Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei Eingruppierung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Tendenzcharakter eines Unternehmens schließt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Eingruppierung nach im Unternehmen angewandten Tätigkeitsmerkmalen - hier des BAT - nicht aus.
2. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gilt auch dann, wenn die Eingruppierungsregelungen des BAT durch einzelvertragliche Vereinbarung zu einer betrieblichen Ordnung gemacht werden.
3. Anspruch auf Vergütung nach VergGr Vb BAT haben auch Erzieher und Erzieherinnen, denen bis zum 31. Dezember 1983 eine entsprechende Tätigkeit zugewiesen wurde, weil sie nach der Protokollnotiz Nr 3 Sozialpädagogen und Sozialarbeitern mit staatlicher Anerkennung gleichgestellt werden. Einer ausdrücklichen Übertragung dieser Tätigkeit oder einer heilpädagogischen Sonderausbildung bedarf es nicht.
Normenkette
BAT Anlage 1a; BetrVG §§ 99, 118; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Entscheidung vom 09.08.1983; Aktenzeichen 3 TaBV 6/83) |
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 02.02.1983; Aktenzeichen 6 BV 15/82) |
Gründe
Die Beteiligte zu 1) - Antragstellerin - ist eine Gesellschaft für Behinderte, die ausschließlich karitativ tätig ist. Sie hat mit Zustimmung des Beteiligten zu 2), dem Betriebsrat bei der Beteiligten zu 1), sieben Arbeitnehmerinnen und drei Arbeitnehmer in der Zeit von Dezember 1981 bis Juni 1982 als Erzieherinnen bzw. Erzieher eingestellt. Diese Arbeitnehmer will sie nach VergGr. V c BAT eingruppieren.
Die Erzieher und Erzieherinnen haben mit der Beteiligten zu 1) einen schriftlichen Arbeitsvertrag nach einem vorgefertigten Formularvertragstext abgeschlossen, in dem es u.a. heißt:
"1. ...
2. Soweit nachstehend nichts anderes verein-
bart ist, gelten für das Arbeitsverhältnis
die Bestimmungen des Bundes-Angestellten-
Tarifvertrages (BAT) in der jeweils gülti-
gen Fassung und die dazu abgeschlossenen
übrigen Zusatzverträge (Urlaubsgeld/13. Ge-
halt).
3. ...
4. Die Vergütung bestimmt sich nach dem in
Ziffer 2 genannten BAT. Der Mitarbeiter
wird in die Vergütungsgruppe V c einge-
stuft.
..."
Der Beteiligte zu 2) hat innerhalb einer Woche seit Unterrichtung durch die Beteiligte zu 1) seine Zustimmung zur Eingruppierung der Erzieher und Erzieherinnen in die VergGr. V c BAT verweigert. Nunmehr erstrebt die Beteiligte zu 1) im vorliegenden Verfahren die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur Eingruppierung der Erzieherinnen bzw. Erzieher nach VergGr. V c BAT.
Die Erzieherinnen und Erzieher, um deren Eingruppierung es vorliegend geht, sind in den von der Beteiligten zu 1) betriebenen Tagesförderstätten Ilse Wilms oder Schützenhof, dem Kindertagesheim Moorwerder, der Wohngruppe Neuwiedenthal oder der Wohngruppe Erlenbruch eingesetzt. Bei den Tagesförderstätten Ilse Wilms und Schützenhof handelt es sich um Tagesförderstätten für schwerst mehrfach behinderte Jugendliche und Erwachsene. Im Kindertagesheim Moorwerder sind schwerst mehrfach behinderte Kinder im schulpflichtigen Alter untergebracht. In der Wohngruppe Neuwiedenthal sind jugendliche und erwachsene Behinderte untergebracht, die in der Werkstatt für Behinderte arbeiten, aber weder zur Schule gehen noch eine Arbeit suchen können. In der Wohngruppe Erlenbruch werden schwerstbehinderte Jugendliche und Erwachsene rund um die Uhr betreut. Die Erzieher und Erzieherinnen arbeiten in Gruppen.
