Entscheidungsstichwort (Thema)

Neueingruppierung nach Tarifänderung

 

Orientierungssatz

1. Eine bestehende Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung begründet regelmäßig einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung entsprechend dieser Ordnung und damit auch einen Anspruch auf entsprechende Eingruppierung. Diese ist keine nach außen wirkende konstitutive Maßnahme, sondern ein gedanklicher Vorgang, ein Akt der Rechtsanwendung. Der Arbeitnehmer ist eingruppiert, er wird nicht eingruppiert.

2. Bei diesem dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer obliegenden Vorgang ist der Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Da die Eingruppierung keinen Gestaltungs-, sondern einen Beurteilungsakt darstellt, ist auch das Mitbestimmungsrecht hier nicht als Mitgestaltungs-, sondern als Mitbeurteilungsrecht zu verstehen.

3. Diese Grundsätze gelten nicht nur bei der erstmaligen Eingruppierung, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund veränderter Verhältnisse zu einer Neueingruppierung verpflichtet ist. Eine solche ist ua dann notwendig, wenn sich die anzuwendende Vergütungsgruppenordnung ändert.

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 30.03.1993; Aktenzeichen 4 TaBV 170/92)

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 06.08.1992; Aktenzeichen 5 BV 19/92)

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch darüber, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, nach Änderung der tariflichen Gehaltsgruppenordnung einen Arbeitnehmer neu einzugruppieren und dabei den Betriebsrat zu beteiligen.

Der Arbeitgeber betreibt in D ein SB-Warenhaus. Er wendet auf die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer den Gehaltstarifvertrag für die Beschäftigten des Einzelhandels in Hessen (GTV) an. Der in dem SB-Warenhaus beschäftigte Fachberater N war in der Gehaltsgruppe I der bis zum 28. Februar 1991 geltenden Fassung des GTV eingruppiert. Dessen maßgebliche Bestimmungen lauteten wie folgt:

Gehaltsgruppe I

Angestellte mit einfacher kaufmännischer oder

technischer Tätigkeit

Beispiele:

...

Gehaltsgruppe II

Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte

Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung er-

fordern

Beispiele:

...

Zum 1. März 1991 wurde der GTV insoweit wie folgt geändert:

Gehaltsgruppe I a

Angestellte mit einfacher kaumännischer oder

technischer Tätigkeit

Beispiele:

...

Gehaltsgruppe I b

Angestellte mit erweiterten Fachkenntnissen

Tätigkeiten mit vertieften Warenkenntnissen, die

beratungs- und bedienungsintensiv regelmäßig ein-

gesetzt werden

- mit einer Berufsausbildung, die in der Tätig-

keit angewandt wird und

- mindestens 5 Jahre Tätigkeit in der G I a nach

Erreichen der Endstufe

sowie

- einer Unternehmenszugehörigkeit von mindestens

2 Jahren

gültig ab 01.01.1992

Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe II blieben im Wortlaut unverändert.

Im Dezember 1991 beantragte der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Angestellten N in die Gehaltsgruppe I b GTV. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung mit der Begründung, N sei tarifgerecht in Gehaltsgruppe II GTV eingruppiert. Darauf teilte der Arbeitgeber dem Betriebsrat im Januar 1992 mit, "nach wiederholter, sorgfältiger Prüfung der Unterlagen" habe er festgestellt, daß N die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe I b GTV nicht erfülle. Deshalb nehme er von der Eingruppierung in diese Gehaltsgruppe Abstand. Der Arbeitgeber bezahlte N nach der Gehaltsgruppe I a GTV.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, durch die Änderung des GTV sei die frühere Gehaltsgruppe I in die Gehaltsgruppen I a und I b aufgespalten worden. Daher habe der Arbeitgeber eine neue Eingruppierungsentscheidung treffen und an dieser den Betriebsrat beteiligen müssen. Dies sei nicht ordnungsgemäß geschehen, da der Arbeitgeber seinen Zustimmungsantrag wieder zurückgezogen habe.

