Entscheidungsstichwort (Thema)
Tätigkeitszuweisung nach Tarifvertrag. Mitbestimmung
Orientierungssatz
1. Nach § 16 Abs 1 des Lohntarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn vom 1.11.1960 hat der Arbeiter, soweit der Dienst es erfordert, jede ihm übertragene Arbeit zu leisten, die ihm nach seiner Befähigung, Ausbildung und körperlichen Eignung zugemutet werden kann, ohne daß der Arbeitsvertrag förmlich geändert wird. Dabei kann ihm sowohl eine höher als auch eine niedriger entlohnte Beschäftigung übertragen werden.
2. Der Senat hat Bedenken, ob durch eine solche tarifliche Regelung dem Arbeitgeber das Recht eingeräumt werden kann, durch einseitige Anordnung und ohne Änderung des Arbeitsvertrags durch einen Änderungsvertrag oder über eine Änderungskündigung dem Arbeitnehmer auf Dauer auch eine niedriger entlohnte Tätigkeit zuzuweisen. Eine solche Bestimmung ist geeignet, zwingende Vorschriften des Kündigungsschutzes auszuschließen.
3. Die Übertragung einer anderen Tätigkeit - auch aus dienstlichen Gründen - bedarf nach § 75 Abs 1 Nr 2, 3 oder 4 BPersVG der Zustimmung des Personalrats, wenn darin gleichzeitig die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit oder eine Versetzung zu einer anderen Dienststelle oder einer Abordnung für eine Dauer von mehr als drei Monaten liegt. Ohne Zustimmung des Personalrats und ohne daß das Mitbestimmungsverfahren nach § 69 BPersVG durchgeführt worden ist, ist eine solche Maßnahme dem Arbeitnehmer gegenüber unwirksam.
Normenkette
TVG § 1; BPersVG §§ 69, 75 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 12.09.1985; Aktenzeichen 5 Sa 1207/84) |
ArbG Essen (Entscheidung vom 20.06.1984; Aktenzeichen 4 Ca 1279/84) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten am 13. April 1984 vorgenommenen Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers und der infolge der Änderung eingetretenen Lohneinbuße des Klägers.
Der Kläger wurde am 27. Januar 1970 bei der Dienststelle Kbw H als "ständiger Arbeiter und zwar als Nichthandwerker" eingestellt. Nach dem Arbeitsvertrag sind die Bestimmungen der Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn in ihrer jeweils gültigen Fassung Inhalt des Arbeitsvertrages. Spätestens im Jahre 1976 wurde dem Kläger als "ständige Beschäftigung" ein Dienstposten des Beamtendienstes mit der abgekürzten Beschäftigungsbezeichnung "Bh+ufs (Schr) Arb" übertragen. Das war nach der damals geltenden Fassung der Anlage 1 Abschnitt C zum LTV DB vom 1. November 1960 "die Beschäftigung als Arbeiter auf einem Beamtendienstposten des Betriebsaufsehers im Schrankenwärterdienst mit Tätigkeiten einfacher Art, Lohngruppe IV". Im Jahre 1981 wurde dem Kläger bei der Dienststelle Bahnhof H als "ständige Beschäftigung" die Tätigkeit eines "Bhaufs (Schr) Arb", d.h. eines "Betriebshauptaufseher im Schrankenwärterdienst, Lohngruppe II" für den Schrankenposten 136 übertragen. Am 30. September 1981 erhielt der Kläger eine Ordnungsverfügung über 30,-- DM ausgehändigt, weil er am 3. September 1981 um 4.38 Uhr auf seinem Schrankenposten schlafend angetroffen worden war. Danach wurde ihm auf dem gleichen Schrankenposten 136 eine "ständige Beschäftigung" übertragen, die mit der Lohngruppe I bewertet wurde. Weiter erfolgte ein Wechsel der Dienststellenzugehörigkeit zur Dienststelle Bahnhof H Hauptbahnhof, da für den Schrankenposten 136 die Zuständigkeit dieser Dienststelle begründet worden war.
