Im Streitfall hatte der Kläger an Dorsalgie wegen Muskelinsuffizienz bei Flachrücken gelitten. Er hatte deshalb nach eingehender Untersuchung durch den ihn behandelnden Orthopäden und unter dessen Anleitung und Kontrolle eine medizinische Trainingstherapie (u. a. Wirbelsäulen- und Muskeldehnungsgymnastik ) durchgeführt, die abwechselnd von der Krankengymnastin und einer Sportlehrerin ab gehalten wurde. Der BFH sah die medizinische Indikation der Gymnastik allein aufgrund der Verordnung durch den behandelnden Arzt als nicht ausreichend nachgewiesen an. Nach Auffassung des BFH besitzen nur der rechtzeitig (d. h. vor Beginn der therapeutischen Maßnahme) eingeschaltete Amtsarzt oder etwa der Medizinische Dienst einer Krankenversicherung zugleich Sachkunde und notwendige Neutralität , um die medizinische Indikation solcher therapeutischer Maßnahmen beurteilen zu können, die nicht nur für Kranke nützlich sind. Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, daß die im Streitfall durchgeführten Maßnahmen gelegentlich auch von Gesunden getätigt werden, um körperliche Fitness zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder die Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten.
Anzumerken bleibt, daß der BFH im Streitfall auch die vom Kläger nachträglich vorgelegte amtsärztliche Stellungnahme nicht als ausreichenden Nachweis für die medizinische Indikation der Maßnahmen ansah. Vertrauensschutz sei nicht zu gewähren, weil das Erfordernis einer im vorhinein erteilten amtsärztlichen Begutachtung der medizinischen Indikation des Besuchs eines Fitness-Studios für den Kläger – jedenfalls bei fachlicher Beratung – nicht vorhersehbar gewesen sei.
I. ü. führte der BFH – allerdings nur im Rahmen eines obiter dictums – aus, der Begriff der Heilbehandlung setze eine gezielte medizinisch indizierte Behandlung zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit durch einen Arzt , einen Heilpraktiker oder eine andere gesetzlich zur Ausübung der Heilkunde zugelassene Person voraus. Hierfür sei eine regelmäßige und intensive Betreuung erforderlich, wie sie insbesondere im Falle einer ärztlich verordneten und verantworteten Krankengymnastik gegeben ist. Diesen Erfordernissen genüge es nicht, wenn der den Kläger behandelnde Orthopäde nur gelegentlich die Auswirkungen der Sportausübung auf das Rückenleiden zur Kenntnis nimmt und dem Kläger nur hin und wieder Ratschläge und Hinweise für dessen i. ü. selbständig durchgeführtes Training gegeben hat.
Schließlich verneinte der BFH – in einem weiteren obiter dictum – auch die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen. Das Finanzgericht hatte nämlich nicht festgestellt, ob der Kläger für die streitigen Kosten Anspruch auf Beihilfe oder Leistungen einer Krankenversicherung hatte und ob er alles ihm Zumutbare unternommen hatte, um solche Ersatzmöglichkeiten zu realisieren.