei einer Befruchtung mit fremden Samen bei einer verheirateten Frau ebenfalls als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig sind.
M.E. sprechen viele Gründe gegen eine in dieser Weise differenzierende Beurteilung, die der BFH in der vorstehend mitgeteilten Entscheidung auch nur als möglich ansieht. Zunächst stellt sich die Frage , ob es dem Ehepaar – nicht zuletzt auch mit Rücksicht auf das Kind – überhaupt zugemutet werden kann, seine intimsten Belange offenzulegen ? Außerdem: Die deutschen Gesetze lassen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung auch sonst – also auch außerhalb des Schutzbereichs der Ehe ( Art. 6 Abs. 1 GG ) grundsätzlich zu . All dies spricht gegen eine unterschiedliche Beurteilung der Aufwendungen einer homologen und einer heterologen Insemination.
Es kommt hinzu, daß die eheähnliche auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft heute in Deutschland weit verbreitet ist. Unabhängig davon, ob der einzelne die...