Entscheidungsstichwort (Thema)
Leitende Angestelle. unternehmerische Tätigkeit. Ausbildungswesen
Leitsatz (amtlich)
1. Zur unternehmerischen Tätigkeit kann auch der Verkauf von Erzeugnissen des Unternehmens gehören; Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich um den Verkauf von Industrieanlagen und -ausrüstungen handelt die erst nach den besonderen Kundenwünschen entworfen und erstellt werden können. Innerhalb eines solchen Verkaufsbereichs eines Unternehmens kann die Tätigkeit eines Angestellten dann eine unternehmerische sein, wenn er aufgrund eigener Überlegungen und Planungen selbständig technologische Lösungen finden und dem Kunden unter Berücksichtigung seiner wünsche entsprechende Vorschläge und Entwürfe ausarbeiten sowie die voraussichtlichen Kosten der Anlagen ermitteln und festlegen muß.
2. Zu den unternehmerischen Aufgaben gehört auch das Ausbildungswesen. Es ist den Unternehmern (Arbeitgebern) historisch überkommen. Es wird bei einem Großunternehmen dann in den unternehmerischen Bereich fallen, wenn es in den einzelnen Betrieben in denen es sich konkret vollzieht, personellzahlenmäßig erheblichen Umfang hat. Zur unternehmerischen Betätigung eines Angestellten gehört das Ausbildungswesen dann, wenn es, im Rahmen der einschlägigen Normen, im wesentlichen nach eigenen Vorstellungen des Angestellten erfolgt. Sie müssen das Ausbildungswesen entscheidend tragen.
Normenkette
BetrVG § 5 Abs. 3; ArbGG § 83 Abs. 1; ZPO §§ 256, 286
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Beschluss vom 01.04.1974; Aktenzeichen 10 Ta BV 22/73) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners und des beteiligten Gesamtbetriebsrats wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. April 1974 – 10 Ta BV 22/73 – aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
I. Die Antragstellerin ist ein Großunternehmen der elektrotechnischen Industrie mit Sitz in F. Zu dem Unternehmen gehören 20 Hauptbüros, deren Aufgabe der Vertrieb und die Montage der Erzeugnisse ist.
In ihrem Hauptbüro in E. beschäftigt die Antragstellerin 1.200 Mitarbeiter. Die beteiligten Angestellten sind Hauptabteilungsleiter dieses Hauptbüros. Sie unterstehen unmittelbar dem technischen Direktor dort. Sie haben – wie auch der kaufmännische und technische Direktor des Hauptbüros – weder Prokura noch Handlungsvollmacht. Die beteiligten Angestellten sind auch nicht zur Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern berechtigt; sie führen lediglich die Personalgespräche. Der Aufgaben- und Verantwortungsbereich dieser Angestellten ergibt sich aus dem Dienstvertrag, aus der Stellenbeschreibung und dem Organisationsplan. Die Antragstellerin hat mit den vier beteiligten Angestellten – wie auch mit 60 weiteren Mitarbeitern des Hauptbüros E. – im wesentlichen gleichlautende Formulardienstverträge geschlossen. Diese weichen im Einzelfall nur hinsichtlich der Stellende Zeichnung, der Kündigungsfristen und hinsichtlich des Gehalts voneinander ab. Die Gehälter der beteiligten Angestellten liegen bei 40.000,– DM im Jahr. Hinzu kommt eine außertarifliche Jahresvergütung und eine Jahresabschluß Zahlung.
Die Aufgaben des Vertriebes sind den Beteiligten T., Ta und S. übertragen. Der Beteiligte T. ist Leiter der Hauptabteilung Energietechnik. Dieser gehören – auf verschiedene Abteilungen und Gruppen verteilt – 42 Mitarbeiter an. Das Ziel der von dem Beteiligten T. eingenommenen Stelle wird in der Stellenbeschreibung dahingehend beschrieben:
„Im Rahmen seines Aufgabenbereichs die unternehmerische Position von A. auf dem Sektor des technischen Geschäftes mit Elektrizitätsversorgungsunternehmen, Verkehrsträgern und im Bereich W. mit Industrie und Behörden zu erhalten und kontinuierlich zu verbessern.”
