Entscheidungsstichwort (Thema)
Leiharbeitnehmer. Betriebsratswahl. Freistellung von Betriebsratsmitgliedern
Leitsatz (redaktionell)
Leiharbeitnehmer sind keine Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs. Sie sind daher bei der für die Anzahl der nach § 38 Abs. 1 BetrVG freizustellenden Betriebsratsmitglieder nach maßgeblicher Belegschaftsstärke nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
BetrVG § 19 Abs. 1, § 9 S. 1, § 7 S. 2, § 37 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. Januar 2003 – 13 TaBV 90/02 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl und über die Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder.
Die antragstellende Arbeitgeberin beschäftigte im Januar 2002 1.480 Arbeitnehmer, davon 17 leitende Angestellte. Außerdem arbeiteten im Betrieb 83 Leiharbeitnehmer und 27 Arbeitnehmer der Spedition B…. Am 29. Januar 2002 erließ der Wahlvorstand das Wahlausschreiben für die bevorstehende turnusmäßige Betriebsratswahl. Nach dem Wahlausschreiben war ein aus 17 Mitgliedern bestehender Betriebsrat zu wählen. In der Wählerliste waren die Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten sowie die Leiharbeitnehmer aufgeführt, nicht aber die Arbeitnehmer der Spedition B…. Bei der Betriebsratswahl am 13. März 2002 wurde ein aus 17 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 14. März 2002 durch Aushang bekannt gegeben. In der konstituierenden Sitzung am 18. März 2002 beschloss der Betriebsrat die Freistellung von vier Mitgliedern und wählte diese.
Die Arbeitgeberin hat mit dem am 28. März 2002 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren die Feststellung der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl und des Beschlusses des Betriebsrats vom 18. März 2002 über die Freistellung von vier Betriebsratsmitgliedern geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer seien bei der für die Zahl der zu wählenden und freizustellenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nicht zu berücksichtigen. Gleiches gelte für die Arbeitnehmer der Spedition B…. Im Betrieb seien daher in der Regel nicht mehr als 1.500 Arbeitnehmer beschäftigt mit der Folge, dass nur 15 Betriebsratsmitglieder hätten gewählt werden dürfen und nur 3 Betriebsratsmitglieder freizustellen seien.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Wahl des Betriebsrats der Firma I… GmbH & Co. KG vom 13. März 2002 unwirksam ist und die Betriebsratswahl zu wiederholen ist,
2. festzustellen, dass der Beschluss des Betriebsrats vom 18. März 2002 über die Freistellung von vier Betriebsratsmitgliedern unwirksam ist und lediglich drei Betriebsratsmitglieder freizustellen sind.
Der Betriebsrat hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, die Leiharbeitnehmer würden auf Regelarbeitsplätzen eingesetzt und seien bei der Ermittlung der Zahl der zu wählenden und freizustellenden Betriebsratsmitglieder zu berücksichtigen. Auch die Arbeitnehmer der Spedition B… seien mitzuzählen. Vorsorglich werde die Anzahl der leitenden Angestellten bestritten. Außerdem sei die Freistellung von vier Betriebsratsmitgliedern erforderlich, weil durch die Leiharbeitnehmer zusätzliche Betriebsratstätigkeit verursacht werde.
Das Arbeitsgericht hat den Anträgen der Arbeitgeberin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt der Betriebsrat, der nach Verkündung der angefochtenen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts seinen Rücktritt beschlossen hat, weiterhin die Zurückweisung der Anträge. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen der Arbeitgeberin zu Recht stattgegeben. Die Betriebsratswahl vom 13. März 2002 ist nach § 19 Abs. 1 BetrVG unwirksam, da gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstoßen wurde. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Freistellung von vier Betriebsratsmitgliedern.
I.1. Der Antrag zu 1) ist zulässig. Das Rechtsschutzinteresse für die Wahlanfechtung durch die Arbeitgeberin ist nicht dadurch entfallen, dass der Betriebsrat am 8. Oktober 2003 seinen Rücktritt beschlossen hat.
