Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchführung einer Betriebsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitgeber kann sich in einer Betriebsvereinbarung verpflichten, die Einhaltung eines mit dem Betriebsrat vereinbarten Alkoholverbots nur mit den ebenfalls in der Betriebsvereinbarung genannten Mitteln (Kontrolle durch Vorgesetzte, freiwilliger Alkoholtest durch Werksarzt) zu überwachen.
2. Der Arbeitgeber muß eine Betriebsvereinbarung so durchführen, wie sie abgeschlossen wurde. Betriebsvereinbarungswidrige Maßnahmen können dem Arbeitgeber vom Gericht auf Antrag des Betriebsrats (Unterlassungsantrag) untersagt werden.
Orientierungssatz
Durch Beschluß vom 27.11.1989 1 BvR 297/88 = AP Nr 24a zu § 77 BetrVG 1972 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß die Entscheidung nicht das Grundgesetz verletzt.
Normenkette
ZPO § 890; ArbGG § 85 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 565 Abs. 3 Nr. 1; BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 1, 7; ArbGG § 96 Abs. 1 S. 2; BetrVG § 77 Abs. 1 S. 1, § 23 Abs. 3 S. 1, § 99 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 28.05.1986; Aktenzeichen 12 TaBV 6/86) |
ArbG Minden (Entscheidung vom 11.11.1985; Aktenzeichen 2 BV 8/85) |
Nachgehend
BVerfG (Entscheidung vom 27.11.1989; Aktenzeichen 1 BvR 297/88) |
Gründe
A. Der Betriebsrat will erreichen, daß dem Arbeitgeber der Einsatz von betriebsfremden Detektiven zum Zwecke der Überwachung eines Alkoholverbots untersagt wird. Er stützt sich dabei auf eine Betriebsvereinbarung und auf Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG.
Der Arbeitgeber betrieb ein Unternehmen der Textilindustrie mit ca. 950 Beschäftigten. In seinem Betrieb war ein Betriebsrat gebildet worden.
Eine Arbeitsordnung vom 24. November 1969 enthielt ein Alkoholverbot:
"Es ist verboten, alkoholische Getränke in den
Betrieb mitzubringen oder Alkohol im Betrieb
zu trinken."
Da die Arbeitnehmer häufig gegen dieses Alkoholverbot verstießen, schlossen Arbeitgeber und Betriebsrat am 24. Juli 1981 eine weitere Betriebsvereinbarung ab, die folgendes bestimmt:
"1. Alkoholische Getränke dürfen nicht in den
Betrieb mitgebracht werden.
2. Der Genuß von alkoholischen Getränken ist
wegen der davon ausgehenden schweren Gefahren
für Leben und Gesundheit der Mitarbeiter
während der Arbeitszeit und der
Pausen untersagt.
3. Zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen
Betriebsablaufs und zum Schutz der Mitarbeiter
müssen die Vorgesetzten solche
Mitarbeiter, die unter dem Einfluß von
Alkohol stehen, von ihrem Arbeitsplatz
entfernen.
4. Unter Einfluß von Alkohol stehenden Mitarbeitern
kann wegen Verletzung ihrer arbeitsvertraglichen
Pflichten außerdem eine
Abmahnung erteilt werden; sie wird zu
den Personalakten genommen. Bei Wiederholung
kann das Arbeitsverhältnis gekündigt
werden; in besonders schweren Fällen
ist auch eine fristlose Kündigung möglich.
5. Mitarbeiter, die verdächtigt sind, unter
Alkoholeinfluß zu stehen, können sich zu
ihrer Entlastung einem Alkoholtest unterziehen,
der von dem Werkarzt im Beisein
des zuständigen Vorgesetzten durchgeführt
wird. Dabei ist ein Betriebsratsmitglied
hinzuzuziehen.
6. Mitarbeiter, die wegen Alkoholeinwirkung
nicht mehr beschäftigt werden, können
auf ihre Kosten nach Hause befördert werden.
7. Für die Zeit des alkoholbedingten Arbeitsausfalls
wird kein Arbeitsentgelt gezahlt."
Am gleichen Tage wiesen Arbeitgeber und Betriebsrat in einem Aushang erneut auf das Alkoholverbot und auf die Folgen eines Verstoßes gegen dieses Verbot hin. Am 10. Mai 1984 wurde folgender Aushang, der von Arbeitgeber und Betriebsrat unterzeichnet war, bekanntgemacht:
"Alkoholverbot im Betrieb
------------------------
Aufgrund bestimmter Ereignisse in der letzten
Zeit weisen wir nochmals auf das absolute
Alkoholverbot im Betrieb hin. Sowohl das
Mitbringen wie der Genuß von Alkohol sind
strengstens verboten. Da der Aushang vom
24. 07. 1981 in vielen Fällen nicht beachtet
worden ist, weisen wir darauf hin, daß jeder
Verstoß gegen dieses Alkoholverbot zu
einer Kündigung des Arbeitsvertrages führt."