Der Beteiligte S. ist Leiter der 47 Mitarbeiter umfassenden Hauptabteilung Industrieanlagen. Ihm ist speziell der Aufgabenbereich Bergbau-, Hochofen- und Hüttenausrüstungen übertragen. Die Stellenbeschreibung ist im übrigen die gleiche wie die des Beteiligten T. Gleichgelagert ist im wesentlichen auch der Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Beteiligten Ta. Diesem unterstehen 33 Mitarbeiter. Auch er ist Leiter der Hauptabteilung Industrieanlagen und im Unterschied zu S. für Chemieausrüstungen und Maschinenfabriken zuständig. Der Beteiligte Sch. ist Leiter der Hauptabteilung EV-Abwicklung für die Montage, für die Zentrale Anlagenplanung und Leiter des gesamten Ausbildungswesens. Die Zentrale Anlagenplanung (ZAP) umfaßt die Angebotserstellung und die Abwicklung aller von dem Hauptbüro E. eigenverantwortlich durchgeführten Geschäfte, der sog. B.-Geschäfte, die sich von den in der Regie der F..
Zentrale liegenden zahlenmäßig überwiegenden F.-Geschäften unterscheiden. Die Abgrenzung der Aufgabengebiete der drei für den Vertrieb zuständigen Hauptabteilungsleiter gegenüber dem Aufgabenbereich der Beteiligten Sch. ist in der Organisationsanweisung Nr. 19/72 festgelegt. Die beteiligten Angestellten haben eine eingeschränkte Unterzeichnungsvollmacht. Sie können Angebote und Auftragsbestätigungen bis zu DM T. 100 bis 1000 nur gemeinsam mit den in der Organisationsanweisung näher bezeichneten Personen unterschreiben.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, daß die vier Hauptabteilungsleiter aufgrund der ihnen übertragenen Aufgaben als leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG anzusehen sind.
Sie hat beantragt, die Beteiligten Ta., Sch. , S. und T. als leitende Angestellte gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG anzuerkennen.
Der Beteiligte Sch. hat beantragt, seine Eigenschaft als leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG festzustellen, während die übrigen beteiligten Angestellten keine Anträge gestellt haben.
Der Antragsgegner (Betriebsrat) hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er ist der Ansicht, daß die beteiligten Angestellten keine leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG seien. Er mißt ihnen lediglich die Rolle eines ersten Akquisiteurs zu und spricht ihnen jede Führungsrolle ab.
Das Arbeitsgericht hat nach Beweiserhebung dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat nach Beweiserhebung die gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts eingelegte Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit der Rechtsbeschwerde, der sich der Gesamtbetriebsrat angeschlossen hat, verfolgt der Betriebsrat die in den Vorinstanzen gestellten Abweisungsanträge weiter, während, die Antragstellerin die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt.
Entscheidungsgründe
II. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
III. In formeller Hinsicht bestehen keine Bedenken. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Antrags- und Beteiligtenbefugnis der Antragstellerin als Arbeitgeber folgt unmittelbar aus § 83 Abs. 1 ArbGG. Auch das Antrags- und Beteiligungsrecht des Betriebsrats, um dessen personellen Kompetenzbereich es geht, und der betroffenen Angestellten, deren Rechtsstatus geklärt werden soll, bedarf keiner weiteren Erörterung. Der Senat hat im konkreten Fall auch keine Bedenken gegen die Beteiligtenstellung und Rechtsmittelmöglichkeit des Gesamtbetriebsrats.
Schließlich ist, wie der Senat schon wiederholt ausgesprochen hat, das Rechtsschutzinteresse an der Klärung des Rechtsstatus eines Arbeitnehmers als leitenden Angestellten auch ohne Vorliegen eines konkreten, aktuellen Streitfalles für alle Beteiligten zu bejahen (vgl. u. a. die Beschlüsse des Senats AP Nr. 2 und 3 zu § 3 BetrVG 1972 unter II 1 bzw. II 2 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).