Der Betriebsrat führt nach seinem Rücktritt gemäß § 22 BetrVG iVm. § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG die Geschäfte weiter, bis ein neuer Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekannt gemacht ist. Demgegenüber enden die betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse eines Betriebsrats, dessen Wahl erfolgreich nach § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten worden ist, mit der Rechtskraft der die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl aussprechenden gerichtlichen Entscheidung. Für diesen Fall ist eine Weiterführung der Geschäfte bis zur Neuwahl eines Betriebsrats gesetzlich nicht vorgesehen. Ein ungültig gewählter Betriebsrat soll nicht auch nur vorübergehend weiter amtieren dürfen. Mit der Rechtskraft der Entscheidung wird der Betrieb vielmehr betriebsratslos. Diese Wirkung der erfolgreichen Wahlanfechtung kann der Betriebsrat nicht dadurch verhindern, dass er vor der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung seinen Rücktritt erklärt. Deshalb besteht das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Wahl des Betriebsrats auch nach dessen Rücktritt solange fort, bis der neue Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekannt gemacht ist (BAG 29. Mai 1991 – 7 ABR 54/90 – BAGE 68, 67 = AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 4 Nr. 6, zu B I der Gründe mwN).
2. Der Antrag zu 1) ist begründet. Die Betriebsratswahl vom 13. März 2002 ist nach § 19 Abs. 1 BetrVG unwirksam.
a) Die Betriebsratswahl kann nach § 19 Abs. 1 BetrVG vom Arbeitgeber angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht verändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen liegen vor. Bei der Betriebsratswahl vom 13. März 2002 wurde gegen § 9 Satz 1 BetrVG verstoßen. Es hätte nur ein aus 15 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt werden dürfen, da im Betrieb der Arbeitgeberin nicht mehr als 1.500 Arbeitnehmer iSv. § 9 Satz 1 BetrVG beschäftigt waren. Die Betriebsratswahl ist daher unwirksam, weil sie auf einem wesentlichen Mangel iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG beruht (BAG 29. Mai 1991 – 7 ABR 67/90 – BAGE 68, 74 = AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 2 = EzA BetrVG 1972 § 19 Nr. 31, zu B II 4 der Gründe).
b) Der Betriebsrat besteht nach § 9 Satz 1 BetrVG in Betrieben mit in der Regel 1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern, in Betrieben mit in der Regel 1.501 bis 2000 Arbeitnehmern aus 17 Mitgliedern. Die Arbeitgeberin beschäftigte im Zeitpunkt des Wahlausschreibens nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts 1.480 Arbeitnehmer, davon 17 leitende Angestellte sowie 83 Leiharbeitnehmer. Außerdem waren 27 Arbeitnehmer der Spedition B… im Betrieb tätig. Das Landesarbeitsgericht konnte zu Recht offenlassen, ob die 27 Beschäftigten der Spedition B… als Arbeitnehmer iSv. § 9 Satz 1 BetrVG anzusehen sind. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, beschäftigte die Arbeitgeberin nicht mehr als 1.500 Arbeitnehmer. Die im Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmer sind bei der für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nach § 9 Satz 1 BetrVG ebenso wenig zu berücksichtigen wie die leitenden Angestellten. Der Betriebsrat kann sich nicht darauf berufen, der Wahlvorstand habe 17 Arbeitnehmer zu Unrecht den leitenden Angestellten zugeordnet.
aa) Leiharbeitnehmer sind keine Arbeitnehmer im Sinne von § 9 BetrVG (BAG 16. April 2003 – 7 ABR 53/02 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen ≪zVv≫).
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 9 BetrVG in der bis zum 27. Juli 2001 geltenden Fassung (aF) waren bei der für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nur betriebsangehörige Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Das sind Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen und die in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert sind (vgl. 18. Januar 1989 – 7 ABR 21/88 – BAGE 61, 7 = AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 9 Nr. 4, zu B II 1b der Gründe; 22. März 2000 – 7 ABR 34/98 – BAGE 94, 144 = AP AÜG § 14 Nr. 8 = EzA AÜG § 14 Nr. 4, zu B II 2a aa der Gründe; 19. Juni 2001 – 1 ABR 43/00 – BAGE 98, 60 = AP BetrVG 1972 § 87 Leiharbeitnehmer Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 63, zu B II 1a der Gründe). Diese Voraussetzungen erfüllen Leiharbeitnehmer nicht. Denn die Arbeitnehmerüberlassung ist gekennzeichnet durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher (BAG 25. Oktober 2000 – 7 AZR 487/99 – BAGE 96, 150 = AP AÜG § 10 Nr. 15 = EzA AÜG § 10 Nr. 10, zu I 1b der Gründe). Die tatsächliche Eingliederung in die Betriebsorganisation begründet nicht die Betriebszugehörigkeit zum Entleiherbetrieb. Dies ergibt sich aus § 14 Abs. 1 AÜG. Danach bleiben Leiharbeitnehmer auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden Betriebs. Der tatsächlichen Eingliederung in den Betrieb des Entleihers hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass Leiharbeitnehmern nach § 14 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 AÜG einzelne betriebsverfassungsrechtliche Rechte im Entleiherbetrieb zustehen. Eine vollständige Betriebszugehörigkeit des Leiharbeitnehmers zum Entleiherbetrieb wird dadurch jedoch nicht begründet (BAG 18. Januar 1989 – 7 ABR 21/88 – aaO, zu B II 1b der Gründe; 22. März 2000 – 7 ABR 34/98 – aaO, zu B II 2a cc der Gründe).