Im März 1984 wurden zwei Vorkommnisse aktenkundig, die der Dienststellenleiter zum Anlaß nahm, den Kläger aus dem Schrankendienst zurückzuziehen. In dem vom Dienststellenleiter abgezeichneten Vermerk vom 22. März 1984 ist niedergelegt, der Kläger habe sich trotz zuletzt fernmündlicher Aufforderung dem dienstlichen Verlangen entzogen, die Kenntnisnahme von den Bestimmungen zur Nebentätigkeit zu bestätigen. Der Dienststellenleiter verfügte zugleich, diesen Sachverhalt dem örtlichen Personalrat zur Kenntnis zu geben. Am 30. März 1984 wurde ergänzend vermerkt, der Kläger sei auch der fernmündlichen Aufforderung, bis zum 28. März 1984 im Bahnhofsbüro vorzusprechen, nicht nachgekommen. Unter dem 13. April 1984 wurden zwei weitere Vermerke angelegt. Im ersten Vermerk heißt es:
Trotz mehrmaliger mündlicher bzw. schriftlicher
Aufforderung ist der BArb L nicht erschienen.
Dieses ist ein schwerer und grober Verstoß gegen
die A0/Arb. Heute erhielten wir von der BD eine Mitteilung,
daß gegen den Mitarbeiter eine Anzeige
wegen Verdachts des Betruges erstattet wurde. Aufgrund
dieser Mitteilung wurde L. aus Sicherheitsgründen
sofort aus dem Schrankendienst zurückgezogen.
In dem zweiten Vermerk vom gleichen Tage heißt es:
Nach Mitteilung der BD E ist gegen unseren
Mitarbeiter, Schrankenwärter BArb Günter L ,
Anzeige wegen Verdachts des Betruges erstattet worden.
Von der BD wurde als Sofortmaßnahme in diesem Zusammenhang
die Ausgabe der Freifahrtberechtigung
gesperrt.
Da der Mitarbeiter bei uns den verantwortungsvollen
Dienst eines Schrankenwärters auf Hauptbahnen zu
leisten hat, sehen wir uns gezwungen, aus Sicherheitsgründen
zum Schutze der DB und seiner eigenen
Person, ihn sofort aus dem Schrankendienst zurückzuziehen,
da L. ein erhebliches Sicherheitsrisiko
darstellt. Das bevorstehende Gerichtsverfahren muß
den Schrankenwärter auch im Dienst sehr stark
belasten und von seinen Aufgaben ablenken.
Zu dieser Maßnahme trägt das bisherige Verhalten
des Mitarbeiters besonders bei. Hier insbesondere
die verhängte Ordnungsmaßnahme, Nichterscheinen
auf der Dienststelle, trotz mündlicher und schriftlicher
Aufforderungen betreffend Nebentätigkeit.
Beide Vermerke wurden dem örtlichen Personalrat zur Kenntnis gebracht. Dem Kläger wurde noch am gleichen Tag mitgeteilt:
Aufgrund der von Ihnen zu vertretenen Vorkommnisse
werden Sie sofort aus dem Schrankendienst zurückgezogen.
Nach Ihrem Urlaub haben Sie sich am 07.05.84 um
7 Uhr bei der Nm H , Zimmer 408 Hochhaus der
Ga, zur Arbeitsaufnahme zu melden.
Am 18. April 1984 teilte der Dienststellenleiter dem örtlichen Personalrat seiner Dienststelle mit:
Es ist beabsichtigt, den Mitarbeiter Günter
L von LGr I nach LGr V zurückzugruppieren.
Begründung:
Aufgrund der vom Mitarbeiter zu vertretenen
Vorkommnisse erfolgt die Zurückziehung aus dem
Schrankendienst. Hierdurch hat der Mitarbeiter
nicht nur vorübergehend eine andere Tätigkeit
als die seiner ständigen Beschäftigung zu verrichten.
L. wird als Bauhilfsarbeiter bei der
Nm H eingesetzt.
Ständige Beschäftigung ab: 01. 05. 84, BArb V/2.