Der Betriebsrat hat, soweit in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch von Interesse, beantragt,

dem Arbeitgeber aufzugeben, den Arbeitnehmer

N im Bereich des Gehaltstarifvertrages

für die Beschäftigten des Einzelhandels in Hessen

umzugruppieren, die Zustimmung des Betriebsrates

zu dieser Umgruppierung zu beantragen, und soweit

erforderlich, das arbeitsgerichtliche Zustim-

mungsersetzungsverfahren durchzuführen.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Nach seiner Meinung bestand kein Anlaß, eine Neueingruppierung vorzunehmen. Durch die Tarifänderung zum 1. März 1991 sei nämlich die Gehaltsgruppe I lediglich in I a umbenannt worden. Daraus habe sich die Eingruppierung von N in diese Gehaltsgruppe ergeben, ohne daß es hierfür einer neuen Bewertung seiner Tätigkeit bedurft hätte. Die Voraussetzungen der erst zum 1. Januar 1992 in Kraft gesetzten Gehaltsgruppe I b GTV habe N offensichtlich nicht erfüllt. Daher sei insoweit eine neue Beurteilung der Eingruppierung, an welcher der Betriebsrat zu beteiligen gewesen wäre, nicht in Betracht gekommen. Der Betriebsrat könne auch nicht verlangen, daß unter seiner Beteiligung die bestehende Eingruppierung überprüft werde, weil sich die Tätigkeit des Angestellten N nicht geändert habe.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Arbeitgeber weiterhin die Abweisung des Antrags des Betriebsrats. Der Betriebsrat bittet um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Dem Arbeitgeber war nach § 101 BetrVG auf Antrag des Betriebsrats aufzugeben, die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Arbeitnehmers N - und erforderlichenfalls deren gerichtliche Ersetzung - zu beantragen. Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß der Arbeitgeber insoweit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG verletzt hat.

I. Nach § 99 BetrVG war der Arbeitgeber verpflichtet, aufgrund der Änderung des GTV neu über die Eingruppierung des Angestellten N zu befinden und dabei den Betriebsrat zu beteiligen.

1.a) Nach der ständigen Senatsrechtsprechung gelten für die Beteiligung des Betriebsrats bei Eingruppierungen die folgenden Grundsätze:

Eine bestehende Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung begründet regelmäßig einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung entsprechend dieser Ordnung und damit auch einen Anspruch auf entsprechende Eingruppierung. Diese ist keine nach außen wirkende konstitutive Maßnahme, sondern ein gedanklicher Vorgang, ein Akt der Rechtsanwendung. Der Arbeitnehmer ist eingruppiert, er wird nicht eingruppiert. Wenn das Gesetz von Eingruppierung spricht, meint es die Kundgabe des bei der Rechtsanwendung gefundenen Ergebnisses der Prüfung, welchen Tätigkeitsmerkmalen die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit entspricht und aus welcher Vergütungsgruppe er dementsprechend zu entlohnen ist.

Bei diesem dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer obliegenden Vorgang ist der Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Da die Eingruppierung keinen Gestaltungs-, sondern einen Beurteilungsakt darstellt, ist auch das Mitbestimmungsrecht hier nicht als Mitgestaltungs-, sondern als Mitbeurteilungsrecht zu verstehen. Die Beteiligung des Betriebsrats an diesem Akt der Rechtsanwendung soll sicherstellen, daß die - angesichts der vielfach allgemein und weit gehaltenen Fassung tariflicher Tätigkeitsmerkmale schwierige - Beurteilung, welcher Vergütungsgruppe die Tätigkeit eines Arbeitnehmers zuzuordnen ist, möglichst der Sach- und Rechtslage entspricht. Sie dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung in gleichen und vergleichbaren Fällen und damit zugleich der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie der Transparenz der im Betrieb vorgenommenen Eingruppierungen.

Der Arbeitgeber hat dementsprechend - wie bei den anderen Mitbestimmungstatbeständen des § 99 BetrVG auch - die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung einzuholen und bei Weigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren zu betreiben, wenn er seine Eingruppierung aufrechterhalten will (vgl. nur Senatsbeschluß vom 9. März 1993 - 1 ABR 48/92 - AP Nr. 104 zu § 99 BetrVG 1972, zu B II 1 der Gründe, m.w.N.).

b) Diese Grundsätze gelten nicht nur bei der erstmaligen Eingruppierung, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund veränderter Verhältnisse zu einer Neueingruppierung verpflichtet ist. Eine solche ist u.a. dann notwendig, wenn sich die anzuwendende Vergütungsgruppenordnung ändert. In diesem Fall ist trotz unveränderter Tätigkeit des Arbeitnehmers zu klären, welchen der neuen Eingruppierungsmerkmale die vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit nunmehr entspricht. Dabei ist der Betriebsrat in gleicher Weise zu beteiligen wie bei der erstmaligen Eingruppierung. Insoweit geht es nicht um die Korrektur einer bereits getroffenen und vom Betriebsrat gebilligten, jedoch trotz unveränderter Verhältnisse nicht mehr für richtig gehaltenen Eingruppierungsentscheidung. Bei einer solchen Fallgestaltung stünde dem Betriebsrat kein Initiativrecht auf Durchführung eines neuen Eingruppierungsverfahrens nach § 99 BetrVG zu (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluß vom 9. März 1993, AP, aaO, zu B II 2 der Gründe, m.w.N.).

2. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß jedenfalls die zum 1. Januar 1992 in Kraft getretene Änderung der Gehaltsgruppenordnung des GTV eine inhaltliche Änderung der Eingruppierungsbestimmungen gewesen sei.

a) Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers ist die frühere Gehaltsgruppe I nicht mit der jetzigen Gehaltsgruppe I a GTV identisch, jedenfalls nicht mehr für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum seit dem 1. Januar 1992. Wie der Senat erst kürzlich entschieden hat (Beschluß vom 18. Januar 1994 - 1 ABR 42/93 - zur Veröffentlichung vorgesehen - zu B II 2 b bb der Gründe), beschränkt sich die Änderung des GTV auf den Bereich der früheren Gehaltsgruppe I. Diese ist in die Gruppen I a und I b aufgespalten worden. Dagegen ist die Gehaltsgruppe II unverändert geblieben, denn sie erfaßt nach wie vor nur Angestellte, deren Tätigkeit sowohl erweiterte Fachkenntnisse als auch eine größere Verantwortung erfordert. Die neue Zwischengruppe I b nennt als Heraushebungsmerkmal lediglich erweiterte Fachkenntnisse. Sie ist damit auf Arbeitnehmer beschränkt, die ursprünglich in Gehaltsgruppe I eingruppiert waren. Die erweiterten Fachkenntnisse allein konnten nämlich, solange es am zweiten Heraushebungsmerkmal der größeren Verantwortung fehlte, einem Arbeitnehmer nicht dazu verhelfen, aus der Gehaltsgruppe I zur Gehaltsgruppe II GTV a.F. aufzurücken.

b) Diesem Verständnis steht nicht entgegen, daß das allgemeine Tätigkeitsmerkmal in der früheren Gruppe I und in der jetzigen Gruppe I a mit denselben Worten gekennzeichnet wird. Die Gehaltsgruppe II baut auf der Gehaltsgruppe I GTV a.F. und den Gehaltsgruppen I a und I b GTV n.F. auf. Für die Abgrenzung dieser Gehaltsgruppen voneinander sind im wesentlichen unbestimmte Rechtsbegriffe (einfache Tätigkeit - erweiterte Fachkenntnisse - erweiterte Fachkenntnisse und größere Verantwortung) maßgebend. Infolgedessen können diese Tätigkeitsmerkmale nur unter Berücksichtigung des Steigerungsverhältnisses ausgelegt werden, das zwischen ihnen besteht. Dabei ergibt sich, daß der Begriff "einfache Tätigkeit" allein durch die Einführung der Gehaltsgruppe I b GTV seine Bedeutung verändert hat. Der von ihm erfaßte Tätigkeitsbereich ist jetzt kleiner als früher. Zur Eingruppierung in die nächsthöhere Gehaltsgruppe sind nach dem GTV n.F. nämlich nur noch erweiterte Fachkenntnisse erforderlich, während nach dem GTV a.F. darüber hinaus noch größere Verantwortung hinzukommen mußte.

c) Ohne Erfolg macht der Arbeitgeber hiergegen geltend, daß die Tarifänderung zwar zum 1. März 1991 vorgenommen, die Gehaltsgruppe I b aber erst zum 1. Januar 1992 in Kraft gesetzt worden sei. Die Gehaltsgruppe I sei daher ohne inhaltliche Änderung lediglich in I a umbenannt worden.

Das mag für den Zeitraum zwischen dem 1. März 1991 und dem 1. Januar 1992 zutreffen, ist aber im vorliegenden Fall unerheblich. Jedenfalls seit dem 1. Januar 1992 ist nämlich aufgrund der Existenz der Gehaltsgruppe I b die Gehaltsgruppenordnung auch inhaltlich verändert. Für den davor liegenden Zeitraum hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht geltend gemacht.

