Entscheidungsstichwort (Thema)
Redakteur. Verpflichtung zum Fotografieren
Normenkette
BGB § 151 S. 1, § 315 Abs. 3, § 612 Abs. 1; ZPO § 559 Abs. 1 S. 1 nF, § 561 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 29.11.2001; Aktenzeichen 7 Sa 290/01) |
ArbG Magdeburg (Urteil vom 01.02.2001; Aktenzeichen 10 Ca 4586/00) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 29. November 2001 – 7 Sa 290/01 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Klägerin zum Fotografieren und eine Zusatzvergütung für diese Tätigkeit.
Die Beklagte gibt die regionale Tageszeitung „M V” heraus. Die Klägerin ist seit Juni 1991 bei dieser Zeitung in der Lokalredaktion M beschäftigt. Den als „Redakteursvertrag” bezeichneten Arbeitsvertrag hat sie mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der M GmbH & Co. KG, abgeschlossen. Diese gehörte dem Verband der Zeitungsverleger Sachsen-Anhalt an. Die Klägerin war bei Abschluß des Arbeitsvertrags Mitglied der IG Medien. Im Vertrag heißt es:
„§ 1 Tätigkeit
Frau W ist ab 17. 06. 1991 als Redakteur für das Unternehmen tätig.
Frau W verpflichtet sich zu sorgfältiger und gewissenhafter Ausführung der ihm/ihr übertragenen Aufgaben und zur Befolgung der ihm/ihr seitens der Chefredaktion oder seiner/ihrer Vorgesetzten erteilten Anweisungen.
Das Unternehmen behält sich vor, den Redakteur auch mit anderen Aufgaben oder in einem anderen Ressort der Redaktion zu beschäftigen.
Der Beschäftigungsort ist M. Das Unternehmen behält sich vor, den Redakteur auch an anderen Orten zu beschäftigen, wenn es dem Unternehmen erforderlich scheint und dem Redakteur zumutbar ist.
…
§ 16 Tarifbindung
Im übrigen werden die für das Unternehmen einschlägigen bestehenden oder künftigen Tarifverträge für Redakteure an Tageszeitungen in ihrer jeweils gültigen Fassung ausdrücklich zum Inhalt dieses Vertrages gemacht. …”
Der ua. vom Verband der Zeitungsverleger Sachsen-Anhalt und der IG Medien am 28. Oktober 1990 abgeschlossene und zum 1. Januar 1991 in Kraft getretene Manteltarifvertrag für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen (MTV) regelt folgendes:
„§ 1 Geltungsbereich
Der Tarifvertrag gilt:
…
c) persönlich: für hauptberuflich an Tageszeitungen festangestellten Redakteure/ Redakteurinnen …
Protokollnotiz zu § 1 (persönlicher Geltungsbereich):
Als Redakteur/Redakteurin gilt, wer – nicht nur zum Zweck der Vorbereitung auf diesen Beruf (gleichgültig in welchem Rechtsverhältnis) – kreativ an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmäßig in der Weise mitwirkt, daß er/sie
- Wort- und Bildmaterial sammelt, sichtet, ordnet, dieses auswählt und veröffentlichungsreif bearbeitet, und/oder
- mit eigenen Wort- und/oder Bildbeiträgen zur Berichterstattung und Kommentierung in der Zeitung beiträgt, und/oder
- die redaktionell-technische Ausgestaltung (insbesondere Anordnung und Umbruch) des Textteiles besorgt und/oder
- diese Tätigkeit koordiniert.
§ 2 Anstellungsvertrag
…
2. Bei der Anstellung sind festzulegen:
…
d) das Arbeitsgebiet des Redakteurs/der Redakteurin;
…
3. Die Verpflichtung des Redakteurs/der Redakteurin kann durch schriftliche Vereinbarung auf mehrere Verlagswerke desselben Verlags erstreckt werden. Soll die Tätigkeit des Redakteurs/der Redakteurin im Laufe seines/ihres Arbeitsverhältnisses auf weitere periodische Druckwerke, andere Verlagsobjekte oder Tätigkeiten erweitert werden, so ist das zusätzliche Arbeitsgebiet und ein dafür zu zahlendes Entgelt in einem Nachtrag zum Anstellungsvertrag zu vereinbaren.
…
Protokollnotiz zu § 2 Abs. 3:
Zu den „Tätigkeiten” im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 zählt auch das Fotografieren durch einen Redakteur/eine Redakteurin (Wort).”
