Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des Einigungsstellenbeisitzers

 

Leitsatz (redaktionell)

(vgl. aber Beschluß vom 12. Februar 1992 – 7 ABR 20/91 –)

 

Normenkette

BetrVG 1972 § 76a; BGB § 315; ArbGG § 83 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LAG München (Beschluss vom 11.01.1991; Aktenzeichen 2 TaBV 57/90)

ArbG Regensburg (Beschluss vom 17.09.1990; Aktenzeichen 3 BV 16/90 L)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der beteiligten Arbeitgeberin gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts München vom 11. Januar 1991 – 2 TaBV 57/90 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Der Antragsteller ist Rechtsanwalt. Er war vom Betriebsrat des Werkes F. der beteiligten Arbeitgeberin zum Beisitzer einer dort gebildeten Einigungsstelle bestellt worden. Die Beteiligten streiten um die Höhe des dem Antragsteller für diese Tätigkeit zustehenden Honorars.

Zwischen den Betriebspartnern war umstritten, wieviele Betriebsratsmitglieder im Werk F. nach dessen Teilstillegung noch freizustellen seien. Die zur Beilegung dieses Streits gebildete Einigungsstelle mit je drei Beisitzern tagte am 18. Juni 1990. Nach etwa einstündiger Sitzung konnte der Streit durch Abschluß einer Betriebsvereinbarung beigelegt werden. Die Arbeitgeberin zahlte dem Vorsitzenden neben Erstattung der Fahrtkosten ein zuvor vereinbartes Pauschalhonorar von 4.000,– DM.

Der Betriebsrat hatte dem Antragsteller bei seiner Bestellung ein Honorar in Höhe von 7/10 des Honorars des Vorsitzenden zugesagt. Noch vor Aufnahme der Tätigkeit der Einigungsstelle hatte sich die beteiligte Arbeitgeberin gegen diese Honorarzusage verwahrt. Der Antragsteller stellte der beteiligten Arbeitgeberin für seine Tätigkeit 7/10 aus 4.000,– DM, also 2.800,– DM, zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer in Rechnung. Die beteiligte Arbeitgeberin erklärte sich lediglich bereit, davon 210,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen.

Der Antragsteller ist der Auffassung, sein Anspruch sei in voller Höhe aus § 76 a BetrVG begründet. Er meint, § 76 a Abs. 3, 4 BetrVG bringe den Maßstab der Angemessenheit der Honorarforderung zum Ausdruck, der bereits der bisherigen Rechtsprechung zum Honoraranspruch der Mitglieder der Einigungsstelle zugrunde gelegen habe. Das Gericht habe dabei lediglich zu überprüfen, ob eine gegebene Honorarforderung sich noch in dem dadurch gesteckten Rahmen bewege; eine eigene Festsetzung des Honorars durch das Gericht komme nicht in Betracht. Das vom Antragsteller geforderte Honorar sei angemessen. Zwar habe die Einigungsstelle nur eine Stunde getagt, der geringe Zeitaufwand werde jedoch durch die beiden anderen Faktoren (Schwierigkeit der Angelegenheit und Verdienstausfall) auf gewogen. Seinen Verdienstausfall hat der Antragsteller in der Rechtsbeschwerdeinstanz auf 1.000,– DM beziffert. Die nach § 76 a Abs. 4 Satz 5 BetrVG erforderliche Interessenabwägung führe ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die Beteiligte zu 2) habe ihrerseits ebenfalls einen hochqualifizierten Fachanwalt zum Beisitzer bestellt, was darauf hindeute, daß ihre wirtschaftliche Lage nicht so angespannt sein könne, daß dies sich auf die Höhe der Honorarforderung auswirken müsse. Es möge zwar zutreffen, daß die in der Literatur verschiedentlich geäußerten Vorschläge zur Bemessung des Honorars in Analogie zur Entschädigung ehrenamtlicher Richter oder zur Entschädigung von Sachverständigen oder in Analogie zur Besoldung von Berufsrichtern ebenfalls mit § 76 a Abs. 4 BetrVG vereinbar wären. Die Norm schreibe jedoch nicht zwingend die Anwendung einer dieser Berechnungsmethoden vor. Sie verlange nur die ausreichende Berücksichtigung der dort erwähnten Faktoren.