Auf dem Schreiben findet sich eine Einverständniserklärung des Personalrates, die vom stellvertretenden Vorsitzenden des Personalrates und dem Vorstandsmitglied aus der Gruppe der Arbeiter unterschrieben ist. Der bei der Dienststelle Nachrichtenmeisterei H , zu der der Kläger versetzt werden sollte, gebildete Personalrat wurde nicht beteiligt. Am 4. Mai 1984 bat der Dienststellenleiter den Personalrat erneut um Zustimmung zu einer den Kläger betreffenden Maßnahme. Es heißt darin:
Es ist beabsichtigt, den BArb Günter L ,
1O.02.39 zum 07.05.84 als Fahrzeugreiniger abzuordnen,
mit dem Ziel der Überweisung an Bw
D 2.
Am 7. Mai 1984 erklärte sich der Personalrat auch mit dieser Maßnahme einverstanden. Von dieser Anordnung erfuhr der Kläger erstmalig, als er sich - wie im Schreiben vom 13. April 1984 verlangt - nach Rückkehr aus dem Urlaub am 7. Mai 1984 morgens bei der Nachrichtenmeisterei in H zur Arbeitsaufnahme meldete. Das Betriebswerk D hielt in einem Vermerk vom 6. Juni 1984 fest, der Kläger sei gemäß Verfügung der Bundesbahndirektion E vom 8. Mai 1984 für den Einsatz als Fahrzeugreiniger mit dem Ziel der Überweisung abgeordnet worden und habe am 10. Mai 1984 seinen Dienst in D aufgenommen. Die (endgültige) Überweisung zum Betriebswerk D 2 sei zum 1. Juni 1984 verfügt worden. Vom 1. Mai 1984 an erhielt der Kläger den um monatlich 426,-- DM niedrigeren Lohn der Lohngruppe VI.
Der Kläger hat geltend gemacht, es habe kein Grund bestanden, ihn vom Schrankendienst zu suspendieren. Das gegen ihn wegen Betrugsversuchs zu Lasten der Gerichtskasse Berlin schwebende Ermittlungsverfahren habe ihn entgegen der Befürchtung der Beklagten nicht belastet. Das Verfahren sei am 10. Januar 1985 mangels Tatverdachts eingestellt worden. Die Entlassung aus dem Schrankenwärterdienst im Frühjahr 1984 sei erfolgt, um ihm die weitere Beschäftigung zu verleiden und der Deutschen Bundesbahn die wegen der Auflösung des Streckenpostens im Oktober ansonsten anstehende tarifliche Lohnsicherung zu ersparen. Das Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens und die Tatsache einer ohne Genehmigung ausgeübten Nebentätigkeit sei nur zum Vorwand genommen worden. Die Tatsache, daß er seiner Frau aushilfsweise bei Kleintransporten geholfen habe, sei der Dienststelle schon seit mehreren Jahren bekannt gewesen. Ihm sei mit Rücksicht auf diese Nebentätigkeit sogar bei der Schichteinteilung der Mittwochnachmittag freigehalten worden. Er hat weiterhin die ordnungsgemäße Beteiligung der Personalvertretung gerügt.
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,
1. festzustellen, daß seine Entfernung aus dem
Schrankendienst unwirksam ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn weiterhin
als Schrankenwärter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, der Kläger sei für den Schrankendienst nicht mehr zuverlässig genug gewesen. Dies ergebe sich aus den aktenkundig gemachten Vorkommnissen. Er habe versucht, die Gerichtskasse in Berlin um 187,-- DM Zeugengeld zu betrügen. Weiter habe er seit dem 1. Juli 1983 ein Gewerbe für Kleintransporte angemeldet. Dadurch werde seine Arbeitskraft für den Dienst beeinträchtigt. Auch dürfe die im September 1981 wegen Schlafens im Dienst verfügte Ordnungsstrafe nicht vergessen werden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger nur die Abweisung des Feststellungsantrages angegriffen und die Klage auf Zahlung der Lohndifferenz für die Monate Mai bis Dezember 1984 in Höhe von 3.408,-- DM erweitert.
Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen des Klägers entsprochen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen des Klägers zu Recht stattgegeben.