Anfang des Jahres 2000 entschied die Beklagte, die Berichterstattung mit Bildbeiträgen Agenturen und freien Mitarbeitern sowie ihren Redakteuren zu übertragen. Sie ordnete im Juli 2000 die Teilnahme der Klägerin an einer Schulung im Umgang mit Digitalkameras und in der Handhabung der Einlesegeräte an. In einer Besprechung am 11. August 2000 wurde die Klägerin angewiesen, künftig zu Terminen eine Kamera mitzunehmen und zu fotografieren. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie in den Monaten Januar und Februar 1994 insgesamt neun Fotos gefertigt, für die sie jeweils 10,00 DM als Zusatzvergütung erhalten hatte. In der Zeit von August 2000 bis November 2000 machte die Klägerin insgesamt 23 Lichtbilder.
Die Klägerin hat gemeint, das Anfertigen von Lichtbildern gehöre nicht zu ihren vertraglichen Arbeitsaufgaben. Sie sei als Wortredakteurin eingestellt worden und habe auch ausschließlich als Wortredakteurin gearbeitet. Die Beklagte sei verpflichtet, ihr in Anlehnung an die haus- und branchenübliche Vergütung für freie Journalisten je Lichtbild 45,00 DM als zusätzliches Entgelt zu zahlen.
Die Klägerin hat vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt
festzustellen, daß die Dienstanweisung der Beklagten vom 11. August 2000 auf Anfertigen von Fotografien unverbindlich ist sowie die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 529,19 Euro (1.035,00 DM) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag stattgegeben und die Zahlungsklage unter Zulassung der Berufung abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt gestellten Anträge weiter. Darüber hinaus beantragt sie,
hilfsweise die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen,
folgendes Angebot der Klägerin anzunehmen:
Die zusätzliche Fertigung von Lichtbildern im laufenden Arbeitsverhältnis wird mit der Klägerin gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 des Manteltarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen unter Festlegung eines Entgelts von 23,01 Euro entsprechend 45,00 DM je Lichtbild vereinbart, rückwirkend zum 30. Juni 2000,
- an die Klägerin 529,19 Euro entsprechend 1.035,00 DM zu zahlen,
weiter hilfsweise im Wege der Stufenklage die Beklagte zu verurteilen,
folgendes Angebot der Klägerin anzunehmen:
Die zusätzliche Fertigung von Lichtbildern im laufenden Arbeitsverhältnis wird mit der Klägerin gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 des Manteltarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen vereinbart, rückwirkend zum 30. Juni 2000, unter Festlegung eines Entgelts, dessen Höhe je Lichtbild in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,
- den sich aus der Verurteilung in der ersten Stufe für 23 Lichtbilder ergebenden Betrag an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
I. Die Klägerin ist arbeitsvertraglich zum Anfertigen von Fotografien verpflichtet. Ihr steht dafür keine Zusatzvergütung zu.
1. Die Weisung der Beklagten vom 11. August 2000 ist wirksam. Sie ist durch das Direktionsrecht gedeckt.
a) Das arbeitsvertragliche Direktionsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber, die Einzelheiten der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Leistungen einseitig zu bestimmen, soweit diese im Vertrag nicht anderweitig geregelt sind. Sein Umfang bestimmt sich nach dem Inhalt des Arbeitsvertrags. Es kann einzelvertraglich oder durch eine tarifliche Regelung erweitert oder beschränkt werden, soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht (BAG 24. April 1996 – 4 AZR 976/94 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 49 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 17, zu II 1 der Gründe mwN; 30. August 1995 – 1 AZR 47/95 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14, zu II 1 der Gründe; 21. November 2002 – 6 AZR 82/01 – DB 2003, 1630, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 1 der Gründe).