Die Beteiligte zu 1) hat vorgetragen, die Erzieherinnen und Erzieher seien als "Angestellte im Erziehungsdienst" in die VergGr. V c Fallgruppe 1 e des Teils II Abschnitt G Unterabschnitt II der Anlage 1 a zum BAT einzugruppieren. Diese Vergütungsgruppe sei im Arbeitsvertrag mit den Erziehern und Erzieherinnen ausdrücklich vereinbart worden. Es sei im übrigen fraglich, ob dem Betriebsrat überhaupt ein Mitbestimmungsrecht bei der Eingruppierung der Erzieher und Erzieherinnen zustehe, da die Beteiligte zu 1) ausschließlich karitativ tätig sei. Abgesehen davon erfüllten die Erzieher und Erzieherinnen auch nicht ein tarifliches Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V b BAT. Sie seien nicht in einer "heilpädagogischen Gruppe" im Sinne der VergGr. V b Fallgruppe 1 k des Teils II Abschnitt G Unterabschnitt II der Anlage 1 a zum BAT tätig. Von einer heilpädagogischen Gruppe könne nur dann die Rede sein, wenn die Betreuer über eine heilpädagogische Sonderausbildung verfügten. Soweit die Protokollnotiz Nr. 3 zur VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 k Erzieher und Erzieherinnen Sozialarbeitern und Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung gleichstelle, komme es entscheidend darauf an, daß der Arbeitgeber den betreffenden Personen ausdrücklich die Tätigkeit von Sozialarbeitern bzw. Sozialpädagogen übertragen habe. Dies treffe auf die hier einzugruppierenden Erzieher und Erzieherinnen nicht zu. Den Gleichbehandlungsgrundsatz habe die Beteiligte zu 1) nicht verletzt. Sie habe zwar bis Dezember 1981 in Verkennung der Rechtslage vergleichbaren Arbeitnehmern wie den hier einzugruppierenden Erziehern und Erzieherinnen Vergütung nach VergGr. V b BAT gewährt. Nachdem sie ihren Irrtum erkannt habe, habe sie sich entschlossen, künftig Erzieher und Erzieherinnen nach VergGr. V c BAT einzugruppieren.
Die Beteiligte zu 1) hat demgemäß - soweit in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch anhängig - beantragt,
die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zu-
stimmung zur Eingruppierung der Erzieher
bzw. Erzieherinnen B , Br , Ga ,
H , J , K , Kl ,
T , W und G in die VergGr.
V c der Vergütungsordnung des BAT, Anlage
1 a, Teil II G II "Angestellte im Erzie-
hungsdienst" zu ersetzen.
Der Beteiligte zu 2) hat beantragt, den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen. Er hat vorgetragen, die einzugruppierenden Erzieher und Erzieherinnen seien in heilpädagogischen Gruppen tätig. Insoweit komme es nur auf die Tätigkeit an. Aufgrund der Protokollnotiz Nr. 3 zur VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 k seien die Erzieher und Erzieherinnen, die in heilpädagogischen Gruppen tätig seien und denen diese Tätigkeit bis 31. Dezember 1983 übertragen worden sei, Sozialpädagogen und Sozialarbeitern mit staatlicher Anerkennung gleichzustellen. Eine heilpädagogische Ausbildung werde damit nicht gefordert. Ebensowenig sei es erforderlich, daß den Erzieherinnen und Erziehern die Tätigkeit von Sozialpädagogen oder Sozialarbeitern vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen sei. Die Beteiligte zu 1) habe auch den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, weil die früher eingestellten Erzieher und Erzieherinnen nach VergGr. V b BAT vergütet würden.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1) ihren Zustimmungsersetzungsantrag weiter. Der Beteiligte zu 2) beantragt Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur Eingruppierung der Erzieher und Erzieherinnen in die VergGr. V c BAT mit Recht abgewiesen. Denn die Erzieher und Erzieherinnen sind tarifgerecht in VergGr. V b BAT eingruppiert.