In der Folgezeit kam es zu weiteren Verstößen gegen das Alkoholverbot. Im Februar 1985 stellte daraufhin der Arbeitgeber Mitarbeiter eines Detektivbüros als Arbeitnehmer im Betrieb ein. Über die Einstellung wurde der Betriebsrat unterrichtet. Der Arbeitgeber unterrichtete den Betriebsrat über die Person der Einzustellenden und über die in Aussicht genommenen Tätigkeiten. Er verschwieg, daß die einzustellenden Arbeitnehmer Mitarbeiter einer Detektei waren, die die Aufgabe hatten, Verstöße gegen das Alkoholverbot zu melden. Am 22. März 1985 beendeten die Detektive ihre Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers und legten einen Abschlußbericht vor. Aufgrund der von den Detektiven gesammelten Erkenntnisse erteilte der Arbeitgeber einigen Arbeitnehmern Abmahnungen, anderen Arbeitnehmern wurde gekündigt, mit weiteren Arbeitnehmern schloß der Arbeitgeber Aufhebungsverträge.
In der Betriebsversammlung vom 29. März 1985 wurde der Einsatz der Detektive erörtert. Der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin erklärte, wenn derartige Verstöße gegen das Verbot wieder aufträten, würde er sich nicht scheuen, dasselbe noch einmal zu veranlassen.
Der Betriebsrat hat in erster Linie vom Arbeitgeber gefordert, in Zukunft die Beschäftigung von Detektiven zum Zweck der Überwachung des Alkoholverbots zu unterlassen. Nach der Betriebsvereinbarung vom 24. Juli 1981 sei es dem Arbeitgeber verwehrt, einseitig Kontrollmaßnahmen durchzuführen. Es handele sich auch beim Einsatz der Detektive um eine Frage der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Deshalb bestehe ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Dieses Mitbestimmungsrecht bestehe nicht nur bei Erlaß eines Alkoholverbots; der Betriebsrat habe auch mitzubestimmen darüber, wie die Einhaltung des Alkoholverbots überwacht werden solle. Schließlich bestehe ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Das Alkoholverbot sei eine Maßnahme des Gesundheitsschutzes im Rahmen gesetzlicher Vorschriften. Bei der Einstellung der Detektive habe der Arbeitgeber Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG verletzt, da er ihn nicht rechtzeitig und umfassend über die beabsichtigte Einstellung von Detektiven zum Zweck der Überwachung der Arbeitnehmer unterrichtet habe. Wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer sei der Arbeitgeber schließlich nicht berechtigt, die durch die Mitarbeiter der Detektei gesammelten Informationen gegen die Arbeitnehmer zu verwerten. Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,
den Arbeitgeber zu verpflichten,
a) es künftig zu unterlassen, ohne Beachtung
des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats
gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 und
7 BetrVG Detektiven oder anderen dritten
Personen Zutritt zum Betriebsgelände
zu gewähren oder diese zu beschäftigen
zu dem Zwecke, zu überwachen
und Informationen zu sammeln über
die Beachtung des im Betrieb des Arbeitgebers
geltenden Alkoholverbots
durch die bei dem Arbeitgeber beschäftigten
Arbeitnehmer;
b) es künftig zu unterlassen, ohne Beachtung
des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats
gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG
Detektive als Arbeitnehmer einzustellen
zu dem Zwecke, die Einhaltung des
betrieblichen Alkoholverbots durch die
bei dem Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer
zu überwachen;
hilfsweise
festzustellen, daß der Arbeitgeber verpflichtet
ist, bei der verdeckten Einstellung
von Detektiven als Arbeitnehmer
den Betriebsrat über die tatsächlichen
Aufgaben (Kontrollaufgaben) zu
unterrichten;
c) es zu unterlassen, Informationen, die
er über das Verhalten seiner Arbeitnehmer
für die Zeit vor dem 25. März 1985
durch die Tätigkeit von Detektiven oder
anderen Dritten zum Zwecke der Informationssammlung
in seinem Betrieb Beschäftigten
über die am 25. März 1985
bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer erhalten
hat, gegen diese zu verwenden;
d) dem Arbeitgeber für jeden Fall der Zuwiderhandlung
gegen einen der zuvor
genannten Anträge nach dessen Rechtskraft
ein Zwangsgeld von bis zu DM
20.000,-- anzudrohen.
