Entscheidungsstichwort (Thema)

Differenzierte Arbeitszeit. Urlaubsanspruch

 

Orientierungssatz

Arbeitet ein Arbeitnehmer in jeder dritten Woche nur 4 Tage und in den übrigen Wochen an fünf Arbeitstagen, so vermindert sich nach § 48 Abs 4 Unterabsatz 3 BAT der Urlaubsanspruch nach § 48 Abs 1 BAT für jeden zusätzlichen arbeitsfreien Tag im Urlaubsjahr um 1/250.

 

Normenkette

TVG § 1; BAT § 48; BUrlG §§ 1, 3, 13

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 20.02.1985; Aktenzeichen 12 Sa 1739/84)

ArbG Wesel (Entscheidung vom 11.10.1984; Aktenzeichen 2 Ca 543/84)

 

Tatbestand

Der Kläger ist bei der Beklagten als Angestellter im Rettungsdienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist der Bundes-Angestelltentarifvertrag anzuwenden.

§ 15 Abs. 1 und 2 und § 48 Abs. 4 Unterabs. 1 und

Unterabs. 3 i. d. F. des 51. Änderungstarifvertrags vom

20. Juni 1983 lauten:

"(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich

der Pausen durchschnittlich 40 Stunden

wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts

der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in

der Regel ein Zeitraum von acht Wochen zugrunde zu

legen. Bei Angestellten, die ständig Wechselschicht- oder

Schichtarbeit zu leisten haben, kann ein längerer

Zeitraum zugrunde gelegt werden.

(2) Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert

werden

bis zu zehn Stunden täglich (durchschnittlich

50 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig

eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens

zwei Stunden täglich fällt,

bis zu elf Stunden täglich (durchschnittlich

55 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig

eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens

drei Stunden täglich fällt,

bis zu zwölf Stunden täglich (durchschnittlich

60 Stunden wöchentlich), wenn der Angestellte lediglich

an der Arbeitsstelle anwesend sein muß,

um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten."

§ 48

"(4) Arbeitstage sind alle Kalendertage, an denen

der Angestellte dienstplanmäßig oder betriebsüblich

zu arbeiten hat oder zu arbeiten hätte,

mit Ausnahme der auf Arbeitstage fallenden gesetzlichen

Feiertage, für die kein Freizeitausgleich

gewährt wird. Endet eine Arbeitsschicht nicht an

dem Kalendertag, an dem sie begonnen hat, gilt

als Arbeitstag der Kalendertag, an dem die Arbeitsschicht

begonnen hat.

.....

Ist die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche

Arbeitszeit regelmäßig oder dienstplanmäßig im

Durchschnitt des Urlaubsjahres auf weniger als

fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt,

vermindert sich der Urlaub für jeden zusätzlichen

arbeitsfreien Tag im Urlaubsjahr um 1/250 des Urlaubs

nach Absatz 1 zuzüglich eines etwaigen Zusatzurlaubs.

Ein Zusatzurlaub nach § 48 a und

den entsprechenden Sonderregelungen hierzu, nach dem

Schwerbehindertengesetz und nach Vorschriften für

politisch Verfolgte bleibt dabei unberücksichtigt."

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers beträgt 55 Stunden. Der Kläger arbeitet im Schichtdienst entweder von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr oder von 20.00 Uhr bis 8.00 Uhr:

1. Woche: 5 Tage a 12 Stunden = 60 Stunden

2. Woche: 5 Tage a 12 Stunden = 60 Stunden

3. Woche: 4 Tage a 12 Stunden = 48 Stunden

Die vom Kläger über 55 Stunden hinaus erbrachte Mehrarbeit wird von der Beklagten zusätzlich vergütet. In den Jahren 1982 und 1983 kürzte die Beklagte den tarifvertraglichen Urlaubsanspruch des Klägers von 27 Arbeitstagen um je einen Tag. Der Kläger ist damit nicht einverstanden und hat sich hiergegen jeweils im Jahre 1982 und im Jahre 1983 schriftlich gewandt und die Gewährung des Urlaubs in voller Höhe gefordert.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Jahre 1982 und 1983 jeweils noch einen Tag Erholungsurlaub zu bewilligen, hilfsweise, ihm diese zwei Urlaubstage zu vergüten. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Auf die zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klagantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf je einen weiteren Urlaubstag für die Jahre 1982 und 1983 verneint.

