Leitsatz
Eine Avalgebühr für eine Ausfallbürgschaft ist kein Entgelt für Dauerschulden i.S.v. § 8 Nr. 1 GewStG.
Normenkette
§ 8 Nr. 1 GewStG
Sachverhalt
Eine GmbH, an der eine Gesellschafterin zusätzlich atypisch still beteiligt war, hatte bei der Stadtsparkasse ein Darlehen von 3 Mio. DM aufgenommen, für das die Stadt eine Ausfallbürgschaft übernahm. Für die Ausfallbürgschaft musste die GmbH jährlich eine Avalgebühr von 1 %, also 30.000 DM, an die Stadt zahlen.
Das FA behandelte die Avalgebühr ebenso wie die Darlehenszinsen als Entgelt für Dauerschulden und nahm bei Erlass des GewSt-Bescheids eine entsprechende Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG vor.
Die GmbH hielt die Hinzurechnung der Avalgebühr für fehlerhaft und wurde darin vom FG (EFG 2006, 65) und vom BFH bestätigt.
Entscheidung
Der BFH stellte klar, dass Adressatin des GewSt-Bescheids und Klägerin nur die GmbH sei. Darlehen und Bürgschaft seien nicht als Einheit zu sehen. Der Avalkredit sei keine Schuld, sondern ein Geschäftsbesorgungsverhältnis.
Hinweis
1. Die Entscheidung enthält verfahrensrechtliche Aussagen über die gewerbesteuerliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft (dazu nachfolgend unter 2.) und vor allem Aussagen zur gewerbesteuerlichen Behandlung einer Avalgebühr als Dauerschuldentgelt (s. nachfolgend unter 3.).
2. Gewerbesteuerlich ist eine Personengesellschaft Steuersubjekt, denn das GewStG betrachtet Personengesellschaften nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG als Steuerschuldner. Danach müsste auch eine atypisch stille Gesellschaft selbst Steuersubjekt sein. Weil aber die Vollstreckbarkeit des Steueranspruchs gesichert sein soll und eine Innengesellschaft kein Vermögen hat, in das vollstreckt werden könnte, behandelt die Rechtsprechung nur die nach außen in Erscheinung tretende Rechtspersönlichkeit als Steuersubjekt. Dies ist bei einer atypisch stillen Gesellschaft der Inhaber des Handelsgewerbes. An ihn sind also gewerbesteuerliche Verwaltungsakte zu richten. Nur er kann auch Rechtsbehelfe einlegen.
Dies war im Besprechungsfall von FA und Klägerin richtig gesehen worden. Nur das FG hatte die atypisch stille Gesellschaft als Klägerin behandeln wollen. Der BFH stellte deshalb klar, dass nur die GmbH Klägerin war.
3. Nach § 8 Nr. 1 GewStG derzeitiger Fassung wird die Hälfte des Entgelts für Dauerschulden dem Gewerbeertrag wieder hinzugerechnet. Zum Entgelt gehören nicht nur Zinsen, sondern auch andere Vergütungen für die Nutzung des Fremdkapitals. I.d.R. erfasst die Hinzurechnung danach nur Vergütungen, die an den Gläubiger der Schuld geleistet werden. Der BFH hält es zwar in Ausnahmefällen für möglich, auch verschiedene Kreditverhältnisse zusammenzurechnen, hat dies aber erst in einem Fall für richtig gehalten (Urteil vom 20.6.1990, I R 127/86, BStBl II 1990, 915: kurzfristiger Zwischenkredit und Hauptkredit). Die Absicherung von Wechselkrediten durch eine Zinsswapvereinbarung hielt der BFH jedoch nicht für ein mit den Wechselkrediten einheitlich zu betrachtendes Geschäft (Urteil vom 4.6.2003, I R 89/02, BFH-PR 2003, 422).
Das Besprechungsurteil schließt an die restriktive Handhabung im Zinsswap-Urteil an und beurteilt Darlehen und Bürgschaft nicht als einheitliches Geschäft, sofern Darlehensgeber und Bürge auseinanderfallen. Dass die Bemessung des Darlehenszinses mit der Reduzierung des Risikos durch die Bürgschaft zusammenhängt, reicht für eine Gesamtbetrachtung bei § 8 Nr. 1 GewStG nicht aus.
Wäre die Bürgschaft allerdings von der darlehensgebenden Bank gegen Entgelt selbst gewährt worden, dürfte der BFH den Fall möglicherweise anders beurteilen. Denn in diesem Fall wären Gläubiger der Zinsen und der Avalprovision identisch, was eine Gesamtbetrachtung nahelegt. Denn wirtschaftlich besteht kein Unterschied zur Gewährung eines Darlehens gegen risikobedingten höheren Zins.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.3.2007, IV R 55/05