Entgegen der Verfahrensweise der Vorinstanzen sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einem Beschlußverfahren über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung eines Arbeitnehmers in eine tarifliche Vergütungsgruppe die betroffenen Arbeitnehmer nicht Beteiligte (BAG 43, 35 f. = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972). Demgemäß sind die hier betroffenen Erzieher und Erzieherinnen im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beteiligt worden.
Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) steht ihre ausschließlich karitative Tätigkeit dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Eingruppierung nach § 99 BetrVG nicht entgegen. Da die Beteiligte zu 1) unmittelbar und überwiegend karitativen Zwecken dient, finden allerdings die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes auf sie keine Anwendung, soweit die Eigenart ihres Unternehmens dem entgegensteht (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Dadurch soll die Freiheit des Unternehmens geschützt werden, auf welche Weise es seine karitativen Zwecke verfolgen will. Diese Freiheit soll vor einer Beeinträchtigung durch betriebliche Mitbestimmungsrechte abgeschirmt werden. Daraus folgt, daß die Beteiligungsrechte des Betriebsrats in karitativen Unternehmen insoweit zurücktreten müssen, als durch ihre Ausübung die Freiheit des Unternehmers, wie er den karitativen Zweck seines Unternehmens verwirklichen will, ernsthaft beeinträchtigt werden kann. Eine solche Beeinträchtigung der Freiheit des Unternehmers ist aber durch die Ausübung von Mitbestimmungsrechten bei einer von dem Unternehmer selbst gewollten tariflichen Eingruppierung von Arbeitnehmern nicht zu befürchten. Wenn der Unternehmer eine zutreffende tarifliche Eingruppierung seiner Arbeitnehmer erstrebt, nimmt er den Tendenzcharakter seines Unternehmens gerade nicht für eine Sonderstellung seiner Arbeitnehmer in Anspruch. Dann muß er aber auch eine gerichtliche Überprüfung seiner Eingruppierungsentscheidung hinnehmen. Demgemäß schließt der Tendenzcharakter des Unternehmens der Beteiligten zu 1) das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der tariflichen Eingruppierung von Erziehern und Erzieherinnen nicht aus. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der z. B. der Tendenzcharakter eines Zeitschriftenverlags dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der tariflichen Eingruppierung von Zeitschriftenredakteuren nicht entgegensteht (vgl. BAG 43, 35 = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972).
Der Beteiligte zu 2) hat die Zustimmung zur Eingruppierung der Erzieher und Erzieherinnen in die VergGr. V c BAT mit Recht verweigert, weil diese Eingruppierung gegen einen Tarifvertrag verstößt (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG). Dem Beteiligten zu 2) steht ein Mitbestimmungsrecht bei der Eingruppierung der Erzieher und Erzieherinnen zu. Die Eingruppierung im Sinne von § 99 BetrVG setzt nicht voraus, daß tarifliche Eingruppierungsvorschriften kraft Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Vielmehr genügt insoweit die Eingruppierung nach irgendeinem im Betrieb allgemein angewendeten Entgeltschema. Dazu gehört auch, daß der Arbeitgeber - wie hier - die Arbeitnehmer allgemein nach einem einzelvertraglich vereinbarten Tarifvertrag eingruppiert (vgl. GK-Kraft, BetrVG, 3. Bearbeitung 1982, § 99 Rz 26 ff. mit weiteren Nachweisen).