b) Die von der Klägerin geschuldeten Arbeitspflichten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag. Nach § 1 des Vertrags schuldet sie die Leistungen einer Redakteurin. Dieser Begriff ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht unklar. Was unter einem Redakteur im einzelnen zu verstehen ist, folgt aus der Protokollnotiz zu § 1 MTV. Danach gehört zur Tätigkeit eines Redakteurs die Berichterstattung mit eigenen Wort- und/oder Bildbeiträgen. In Einklang damit bestimmt § 2 Abs. 3 Satz 2 MTV iVm. der hierzu ergangenen Protokollnotiz, daß für ein zusätzliches Arbeitsgebiet ein dafür zu zahlendes Entgelt in einem Nachtrag zum Anstellungsvertrag zu vereinbaren ist, wenn die Tätigkeit des Redakteurs auf andere Tätigkeiten erweitert werden soll. Nach der Protokollnotiz zählt zu den anderen Tätigkeiten auch das Fotografieren durch einen „Redakteur (Wort)”. Mit der Protokollnotiz haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, daß nur sog. Wortredakteure einen Anspruch auf ein weiteres Entgelt haben, wenn sie Fotografien anfertigen sollen. Daraus ist im Umkehrschluß zu entnehmen, daß für einen Redakteur das Fotografieren keine andere Tätigkeit ist, wenn sich seine Tätigkeit nach der vertraglichen Vereinbarung nicht auf die Wortberichterstattung beschränkt, er also nicht „Redakteur (Wort)” ist. Diese tarifliche Begriffsbestimmung liegt dem Arbeitsvertrag zugrunde. Gemäß § 16 des Vertrags beruhen die Vertragsinhalte auf den einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen für Redakteure an Tageszeitungen. Mit der in § 1 des Vertrags getroffenen Vereinbarung haben die – damals tarifgebundenen – Arbeitsvertragsparteien den Oberbegriff Redakteur gewählt und nicht die speziellere Bezeichnung Wortredakteur oder Bildredakteur. Auch ohne die ausdrückliche Bezeichnung als „Wort- und Bildredakteurin” schuldet die Klägerin damit Wort- und Bildbeiträge (BAG 29. Januar 2003 – 5 AZR 703/01 – DB 2003, 1333, zu I 2 a der Gründe).
Die von der Klägerin geschilderten Umstände bei Abschluß des Arbeitsvertrags stellen dieses Auslegungsergebnis nicht in Frage. Ohne Bedeutung ist ihre Ausbildung als Wortredakteurin. Diese schließt eine Tätigkeit mit darüber hinaus gehenden Aufgaben, die zur Tätigkeit einer Redakteurin zählen, nicht aus. Unerheblich ist auch der Einwand, die Parteien hätten bei ihrer Einstellung nicht über das Anfertigen von Fotografien gesprochen. Wegen der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den einschlägigen Manteltarifvertrag war eine detaillierte einzelvertragliche Regelung und Erörterung der Arbeitspflicht entbehrlich.
c) Die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung hat sich nicht auf die Tätigkeit einer Wortredakteurin iSd. Protokollnotiz zu § 2 Abs. 3 MTV konkretisiert. Eine Konkretisierung der Dienstleistungspflicht auf bestimmte Tätigkeiten erfordert über die langjährige Handhabung hinaus zusätzliche Umstände, die ein schutzwürdiges Vertrauen des Arbeitnehmers auf Beibehaltung des bisherigen Leistungsinhalts begründen (BAG 24. Januar 2001 – 5 AZR 411/99 –). Derartige Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen.
d) Die Weisung vom 11. August 2000 wahrt auch die Grenzen billigen Ermessens (§ 315 Abs. 3 BGB).
aa) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (st. Rspr., vgl. BAG 25. Oktober 1989 – 2 AZR 633/88 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 36 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 30, zu II 2 b aa der Gründe; 7. Dezember 2000 – 6 AZR 444/99 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 61 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 23, zu IV 1 der Gründe; 13. März 2003 – 6 AZR 557/01 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu II 1 der Gründe). Ob dies der Fall ist, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB) und ist in der Revisionsinstanz uneingeschränkt überprüfbar (BAG 25. Oktober 1989 – 2 AZR 633/88 – aaO; 24. April 1996 – 5 AZR 1031/94 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18, zu 1 der Gründe; 7. Dezember 2000 – 6 AZR 444/99 – aaO). Diesem Prüfungsmaßstab hält die Begründung des Landesarbeitsgerichts stand.
bb) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß die Klägerin nach einer Schulung im Umgang mit Digitalkameras und in der Handhabung der Einlesegeräte die ihr mit der Bildberichterstattung übertragenen Aufgaben erfüllen kann und eine Überforderung nicht vorliegt. Hiergegen richtet sich auch kein Angriff der Revision. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, daß die Beklagte in der Weisung vom 11. August 2000 die Verpflichtung der Klägerin zur Arbeitsleistung nicht dem Umfang nach, sondern nur dem Inhalt nach festgelegt hat. Damit ist weder eine Verlängerung der Arbeitszeit, noch eine unzulässige Leistungsverdichtung verbunden. Eine solche kann sich erst aus dem Gesamtumfang der Aufgaben ergeben, die der Klägerin übertragen werden. Dazu verhält sich die angegriffene Weisung nicht.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Zusatzvergütung.
a) Sie kann ihr Zahlungsbegehren nicht auf § 612 Abs. 1 BGB stützen.