(2) Daran hat sich durch die Einräumung des aktiven Wahlrechts für Leiharbeitnehmer in § 7 Satz 2 BetrVG in der ab dem 28. Juli 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) nichts geändert. Dadurch werden Leiharbeitnehmer nicht zu betriebsangehörigen Arbeitnehmern des Entleihers (BAG 16. April 2003 – 7 ABR 53/02 – zVv.; vgl. auch v. Hoyningen-Huene BetrVG 5. Aufl. S. 150; GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 7 Rn. 74 ff.; Dewender RdA 2003, 274; Franke NJW 2002, 656; Hanau ZIP 2001, 1981 ff.; ders. NJW 2001, 2513 ff.; Konzen RdA 2001, 76, 83; Lindemann/Simon NZA 2002, 365, 367; Löwisch BB 2001, 1734, 1737; Maschmann DB 2001, 2446; Neumann BB 2002, 510, 514; Schaub ZTR 2001, 437, 439; Schiefer/Korte NZA 2002, 57, 59; aA DKK/Schneider BetrVG 8. Aufl. § 9 Rn. 10; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt BetrVG 21. Aufl. § 7 Rn. 37; Richardi/Thüsing BetrVG 8. Aufl. § 7 Rn. 7; Schaub/Koch Arbeitsrechtshandbuch 10. Aufl. § 217 Rn. 24a; Däubler AuR 2001, 285, 286; Hamann NZA 2003, 526; Ratayczak AiB 2003, 276; Reichold NZA 2001, 857; Thüsing DB 2002, 2218). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. In § 7 BetrVG wird unterschieden zwischen Arbeitnehmern des Betriebs (Satz 1) und Arbeitnehmern eines anderen Arbeitgebers, die zur Arbeitsleistung überlassen werden (Satz 2). Daraus ist zu entnehmen, dass die überlassenen Arbeitnehmer gerade keine Arbeitnehmer des Betriebs sind. Dem entspricht es, dass Leiharbeitnehmer nach § 14 Abs. 1 AÜG nach wie vor dem Betrieb des Verleihers zugeordnet sind. Durch das Betriebsverfassungsreformgesetz sind in § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG lediglich die Worte “weder wahlberechtigt noch” gestrichen und durch das Wort “nicht” ersetzt worden. Abgesehen von der Einräumung des aktiven Wahlrechts im Entleiherbetrieb ist daher die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer unverändert geblieben (BAG 16. April 2003 – 7 ABR 53/02 – zVv.).