Die von der Beteiligten zu 1) vorgenommene Eingruppierung verstößt gegen eine tarifliche Eingruppierungsregelung des BAT und damit gegen einen Tarifvertrag im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Hierbei ist es unerheblich, daß der BAT nicht kraft Tarifbindung, sondern kraft einzelvertraglicher Vereinbarung zwischen der Beteiligten zu 1) und den Erziehern und Erzieherinnen Anwendung findet. Denn entscheidend ist insoweit allein, daß die Beteiligte zu 1) in ihrem Unternehmen allgemein mit ihren Angestellten die Anwendung des BAT auf das Arbeitsverhältnis vereinbart (vgl. BAG Beschluß vom 3. Dezember 1985 - 4 ABR 60/85 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Der BAT war im hier strittigen Eingruppierungszeitraum (Dezember 1981 bis Juni 1982) auch noch in Kraft und wurde demgemäß hinsichtlich seiner Anlage 1 a nicht als bloß nachwirkende tarifliche Regelung vereinbart, wie dies für nach der Kündigung der Anlage 1 a zum 31. Dezember 1983 abgeschlossene Arbeitsverträge zutrifft.
Ein Verstoß der Beteiligten zu 1) gegen tarifliche Eingruppierungsvorschriften scheidet nicht deshalb aus, weil sie mit den Erziehern und Erzieherinnen einzelvertraglich die Eingruppierung in die VergGr. V c BAT vereinbart hätte. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit steht es den nicht tarifgebundenen Parteien des Arbeitsvertrags allerdings - soweit nicht die Grenze des § 138 BGB überschritten wird - frei, welche Vergütung sie für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vereinbaren wollen. Aus dem Betriebsverfassungsgesetz ist nicht ersichtlich, daß das Gesetz insoweit die Vertragsfreiheit einschränken will. Dann können auch in Fällen dieser Art Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht eingreifen. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist aber dann zu bejahen, wenn der Tarifvertrag als solcher oder jedenfalls dessen Eingruppierungsregelungen durch einzelvertragliche Vereinbarung zu einer betrieblichen Ordnung gemacht wird, nach der der Arbeitgeber verfährt. Dies ist entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) vorliegend zu bejahen. Die Beteiligte zu 1) hat mit den Erziehern und Erzieherinnen nicht die Eingruppierung in die VergGr. V c BAT ohne Rücksicht auf tarifliche Eingruppierungsvorschriften vereinbart, sondern wollte die Erzieher und Erzieherinnen tarifgerecht eingruppieren. Dies folgt aus den formularmäßigen Arbeitsverträgen, die die Beteiligte zu 1) mit den Erziehern und Erzieherinnen abgeschlossen hat und die der Senat als typischen Vertrag selbständig auslegen kann (vgl. BAG 24, 198, 202 = AP Nr. 2 zu § 111 BBiG). Im Arbeitsvertrag der Erzieher und Erzieherinnen heißt es: "Die Vergütung bestimmt sich nach dem in Ziffer 2 genannten BAT. Der Mitarbeiter wird in die Vergütungsgruppe V c eingestuft". Damit haben die Parteien ersichtlich vereinbart, daß für die Vergütung der BAT maßgebend sein solle. Die VergGr. V c BAT wird hierbei von den Parteien als die tariflich zutreffende Vergütungsgruppe angesehen, ist aber nicht unabhängig von der tariflich zutreffenden Eingruppierung vereinbart. Maßgebend ist insoweit nach dem Arbeitsvertrag die tariflich zutreffende Vergütungsgruppe des BAT.
Danach sind für die Eingruppierung der Erzieher und Erzieherinnen folgende Tätigkeitsmerkmale des Teils II Abschnitt G Unterabschnitt II ("Angestellte im Erziehungsdienst") der Anlage 1 a zum BAT heranzuziehen:
VergGr. V b
-----------
1. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staat-
licher Anerkennung oder Jugendleiterinnen
mit staatlicher Prüfung
...
k) in geschlossenen (gesicherten) Gruppen
oder in Aufnahme-(Beobachtungs-)Grup-
pen oder in heilpädagogischen Gruppen,
...
