Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtbetriebsrat. Nutzung von Telefonen. Anspruch des Gesamtbetriebsrats auf Freischaltung der Telefonverbindungen in betriebsratslose Betriebe
Leitsatz (amtlich)
Der Gesamtbetriebsrat kann nach § 51 Abs. 1 iVm. § 40 Abs. 2 BetrVG vom Arbeitgeber die Freischaltung der in seinem Büro und der in betriebsratslosen Verkaufsstellen vorhandenen Telefone zum Zwecke der wechselseitigen Erreichbarkeit verlangen.
Orientierungssatz
1. Die Entscheidung, ob ein Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, obliegt dem Betriebsrat. Dabei hat er auch die berechtigten Interessen des Arbeitgebers zu berücksichtigen.
2. Die arbeitsgerichtliche Kontrolle der Entscheidung des Betriebsrats ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats dient und dieser bei seiner Entscheidung auch den berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat.
3. Die im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Kontrolle ergehende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt dahin überprüft werden, ob Rechtsbegriffe verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Würdigung übersehen worden sind.
4. Die Nutzung einer Telefonanlage zum Informationsaustausch mit den von ihm vertretenen Arbeitnehmern betrifft die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben des Betriebsrats. Dieser hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welche Informations- und Kommunikationswege er für erforderlich hält.
5. Der Betriebsrat kann an einer vorhandenen Telefonanlage die technischen Veränderungen verlangen, die zu ihrer Nutzbarkeit erforderlich sind.
6. Der Anspruch des Betriebsrats auf Nutzung der im Betrieb vorhandenen Kommunikationsmittel setzt nicht voraus, dass sich diese in seinem Besitz befinden. Daher kann er auch die Freischaltung von Telefonen in räumlich entfernten Betriebsstätten verlangen, damit er mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern in einen Informationsaustausch treten kann.
7. Der Gesamtbetriebsrat muss sich zur verantwortlichen Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben auch ein Bild über die Situation in betriebsratslosen Betrieben machen können. Dazu kann die Möglichkeit des telefonischen Dialogs mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern erforderlich sein.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 2, § 17 Abs. 1, § 50 Abs. 1 S. 1, § 51 Abs. 1, § 80 Abs. 2 Sätze 1-2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 30. April 2008 – 2 TaBV 7/07 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten um die Freischaltung von Telefonen zwischen dem Büro des Gesamtbetriebsrats und den nicht durch einen Betriebsrat repräsentierten Verkaufsstellen.
Der Arbeitgeber vertreibt bundesweit in ca. 10.000 Verkaufsstellen Drogeriewaren. Er beschäftigt ca. 40.000 Arbeitnehmer. Die Verkaufsstellen sind aufgrund eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BetrVG zu Bezirken zusammengefasst, in denen jeweils Betriebsräte zu wählen sind. Dies ist in 112 der insgesamt ca. 300 Bezirke geschehen. Die gewählten Betriebsräte haben einen Gesamtbetriebsrat errichtet.
In allen Verkaufsstellen sind Telefone installiert. Von diesen können bestimmte Anschlüsse – ua. der Polizei, der Feuerwehr und des zuständigen Verkaufsbüros des Arbeitgebers – angerufen werden. Von dort aus sind umgekehrt die Verkaufsstellen erreichbar. Außerdem ließ der Arbeitgeber die Telefonverbindungen zwischen Verkaufsstellen, für die Betriebsräte bestehen, und dem Büro des betreffenden Betriebsrats freischalten. Eine telefonische Kommunikation zwischen dem Büro des Gesamtbetriebsrats und den einzelnen Verkaufsstellen ist hingegen nur möglich, wenn in der Verkaufsstelle ein Mitglied des Betriebsrats oder des Gesamtbetriebsrats beschäftigt ist.
Der Gesamtbetriebsrat hat die Auffassung vertreten, er benötige zu den Verkaufsstellen, für die kein Betriebsrat errichtet ist, eine telefonische Verbindung, um seine Pflichten sachgerecht erfüllen zu können. Zur Wahrnehmung seiner Mitbestimmungsrechte müsse er Informationen mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern austauschen. Außerdem habe er die Einhaltung der Gesamtbetriebsvereinbarungen zu überwachen und Wahlvorstände in betriebsratslosen Betrieben zu bestellen.