I. Gegen die Zulässigkeit des Zahlungsantrages bestehen keine Bedenken. Zulässig ist aber auch der Antrag des Klägers, mit dem er die Feststellung begehrt, daß seine Entfernung aus dem Schrankenwärterdienst unwirksam ist. Dieser Antrag bedarf jedoch der Auslegung. Das Vorbringen des Klägers ergibt, daß er seine Entfernung aus dem Schrankenwärterdienst und die damit verbundene niedrigere Entlohnung für nicht gerechtfertigt hält. Er ist vielmehr der Ansicht, daß ihm nach wie vor Lohn entsprechend seiner ständigen Beschäftigung als Schrankenwärter zusteht, wie auch sein Zahlungsantrag ausweist. Der Kläger beantragt daher die Feststellung, daß die Beklagte ihm nach wie vor eine Vergütung zu zahlen hat, die einer ständigen Beschäftigung im Schrankenwärterdienst entspricht. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch bestätigt, daß sein Antrag so zu verstehen ist.
Mit diesem Inhalt ist der Antrag schon als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZP0 zulässig. Mit der Zahlungsklage verlangt der Kläger die Zahlung der Differenz zwischen der erhaltenen Vergütung und derjenigen Vergütung, die ihm entsprechend einer ständigen Beschäftigung als Schrankenwärter nach der Lohngruppe I zustehen würde, für die Zeit bis einschließlich Dezember 1984. Schon im Rahmen dieser Zahlungsklage muß darüber entschieden werden, nach welcher ständigen Beschäftigung der Kläger zu entlohnen ist. Von dieser Feststellung hängt die Entscheidung über die Zahlungsklage ab. Das Recht des Klägers auf Entlohnung entsprechend einer ständigen Beschäftigung als Schrankenwärter nach der Lohngruppe I kann daher auch durch gesonderte Entscheidung festgestellt werden.
II. Der Kläger hat Anspruch auf Lohn nach der Lohngruppe I.
1. Nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 LTV DB richtet sich der Monatslohn des Arbeiters nach der Lohngruppe seiner ständigen Beschäftigung, die ihm nach § 2 Abs. 8 LTV DB zu übertragen ist. Unstreitig war dem Kläger bis April 1984 eine ständige Beschäftigung der Lohngruppe I übertragen worden. Eine neue ständige Beschäftigung, die nach der Lohngruppe V oder VI zu vergüten wäre, ist dem Kläger danach nicht wirksam übertragen worden.
2. Nach § 16 Abs. 1 LTV DB hat der Arbeiter, soweit der Dienst es erfordert, jede ihm übertragene Arbeit zu leisten, die ihm nach seiner Befähigung, Ausbildung und körperlichen Eignung zugemutet werden kann, ohne daß der Arbeitsvertrag förmlich geändert wird. Dabei kann ihm sowohl eine höher als auch eine niedriger entlohnte Beschäftigung übertragen werden.
a) Der Senat hat Bedenken, ob durch eine solche tarifliche Regelung dem Arbeitgeber das Recht eingeräumt werden kann, durch einseitige Anordnung und ohne Änderung des Arbeitsvertrags durch einen Änderungsvertrag oder über eine Änderungskündigung dem Arbeitnehmer auf Dauer auch eine niedriger entlohnte Tätigkeit zuzuweisen. Eine solche Bestimmung ist geeignet, zwingende Vorschriften des Kündigungsschutzes auszuschließen. Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch im vorliegenden Fall nicht.
b) Die Übertragung einer anderen Tätigkeit - auch aus dienstlichen Gründen - bedarf nach § 75 Abs. 1 Nr. 2, 3 oder 4 BPersVG der Zustimmung des Personalrats, wenn darin gleichzeitig die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit oder eine Versetzung zu einer anderen Dienststelle oder einer Abordnung für eine Dauer von mehr als drei Monaten liegt. Ohne Zustimmung des Personalrats und ohne daß das Mitbestimmungsverfahren nach § 69 BPersVG durchgeführt worden ist, ist eine solche Maßnahme dem Arbeitnehmer gegenüber unwirksam. An der erforderlichen Zustimmung des Personalrats fehlt es im vorliegenden Falle.
aa) Die Dienststelle H Hauptbahnhof hat am 18. April 1984 die Zustimmung des Personalrats zur Rückgruppierung des Klägers von der Lohngruppe I nach der Lohngruppe V, zu seiner Beschäftigung als Bauhilfsarbeiter bei der Nachrichtenmeisterei H und zur Übertragung einer ständigen Beschäftigung ab dem 1. Mai 1984 nach BArb V/2 beantragt. Dieser beabsichtigen Maßnahme hat der Personalrat zugestimmt. Diese Maßnahme ist jedoch nicht durchgeführt worden. Dem Kläger wurde vielmehr nach seinem Urlaub am 7. Mai 1984 mitgeteilt, daß er sich beim Bw D 2 zu melden habe. Dem ist der Kläger nachgekommen.