Der Antragsteller hat beantragt,

  1. die Arbeitgeberin zu verpflichten, an den Antragsteller jeweils 7/10 des Honorars des Einigungsstellenvorsitzenden (4.000,– DM) in Höhe von 2.800,– DM zuzüglich 14 % MwSt., insgesamt also 3.192,– DM zu bezahlen.
  2. hilfsweise, die Vergütung nach billigem Ermessen festzusetzen.

Die beteiligte Arbeitgeberin hat einen Betrag von 210,– DM zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer anerkannt und im übrigen die Zurückweisung des Antrages beantragt.

Sie ist der Auffassung, die Bemessung des Honorars in Anlehnung an das dem Vorsitzenden gezahlte Honorar sei nach der gesetzlichen Neuregelung (,§ 76 a Abs. 3, 4 BetrVG) nicht mehr zulässig. Vielmehr müsse der Honoraranspruch nach den dort genannten Kriterien anhand der persönlichen Leistung des Beisitzers bestimmt werden. Dabei sei, wie das Gesetz durch das Wort „insbesondere” in § 76 a Abs. 4 Satz 3 BetrVG hervorgehoben habe, von dem erforderlichen Zeitaufwand auszugehen. Der Zeitaufwand sei hier einschließlich Vorbereitungszeit mit drei Stunden anzusetzen. Bei der Festlegung eines angemessenen Stundensatzes könne auf die gesetzliche Regelung der Entschädigung von Sachverständigen (§ 3 ZSEG) zurückgegriffen werden, da dort ähnliche Bewertungsfaktoren maßgeblich und die Tätigkeiten vergleichbar seien. Daraus ergebe sich eine Spanne zwischen 40,– DM und 105,– DM pro Stunde; hier sei von 70,– DM pro Stunde auszugehen. Daraus ergebe sich der anerkannte Betrag. Die Mehrwertsteuer stehe dem Antragsteller nicht zu; er sei als Mitglied der Einigungstelle und nicht als Rechtsanwalt tätig gewesen.

Das Arbeitsgericht hat die Arbeitgeberin verpflichtet, an den Antragsteller 1.200,– DM zuzügl. Mehrwertsteuer zu zahlen und den weitergehenden Antrag abgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat nur der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Arbeitgeberin verpflichtet, an den Antragsteller 2.800,– DM zu zahlen und den Antrag im übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin, die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts zurückzuweisen. Der Antragsteller beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, daß dem Antragsteller für seine Tätigkeit in der Einigungsstelle ein Honorar von 7/10 des dem Vorsitzenden gezahlten Honorars, also von 2.800,– DM zusteht. Die Abweisung der Mehrtwertsteuerforderung des Antragstellers ist rechtskräftig, da der Antragsteller keine Rechtsbeschwerde eingelegt hat.

I. Der Betriebsrat ist nicht Beteiligter dieses Verfahrens, weil die Voraussetzungen des § 83 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen. Entgegen der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des § 76 a BetrVG ergibt sich nunmehr der Vergütungsanspruch des Vorsitzenden und der Beisitzer der Einigungsstelle, die nicht zu den in § 76 a Abs. 2 BetrVG genannten Personen gehören, unmittelbar aus § 76 a Abs. 3 BetrVG. Einer Honorarzusage des Betriebsrats an den von ihm benannten Beisitzer bedarf es nicht mehr. Damit wird nunmehr der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung über den Vergütungsanspruch des Beisitzers nicht mehr in seiner materiellen Rechtsstellung betroffen. Für die neue, durch § 76 a BetrVG geschaffene Rechtslage hält daher der Senat an der bisherigen Rechtsprechung, nach der der Betriebsrat am Verfahren über die Vergütungshöhe von ihm bestellter Einigungsstellenbeisitzer zu beteiligen war (vgl. z.B. BAG Beschluß vom 15. Dezember 1978 – 6 ABR 64/77 – AP Nr. 5 zu § 76 BetrVG 1972), nicht fest.

II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß dem Antragsteller eine Vergütung in Höhe von 2.800,– DM zusteht. In dieser Höhe hat der Antragsteller seine Vergütung einseitig aufgrund des ihm zustehenden Leistungsbestimmungsrechts (§ 315 Abs. 1 BGB) festgesetzt, indem er von der Arbeitgeberin das ihm vom Betriebsrat zugesagte Honorar gefordert hat. Diese Festsetzung hält sich im Entscheidungsfall im Rahmen billigen Ermessens und der gem. § 76 a Abs. 3 Satz 2 BetrVG geltenden Grundsätze des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG.