Der Gesamtbetriebsrat hat, soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Bedeutung, zuletzt beantragt,
I. dem Arbeitgeber aufzugeben, die Telefone in den einzelnen Verkaufsstellen in der Weise freizuschalten, dass alle Beschäftigten – mit Ausnahme derjenigen Verkaufsstellen, für die bereits ein Betriebsrat gebildet worden ist – aus den Verkaufsstellen das Büro des Gesamtbetriebsrats zum Zweck der Kommunikation mit dem Gesamtbetriebsrat im Zusammenhang mit dessen Aufgabe, die Einhaltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen zu überwachen, und zum Zweck der Information und Mitwirkung bei der Bestellung von Wahlvorständen durch den Gesamtbetriebsrat telefonisch erreichen können;
II. dem Arbeitgeber aufzugeben, die Telefone in den einzelnen Verkaufsstellen – mit Ausnahme derjenigen Verkaufsstellen, für die bereits ein Betriebsrat gebildet worden ist – in der Weise freizuschalten, dass das Büro des Gesamtbetriebsrats die Beschäftigten zum Zweck der Kommunikation mit dem Gesamtbetriebsrat im Zusammenhang mit dessen Aufgabe, die Einhaltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen zu überwachen, und zum Zweck der Information und Mitwirkung bei der Bestellung von Wahlvorständen durch den Gesamtbetriebsrat telefonisch erreichen kann;
III. dem Arbeitgeber aufzugeben, dem Gesamtbetriebsrat eine vollständige Liste der freigeschalteten Telefone mit Telefonnummer und Filialbezeichnung zuzuleiten.
Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, der Gesamtbetriebsrat habe keine Ersatzzuständigkeit für betriebsratslose Betriebe. Für die Überwachung von Gesamtbetriebsvereinbarungen seien die Betriebsräte zuständig. Die Aufgabe des Gesamtbetriebsrats, Wahlvorstände in betriebsratslosen Betrieben zu bestellen, erfordere es nicht, Telefone in allen betriebsratslosen Verkaufsstellen freizuschalten.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Gesamtbetriebsrats abgewiesen. Auf dessen Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht – soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung – dem Arbeitgeber aufgegeben, 1. die Telefone in den einzelnen Verkaufsstellen im Zuständigkeitsbereich des antragstellenden Gesamtbetriebsrats, mit Ausnahme derjenigen Verkaufsstellen, für die ein Betriebsrat gebildet ist, telefontechnisch so einrichten zu lassen, dass das Büro des Gesamtbetriebsrats in den Verkaufsstellen anrufen kann und die Arbeitnehmer in den Verkaufsstellen das Büro des Gesamtbetriebsrats anrufen können, sowie 2. dem Gesamtbetriebsrat eine vollständige Liste der freigeschalteten Telefone mit Telefonnummer und Filialbezeichnung zu erteilen, mit Ausnahme derjenigen Verkaufsstellen, für die ein Betriebsrat gebildet ist. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Arbeitgeber die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Gesamtbetriebsrat beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im zuerkannten Umfang den Anträgen des Gesamtbetriebsrats zu Recht entsprochen.
I. Zu Unrecht rügt der Arbeitgeber mit der Rechtsbeschwerde die Verletzung des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat dem Gesamtbetriebsrat unter Ziffer I 1 der Beschlussformel nicht mehr zugesprochen, als dieser beantragt hat. Es hat vielmehr die von diesem zuletzt gestellten (Haupt-)Anträge zu I und II zusammenfassend dahin ausgelegt, dass die Telefone in den einzelnen Verkaufsstellen – mit Ausnahme derjenigen, für die ein Betriebsrat gebildet ist, – vom Arbeitgeber so einzurichten sind, dass vom Büro des Gesamtbetriebsrats dort angerufen werden kann und umgekehrt die Arbeitnehmer in den Verkaufsstellen das Büro des Gesamtbetriebsrats erreichen können. Diese Auslegung ist nicht zu beanstanden.
1. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Die Bestimmung gilt auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. Der gestellte Antrag begrenzt und bestimmt den Gegenstand des Beschlussverfahrens (BAG 13. November 1991 – 7 ABR 18/91 – zu B I 1 der Gründe, BAGE 69, 49). Das Abweichen von den gestellten Sachanträgen ist im dritten Rechtszug von Amts wegen zu beachten (BAG 6. Mai 2003 – 1 ABR 13/02 – zu B I der Gründe, BAGE 106, 111).