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 2, 3, 4,
5, 6, 7, 9, 10 und 14).
2. ...
VergGr. V c
-----------
1. Erzieher(innen), Kindergärtnerinnen, Hort-
nerinnen
...
e) in Gruppen von körperlich, seelisch oder
geistig gestörten oder gefährdeten oder
schwer erziehbaren Kindern oder Jugend-
lichen
nach einjähriger Berufsausübung in einer Tä-
tigkeit der VergGr. VI b Fallgruppe 2 oder
nach mehrjähriger Berufsausübung in einer
Tätigkeit der VergGr. VI b Fallgruppe 1.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 5, 6, 10, 11,
13 und 14).
2. ...
VergGr. VI b
------------
1. Erzieher(innen), Kindergärtnerinnen, Hort-
nerinnen
nach sechsmonatiger Berufstätigkeit im Er-
ziehungsdienst nach erlangter Berufsbefähi-
gung (zur Berufstätigkeit im Sinne dieses
Tätigkeitsmerkmals gehört weder das Berufs-
praktikum noch die der gleichwertigen Fach-
ausbildung entsprechende Tätigkeit.)
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 11 und 14).
2. Erzieher(innen), Kindergärtnerinnen, Hort-
nerinnen
sowie
Angestellte in der Tätigkeit von Erziehern
(Erzieherinnen) mit verwaltungseigener Prü-
fung nach einer mindestens zweijährigen
Ausbildung, die sich mindestens zwei Jahre
im Erziehungsdienst in der VergGr. VII be-
währt haben,
a) ...
...
e) in Gruppen von körperlich, seelisch oder
geistig gestörten oder gefährdeten oder
schwer erziehbaren Kindern oder Jugend-
lichen.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 5, 6, 10, 11,
12, 13 und 14).
3. ...
Protokollnotizen
----------------
...
Nr. 3: Erzieher(innen), Kindergärtnerinnen,
Hortnerinnen
mit staatlicher Anerkennung als Erzie-
her
oder Kindergärtnerinnen
oder
mit staatlicher Prüfung als Kindergärt-
nerin/Hortnerin
oder
mit staatlicher Erlaubnis als Kranken-
schwester/Krankenpfleger/Kinderkranken-
schwester
sowie
Angestellte in der Tätigkeit von Erzie-
hern (Erzieherinnen), Kindergärtnerin-
nen oder Hortnerinnen mit abgeschlosse-
ner mindestens gleichwertiger Fachaus-
bildung
werden nach diesem Tätigkeitsmerkmal
eingruppiert, wenn sie am 1. April 1970
die in dem Tätigkeitsmerkmal geforderte
Tätigkeit ausüben oder ihnen bis zum
31. Dezember 1983 diese Tätigkeit über-
tragen wird.
Die hier betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind Erzieher oder Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung. Sie sind - wie die Beteiligte zu 1) einräumt - in Gruppen von körperlich, seelisch oder geistig gestörten oder gefährdeten oder schwer erziehbaren Kindern oder Jugendlichen tätig. Die Beteiligte zu 1) will die betroffenen Arbeitnehmer demgemäß auch als "Erzieher in Gruppen von körperlich, seelisch oder geistig gestörten oder gefährdeten oder schwer erziehbaren Kindern oder Jugendlichen" (VergGr. V c BAT Fallgruppe 1 e) eingruppieren. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten arbeiten die Erzieher und Erzieherinnen in Heimen für Behinderte, wobei es sich überwiegend um jugendliche Behinderte und Kinder handelt. Damit sind sie in Gruppen von körperlich, seelisch oder geistig gestörten Kindern oder Jugendlichen im tariflichen Sinne tätig, wobei es nach der Protokollnotiz Nr. 5 zu den VergGrn. VI b Fallgruppe 2 und V c Fallgruppe 1 unerheblich ist, daß in den Gruppen sich nicht ausschließlich Kinder oder Jugendliche befinden. Daher erfüllen die Erzieherinnen und Erzieher das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VI b BAT Fallgruppe 2 und gegebenenfalls - nach einjähriger Berufsausübung in einer Tätigkeit der VergGr. VI b Fallgruppe 2 oder nach mehrjähriger Berufsausübung in einer Tätigkeit der VergGr. VI b Fallgruppe 1 - das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V c BAT Fallgruppe 1 e.