Der Arbeitgeber hat beantragt, diese Anträge des Betriebsrats abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Anträge seien unzulässig; sie seien zum Teil nicht bestimmt genug, zum Teil fehle für sie das erforderliche Rechtsschutzinteresse. In der Sache seien die Anträge unbegründet; der Betriebsrat habe beim Einsatz von Detektiven zur Überwachung eines Alkoholverbots nicht nach § 87 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG bei der Einstellung der Detektive habe er beachtet; die Motive, aus denen der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer einstelle, seien unbeachtlich. Für ein Verwertungsverbot der Informationen, die er durch die Tätigkeit der Detektive erlangt habe, gebe es keine Anspruchsgrundlage.
Die Unterlassungsanträge des Betriebsrats sind in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Landesarbeitsgericht hat nur dem hilfsweise gestellten Antrag auf Feststellung, daß der Arbeitgeber verpflichtet ist, bei verdeckter Einstellung von Detektiven den Betriebsrat über die tatsächlichen Kontrollaufgaben zu unterrichten, stattgegeben. Gegen diesen Beschluß des Landesarbeitsgerichts haben Arbeitgeber und Betriebsrat Rechtsbeschwerde eingelegt. Der Betriebsrat verfolgt seine Unterlassungsanträge weiter, der Arbeitgeber will erreichen, daß auch der Feststellungsantrag abgewiesen wird.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht den Unterlassungsanspruch zu a) abgewiesen. Damit kommt es auf die Beurteilung des weiteren Unterlassungsanspruchs und des hilfsweise gestellten Feststellungsantrags nicht mehr an. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers, die sich gegen die Feststellung einer Unterrichtungspflicht richtete, ist damit unbegründet.
I. Der Antrag des Betriebsrats zu a) ist zulässig.
1. Der Antrag des Betriebsrats zu a) ist ein Antrag auf Unterlassung. Dem Arbeitgeber soll untersagt werden, Detektiven oder anderen dritten Personen Zutritt zum Betriebsgelände zu gewähren oder diese zu beschäftigen zu dem Zweck, die Einhaltung des Alkoholverbots zu überwachen. Der Hinweis auf § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 7 BetrVG enthält keine Einschränkung. Dieser Hinweis ist nur Teil der Antragsbegründung. Der Senat ist deshalb nicht gehindert, diesen Antrag des Betriebsrats unter allen rechtlich möglichen Gesichtspunkten zu prüfen (BAG Beschluß vom 13. März 1984 - 1 ABR 57/82 - BAGE 45, 208, 211 f. = AP Nr. 4 zu § 87 BetrVG 1972 Provision, zu B I 2 b der Gründe).
Der vom Betriebsrat weiter gestellte Unterlassungsantrag zu b) ist nur für den Fall gestellt, daß der Antrag zu a) nicht begründet ist. Diese Einschränkung ergibt sich zwar nicht schon aus dem Wortlaut, sondern nur aus dem Sinn und der Begründung der Anträge. Mit dem Unterlassungsantrag zu b) will der Betriebsrat erreichen, daß der Arbeitgeber keine Detektive einstellt, ohne das Verfahren nach § 99 BetrVG durchgeführt zu haben. Dabei geht der Betriebsrat davon aus, daß der Arbeitgeber ihn auch über die Aufgaben im Betrieb, also auch über die Überwachungsaufgaben zu unterrichten hat. Dieser Unterlassungsanspruch kann jedoch nur eingreifen, wenn dem Arbeitgeber gestattet wäre, ohne Zustimmung des Betriebsrats Detektive in seinem Betrieb zu dem Zweck der Überwachung des Alkoholverbots zu beschäftigen. Das aber soll ihm mit dem Antrag zu a) untersagt werden. Hat dieser Antrag des Betriebsrats Erfolg, so kommt es auf den Antrag zu b) nicht mehr an. Der Betriebsrat hat dies in der mündlichen Anhörung vor dem Senat auch klargestellt.
Der Antrag zu c) ist ein Antrag, über den in jedem Fall und unabhängig von der Beurteilung der Anträge zu a) und b) zu entscheiden ist.
2. Der Antrag des Betriebsrats ist bestimmt genug im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Verhalten, das dem Arbeitgeber untersagt werden soll, wird genau genug bezeichnet.
Der Antrag auf Unterlassung eines bestimmten Verhaltens ist ein Leistungsantrag. Der Antragsteller braucht - anders als bei Feststellungsanträgen - kein besonderes Rechtsschutzinteresse darzulegen (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 2. Juni 1987 - 1 AZR 651/85 -, zu II 2 der Gründe, zur Veröffentlichung bestimmt).