3. Die Aufspaltung der alten Gruppe I in zwei neue Gruppen I a und I b macht eine neue Eingruppierung des Angestellten N nach § 99 BetrVG erforderlich.

a) Der Notwendigkeit einer neuen Eingruppierung steht nicht entgegen, daß die Gehaltsgruppe I b neben unbestimmten Rechtsbegriffen auch leichter handhabbare Kriterien wie die Dauer der Zugehörigkeit zur Gruppe I a und zum Unternehmen aufweist. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers entfällt keineswegs das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in derartigen Fällen, in denen der Normenvollzug leichter sein mag als bei Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. So hat der Senat in seinem Beschluß vom 3. Oktober 1989 (- 1 ABR 66/88 - AP Nr. 75 zu § 99 BetrVG 1972, zu B II 3 der Gründe, m.w.N.) die Notwendigkeit einer Neueingruppierung unter Beteiligung des Betriebsrats für den Fall bejaht, daß sich die Gehaltsstufe aufgrund einer Tarifänderung nicht mehr nach dem Lebensalter, sondern nunmehr nach den Tätigkeitsjahren richtet. Der Senat hat dies mit dem Zweck begründet, dem die Mitbestimmung des Betriebsrats bei Eingruppierungen dient (dazu oben I 1 a). Dieser Zweck würde verfehlt, wenn das Mitbestimmungsrecht davon abhängig wäre, ob ein Eingruppierungskriterium leichter oder schwerer handhabbar ist. Dann bestünde nämlich die Gefahr, daß der Arbeitgeber in erheblichem Umfang Eingruppierungen ohne die Beteiligung des Betriebsrats vornimmt, weil er seine eigene Beurteilung als ohne weiteres einleuchtend und daher nicht mitbestimmungsbedürftig ansieht. Im übrigen kann sich auch die Anwendung scheinbar "einfacher" Tatbestandsmerkmale wie die Berechnung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einer Gehaltsgruppe oder zum Unternehmen im Einzelfall als äußerst schwierig erweisen, wie schon die vielen Rechtsstreitigkeiten belegen, die um derartige Fragen geführt werden.

b) Schließlich kommt es für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch nicht darauf an, daß er im vorliegenden Fall gemeint hat, der Angestellte sei in Gehaltsgruppe II tarifgerecht eingruppiert. Ob der Widerspruch des Betriebsrats gegen eine vom Arbeitgeber vorgesehene Eingruppierung beachtlich ist, kann erst geprüft werden, wenn der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats und im Falle ihrer Verweigerung die gerichtliche Ersetzung beantragt hat.

II. Die nach § 99 BetrVG erforderliche Beteiligung des Betriebsrats hat hier nicht stattgefunden. Der Arbeitgeber hat nicht die Zustimmung des Betriebsrats zu der von ihm geplanten Eingruppierung des Angestellten N in die Gehaltsgruppe I a GTV eingeholt. Das ursprünglich eingeleitete Beteiligungsverfahren ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, da es die Gehaltsgruppe I b GTV zum Gegenstand hatte.

III. Da der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Eingruppierung des Angestellten N mißachtet hat, war ihm nach § 101 BetrVG aufzugeben, eine Neueingruppierung unter Beteiligung des Betriebsrats vorzunehmen.

Zwar fehlt es im Fall der Eingruppierung an einem Gestaltungsakt, dessen Aufhebung dem Arbeitgeber nach § 101 BetrVG aufgegeben werden könnte. Die Eingruppierung ist, wie oben ausgeführt (I 1 a), ein bloßer Beurteilungsakt. Dennoch kann der Arbeitgeber die Schutzfunktion des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nicht dadurch unterlaufen, daß er die gebotene Eingruppierung oder die Beteiligung des Betriebsrats hieran überhaupt unterläßt oder, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert, kein Zustimmungsersetzungsverfahren betreibt und den Arbeitnehmer darauf verweist, er müsse die zutreffende Eingruppierung selbst geltend machen. § 101 BetrVG ist so auszulegen, daß sein Zweck auch bei Eingruppierungen erreicht wird. Das Verfahren des § 101 BetrVG dient der Sicherung des Mitbestimmungsrechts bei personellen Einzelmaßnahmen. Diese Sicherung kann bei Eingruppierungen nur dadurch erreicht werden, daß der Arbeitgeber, sofern er die vorgenommene Eingruppierung weiterhin für richtig ansieht und an ihr festhält, vom Gericht dazu angehalten wird, die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen und erforderlichenfalls das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben (Beschluß vom 9. März 1993, AP, aaO, zu B II 1 der Gründe, m.w.N.).

Dr. Dieterich Dr. Rost Dr. Wißmann

Rösch Dr. Wohlgemuth

 

Fundstellen

Dokument-Index HI436956

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