(3) Dem steht die Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht entgegen. Zwar heißt es in der Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BT-Drucks. 14/5741 S. 36 Nr. 7), § 7 Satz 2 erkenne die Zugehörigkeit der Leiharbeitnehmer zum Einsatzbetrieb an. Dies steht jedoch im Widerspruch dazu, dass Leiharbeitnehmer durch die Zuerkennung des aktiven Wahlrechts aus der Randbelegschaft an die Stammbelegschaft herangeführt werden sollen, “ohne sie in rechtlich unzutreffender Weise als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes einzustufen” (BT-Drucks. 14/5741 S. 28). Der Gesetzgeber ist daher nicht davon ausgegangen, dass Leiharbeitnehmer dem Betrieb des Entleihers angehören. Andernfalls wäre die Regelung in § 7 Satz 2 BetrVG überflüssig. Denn betriebsangehörige Arbeitnehmer sind bereits nach § 7 Satz 1 BetrVG wahlberechtigt. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsreformgesetzes die in § 9 BetrVG bestimmte Größe des Betriebsrats allein von der Anzahl der nach § 7 BetrVG Wahlberechtigten ungeachtet ihrer Betriebsangehörigkeit abhängig gemacht hat. Dem steht bereits der Wortlaut des § 9 BetrVG entgegen, der nicht nur von Wahlberechtigten, sondern von wahlberechtigten Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmern spricht. Damit nimmt die Bestimmung Bezug auf § 5 BetrVG. Der in dieser Vorschrift definierte Arbeitnehmerbegriff wurde durch das Betriebsverfassungsreformgesetz nicht geändert. Die Neufassung von § 5 Abs. 1 BetrVG hat lediglich klarstellenden Charakter (BT-Drucks. 14/5741 S. 28/35 zu Nr. 5).
(4) Auch Sinn und Zweck von § 9 BetrVG gebieten es nicht, Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Arbeitnehmerzahl zu berücksichtigen (BAG 16. April 2003 – 7 ABR 53/02 – zVv.).
Nach § 9 BetrVG ist die Anzahl der Betriebsratsmitglieder von der Belegschaftsstärke abhängig. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Zahl der Betriebsratsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der betriebsangehörigen Arbeitnehmer steht. Um die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats zu gewährleisten, ist es erforderlich, seine Größe dem maßgeblich durch die Anzahl der repräsentierten Arbeitnehmer bedingten Arbeitsaufwand anzupassen. Nur betriebsangehörige Arbeitnehmer verursachen jeweils einen bei der Bemessung der Betriebsratsgröße zu beachtenden etwa gleich einzuschätzenden Arbeitsaufwand, da der Betriebsrat nur für betriebsangehörige Arbeitnehmer sämtliche nach dem Betriebsverfassungsgesetz bestehenden Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte wahrnimmt. Leiharbeitnehmer werden hingegen nur partiell vom Betriebsrat des Entleiherbetriebs repräsentiert. Bei ihnen fällt zwar ebenfalls Betriebsratsarbeit an, die die Berücksichtigung bei der Betriebsratsgröße rechtfertigen könnte. Dem Gesetz lassen sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der durch Leiharbeitnehmer verursachte Arbeitsaufwand bei der Bemessung der Betriebsratsgröße in § 9 BetrVG berücksichtigt worden ist (vgl. zu § 9 BetrVG aF: BAG 18. Januar 1989 – 7 ABR 21/88 – BAGE 61, 7 = AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 9 Nr. 4, zu B II 1b der Gründe). Zwar wurde durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder erhöht. Dies ist aber nicht auf die Belastung des Betriebsrats durch die Repräsentation von Leiharbeitnehmern zurückzuführen, sondern beruht auf dem allgemein seit der Verabschiedung des BetrVG 1972 angewachsenen Arbeitsanfall. Dementsprechend wird im Regierungsentwurf des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BT-Drucks. 14/5741 S. 36 Nr. 8) die Anhebung der Zahl der Betriebsratsmitglieder mit der Erweiterung der Aufgaben des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Einführung und Anwendung neuer Techniken, moderner Produktions- und Arbeitsmethoden, Qualifizierung, Beschäftigungssicherung sowie Arbeits- und Umweltschutz begründet, nicht aber mit Aufgabenstellungen, die Leiharbeitnehmer betreffen. Diese Aufgaben haben sich durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes nicht geändert. § 14 Abs. 2 und Abs. 3 AÜG, die die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des im Entleiherbetrieb bestehenden Betriebsrats für Leiharbeitnehmer betreffen, sind – mit Ausnahme der Berücksichtigung des aktiven Wahlrechts für Leiharbeitnehmer – unverändert geblieben.