II. Der Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung des Einsatzes von Detektiven zum Zwecke der Überwachung des Alkoholverbots ergibt sich schon aus der Betriebsvereinbarung vom 24. Juli 1981.
1. Diese Betriebsvereinbarung ist Anspruchsgrundlage. Der Arbeitgeber hat diese Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG im Betrieb durchzuführen. Umstritten ist lediglich, ob sich der Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung unmittelbar aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergibt oder ob er seinen Grund in der Betriebsvereinbarung selbst hat. Darauf kommt es hier jedoch nicht an. Jedenfalls kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Durchführung aller getroffenen Vereinbarungen verlangen, gleichgültig, ob diese Vereinbarungen eine Pflicht des Arbeitgebers begründen oder sie - wäre nur § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG Anspruchsgrundlage - voraussetzen (vgl. dazu Beschluß des Senats vom 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 -, zu B II 1 der Gründe; Beschluß des Senats vom 13. Oktober 1987 - 1 ABR 51/86 -, zu B II 1 der Gründe, beide Beschlüsse sind zur Veröffentlichung vorgesehen).
Der Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung bestimmter Handlungen des Arbeitgebers aus einer Betriebsvereinbarung oder aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist kein Anspruch auf Unterlassung mitbestimmungswidrigen Verhaltens. Nur für diese allgemeinen Unterlassungsansprüche ist streitig, ob neben den Unterlassungsansprüchen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG noch allgemeine Unterlassungsansprüche zur Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats möglich sind (vgl. BAGE 42, 11 = AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972; BAGE 42, 366 = AP Nr. 19 zu § 80 BetrVG 1972). Darum geht es hier nicht. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG vorliegen. Dieser Anspruch dient der Sicherung des Mitbestimmungsrechts, während der Betriebsrat hier Ansprüche aus einer bereits abgeschlossenen Betriebsvereinbarung geltend machen kann.
2. Die Betriebsvereinbarung vom 24. Juli 1981 regelt abschließend die Möglichkeiten, die dem Arbeitgeber bei der Überwachung eines Alkoholverbots zur Verfügung stehen.
a) Die Betriebsvereinbarung vom 24. Juli 1981 verpflichtet die Arbeitnehmer, jeglichen Genuß von alkoholischen Getränken im Betrieb zu unterlassen. Die Arbeitnehmer dürfen alkoholische Getränke auch nicht in den Betrieb mitbringen.
Die Betriebsvereinbarung beschränkt sich nicht auf die Festlegung dieser Verpflichtungen. Sie enthält auch Regelungen darüber, wie das Alkoholverbot überwacht werden soll, und wie der Arbeitgeber auf etwaige Verstöße gegen diese Verpflichtungen reagieren darf. Zu den Vorschriften, die das Überwachungsverfahren betreffen, gehören die Regelungen in Nr. 3 und Nr. 5 der Betriebsvereinbarung. Nach Nr. 3 sollen die Vorgesetzten die Einhaltung des Alkoholverbots überwachen. Sie müssen solche Mitarbeiter, die unter dem Einfluß von Alkohol stehen, von ihrem Arbeitsplatz entfernen. Nach Nr. 5 der Betriebsvereinbarung können sich Mitarbeiter, die verdächtig sind, unter Alkoholeinfluß zu stehen, in dem dort beschriebenen Verfahren entlasten. An diesem Entlastungsverfahren sind nur Betriebsangehörige beteiligt. Das gilt für den Werksarzt ebenso wie für den Vorgesetzten und das Mitglied des Betriebsrats, das hinzuzuziehen ist.
Diese Regelungen über die Überwachung des Alkoholverbots sind offensichtlich als abschließende Regelungen gemeint. Vorgesehen sind danach nur innerbetriebliche Maßnahmen. Dritte - das wären in jedem Falle die Detektive - sollen nicht in die Überwachung eingeschaltet werden. Die Feststellung, ob Arbeitnehmer das Alkoholverbot verletzt haben, soll daher nur mit den üblichen arbeitsrechtlichen Mitteln getroffen werden können. Der Einsatz von Detektiven zur Überwachung eines Alkoholverbots ist demgegenüber eine außergewöhnliche Maßnahme. Der Arbeitgeber hätte sich solche Möglichkeiten, wenn er sie beabsichtigt hätte, ausdrücklich in der Betriebsvereinbarung vorbehalten müssen.
