Leitsatz
Das Wahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 ist ausgeübt, wenn der Steuerpflichtige Steuererklärungen und eine den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechende Steuerbilanz beim FA einreicht und vorbehaltlos erklärt, das Wahlrecht in bestimmter Weise ausüben zu wollen. Eine Bindung an den handelsbilanziellen Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens besteht nicht.
Normenkette
§ 20 Abs. 2 UmwStG 1995, § 60 Abs. 2 S. 2 EStDV
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, war die Komplementärin einer KG. Kommanditisten der KG waren A mit einem Anteil von 2,7 Mio. DM sowie B mit einem Anteil von 300 000 DM.
Im September 1996 wurde das Stammkapital der Klägerin durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile zum Nennwert von 1,5 Mio. DM auf 1,55 Mio. DM erhöht. Die neuen Geschäftsanteile wurden von A mit 1,35 Mio. DM und von B mit 150 000 DM übernommen, die im Weg der Sacheinlage ihre Kommanditbeteiligungen an der KG zum 01.10.1996 einbrachten. In der notariellen Urkunde heißt es, dass die Klägerin die Buchwerte der KG fortführe, ferner, dass sie das Unternehmen der KG ab diesem Zeitpunkt weiterführe.
Die vom Geschäftsführer der Klägerin unterschriebenen Steuererklärungen der Klägerin für das Streitjahr wurden im August 1997 beim FA eingereicht. Ihnen beigefügt war unter anderem ein "Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.1996", in dem darauf hingewiesen wurde, dass das Gesellschaftsvermögen der KG in der Aufnahmebilanz der GmbH zum 01.10.1996 zu Buchwerten angesetzt worden sei. Dem entsprach auch die diesem Bericht beigefügte Bilanz der Klägerin zum 31.12.1996. Das FA erließ antragsgemäß Steuerbescheide, die unter VdN standen.
Nach einer Außenprüfung beantragte die Klägerin im Weg einer Bilanzänderung bzw. Bilanzberichtigung unter Hinweis auf § 20 Abs. 2 UmwStG 1995, das im Rahmen ihrer Verschmelzung mit der KG zum 01.10.1996 eingebrachte Betriebsvermögen nicht mit dem Buchwert, sondern mit einem Zwischenwert anzusetzen. Die Klägerin machte geltend, der dem FA zunächst eingereichte Jahresabschluss sei von der Gesellschafterversammlung nicht festgestellt worden. Es handle sich demzufolge lediglich um einen vorläufigen Jahresabschluss, der jederzeit habe geändert werden können.
Das FA folgte dem nicht, ebenso wenig wie anschließend das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 02.11.2006, 6 K 502/02, Haufe-Index 1707357, EFG 2007, 472).
Entscheidung
Auch der BFH gab dem FA recht. Die klagende GmbH habe seinerzeit bei Einreichung ihrer Steuererklärung ihr Bewertungswahlrecht verbindlich ausgeübt. Daran müsse sie sich nun auch festhalten lassen. Eine "Wertanpassung" zur Neutralisierung von steuerträchtigen Betriebsprüfungs-Ergebnissen käme nicht in Betracht.
Hinweis
1. Wird ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft im Weg der Sacheinlage eingebracht und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft, so durfte die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen nach § 20 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 und 6 UmwStG 1995 mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert, höchstens dem Teilwert ansetzen.
2. Dieses Bewertungswahlrecht ist ausgeübt, wenn die übernehmende Gesellschaft sich bei Abgabe ihrer Steuererklärung vorbehaltlos erklärt und wenn sie ihrer Erklärung eine (Steuer-)Bilanz beifügt, die entsprechende Werte ausweist und die in Einklang mit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung steht. Dann ist den Erfordernissen des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG genügt. Die Ausübung des Wahlrechts ist dann prinzipiell abschließend, sie kann nicht mehr korrigiert werden. Allenfalls ein Erklärungsirrtum (der schwer darzutun ist) könnte daran etwas ändern.
Dass keine Einbringungsbilanz vorgelegt wurde, ist ebenso wenig beachtlich wie der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Einreichung der Bilanz die Gesellschafterversammlung den Jahresabschluss noch nicht festgestellt hatte.
Auf beides kommt es nicht an:
- Eine Verpflichtung zur Abgabe einer Einbringungsbilanz existiert nicht, weder steuer- noch handelsrechtlich (§ 24 UmwG). Eine Verschmelzung ist vielmehr grundsätzlich ein Geschäftsvorfall, der in der laufenden Buchführung zu erfassen ist.
- Und der Umstand, dass es womöglich noch an den (formellen) gesellschaftsrechtlichen Feststellungs- und Genehmigungserfordernissen bei und zur Aufstellung des Jahresabschlusses mangelte, ist ebenfalls irrelevant. Das alles wird vom UmwSt-Recht nicht vorausgesetzt und verlangt. Hierfür genügt allein die steuerlich verbindliche Äußerung nach den unter 1. wiedergegebenen Maßgaben.
Das alles entspricht der Rechtspraxis der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 25.03.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 20.31).
3. Ebenso wenig wird eine wirksame Ausübung des Wahlrechts durch § 5 Abs. 1 S. 2 EStG, nach dem steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz auszuüben sind (die sog. umgekehrte Maßgeblichkeit), gehindert. Denn im Rahmen des § 20 UmwStG 1995 gilt dies...