2. Das Landesarbeitsgericht hat dem Gesamtbetriebsrat nicht “mehr” zugesprochen als dieser beantragt hat. Dessen (Haupt-)Anträge sind entgegen ihrem Wortlaut nicht auf die Freischaltung der Telefone für Telefonate nur zu dem in ihnen bezeichneten Zweck beschränkt. Dies ergibt die Auslegung der Anträge. Diese hat möglichst dahin zu erfolgen, dass sie die erstrebte Sachentscheidung zulässt (BAG 12. August 2009 – 7 ABR 15/08 – Rn. 12 mwN, NZA 2009, 1218; 21. Juli 2009 – 1 ABR 42/08 – Rn. 13, NZA 2009, 1049). Hier würde ein auf bestimmte Gesprächszwecke beschränkter Antrag weder den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen noch wäre eine entsprechende Verpflichtung vollstreckbar. Diesen Zulässigkeitsbedenken begegnet ein nicht mit einer solchen Einschränkung versehener Antrag nicht. Bei der Bezeichnung der Gesprächszwecke handelt es sich auch, wie das gesamte Vorbringen des Gesamtbetriebsrats zeigt, nicht um eine inhaltliche Beschränkung seines Begehrs, sondern um ein für den Antrag entbehrliches Begründungselement. Es geht dem Gesamtbetriebsrat nach seiner gesamten Argumentation nicht um eine auf bestimmte Telefoninhalte beschränkte Freischaltung.
II. Der in diesem Sinne ausgelegte Antrag ist zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass der Gesamtbetriebsrat die zur Erfüllung des Anspruchs notwendigen technischen Maßnahmen nicht näher bezeichnet hat. Vielmehr ist es Sache des Verpflichteten, zu entscheiden, auf welche Weise er das geschuldete Ergebnis herbeiführt (vgl. BAG 9. Juni 1999 – 7 ABR 66/97 – zu B I der Gründe, BAGE 92, 26). Allerdings hat der Gesamtbetriebsrat die betreffenden Verkaufsstellen nicht im Einzelnen bezeichnet. Vorliegend ist aber nicht zu besorgen, dass diese im Rahmen einer etwa erforderlichen Zwangsvollstreckung nicht ohne Weiteres identifizierbar wären. Auch der Arbeitgeber hat insoweit keine Einwendungen erhoben.
III. Der Antrag ist begründet. Der Gesamtbetriebsrat kann nach § 51 Abs. 1 BetrVG iVm. § 40 Abs. 2 BetrVG vom Arbeitgeber verlangen, die Telefone so einzurichten, dass die Mitglieder des Gesamtbetriebsrats von ihrem Büro aus in den nicht von einem Betriebsrat repräsentierten Verkaufsstellen anrufen können und von dort aus telefonisch erreichbar sind.
1. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG, auf den § 51 Abs. 1 BetrVG für die Geschäftsführung des Gesamtbetriebsrats verweist, hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats obliegt die Prüfung, ob ein vom Betriebsrat verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, dem Betriebsrat. Die Entscheidung hierüber darf dieser nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er bei seiner Entscheidungsfindung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen (16. Mai 2007 – 7 ABR 45/06 – Rn. 22, BAGE 122, 293).
b) Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats dient und dieser bei seiner Entscheidung auch den berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung im Rahmen des Beurteilungsspielraums des Betriebsrats, können die Gerichte dessen Entscheidung nicht durch ihre eigene ersetzen (BAG 27. November 2002 – 7 ABR 36/01 – zu B II 2 der Gründe mwN, BAGE 104, 32).
c) Die im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Kontrolle ergehende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann im Rechtsbeschwerdeverfahren ebenfalls nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob Rechtsbegriffe verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Würdigung übersehen worden sind (BAG 27. November 2002 – 7 ABR 36/01 – zu B II 2 der Gründe mwN, BAGE 104, 32).