IV. Der angefochtene Beschluß ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht schon deswegen fehlerhaft, weil das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung den Beschluß des Senats vom 5. März 1974 – 1 ABR 19/73 – (= AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972, zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) zugrunde gelegt hat, obwohl bei der letzten Anhörung der Beteiligten vor dem Landesarbeitsgericht am 25. März 1974 dieser Beschluß in seiner vollständigen Fassung noch nicht bekannt war. Es muß jedenfalls davon ausgegangen werden, daß dem Landesarbeitsgericht zu diesem Zeitpunkt die vom Bundesarbeitsgericht am 5. März 1974 herausgegebene Pressenotiz, die in gedrängter Form bereits die wesentlichen Grundsätze des Beschlusses enthielt, bekannt war und diese Kurzfassung der rechtlichen Wertung des von dem Landesarbeitsgericht zu entscheidenden Sachverhalts zugrunde gelegen hat. Sie war in den Fachzeitschriften Der Betrieb 1974, 535 vom 15. März und Der Betriebsrater 1974, 368 vom 20. März 1974 abgedruckt. Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht mit der Absetzung seines Beschlusses bis zur Kenntnis der vollständigen Fassung des Beschlusses des Senats gewartet hat, um ihn zur näheren rechtlichen Unterstützung seiner vorliegenden Entscheidung und Begründung mitzuverwerten. Der angefochtene Beschluß ist am 1. April 1974 ohne Begründung verkündet worden, so daß auch insoweit keine Anhaltspunkte gegeben sind, bei der Verkündung sei die rechtliche Wertung eine andere gewesen als nach der schriftlichen Begründung.
V.1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich die Rechtsstellung der beteiligten Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG bestimmt. Nach dieser Gesetzesvorschrift stehen die leitenden Angestellten in Rede, wenn sie nach Dienststellung und Dienstvertrag im wesentlichen eigenverantwortlich Aufgaben wahrnehmen, die ihnen regelmäßig wegen deren Bedeutung für den Bestand und die Entwicklung des Betriebs im Hinblick auf besondere Erfahrungen und Kenntnisse übertragen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist bei der Prüfung der Frage, wer leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG ist, entscheidend, inwieweit dem Angestellten die Wahrnehmung von unternehmerischen (Teil-)Aufgaben übertragen ist (BAG AP Nr. 1, 2, 3, 4 zu § 5 BetrVG 1972; Beschlüsse vom 17. Dezember 1974 – 1 ABR 131/73 und 1 ABR 113/73 –, [demnächst] AP Nr. 6 und 8 zu § 5 BetrVG 1972; Beschluß vom 28. Januar 1975 – 1 ABR 52/73 –, [demnächst] AP Nr. 5 zu § 5 BetrVG 1972; die vorgenannten Entscheidungen sind auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).
Der Senat hat zuletzt in seinem Beschluß vom 9. Dezember 1975 – 1 ABR 80/73 – ([demnächst] AP Nr. 11 zu § 5 BetrVG 1972) eine neue zusammenfassende Darstellung der Rechtsgrundsätze für die Abgrenzung des leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG gegeben und weitgehend seine bisherige Rechtsprechung bestätigt. Sie wird hier noch einmal mit geringfügigen Ergänzungen und bedeutungslosen Auslassungen wiederholt. Danach ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes 1972, wie schon der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes 1952, von einem vorgegebenen Begriff des leitenden Angestellten ausgeht, der im Gesetz selbst nicht definiert, sondern als bekannt vorausgesetzt wird. Ein Angestellter ist daher nur dann leitender Angestellter im Sinne des Gesetzes, wenn er – wie das Landesarbeitsgericht richtig angenommen hat – einmal die Voraussetzungen des allgemeinen Begriffs des leitenden Angestellten erfüllt und zusätzlich eine der Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 BetrVG (vgl. insbesondere die Beschlüsse des Senats vom 5. März 1974 und 19. November 1974 – 1 ABR 19/73, 1 ABR 20/73 und 1 ABR 50/73 – = AP Nr. 1 bis 3 zu § 5 BetrVG 1972, alle Entscheidungen auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt). Das folgt nach der Auffassung des Senats aus der Wortfassung des Gesetzes selbst sowie daraus, daß insbesondere die Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG aus sich heraus allein als zu unbestimmt nicht justitiabel ist.