(5) Die Regelung in § 7 Satz 2 BetrVG ist nicht sinnlos, wenn ihr über die Wahlberechtigung hinaus keine weitere Bedeutung beigemessen wird. Die Wahlberechtigung der Leiharbeitnehmer beseitigt ein Legitimationsdefizit, soweit der Betriebsrat des Entleiherbetriebs Mitbestimmungsrechte auch für Leiharbeitnehmer wahrnimmt (BAG 16. April 2003 – 7 ABR 53/02 – zVv.). Diese Legitimation ist nicht deshalb überflüssig, weil Leiharbeitnehmer in der Regel nur einen Bruchteil der Amtszeit des Betriebsrats im Entleiherbetrieb tätig sind und deshalb Wählende und vom Betriebsrat Repräsentierte insoweit häufig nicht identisch sind. So verhält es sich auch bei befristet beschäftigten Arbeitnehmern, ohne dass deren aktives Wahlrecht als überflüssig angesehen wird.
bb) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats sind 17 vom Wahlvorstand als leitende Angestellte geführte und deshalb nicht in die Wählerliste aufgenommene Arbeitnehmer bei der Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer gemäß § 9 BetrVG nicht zu berücksichtigen. Leitende Angestellte zählen nicht zu den Arbeitnehmern iSv. § 9 BetrVG (BAG 12. Oktober 1976 – 1 ABR 1/76 – BAGE 28, 203 = AP BetrVG 1972 § 8 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 8 Nr. 2). Die Anfechtung der Betriebsratswahl kann nach § 18a Abs. 5 Satz 2 BetrVG nicht darauf gestützt werden, dass die Zuordnung eines Angestellten zu den leitenden Angestellten fehlerhaft erfolgt sei. Dies gilt nach § 18a Abs. 5 Satz 3 BetrVG nur dann nicht, wenn die Zuordnung offensichtlich fehlerhaft ist. Das hat der Betriebsrat selbst nicht behauptet.
II. Der Antrag zu 2) ist ebenfalls begründet. Der Betriebsrat hat weder nach § 38 Abs. 1 BetrVG noch nach § 37 Abs. 2 BetrVG Anspruch auf die Freistellung von vier Betriebsratsmitgliedern.
1. Nach § 38 Abs. 1 BetrVG sind in Betrieben mit in der Regel 901 bis 1.500 Arbeitnehmern mindestens drei Betriebsratsmitglieder, in Betrieben mit in der Regel 1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern mindestens vier Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen. Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Betrieb in der Regel nicht mehr als 1.500 Arbeitnehmer. Ob die 27 Arbeitnehmer der Spedition B… zu den in der Regel beschäftigten Arbeitnehmern im Sinne von § 38 Abs. 1 BetrVG gehören, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht offengelassen. Auch bei deren Berücksichtigung wird die für die Freistellung von vier Betriebsratsmitgliedern erforderliche Anzahl von mehr als 1.500 Arbeitnehmern nicht erreicht. Die Arbeitgeberin beschäftigt unstreitig 1.480 Arbeitnehmer. Nach den rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind 17 dieser Arbeitnehmer leitende Angestellte und deshalb keine Arbeitnehmer iSv. § 38 Abs. 1 BetrVG. Die im Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmer sind ebenfalls keine Arbeitnehmer im Sinne dieser Bestimmung.
a) Leitende Angestellte sind keine Arbeitnehmer iSv. § 38 Abs. 1 BetrVG. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der Vorschrift.
In § 38 Abs. 1 BetrVG wird die Erforderlichkeit der vollständigen Freistellung eines oder mehrerer Betriebsratsmitglieder von der beruflichen Tätigkeit zum Zweck der Erledigung von Betriebsratsaufgaben ab bestimmten Arbeitnehmerzahlen vermutet (BAG 26. Juli 1989 – 7 ABR 64/88 – BAGE 63, 1 = AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 10 = EzA BetrVG 1972 § 38 Nr. 11, zu B I 1 der Gründe). Dies beruht darauf, dass der dem Betriebsrat entstehende Arbeitsaufwand wesentlich von der Anzahl der von ihm repräsentierten Arbeitnehmer bestimmt wird. Leitende Angestellte werden nicht vom Betriebsrat repräsentiert. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sind sie vom Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes weitgehend ausgenommen. Sie verursachen dem Betriebsrat daher keinen nennenswerten Arbeitsaufwand, der ihre Berücksichtigung bei der Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder rechtfertigen könnte.
b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass von den 1.480 im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern 17 leitende Angestellte sind. An diese Feststellung ist der Senat gebunden. Die dagegen erhobene Verfahrensrüge des Betriebsrats greift nicht durch.
