Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Kroatien ist mit Wirkung vom 1.7.2013 der Europäischen Union beigetreten. Damit gehört das Gebiet der Republik Kroatien zum Gemeinschaftsgebiet der Europäischen Union, sodass alle gemeinschaftsrechtlichen Folgen auf Leistungsbezüge zwischen deutschen Unternehmern und kroatischen Abnehmern anzuwenden sind.
Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen sind ohne Übergangsfrist auf alle nach dem 30.6.2013 ausgeführten Leistungen anzuwenden.
Die Finanzverwaltung gibt die für die Teilnahme Kroatiens am gemeinschaftlichen Leistungsaustausch maßgeblichen Vorgaben bekannt.
- Die Erwerbsschwelle für besondere Unternehmer (i. S. d. § 3a Abs. 3 UStG in Deutschland) beträgt in Kroatien 77.000 HRK. Die Erwerbsschwelle ist für kroatische Unternehmer von Bedeutung, die als besondere Unternehmer aus dem normalen Besteuerungsverfahren ausscheiden, bei Überschreiten der Erwerbsschwelle aber dennoch innergemeinschaftliche Erwerbe versteuern müssen.
- Die Lieferschwelle für Kroatien beträgt 270.000 HRK. Die Lieferschwelle müssen deutsche Unternehmer beachten, die im Rahmen von Versendungslieferungen Waren an Nichtunternehmer nach Kroatien liefern. Wird die Lieferschwelle überschritten, verlagert sich der Ort der Lieferungen in das Bestimmungsland (§ 3c UStG). Gleiches gilt bei Lieferungen an besondere Unternehmer, die die Erwerbsschwelle nicht überschritten haben (Unternehmer, die keinen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern müssen).
- Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in Kroatien besteht aus dem Länderzeichen HR und einem einheitlichen, aus 11 Ziffern bestehenden Block.
Grundsätzlich müssen deutsche Unternehmer zum Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung ab dem 1.7.2013 die USt-IdNr. des Leistungsempfängers aus Kroatien aufzeichnen. Zur Vermeidung von Übergangsproblemen wird es aber nicht beanstandet, wenn für alle bis zum 30.9.2013 ausgeführten Lieferungen die USt-IdNr. nicht aufgezeichnet ist und der Leistungsempfänger schriftlich bestätigt, dass er eine USt-IdNr. beantragt hat und die Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen. Die Aufzeichnung der USt-IdNr. muss nach Erteilung nachgeholt werden. Diese Übergangsregelung gilt aber nicht, wenn die Lieferung im Einzelhandel erfolgt oder in einer für den Einzelhandel gebräuchlichen Form.
Lieferungen, die vor dem 1.7.2013 erfolgten, aber erst ab dem 1.7.2013 in Kroatien angekommen sind, sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. a und § 6 UStG als Ausfuhrlieferung steuerfrei.
Werden einem deutschen Unternehmer ab dem 1.7.2013 in Kroatien dort entstandene Umsatzsteuerbeträge berechnet, kann diese Umsatzsteuer unter den weiteren Voraussetzungen im elektronischen Vorsteuervergütungsverfahren über das Bundeszentralamt für Steuern geltend gemacht werden.
Konsequenzen für die Praxis
Durch den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union sind für alle nach dem 30.6.2013 ausgeführten Leistungen die Grundregelungen des Europäischen Binnenmarkts zu beachten. Insbesondere bedeutet dies, dass bei Lieferungen eine Steuerbefreiung nur unter den Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferungen erfolgen kann. Lediglich für den Nachweis der zutreffenden USt-IdNr. des Leistungsempfängers gilt eine Übergangsregelung bis Ende September 2013.
Aber auch Leistungsempfänger aus Deutschland müssen die Regelungen beachten, da sie für alle Leistungsbezüge ab dem 1.7.2013 innergemeinschaftliche Erwerbe versteuern müssen, wenn die Waren von regelbesteuerten Unternehmern bezogen werden. Sog. besondere Unternehmer nach § 1a Abs. 3 UStG, die nur dann innergemeinschaftliche Erwerbe versteuern müssen, wenn sie die Erwerbsschwelle überschreiten, müssen nunmehr auch die Warenbezüge aus Kroatien mit in die Prüfung der Erwerbsschwelle einbeziehen.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 28.6.2013, IV D 1 - S 7058/07/10002, BStBl I, 2013, 852