1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß sich der Anspruch des Antragstellers allein auf § 76 a Abs. 3 und 4 BetrVG gründet. Zwar hatte die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Honoraranspruch des vom Betriebsrat bestellten nicht betriebsangehörigen Einigungsstellenbeisitzers aus dem besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis abgeleitet, das durch die Anrufung der Einigungsstelle entsteht (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 20. Februar 1991 – 7 ABR 6/90 – EzA § 76 BetrVG 1972 Nr. 56, zu II 2 a der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).

Durch die Schaffung der ausdrücklichen gesetzlichen Anspruchsgrundlage in § 76 a Abs. 3 BetrVG ist diese Begründung entbehrlich geworden. Das Entstehen des Honoraranspruchs des vom Betriebsrat bestellten nicht betriebsangehörigen Einigungsstellenmitglieds hängt deshalb nicht mehr – wie nach der früheren Rechtslage (vgl. dazu BAG Beschluß vom 1. Dezember 1983 – 6 ABR 6/81 – AP Nr. 13 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 2 b der Gründe) – davon ab, ob der Betriebsrat dem Beisitzer ein Honorar wenigstens dem Grunde nach zugesagt hat.

Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Vergütungsanspruch liegen damit dem Grunde nach vor. Der Antragsteller ist ordnungsgemäß zum Mitglied der Einigungsstelle bestellt worden und ist dort auch tätig geworden.

2. Auch zur Höhe des Anspruchs schließt sich der Senat den Erwägungen des Landesarbeitsgerichts weitgehend an.

a) Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung insoweit im wesentlichen auf zwei voneinander unabhängige Erwägungen gestützt:

Zum einen ist es davon ausgegangen, daß ein Beisitzerhonorar in Höhe von 7/10 des Honorars des Vorsitzenden nicht in Widerspruch zu § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG stehe, sofern das dem Vorsitzenden vergütete Honorar seinerseits angemessen sei und den Anforderungen des Gesetzes entspreche. Diese Voraussetzungen hat es hier als erfüllt angesehen. Das Beschwerdegericht hat zwar Zweifel an der Angemessenheit des Honorars des Vorsitzenden anklingen lassen, sich aber letztlich auf den Standpunkt gestellt, die beteiligte Arbeitgeberin habe durch die Begleichung der Forderung selber zu erkennen gegeben, daß sie den Honoraransatz für noch angemessen erachte.

Zur Stützung des gewonnenen Ergebnisses hat das Beschwerdegericht sodann noch geprüft, ob das vom Antragsteller begehrte Honorar auch ohne Blick auf das dem Vorsitzenden vergütete Honorar als noch angemessen angesehen werden könne. Unter Abwägung aller erkennbar relevanten Umstände ist es zu dem Ergebnis gelangt, die Honorarforderung sei noch angemessen. Es hat dabei berücksichtigt, daß der von der beteiligten Arbeitgeberin ihrerseits zum Mitglied der Einigungsstelle berufene Rechtsanwalt eine Vergütung in ähnlicher Größenordnung erhalten habe; außerdem sei die schnelle Erledigung der streitigen Angelegenheit auch auf die vom Antragsteller genutzten besonderen Einflußmöglichkeiten auf den beteiligten Betriebsrat zurückzuführen.

b) Diese Begründung ist frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß eine richterliche Festsetzung der Höhe der Vergütung eines Einigungsstellenmitglieds erst dann in Betracht kommt, wenn die vom Einigungsstellenmitglied selbst bestimmte Höhe seiner Vergütung nicht der Billigkeit entspricht. Die Vorschrift des § 76 a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG gibt dem Gericht nicht die Befugnis, die Höhe der Vergütung ohne Rücksicht auf eine vom Einigungsstellenmitglied vorgenommene Bestimmung der Vergütungshöhe nach eigenem Ermessen selbst festzusetzen.