2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht in allen Punkten stand. Gleichwohl ist sie im Ergebnis zutreffend.
a) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass zum erforderlichen Umfang der nach § 40 Abs. 2 BetrVG dem Betriebsrat zustehenden Kommunikationstechnik bei einer Telefonanlage auch deren Nutzbarkeit in einer Art und Weise gehört, die dem Betriebsrat die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben ermöglicht, und dieser deshalb die technischen Veränderungen an der Anlage verlangen kann, die zu deren Nutzbarkeit erforderlich sind (BAG 27. November 2002 – 7 ABR 36/01 – zu B II 3a der Gründe mwN, BAGE 104, 32). Ebenso entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Nutzung einer Telefonanlage zum Informationsaustausch mit den von ihm vertretenen Arbeitnehmern die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben des Betriebsrats betrifft und dieser nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, welche Informations- und Kommunikationswege er für erforderlich hält (27. November 2002 – 7 ABR 33/01 – zu B II 2a aa der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 76 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 1). Insbesondere in einem Unternehmen, dessen vom Betriebsrat zu betreuende Betriebsstätten räumlich voneinander entfernt sind, kann es der Betriebsrat zur Ermöglichung des innerbetrieblichen Dialogs mit den von ihm repräsentierten Arbeitnehmern als erforderlich ansehen, dass seine Mitglieder jederzeit telefonieren können und telefonisch erreichbar sind (BAG 19. Januar 2005 – 7 ABR 24/04 – zu B II 2a der Gründe mwN).
b) Ebenfalls zutreffend gelangt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass der Gesamtbetriebsrat auch die Freischaltung von Telefonen verlangen kann, die nicht in seiner Verfügungsgewalt stehen, deren Freischaltung aber für die Kommunikation von und mit ihm erforderlich ist. Der Anspruch aus § 40 Abs. 2 BetrVG, die im Betrieb vorhandene Kommunikationstechnik für Aufgaben des Betriebsrats nutzen zu können, hängt nicht davon ab, ob sich das der Kommunikation dienende Sachmittel im Besitz des Betriebsrats befindet. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Betriebsrat die Nutzung der im Betrieb vorhandenen Kommunikationstechnik unter Berücksichtigung auch der Interessen des Arbeitgebers für erforderlich halten darf. Soweit der Entscheidung des Senats vom 27. November 2002 (– 7 ABR 33/01 – zu B II 2a aa der Gründe, AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 76 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 1) etwas Anderes zu entnehmen ist, hält der Senat daran nicht fest. Insbesondere können die Beschäftigten in den Verkaufsstellen nicht darauf verwiesen werden, zur Kontaktaufnahme mit dem Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat ihren Privatanschluss, ein Mobiltelefon oder einen öffentlichen Fernsprecher zu benutzen.
c) Nicht völlig frei von Rechtsfehlern sind allerdings die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu der Frage, warum der Gesamtbetriebsrat zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben einen regelmäßigen Informationsaustausch mit den Mitarbeitern in den nicht von einem Betriebsrat repräsentierten Verkaufsstellen benötigt.
aa) Die Erwägung des Landesarbeitsgerichts, der Gesamtbetriebsrat habe nach § 17 Abs. 1 BetrVG die Verpflichtung, in betriebsratslosen Betrieben einen Wahlvorstand zu bestellen, begründet nicht das Erfordernis eines dauerhaften Informationsaustausches. Auch der Hinweis des Landesarbeitsgerichts, der Gesamtbetriebsrat habe die Einhaltung der von ihm geschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarungen zu überwachen, genügt nicht. Es fehlt an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen dazu, welche Gesamtbetriebsvereinbarungen in welchen Verkaufsstellen gelten.
bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der telefonische Informationsaustausch zwischen dem Gesamtbetriebsrat und den Mitarbeitern in den nicht von einem Betriebsrat repräsentierten Verkaufsstellen diene der Aufgabenerfüllung des Gesamtbetriebsrats, ist gleichwohl im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Die im Rahmen seiner originären Zuständigkeit bestehenden Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. BetrVG begründen die Erforderlichkeit, mit den von ihm repräsentierten Arbeitnehmern in betriebsratslosen Betrieben zu kommunizieren. Danach tritt der Gesamtbetriebsrat zwar nicht an die Stelle eines (nicht gewählten) Betriebsrats; vielmehr ist er darauf beschränkt, die Aufgaben, für die er nach § 50 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. BetrVG originär zuständig ist, auch für betriebsratslose Betriebe wahrzunehmen. Die dort beschäftigten Arbeitnehmer werden von ihm aber nach § 50 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. BetrVG insoweit repräsentiert, als ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht. Innerhalb dieses Zuständigkeitsbereichs kann der Gesamtbetriebsrat mit dem Arbeitgeber Gesamtbetriebsvereinbarungen auch für Betriebe ohne Betriebsrat abschließen (BAG 14. November 2006 – 1 ABR 4/06 – Rn. 22 mwN, BAGE 120, 146). Die Mitbestimmungsrechte des Gesamtbetriebsrats im Rahmen dieser Zuständigkeit umfassen auch die entsprechenden Initiativrechte (vgl. BAG 21. Juli 2009 – 1 ABR 42/08 – Rn. 32 f., NZA 2009, 1049). Zur verantwortlichen Wahrnehmung dieser Aufgaben muss der Gesamtbetriebsrat sich ein Bild über die Situation gerade auch in den betriebsratslosen Betrieben machen können. Hierzu ist es erforderlich, mit den dort Beschäftigten ohne Schwierigkeiten Kontakt aufnehmen zu können und für diese erreichbar zu sein.
d) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass berechtigte Interessen des Arbeitgebers einer Freischaltung der Telefone nicht entgegenstehen, lässt keine Rechtsfehler erkennen. Es ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht einen Kostenaufwand von 19,90 Euro pro Freischaltung nicht als unangemessen erachtet hat. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Freischaltung ca. 6.500 nicht von einem Betriebsrat repräsentierte Verkaufsstellen betrifft. Der Hinweis des Arbeitgebers in der Rechtsbeschwerde, das Landesarbeitsgericht habe seine Sachkenntnis nicht näher beschrieben, wonach die Fernprogrammierung pro Privatkunde 19,90 Euro betrage und Großkunden erhebliche Rabatte erhielten, stellt keine zulässige Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO dar. Es fehlt bereits an der erforderlichen Darlegung, welche verfahrensrechtliche Pflicht das Landesarbeitsgericht verletzt haben soll.
IV. Auch dem Antrag des Gesamtbetriebsrats, den Arbeitgeber zu verpflichten, ihm eine vollständige Liste der freigeschalteten Telefone mit Telefonnummer und Filialbezeichnung zu erteilen, hat das Landesarbeitsgericht im zuerkannten Umfang zu Recht entsprochen.
1. Wie die gebotene Auslegung des Antrags ergibt, ist dieser nicht auf die Herausgabe einer beim Arbeitgeber bereits vorhandenen Unterlage, sondern vielmehr darauf gerichtet, dem Gesamtbetriebsrat nach der Freischaltung in schriftlicher Form Auskunft über die freigeschalteten Telefone unter Angabe von Telefonnummer und Filialbezeichnung mit Ausnahme derjenigen Verkaufsstellen zu erteilen, die von einem Betriebsrat repräsentiert werden. In dieser Auslegung genügt der Antrag den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sowie angesichts der Weigerung des Arbeitgebers, die Telefone überhaupt freizuschalten, auch denjenigen des § 259 ZPO.
2. Der Anspruch ist begründet.
a) Dies folgt allerdings nicht bereits aus § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. BetrVG. Ein Anspruch nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass der Arbeitgeber über die betreffende Unterlage bereits verfügt (BAG 30. September 2008 – 1 ABR 54/07 – Rn. 25 mwN, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 71 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 10).
b) Der Anspruch des Gesamtbetriebsrats ergibt sich aber aus § 51 Abs. 5 iVm. § 80 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. BetrVG.
aa) Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu informieren (vgl. dazu BAG 30. September 2008 – 1 ABR 54/07 – Rn. 28 mwN, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 71 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 10). In der Form der Unterrichtung ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei. Insbesondere bei umfangreichen und komplexen Angaben ist er allerdings nach § 2 Abs. 1 BetrVG regelmäßig gehalten, die Auskunft schriftlich zu erteilen (BAG 30. September 2008 – 1 ABR 54/07 – Rn. 29 mwN, aaO).
bb) Hiernach kann vorliegend der Gesamtbetriebsrat die Zurverfügungstellung einer vollständigen Liste der vom Arbeitgeber freigeschalteten Telefone in den nicht von einem Betriebsrat repräsentierten Verkaufsstellen verlangen. Erst dadurch wird er in die Lage versetzt, die freigeschalteten Telefonverbindungen zu nutzen.
Unterschriften
Linsenmaier, Gräfl, Kiel, Busch, Kley
Fundstellen
Haufe-Index 2325449 |
BAGE 2011, 357 |
BB 2010, 1212 |
DB 2010, 1188 |
DB 2010, 16 |
DStR 2010, 13 |