Darüber hinaus erfüllen die Erzieher und Erzieherinnen vorliegend auch das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V b Fallgruppe 1 k des Teils II Abschnitt G Unterabschnitt II der Anlage 1 a zum BAT. Nach dem Wortlaut des Tätigkeitsmerkmals gehören zu dieser Fallgruppe "Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung". Diese Voraussetzungen treffen zwar auf die Erzieher und Erzieherinnen des vorliegenden Verfahrens nicht zu. Aber nach der Protokollnotiz Nr. 3 zur VergGr. V b Fallgruppe 1 k werden Erzieher und Erzieherinnen nach diesem Tätigkeitsmerkmal eingruppiert, wenn ihnen bis zum 31. Dezember 1983 eine Tätigkeit der VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 k übertragen wird. Dies ist vorliegend zu bejahen.
Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) ist es nicht erforderlich, daß den Erziehern oder Erzieherinnen ausdrücklich die Tätigkeit eines Sozialarbeiters oder Sozialpädagogen übertragen wird, damit sie in VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 k eingruppiert werden können. Für diese Auffassung ist aus dem Tarifvertrag kein Anhaltspunkt zu entnehmen. Vielmehr kommt es nach der Protokollnotiz Nr. 3 ausschließlich darauf an, daß den Erziehern und Erzieherinnen eine Tätigkeit der VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 k übertragen ist. Das trifft für die hier betroffenen Erzieher und Erzieherinnen zu, weil sie "in heilpädagogischen Gruppen" im tariflichen Sinne tätig sind.
Der Begriff der Heilpädagogik, der mit dem Begriff der Sonderpädagogik synonym ist (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bd. 3, 1981, S. 453; Blätter zur Berufskunde, Bd. 2-II B 30 S. 2 f.), hat seine heutige Bedeutung und seinen Begriffsinhalt erst in neuerer Zeit erhalten. Danach ist unter Heilpädagogik (Heilerziehung) die "besondere Erziehung für kranke, gehemmte, geistesschwache, taubstumme, blinde oder körperlich behinderte Kinder" zu verstehen (Brockhaus/Wahrig, aaO, S. 453). In der heilpädagogischen Beziehungsgestaltung soll der behinderte oder beeinträchtigte Mensch im Heilpädagogen einen Partner gewinnen, mit dem er seine Schwierigkeiten, Ängste und Aufgaben klären, durcharbeiten und in einer für ihn möglichen Form bewältigen kann. Der Heilpädagoge wird dabei mit methodischem Einsatz beratender, helfender, übender, fördernder und heilender Tätigkeit auf ganzheitliche Erziehungsziele hin integrieren und dadurch den Betroffenen Erfahrungen anbieten und ermöglichen und ihnen so ein sinnerfülltes Leben erschließen (Blätter zur Berufskunde, aaO, S. 3). Der Begriff der Heilpädagogik ist ein Mischbegriff. Nach dem einhelligen Sprachgebrauch der beteiligten Fachkreise geht es bei der heilpädagogischen Behandlung um die Einwirkung auf abnorme kindliche Persönlichkeiten mit den Mitteln der Erziehung und des Unterrichts (BAG Urteil vom 21. Dezember 1973 - 4 AZR 59/73 -, AP Nr. 1 zu Nr. 4 Beihilfevorschriften). Davon geht auch der vom Arbeitsgericht angehörte Sachverständige aus. Er sieht in der Heilpädagogik eine spezielle Sparte der allgemeinen Pädagogik. Sie ist eine Pädagogik unter erschwerten Bedingungen und umfaßt danach die Förderung und Betreuung hauptsächlich geistig behinderter und/oder verhaltensauffälliger Kinder und Jugendlicher. Wenn also der normale Unterricht einschließlich eines Sonderschulunterrichts nicht ausreicht, um ein behindertes Kind zu fördern, ist es Aufgabe der Heilpädagogik, mit besonderen Methoden den behinderten Menschen zu fördern, wobei Kenntnisse der Medizin, insbesondere der Orthopädie, Neurologie und Psychiatrie, für die Ausübung der Heilpädagogik wünschenswert sind und bei der Ausbildung vermittelt werden (vgl. Blätter zur Berufskunde, aaO, S. 7 f.). Mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag ist davon auszugehen, daß auch in der VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 k der Begriff der Heilpädagogik so zu verstehen ist, wie er dem Sprachgebrauch der beteiligten Fachkreise entspricht.