Der Begriff des leitenden Angestellten kann somit nur vom Sinn der konkreten gesetzlichen Regelung her eingegrenzt und näher präzisiert werden, wobei die drei Tatbestandsgruppen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 BetrVG mit zur Auslegung heranzuziehen sind. Der Gesetzgeber hat, wie der Senat in den erwähnten Beschlüssen näher dargelegt hat, den in § 5 Abs. 3 BetrVG genannten Personenkreis aus dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes deshalb herausgenommen, weil er mindestens auf Teilbereichen anstelle des Unternehmers (Arbeitgebers) handelt, der angesichts der modernen wirtschaftlichen, sozialen und technischen Entwicklung meist nicht mehr in der Lage ist, allein alle Unternehmerfunktionen selbst auszuüben; er bedarf hierzu anderer Personen, die an seiner Stelle unternehmerisch tätig werden. Tritt aber der leitende Angestellte insoweit an die Stelle des Unternehmers (Arbeitgebers), so besteht einerseits die Möglichkeit, daß er in Ausübung seiner Unternehmerfunktion Maßnahmen setzt, die erheblichen Einfluß auf das Schicksal der Arbeitnehmerschaft haben, die ihrerseits durch den Betriebsrat repräsentiert wird. Dann ist es aber von der Sache her unvereinbar, daß dieser Personenkreis einmal Entscheidungen anstelle des Unternehmers trifft oder für diesen vorbereitet und zum anderen zum Betriebsrat wählt oder gewählt werden kann. Andererseits muß dieser Personenkreis aber auch dem Unternehmer uneingeschränkt zur Verfügung stehen, um das Unternehmen (Betrieb) nach innen gegenüber der Arbeitnehmerschaft und (oder) auch nach außen ohne „Gegnerschaft im eigenen Lager” führen zu können.
2. Vom Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung her gesehen sind daher folgende Voraussetzungen für den Begriff des leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG aufzustellen:
a) Die Tätigkeit des Angestellten muß auf die Leitung des Unternehmens bezogen sein, also in erster Linie eine unternehmerische Tätigkeit anstelle des Unternehmers beinhalten und sich nicht nur in reinen Aufsichtsfunktionen erschöpfen. Dabei ist nicht erforderlich, daß sich die unternehmerische Tätigkeit in räumlicher und fachlicher Hinsicht auf das gesamte Unternehmen erstreckt. Insoweit kann auch eine Arbeitgebertätigkeit in einem einzigen Betrieb eine personelle Teiltätigkeit des Unternehmers sein. Unter Wahrnehmung unternehmerischer (Teil-)Aufgaben ist, wie der Senat in den oben angeführten Beschlüssen näher ausgeführt hat, zu verstehen, daß der Angestellte kraft seiner leitenden Funktion maßgeblichen Einfluß auf die wirtschaftliche, technische, kaufmännische, organisatorische, personelle oder wissenschaftliche Führung des Unternehmens (Betriebs) ausübt, und zwar entweder dadurch, daß er selbst die maßgeblichen Entscheidungen trifft oder kraft seiner Schlüsselposition Voraussetzungen schafft, an denen die eigentliche Unternehmensführung nicht vorbeigehen kann. Das Gesetz erfaßt in § 5 Abs. 3 BetrVG nicht nur Angestellte in sog. Linienfunktion, sondern unter den genannten Voraussetzungen auch Angestellte mit einer sog. Stabsfunktion, die im Regelfall verbindliche Vorentscheidungen treffen, sei es aufgrund eigener Initiative oder sei es aufgrund Auftrags der Unternehmensleitung, die diese nur insgesamt annehmen oder verwerfen kann.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann zur unternehmerischen Tätigkeit auch der Verkauf der Erzeugnisse des Unternehmens gehören. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich – wie im vorliegenden Fall – nicht um den Verkauf von Geräten oder ähnlichen serienmäßig hergestellten Produkten handelt, sondern um den Verkauf von Industrieanlagen und -ausrüstungen, die erst nach den besonderen Kundenwünschen entworfen und erstellt werden können. Innerhalb eines solchen Verkaufsbereichs eines Unternehmens kann die Tätigkeit eines Angestellten dann eine unternehmerische sein, wenn er aufgrund eigener Überlegungen und Planungen selbständig technologische Lösungen finden und dem Kunden unter Berücksichtigung seiner Wünsche entsprechende Vorschläge und Entwürfe aus arbeiten sowie die voraussichtlichen Kosten der Anlagen ermitteln und festlegen muß. Eine solche Leistung bei dem Verkauf von Industrieanlagen und -ausrüstungen, die selbst erhebliche Größenordnungen haben, kann bereits die Produktion des Unternehmens maßgeblich, bestimmen und ist dann zur unternehmerischen Leistungsaufgabe zu zählen.