Vor dem Inkrafttreten des § 76 a BetrVG ergab sich der Umfang des Vergütungsanspruchs der Einigungsstellenmitglieder beim Fehlen einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber entweder aus einer entsprechenden Honorarzusage des Betriebsrates, die dieser im Rahmen der Erforderlichkeit und Angemessenheit abgeben durfte (vgl. Senatsbeschluß vom 14. Dezember 1988 – 7 ABR 73/87 – AP Nr. 30 zu § 76 BetrVG 1972, zu C II 1 der Gründe; ständige Rechtsprechung seit dem Beschluß vom 11. Mai 1976 – 1 ABR 37/75 – AP Nr. 3 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 3 der Gründe; vgl. dazu die Beschlüsse vom 15. Dezember 1978 – 6 ABR 93/77 – AP Nr. 6 zu § 76 BetrVG 1972, zu III 2 b der Gründe; vom 14. Januar 1983 – 6 ABR 67/79 – AP Nr. 12 zu § 76 BetrVG 1972, zu 2 der Gründe; vom 3. Mai 1984 – 6 ABR 60/80 – AP Nr. 15 zu § 76 BetrVG 1972, zu 1 der Gründe) oder aus der rechtsgestaltenden Leistungsbestimmung des Honorarberechtigten (§§ 315, 316 BGB – ständige Rechtsprechung des BAG seit dem Beschluß vom 15. Dezember 1978 – 6 ABR 64/77 – AP Nr. 5 zu § 76 BetrVG 1972, zu III 3 b der Gründe; vgl. auch die Beschlüsse vom 13. Januar 1981 – 6 ABR 106/78 – AP Nr. 8 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 2 b ee der Gründe; vom 3. Mai 1984 – 6 ABR 60/80 – AP Nr. 15 zu § 76 BetrVG 1972, zu 2 der Gründe; vom 31. Juli 1986 – 6 ABR 79/83 – AP Nr. 19 zu § 76 BetrVG 1972, zu III 3 der Gründe).

c) Diese Rechtslage, nach der die Festlegung der Höhe der geschuldeten Vergütung privatautonomer Gestaltung unterliegt, hat sich, jedenfalls solange es an der Rechtsverordnung nach § 76 a Abs. 4 BetrVG fehlt, durch die gesetzliche Neuregelung nicht wesentlich geändert. Die Vorschrift des § 76 a Abs. 3 Satz 2 BetrVG bestimmt durch ihre Verweisung auf die in Abs. 4 Sätze 3 bis 5 derselben Vorschrift niedergelegten Grundsätze nicht anstelle privat autonomer Regelung die Höhe der Vergütung. Dies wollte der Gesetzgeber gerade einer Rechtsverordnung überlassen. Vielmehr legt das Gesetz nur Grundsätze fest, die bei der Bemessung der Vergütung zu beachten sind. Das Gesetz entzieht die Vergütungsbemessung nicht privatautonomer Gestaltung, sondern setzt diese bis zum Erlaß der Rechtsverordnung voraus.

d) Allerdings kommt einer Honorarzusage des Betriebsrats keine eigenständige Bedeutung mehr zu. Der Vergütungsanspruch der betriebsfremden Einigungsstellenmitglieder ergibt sich nunmehr dem Grunde nach unmittelbar aus § 76 a Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Kommt es über die Höhe der Vergütung nicht zu einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, so ist es Sache des Einigungsstellenmitglieds, den Umfang der Vergütung zu bestimmen, was durch Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber geschieht (§§ 316, 315 BGB). Diese Bestimmung hat das Einigungsstellenmitglied gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen. Dabei hat es die Bemessungsgrundsätze des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG zu beachten, nach denen insbesondere der erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Streitigkeit sowie ein Verdienstausfall zu berücksichtigen sind, die Vergütung der Beisitzer niedriger als die des Vorsitzenden zu bemessen und den berechtigten Interessen der Mitglieder der Einigungsstelle und des Arbeitgebers Rechnung zu tragen ist. Für eine gerichtliche Festsetzung der Höhe der Vergütung ist gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB nur Raum, wenn sich ergibt, daß die vom Einigungsstellenmitglied getroffene Bestimmung billigem Ermessen nicht entspricht.