Dementsprechend ist unter einer heilpädagogischen Tätigkeit eine Tätigkeit zu verstehen, die mit besonderen, spezifischen Erziehungsformen die Förderung und Betreuung behinderter Menschen umfaßt. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) nicht darauf an, daß der entsprechende Erzieher bzw. Erzieherin eine heilpädagogische Ausbildung oder Sozialarbeitern bzw. Sozialpädagogen gleichwertige Fähigkeiten besitzt. Heilpädagogische Tätigkeit wird durch den Inhalt der Erziehungstätigkeit gekennzeichnet, nicht aber von einer besonderen Ausbildungsqualifikation des Erziehers. In diesem Sinne sind auch Eltern schwerbehinderter Kinder heilpädagogisch tätig, wenn sie - auch ohne besondere Ausbildung - mit ihren Mitteln versuchen, der besonderen Situation ihres Kindes gerecht zu werden und es durch besondere Erziehungsformen zu fördern.
Nach diesem Begriff der heilpädagogischen Tätigkeit sind die hier einzugruppierenden Erzieher und Erzieherinnen in heilpädagogischen Gruppen tätig, weil sie damit befaßt sind, behinderte und schwerstbehinderte Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene umfassend unter Berücksichtigung der psycho-emotionalen Probleme zu fördern. Dies haben die Vorinstanzen im Anschluß an das Gutachten des Sachverständigen F festgestellt. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1) keine Verfahrensrügen erhoben. Damit sind die Erzieher und Erzieherinnen in VergGr. V b Fallgruppe 1 k des Teils II Abschnitt G Unterabschnitt II der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert, so daß der Beteiligte zu 2) mit Recht die Zustimmung zur Eingruppierung der Erzieher und Erzieherinnen in die VergGr. V c BAT verweigert hat.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Etzel
Gröbing Dr. Koffka
Fundstellen
BAGE 50, 241-251 (LT1-3) |
BAGE, 241 |
RdA 1986, 138 |
AP § 99 BetrVG 1972 (LT1-3), Nr 31 |
AR-Blattei, Öffentlicher Dienst IIIA Entsch 296 (LT3) |
AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVC Entsch 102 (LT2) |
AR-Blattei, ES 1530 Nr 6 (T) |
AR-Blattei, ES 1570 Nr 32 (LT1) |
AR-Blattei, ES 530.14.3 Nr 102 (LT2) |
AR-Blattei, Tarifliche Eingruppierung Entsch 6 (T) |
AR-Blattei, Tendenzbetrieb Entsch 32 (LT1) |
EzA § 118 BetrVG 1972, Nr 37 (LT1-3) |
EzBAT §§ 22, 23 BAT F 2, VergGr Vb Nr 1a (LT1-3) |
RiA 1986, 176-176 (T) |
RiA 1986, 181-181 (T) |