Zu den unternehmerischen Aufgaben gehört auch das Ausbildungswesen. Es ist den Unternehmern (Arbeitgebern) historisch überkommen. Was sein Ausmaß angeht, wird es insoweit selbst bei einem Großunternehmen wie dem der Antragstellerin dann in den unternehmerischen Bereich fallen, wenn es in den einzelnen Betrieben, in denen es sich konkret vollzieht, personellzahlenmäßig erheblichen Umfang hat. Um unternehmerische Betätigung zu sein, muß es vor allem aber auch, im Rahmen der einschlägigen Normen, im wesentlichen nach eigenen Vorstellungen der Angestellten erfolgen. Sie müssen das Ausbildungswesen entscheidend tragen.
b) Erforderlich ist weiter, daß der leitende Angestellte einen eigenen erheblichen Entscheidungsspielraum besitzt. Insoweit handelt es sich zwar um ein Merkmal, das auch in der Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG nochmals wiederkehrt, es gehört aber nach Auffassung des Senats bereits zu dem allgemeinen Begriff des leitenden Angestellten. Gegen einen erheblichen Entscheidungsspielraum spricht nicht, daß dem Angestellten möglicherweise gewisse Richtlinien oder Rechtsvorschriften vorgegeben sind und/oder er auf eine Zusammenarbeit in einem Team gleichberechtigter Mitarbeiter angewiesen ist, sofern nur ein eigener erheblicher Entscheidungsspielraum verbleibt. Es wäre auch unschädlich, daß Sachzwänge eine bestimmte Entscheidung oder Vorentscheidung nahelegen.
Im Falle der Ausbildung muß demnach die Ausbildung durch den Angestellten im wesentlichen selbständig durchgeführt werden.
c) Außerdem muß eine sog. „Interessenpolarität” zwischen den unter § 5 Abs. 3 BetrVG Eingangshalbsatz fallenden Angestellten und der Arbeitnehmerschaft, vertreten durch den Betriebsrat, bestehen. Im allgemeinen wird davon auszugehen sein, daß in „Linienfunktion” der Angestellte Entscheidungen zu treffen hat, die die Arbeitnehmerschaft unmittelbar berühren und insbesondere auch den Beteiligungsrechten des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz unterliegen. Es besteht in diesen Fällen ein sog. unmittelbarer Gegnerbezug. Der Senat hält aber auch daran fest, daß ein mittelbarer Gegnerbezug genügen kann, einem Angestellten den Rechtsstatus eines leitenden Angestellten zu geben. Dieser kann insbesondere bei den sog. Stabsfunktionen gegeben sein, wenn die Tätigkeit des Angestellten in einer Schlüsselposition nur mittelbar die Interessen der Arbeitnehmerschaft berührt. Ein mittelbarer Gegnerbezug liegt beispielsweise dann vor, wenn die von einem in einer Stabsfunktion tätigen Angestellten ausgearbeiteten Daten und Vorentscheidungen, an denen die Unternehmensführung nicht vorbeigehen kann, bei ihrer praktischen Durchführung Folgewirkungen für die einzelnen Betriebe – z. B. Überstunden – haben. Im übrigen spielt hier weniger der Gedanke eine Rolle, daß der Angestellte nicht gleichzeitig für den Unternehmer handeln und auf seiten der Arbeitnehmerschaft als Wähler zum Betriebsrat oder Betriebsratsmitglied stehen kann als vielmehr der Gesichtspunkt, daß auch der Unternehmer eines ihm zur Verfügung stehenden Personenkreises seines Vertrauens bedarf.