3. Im Entscheidungsfalle liegt eine Leistungsbestimmung durch den Antragsteller vor: Er hat sein Honorar in Höhe von 7/10 des dem Vorsitzenden gezahlten Honorars festgesetzt. Das Landesarbeitsgericht hätte daher zunächst lediglich prüfen dürfen, ob diese Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht und insbesondere mit den gemäß § 76 a Abs. 3 Satz 2 BetrVG unmittelbar geltenden Grundsätzen des Abs. 4 Sätze 3 bis 5 dieser Vorschrift vereinbar ist. Dies ist, wie der Senat aufgrund des festgestellten Sachverhalts selbst beurteilen kann, hier der Fall, so daß sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis als richtig erweist (§ 563 ZPO). Denn die Arbeitgeberin hat weder vorgetragen, daß das dem Vorsitzenden gezahlte Honorar seinerseits den Grundsätzen des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG nicht entsprochen hätte und daher als Anknüpfungspunkt für die Beisitzervergütung nicht in Betracht käme, noch hat sie Umstände dargetan, nach denen es im Entscheidungsfalle billigem Ermessen oder den Grundsätzen des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG widerspräche, die Beisitzervergütung in Höhe von 7/10 des Vorsitzendenhonorars zu bemessen.

a) Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 76 a BetrVG ist das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, daß ein um 3/10 niedriger bemessenes Honorar des Beisitzers als das des Vorsitzenden jedenfalls im Regelfalle nicht unbillig oder unangemessen ist (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 20. Februar 1991 – 7 ABR 6/90 – EzA § 76 BetrVG 1972, Nr. 56, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, m.w.N.). Entgegen der Würdigung des Landesarbeitsgerichts läßt sich dem neu eingefügten § 76 a BetrVG kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß es künftig nicht mehr zulässig sein solle, die Beisitzervergütung auf der Grundlage des Vorsitzendenhonorars zu bemessen, sofern dieses seinerseits billigem Ermessen, insbesondere den Grundsätzen des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG entspricht und keine Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen, die die Eignung des Vorsitzendenhonorars als Bezugsgröße für die Bemessung der Beisitzervergütung ausschließen oder zumindest in Frage stellen. Haben Arbeitgeber und Einigungsstellenvorsitzender sich über die Höhe des Vorsitzendenhonorars geeinigt oder hat der Arbeitgeber die vom Einigungsstellenvorsitzenden nach § 315 Abs. 1 BGB getroffene Bestimmung der Höhe seiner Vergütung nicht als unbillig beanstandet, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß sie billigem Ermessen entspricht. Wird die Höhe der Vergütung des Vorsitzenden nicht wesentlich von besonderen, nur bei ihm gegebenen individuellen Umständen, namentlich von der Höhe seines nach § 76 a Abs. 4 Satz 3 BetrVG bei der Honorarbemessung ebenfalls zu berücksichtigenden Verdienstausfalls beeinflußt, so bestehen keine Bedenken, bei der Bestimmung der Höhe der Beisitzervergütung an das Vorsitzendenhonorar anzuknüpfen und sich hieran zu orientieren. Durch einen Abschlag von drei Zehnteln gegenüber der Vorsitzendenvergütung wird im allgemeinen dem Unterschied in den Aufgaben und der Beanspruchung des Vorsitzenden und der Beisitzer der Einigungsstelle ausreichend Rechnung getragen. Eine solche Bestimmung der Beisitzervergütung hält sich deshalb beim Fehlen besonders zu berücksichtigender individueller Umstände im Rahmen billigen Ermessens.

b) Im Entscheidungsfalle hat die Arbeitgeberin keine Umstände dafür vorgetragen, daß das dem Vorsitzenden gezahlte Honorar nicht den Grundsätzen des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG entsprochen hätte. Der Senat kann daher davon ausgehen, daß dieses Honorar als Bemessungsgrundlage für das von dem Antragsteller geforderte Honorar geeignet ist. Die beteiligte Arbeitgeberin hat auch keine Umstände dafür vorgetragen, daß unter den nach § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG erheblichen Gesichtspunkten die Verhältnisse des Vorsitzenden und des Antragstellers so unterschiedlich gelagert wären, daß durch einen Abschlag von 3/10 vom Vorsitzendenhonorar der Vorschrift des § 76 a Abs. 4 Satz 4 BetrVG, nach der die Vergütung der Beisitzer niedriger zu bemessen ist als die des Vorsitzenden, nicht ausreichend Rechnung getragen sei.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Kremhelmer, Dr. Steckhan, Nottelmann, Die ehrenamtliche Richterin Lappe ist wegen Ablaufs ihrer Amtszeit verhindert zu unterschreiben. Dr. Seidensticker

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073417

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