aa) Nach dieser Vorschrift gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. § 612 Abs. 1 BGB bildet nicht nur in den Fällen, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vergütung. Diese Bestimmung ist vielmehr auch anzuwenden, wenn über die vertraglich geschuldete Tätigkeit hinaus Sonderleistungen erbracht werden, die durch die vereinbarte Vergütung nicht abgegolten sind, und weder einzelvertraglich noch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind (vgl. BAG 21. März 2002 – 6 AZR 456/01 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Musiker Nr. 17 = EzA TVG § 4 Musiker Nr. 2, zu I 1 der Gründe; 29. Januar 2003 – 5 AZR 703/01 – DB 2003, 1333).
bb) Die von der Beklagten angeordnete Bildberichterstattung und das hierfür erforderliche Anfertigen von Fotografien sind Teil der vertraglich geschuldeten und vergüteten Tätigkeit der Klägerin. Eine nach § 612 Abs. 1 BGB zusätzlich zu vergütende Sonderleistung der Klägerin liegt damit nicht vor.
b) Die Zahlung einer Zusatzvergütung für das Anfertigen von Fotografien ist nicht als betriebliche Übung Vertragsinhalt geworden.
aa) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden (st. Rspr., vgl. BAG 21. Januar 1997 – 1 AZR 572/96 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 64 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 36, zu II 2 b aa der Gründe mwN). Dabei kommt es für die Begründung eines solchen Anspruchs durch betriebliche Übung nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit Verpflichtungswillen gehandelt hat. Maßgebend ist vielmehr, ob die Arbeitnehmer aus dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie aller Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften und das entsprechende Angebot stillschweigend annehmen konnten (§ 151 Satz 1 BGB).
bb) An diesen Voraussetzungen fehlt es. Die Beklagte hat der Klägerin das Anfertigen von Fotografien lediglich in den Monaten Januar und Februar 1994 mit 10,00 DM pro Lichtbild zusätzlich vergütet und diese Zusatzvergütung in den monatlichen Gehaltsabrechnungen ausgewiesen. Aus der ihr nur zwei Monate lang gewährten besonderen Vergütung durfte die Klägerin noch nicht auf einen Bindungswillen der Beklagten schließen, die Zusatzvergütung für das Anfertigen von Fotografien solle ihr auf Dauer gewährt werden.
II. Die Revision ist unzulässig, soweit die Klägerin hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Annahme eines Vertragsangebots verlangt.
1. Im Revisionsverfahren können neue Anträge grundsätzlich nicht erhoben werden (BAG 16. November 1982 – 3 AZR 177/82 – BAGE 40, 355, zu II der Gründe; 5. November 1985 – 1 ABR 49/83 – BAGE 50, 85, zu III der Gründe; BGH 23. Juni 1988 – IX ZR 172/87 – BGHZ 105, 34; 29. November 1990 – I ZR 45/89 – NJW 1991, 1683, 1684). Das Revisionsgericht prüft, ob die Vorinstanz über die Klage rechtsfehlerfrei entschieden hat. Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt dabei nach § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO aF (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nF) nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Es gilt der Grundsatz, daß die Urteilsgrundlage durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen wird (BGH 25. April 1988 – II ZR 252/86 – BGHZ 104, 215). Eine Klageerweiterung, mit der anstelle des rechtshängigen Anspruchs oder daneben ein neuer Anspruch erhoben wird, ist in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht möglich. Sie erfordert in der Regel weitere tatsächliche Feststellungen. Solche können vom Revisionsgericht aus prozessualen Gründen nicht getroffen werden. Klageänderungen und Klageerweiterungen werden in der Revisionsinstanz aus prozeßökonomischen Gründen ausnahmsweise zugelassen, wenn der neue Sachantrag sich auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt stützt (BAG 5. November 1985 – 1 ABR 49/83 – aaO, zu III der Gründe).
2. An diesen Grundsätzen gemessen ist die Klageerweiterung nicht zulässig. Die Klägerin hat erstmals im Revisionsverfahren hilfsweise beantragt, die Beklagte zur Annahme eines ihrer Vertragsangebote über das Anfertigen von Fotografien und die Vergütung dieser Tätigkeit zu verurteilen. Sie hat damit ihre Klage erweitert. Die Klageerweiterung stützt sich nicht auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt. Das Berufungsgericht hat zur Üblichkeit oder Angemessenheit der beanspruchten Zusatzvergütung, deren Höhe streitig ist, keine Feststellungen getroffen. Die dazu gebotenen Feststellungen kann der Senat nicht vornehmen.
Unterschriften
Schmidt, Dr. Armbrüster, Brühler, Kapitza, H. Markwat
Fundstellen