Die Ansicht der Rechtsbeschwerde, daß nur ein unmittelbarer Gegnerbezug dem Angestellten den Rechtsstatus eines leitenden Angestellten im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes geben könne, ist abzulehnen. Wollte man dieser Auffassung folgen, dann würde die Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG weitgehend gegenstandslos sein.
d) Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei dem vorgegebenen Begriff des leitenden Angestellten um einen allgemeinen Rechtsbegriff, allerdings mit einem hohen Maß an Unbestimmtheit. Seine bis zum Beschluß vom 9. Dezember 1975 – 1 ABR 80/73 – (aaO) in Übereinstimmung mit einem Teil des Schrifttums vertretene Auffassung, daß eine verdeckte Regelungslücke vorliege, hat der Senat in diesem Beschluß aufgegeben. Der unbestimmte Rechtsbegriff wird im wesentlichen umschrieben durch die unter V 2 a bis c wieder gegebenen Merkmale. Fehlt bei der Ausfüllung des Rechtsbegriffs eines dieser Merkmale, dann liegen die Voraussetzungen des Begriffs des leitenden Angestellten im Sinne des Betriebesverfassungsgesetzes nicht vor.
3. Neben diesen Voraussetzungen für die Erfüllung des Begriffs des leitenden Angestellten müssen, worauf bereits hingewiesen ist, zugleich die Voraussetzungen eines der Tatbestandsgruppen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 BetrVG gegeben sein. Da im vorliegenden Fall die. Angestellten weder zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder einer Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt sind (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG) noch Generalvollmacht oder Prokura haben (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG), können sie nur von der Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG erfaßt werden.
Die Tätigkeit des leitenden Angestellten im Sinne dieser Tatbestandsgruppe muß im wesentlichen eigenverantwortlich ausgeübt werden. Für die eigene Verantwortlichkeit gilt das unter V 2 b Gesagte. Als wesentlich eigenverantwortlich wäre die Tätigkeit der beteiligten Angestellten zu werten, wenn sie im Rahmen des ihnen übertragenen Aufgabenbereichs bei der technologischen Planung der Angebote oder der Aufträge unabhängig d. h. selbständig disponieren können. Ist eine Eigenverantwortlichkeit in diesem Sinne gegeben, so ist es für die Wertung des Rechtsstatus eines leitenden Angestellten ohne Bedeutung, wenn er bei der Festlegung der Verkaufsbedingungen, bei der Preisgestaltung und bei Preisnachlässen gewisse (äußerste) Grenzen beachten und einhalten muß. Die Aufgaben müssen weiter besondere Bedeutung für Bestand und Entwicklung des Unternehmens haben. Der Angestellte muß also einen beachtlichen Teilbereich der unternehmerischen Gesamtaufgaben wahrnehmen. Dabei wird im konkreten Fall der von den Angestellten wahrzunehmende unternehmerische Teilbereich nicht dadurch eingeengt, daß der Umsatz der von dem Angestellten in der angegebenen Art und Weise eigenverantwortlich geleiteten Abteilung im Verhältnis zum Gesamtumsatz des Unternehmens als eines Großunternehmens einen geringeren Teil ausmacht. Nur wenn der Umsatz verschwindend gering ist („Atomisierung”), kann nicht mehr von der Bedeutung in dem hier fraglichen Sinn gesprochen werden. Die Aufgabenübertragung muß schließlich im Hinblick auf besondere Erfahrungen und Kenntnisse des Angestellten erfolgen.
4. Sämtliche bisher überhaupt genannten Aufgaben müssen nach Dienststellung und Dienstvertrag wahrgenommen werden. Beide Voraussetzungen müssen deckungsgleich sein, und zwar eben nicht nur hinsichtlich einer der drei Tatbestandsgruppen des § 5 Abs. 3 BetrVG, sondern auch hinsichtlich des vorausgesetzten Begriffs des leitenden Angestellten.
5. Schließlich ist eine Gesamtwürdigung der Tätigkeit des Angestellten vorzunehmen, wobei das Zurücktreten einzelner Abgrenzungsmerkmale dadurch ausgeglichen werden kann, daß andere in besonders starkem Maße vorhanden sind. Sie dürfen jedoch in keinem Fall überhaupt nicht mehr vorhanden sein. Dann würde ein wesentliches Merkmal für den Begriff des leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG mit seinen drei Tatbestandsgruppen fehlen. Die spezifischen unternehmerischen (Teil-)Aufgaben müssen der Tätigkeit des Angestellten aber auch das Gepräge geben, d. h. diese schwerpunktmäßig bestimmen.
6. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß das Landesarbeitsgericht teilweise von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist. Es hat insbesondere noch nicht berücksichtigen können, daß eine unternehmerische Tätigkeit auch im kaufmännisch-technischen Bereich in dem hier von dem Senat entwickelten Sinne vorliegen kann. Insoweit bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen. Es fehlen insbesondere tatsächliche Feststellungen darüber, inwieweit die Eigenverantwortlichkeit und der Entscheidungsspielraum der Hauptabteilungsleiter T., S. und Ta. durch den technischen Direktor des Verkaufsbüros eingeschränkt werden kann, ob dieser sich gegebenenfalls in die Verhandlungs- und Verkaufstätigkeit dieser Hauptabteilungsleiter einschaltet. Es fehlen genauere Feststellungen darüber, ob für die sog. F.-Geschäfte, die nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts den überwiegenden Teil der Tätigkeit des Hauptbüros ausmachen, ausschließlich die F. Zentrale zuständig ist, ob dieser also allein die technologische Planung, die Kostenberechnung und Preisgestaltung sowie die Festlegung der Verkaufsbedingungen zusteht und den Hauptabteilungsleitern und den ihnen unterstehenden Abteilungen eine nur ermittelnd-ausführende Tätigkeit zukommt. Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, daß die sog. F.-Geschäfte im Verhältnis zu den sog. B.-Geschäften überwiegen und die unternehmerische Tätigkeit hinsichtlich dieser F.-Geschäfte ausschließlich in die Zuständigkeit der F. Zentrale fällt, dann wird es gegebenenfalls zu prüfen haben, ob die bei den Hauptabteilungsleitern verbleibenden B.-Geschäfte noch als ein beachtlicher Teilbereich unternehmerischer Aufgaben in dem vom Senat entwickelten Sinn angesehen werden können. Dabei wird es vor allem darauf ankommen, welcher Art die B.-Geschäfte sind und welches Ausmaß sie gegenüber den F.-Geschäften haben.
Bei dem Beteiligten Sch. fehlt es an jeder näheren Angabe darüber, welcher Art seine Tätigkeit ist. Besteht sie darin, die von den übrigen Beteiligten bereits ausgearbeiteten Angebote und die hereingeholten Aufträge auf ihre technische Durchführbarkeit sowie kosten- und preismäßig zu überprüfen, liegt hierin nur eine ausführende Tätigkeit, wenn er sonst keinen Einfluß auf die Angebote und Verkaufsverhandlungen der übrigen Hauptabteilungsleiter ausüben kann. In einem solchen Falle wäre eine leitende Tätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG zu verneinen. Als Verantwortlicher für das Ausbildungswesen könnte der Beteiligte Sch. jedoch leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG sein, wenn diese Tätigkeit in dem dargelegten Sinne sowohl nach eigenen Vorstellungen erfolgt wie umfangmäßig erheblich ist, selbständig ausgeübt wird und ihn in einen Gegnerbezug zu dem Betriebsrat bringen sollte. Letzteres wäre dann der Fall, wenn er gemäß §§ 96 ff. BetrVG verantwortlich, also wieder selbständig über Maßnahmen der betrieblichen Berufsausbildung mit dem Betriebsrat verhandeln und entsprechende Vereinbarungen treffen könnte. Gegebenenfalls ist auch noch zu prüfen, welche Aufgabe der Tätigkeit von Sch. das Gepräge gibt.
Bei sämtlichen beteiligten Hauptabteilungsleitern fehlt es auch an näheren Feststellungen, ob ihnen ihre Aufgaben im Hinblick auf besondere Erfahrungen und Kenntnisse übertragen worden sind und wie es sich hier gegebenenfalls näher verhält
7. Diese Überlegungen führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
Unterschriften
gez.: Dr. Müller, Dr. Auffarth, Wendel, Keller, Dr. Menzel
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