Der Abordnung des Klägers an das Bw D 2 mit dem Ziel der endgültigen Überweisung hat der Personalrat der Dienststelle H Hauptbahnhof zwar zugestimmt. Diese weitere Maßnahme betraf jedoch nicht die Übertragung einer neuen ständigen Beschäftigung. Einer solchen Übertragung hat der Personalrat der Dienststelle H Hauptbahnhof daher auch nicht zugestimmt.
Die Beklagte meint, der Personalrat habe erkennen können, daß es für die beabsichtigte Tätigkeit in D bei der schon am 18. April 1984 beabsichtigten Übertragung einer neuen ständigen Beschäftigung der Lohngruppe V verbleiben solle. Der Personalrat habe damit auch dieser Maßnahme zugestimmt. Das ist nicht richtig. Wie die Regelung in § 16 Abs. 1 und 3 Nr. 1 a LTV DB ausweist, enthält nicht jede aus dienstlichen Gründen erforderliche Zuweisung einer anderen höher- oder niedrigerwertigen Tätigkeit gleichzeitig die Zuweisung dieser Tätigkeit als ständige Beschäftigung. Eine solche ist dem Arbeitnehmer vielmehr gesondert zu übertragen. Dem Personalrat der Dienststelle H Hauptbahnhof ist am 4. Mai 1984 lediglich mitgeteilt worden, daß der Kläger mit dem Ziel der Überweisung nach D abgeordnet und dort als Fahrzeugreiniger beschäftigt werden soll. Ob die Beschäftigung als Fahrzeugreiniger auf Dauer oder nur vorübergehend erfolgen sollte, war dieser Mitteilung nicht zu entnehmen. Nur im letzteren Falle hätte für den Personalrat überhaupt Anlaß bestanden, in der Zuweisung einer Tätigkeit als Fahrzeugreiniger gleichzeitig die Übertragung einer anderen ständigen Beschäftigung zu sehen.
Hinzu kommt, daß die Dienststelle H Hauptbahnhof im Zusammenhang mit der dem Personalrat am 4. Mai 1984 mitgeteilten geplanten Maßnahme offensichtlich dem Kläger nicht gleichzeitig, wie am 13. April 1984 beabsichtigt, eine neue ständige Beschäftigung nach BArb V/2 übertragen wollte. Wäre das geschehen, hätte für die Dienststelle Bw D 2 bei unveränderten Verhältnissen später kein Anlaß bestanden, dem Kläger eine ständige Beschäftigung nunmehr nach der Lohngruppe VI zu übertragen. Wenn der Kläger endgültig zur Dienststelle Bw D 2 überwiesen werden sollte, eine Überweisung, die dann von der Bundesbahndirektion auch zum 1. Juni 1984 endgültig verfügt worden ist, so war mit der Abordnung des Klägers zu dieser Dienststelle dasjenige getan, was an personellen Maßnahmen in H zu veranlassen war und was daher allein der Zustimmung des Personalrats der Dienststelle H Hauptbahnhof bedurfte.
Damit fehlt es an einer mit Zustimmung des Personalrats erfolgten Übertragung einer neuen ständigen Beschäftigung auf den Kläger durch die Dienststelle H Hauptbahnhof.
bb) Dem Kläger mag durch die neue Dienststelle Bw D 2 eine neue ständige Beschäftigung übertragen worden sein. Wann und mit welchem Inhalt, ist nicht vorgetragen worden. Für eine solche Maßnahme wäre die Zustimmung des bei dieser Dienststelle gebildeten Personalrats erforderlich gewesen oder die Zustimmung des Bezirkspersonalrats bei der Bundesbahndirektion E , wenn durch diese die neue ständige Beschäftigung übertragen worden wäre. Daß eine dieser Personalvertretungen einer solchen Maßnahme zugestimmt hat, hat die Beklagte trotz eines Hinweises des Landesarbeitsgerichts nicht vortragen können.