1. Dem Anspruch des Klägers steht nicht entgegen, daß er seine Klage erst im Jahre 1984 erhoben hat. Unstreitig hat er sich jeweils im Jahre 1982 und im Jahre 1983 schriftlich um seinen Urlaub bemüht. Unter der Voraussetzung, daß der Urlaubsanspruch bestanden hätte, müßte der Klage unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens stattgegeben werden.

2. Gleichwohl kann die Klage keinen Erfolg haben. Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit des Klägers ist nicht auf fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt. Der Kläger ist vielmehr in jeder dritten Woche nur 4 Tage und in den übrigen Wochen an fünf Arbeitstagen für die Beklagte tätig. Damit vermindert sich nach § 48 Abs. 4 Unterabs. 3 BAT der Urlaubsanspruch nach § 48 Abs. 1 BAT für jeden zusätzlichen arbeitsfreien Tag im Urlaubsjahr um 1/250.

Bei einem tariflichen Urlaubsanspruch von 27 Arbeitstagen und insgesamt 17,33 arbeitsfreien Tagen ist der Urlaub des Klägers um 1,87 Tage zu kürzen. Wegen der Abrundungsregel in § 48 Abs. 4 Unterabs. 5 BAT hatte der Kläger somit in den Jahren 1982 und 1983 jeweils nur Anspruch auf 25 Urlaubstage, so daß die von der Beklagten vorgenommene Kürzung um je einen Tag nicht beanstandet werden kann.

3. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht der Auffassung des Klägers nicht gefolgt, er habe die an 55 Stunden fehlenden sieben Stunden in der jeweils dritten Arbeitswoche, in der der Kläger nur vier Tage jeweils zwölf Stunden tätig gewesen ist, in den beiden voraufgegangenen Wochen vorgearbeitet.

Maßgeblich für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist allein, wie die Arbeitszeit des Klägers dienstplanmäßig im Durchschnitt des Urlaubsjahres verteilt ist. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte die Arbeitszeit für den Kläger dienstplanmäßig so verteilt, daß in jeder dritten Woche ein Tag arbeitsfrei ist. Zu dieser Verteilung der Arbeitszeit ist die Beklagte nach § 15 BAT berechtigt. Sie wird vom Kläger insoweit nicht angegriffen.

Fehl geht seine Auffassung aber, wenn er meint, er habe jeweils die in der dritten Woche am fünften Tag nicht erbrachten Arbeitsleistungen in den beiden Vorwochen vorgearbeitet, deshalb sei die Beklagte verpflichtet, auch den fünften Tag der dritten Woche als "arbeitsbelastet" zu behandeln.

Nach § 48 BAT ist der Urlaub allein von der Verteilung der Arbeitsleistung auf die Arbeitstage einer Kalenderwoche abhängig. Darauf, wie hoch die arbeitstägliche Belastung des Arbeitnehmers mit Arbeitszeit ist, kommt es für die Berechnung des Urlaubsanspruchs nicht an.

Da der Kläger damit im Rahmen seiner durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit regelmäßig oder dienstplanmäßig an weniger als fünf Arbeitstagen in der Kalenderwoche zur Dienstleistung verpflichtet ist, hat er nur einen nach § 48 Abs. 4 Unterabs. 3 BAT im Umfang der sich für ihn insgesamt danach ergebenden freien Arbeitstage geminderten Urlaubsanspruch. Die Beklagte war daher berechtigt, den Urlaubsanspruch des Klägers jedenfalls um einen Tag im Urlaubsjahr 1982 und entsprechend im Urlaubsjahr 1983 zu kürzen.

Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Freitag

Plenge Hannig

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441550

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