Der Betriebsrat macht insoweit geltend, das Landesarbeitsgericht habe die ihm obliegende Amtsaufklärungspflicht verletzt. Nachdem er bestritten habe, dass 17 Arbeitnehmer leitende Angestellte sind, hätte das Landesarbeitsgericht sowohl die Arbeitgeberin wie den Betriebsrat fragen müssen, über welche Kompetenzen und Befugnisse diese 17 Arbeitnehmer verfügen. Zumindest er hätte daraufhin vorgetragen, dass diese Arbeitnehmer weder zur Einstellung und Entlassung von Personen befugt seien, dass sie keine Generalvollmacht oder Prokura besäßen und dass sie auch sonst keine Aufgaben wahrnähmen, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung sind.
Dieses Vorbringen reicht zur Begründung einer Aufklärungsrüge nicht aus. Wird die Verletzung der Amtsaufklärungspflicht durch das Beschwerdegericht gerügt, muss in der Rechtsbeschwerdebegründung dargelegt werden, welche weiteren Tatsachen in der Vorinstanz hätten ermittelt und welche (weiteren) Beweismittel hätten herangezogen werden können und inwiefern sich dem Beschwerdegericht eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (BAG 18. Januar 1989 – 7 ABR 21/88 – BAGE 61, 7 = AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 9 Nr. 4, zu B II 3b bb der Gründe). Daran fehlt es. Der Betriebsrat hat auch in der Rechtsbeschwerdebegründung weder die Arbeitnehmer bezeichnet, die nach seiner Auffassung keine leitenden Angestellten sein sollen, noch Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sie die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 BetrVG nicht erfüllen.
c) Die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer sind keine Arbeitnehmer iSv. § 38 Abs. 1 BetrVG. Diese Bestimmung stellt für die Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder – ebenso wie § 9 BetrVG für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder – auf die in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer des Betriebs ab. Dazu zählen Leiharbeitnehmer aus den zu § 9 BetrVG genannten Gründen nicht (vgl. dazu auch BAG 22. Oktober 2003 – 7 ABR 3/03 – zVv.).
2. Der Betriebsrat kann die Freistellung eines vierten Betriebsratsmitglieds auch nicht nach § 37 Abs. 2 BetrVG verlangen.
a) In § 38 Abs. 1 BetrVG ist die Mindestzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder bestimmt. Über diese Mindestzahl hinaus kann der Betriebsrat nach § 37 Abs. 2 BetrVG die generelle Freistellung weiterer Betriebsratsmitglieder verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung seiner Aufgaben erforderlich ist (BAG 26. Juli 1989 – 7 ABR 64/88 – BAGE 63, 1 = AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 10 = EzA BetrVG 1972 § 38 Nr. 11, zu B II 2b der Gründe; 13. November 1991 – 7 ABR 5/91 – BAGE 69, 34 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 80 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 106, zu B II 1 der Gründe). Das setzt voraus, dass die Freistellungen nach § 38 Abs. 1 BetrVG und die Inanspruchnahme von Arbeitsbefreiung weiterer Betriebsratsmitglieder aus konkretem Anlass nach § 37 Abs. 2 BetrVG nicht ausreichen, um die anfallenden Betriebsratsaufgaben ordnungsgemäß bewältigen zu können (BAG 26. Juli 1989 – 7 ABR 64/88 – aaO; 12. Februar 1997 – 7 ABR 40/96 – AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 19 = EzA BetrVG 1972 § 38 Nr. 16, zu B 2b der Gründe). Die Erforderlichkeit der vollständigen Freistellung weiterer Betriebsratsmitglieder muss sich aus den besonderen betrieblichen Verhältnissen ergeben und ist vom Betriebsrat im einzelnen darzulegen (BAG 12. Februar 1997 – 7 ABR 40/96 – aaO).
b) Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Betriebsrats nicht. Er hat lediglich geltend gemacht, durch die Leiharbeitnehmer werde zusätzliche Betriebsratstätigkeit verursacht. Aus dem Vorbringen des Betriebsrats ergibt sich jedoch nicht, dass diese Betriebsratstätigkeit nicht von den nach § 38 Abs. 1 BetrVG freizustellenden drei Betriebsratsmitgliedern und durch Arbeitsbefreiung der übrigen Betriebsratsmitglieder im Einzelfall nach § 37 Abs. 2 BetrVG erledigt werden kann.
Unterschriften
Gräfl, Pods, Schmitz-Scholemann, Jens Herbst, Peter Haeusgen
Fundstellen