cc) Damit fehlt es an der wirksamen Übertragung einer neuen ständigen Beschäftigung auf den Kläger, nach der sich sein Lohnanspruch bestimmt. Für diesen ist daher gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 2 LTV DB nach wie vor die ihm vor Mai 1984 übertragene ständige Beschäftigung eines Schrankenwärters nach der Lohngruppe I maßgebend.
3. Dieser Entscheidung steht nicht entgegen, daß der Antrag des Klägers, ihn weiter im Schrankenwärterdienst zu beschäftigen, vom Arbeitsgericht abgewiesen und diese Entscheidung rechtskräftig geworden ist.
Die Tatsache, daß der Kläger danach nicht mehr verlangen kann, im Schrankenwärterdienst beschäftigt zu werden, hindert nicht die Feststellung, daß die für den Lohnanspruch maßgebende ständige Beschäftigung nach wie vor die eines Schrankenwärters nach der Lohngruppe I ist. Die Vorschriften des Lohntarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn unterscheiden zwischen der einem Arbeitnehmer übertragenen ständigen Beschäftigung, nach der sich der Lohnanspruch des Arbeiters bestimmt, und der zugewiesenen jeweils tatsächlich auszuübenden Tätigkeit. Soweit der Dienst es erfordert, kann dem Arbeiter nach § 16 Abs. 1 LTV DB jederzeit eine andere Tätigkeit zugewiesen werden, wobei es auf die Wertigkeit dieser Tätigkeit nicht ankommt. Diese jeweils konkret auszuübende Tätigkeit ist für den Lohnanspruch des Arbeiters ohne Bedeutung. Solange keine neue ständige Beschäftigung übertragen wird, ist dem Arbeiter trotz tatsächlich anderer Verwendung der Lohn entsprechend seiner noch nicht veränderten ständigen Beschäftigung zu zahlen. Diese besondere tarifliche Regelung will einerseits dem Arbeiter durch die Übertragung einer ständigen Beschäftigung ein gewisses Maß an Stetigkeit hinsichtlich der Art der zu verrichtenden Arbeit und seines Lohnes sicherstellen und andererseits der Deutschen Bundesbahn ein ungewöhnlich hohes Maß an Flexibilität der Arbeitseinsatzplanung und der Beschäftigung ihrer Arbeiter entsprechend den jeweiligen dienstlichen Bedürfnissen gewähren (vgl. Goldfuß, Rechts- und Dienstverhältnisse der Arbeiter und Angestellten der Deutschen Bundesbahn, Band IV/1, Eisenbahn-Lehrbücherei der Deutschen Bundesbahn, 3. Ergänzungslieferung, S. 69; ebenso schon für die frühere Rechtslage nach § 15 Lohntarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Reichsbahn im Vereinigten Wirtschaftsgebiet vom 31. Mai 1949 und § 18 der Dienst- und Lohnordnung für die Arbeiter der Deutschen Reichsbahn vom 1. April 1938, Friedrich Erdmann, Handbuch zum Lohntarifvertrag für die Arbeiter der DB, 1950, § 15 Anm. 1, 6 b). Damit hat der Arbeiter keinen Anspruch auf ständige tatsächliche Ausübung der ihm übertragenen ständigen Beschäftigung, wohl aber auf Zahlung des dieser ständigen Beschäftigung entsprechenden Lohnes, solange ihm nicht eine neue ständige Beschäftigung wirksam übertragen worden ist.
Da es daran - wie dargelegt - fehlt, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht den Anträgen des Klägers entsprochen. Die Revision der Beklagten war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZP0 zurückzuweisen, ohne daß es noch auf eine Prüfung der Frage angekommen wäre, ob dienstliche Gründe die Entfernung des Klägers aus dem Schrankenwärterdienst erforderlich gemacht haben.
Dr. Heither Dr. Weller Matthes
Dr. Münzer Dr. Wohlgemuth
Fundstellen