b) Bei einem Einsatz von Detektiven wäre die zugunsten der Mitarbeiter in Nr. 5 der Betriebsvereinbarung vorgesehene Möglichkeit einer Entlastung vom Verdacht zumindest in erheblichem Umfang eingeschränkt. Werden Arbeitnehmer verdächtigt, unter Alkoholeinfluß zu stehen, können sie sich entlasten, wenn ihnen dieser Verstoß gegen das Alkoholverbot offen vorgeworfen wird. Diese Möglichkeit wird ihnen genommen, wenn Detektive verdeckt ermitteln und ihre Ermittlungsergebnisse dem Arbeitgeber erst später mitteilen. Dann werden den Arbeitnehmern die Aussagen der Detektive vorgehalten. Sie haben in vielen Fällen keine Möglichkeit mehr, sich zu ihrer Entlastung einem Alkoholtest zu unterziehen. Der Einsatz von Detektiven ist deshalb mit der Regelung in Nr. 5 der Betriebsvereinbarung nicht zu vereinbaren.
Damit erweist sich die Betriebsvereinbarung als eine in sich abgeschlossene Regelung auch zu der Frage, wie das vereinbarte Alkoholverbot überwacht werden soll. Der Arbeitgeber kann sich zur Überwachung des Alkoholverbots nur der in der Betriebsvereinbarung genannten Möglichkeiten bedienen. Er darf von der außergewöhnlichen Möglichkeit, auch Detektive einzusetzen, keinen Gebrauch machen.
3. Das Landesarbeitsgericht hat diese Anspruchsgrundlage rechtsfehlerhaft nicht gesehen. Damit ist auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats der angefochtene Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufzuheben (§ 96 Abs. 1 ArbGG in Verb. mit § 564 Abs. 1 ZPO). Der Senat braucht die Sache jedoch nicht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Er kann in der Sache selbst entscheiden; nach dem festgestellten Sachverhalt ist die Sache zur Endentscheidung reif (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG in Verb. mit § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die Entscheidung beruht auf der Auslegung der Betriebsvereinbarung. Dabei kommt es in erster Linie auf Wortlaut und Zusammenhang der einzelnen Bestimmungen an. Anhaltspunkte dafür, daß es weitere für die Auslegung bedeutsame Umstände geben könnte, die das Auslegungsergebnis beeinflussen könnten, sind nicht ersichtlich.
4. Der weitere Antrag des Betriebsrats, mit dem dem Arbeitgeber untersagt werden soll, Informationen zu verwerten, die er aus der Tätigkeit der Detektive erlangt hat, ist nicht begründet. Insoweit folgt der Senat dem Landesarbeitsgericht. Eine Anspruchsgrundlage für diesen Antrag ist nicht ersichtlich. § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gibt dem Betriebsrat nur Ansprüche auf Unterlassung, wenn der Arbeitgeber gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstößt. Dieser Anspruch dient nicht der Sicherung arbeitsvertraglicher Ansprüche der einzelnen Arbeitnehmer (vgl. Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 23 Rz 46). Nur die einzelnen betroffenen Arbeitnehmer könnten, wenn ihr Persönlichkeitsrecht verletzt wäre, Unterlassung der Verwertung von Informationen vom Arbeitgeber verlangen. Ein solcher Anspruch steht nicht dem Betriebsrat zu.
5. Dem Arbeitgeber kann das Ordnungsgeld bei Verstoß gegen die Unterlassungspflicht nach § 85 Abs. 1 ArbGG in Verb. mit § 890 ZPO bereits in diesem Verfahren angedroht werden.
6. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers, mit der dieser die Abweisung des Feststellungsantrags erreichen wollte, ist unbegründet. Diese Abweisung kann der Arbeitgeber nicht mehr erreichen. Da der Betriebsrat schon mit seinem Hauptantrag Erfolg hat, ist über den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag nicht mehr zu entscheiden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist insoweit gegenstandslos geworden.
Dr. Kissel Dr. Heither Matthes
Koerner Mager
Fundstellen
Haufe-Index 436965 |
BAGE 56, 313-321 (LT1-2) |
BAGE, 313 |
BB 1987, 2300 |
BB 1988, 911-912 (LT1-2) |
DB 1988, 611-612 (LT1-2) |
NJW 1988, 1687 |
NJW 1988, 1687-1687 (L1) |
NJW 1988, 2324-2324 (L) |
AiB 1988, 90-90 (LT1-2) |
JR 1988, 352 |
NZA 1988, 255-256 (LT1-2) |
AP § 77 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 24 |
AR-Blattei, Betriebsvereinbarung Entsch 42 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 520 Nr 42 (LT1-2) |
AuA 2005, 23 |
EzA § 77 BetrVG, Nr 19 (LT1-2) |
MDR 1988, 522-522 (LT1-2) |
br 1989, 24 (K) |