Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtige Wahl des Wahlvorstandes
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Wahl des Wahlvorstandes in einer Betriebsversammlung ist dann nichtig, wenn die Einladung zu dieser Versammlung nicht so bekannt gemacht worden ist, daß alle Arbeitnehmer des Betriebes hiervon Kenntnis nehmen konnten, diese auch nicht auf andere Weise tatsächlich hiervon erfahren haben und durch das Fernbleiben der nicht unterrichteten Arbeitnehmer das Wahlergebnis beeinflußt werden konnte.
2. Die in einer nichtigen Wahl gewählten Wahlvorstandsmitglieder genießen nicht den besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs 3 KSchG.
Normenkette
BetrVG §§ 20, 17, 103; KSchG § 15 Fassung 1969-08-25
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 18.04.1985; Aktenzeichen 14 Sa 197/84) |
ArbG Stade (Entscheidung vom 20.11.1984; Aktenzeichen 2 Ca 470/84) |
Tatbestand
Der Kläger war bei der Beklagten, einem Güternahverkehrsunternehmen, seit 13. August 1984 als Kraftfahrer gegen ein Monatsgehalt von 2.000,-- DM brutto beschäftigt. Außer ihm waren dort noch neun Arbeitnehmer, darunter der Ehemann der Firmeninhaberin tätig.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 1984 lud die im Betrieb vertretene Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) die Arbeitnehmer der Beklagten zu einer Betriebsversammlung für die Wahl eines Betriebsobmanns am Sonntag, dem 28. Oktober 1984, 9.00 Uhr in das Gewerkschaftshaus in S ein. Sie sandte das Schreiben an die Beklagte mit der Bitte, es ihren Arbeitnehmern auszuhändigen oder im Betrieb auszuhängen. Die Beklagte kam dieser Bitte nicht nach. Die Arbeitnehmer E, H und W sowie der Ehemann der Beklagten erhielten von der beabsichtigten Betriebsversammlung keine Kenntnis. Die übrigen sechs Arbeitnehmer wurden hiervon anderweitig unterrichtet. Von ihnen erschienen zu dem vorgesehenen Zeitpunkt im Gewerkschaftshaus der Kläger sowie die Arbeitnehmer V und D. Sie wählten jeweils sich selbst und die übrigen erschienenen Kollegen zu Mitgliedern sowie den Arbeitnehmer V zum Vorsitzenden des Wahlvorstandes. Über die Versammlung wurde eine Niederschrift gefertigt.
Mit Schreiben vom 2. November 1984 kündigte die Beklagte im Zusammenhang mit der Stillegung von drei Lastkraftwagen dem Kläger zum 7. November 1984 sowie in gleicher Weise den Arbeitnehmern V und D, die seit 1. Februar bzw. 1. April 1984 bei ihr beschäftigt waren.
Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit der Klage. Er hat vorgetragen, die Kündigung sei unwirksam, weil er als Mitglied des Wahlvorstandes dem besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3 KSchG unterliege. Außerdem sei die Kündigung als unzulässige Behinderung der Betriebsratswahl im Sinne des § 20 BetrVG anzusehen, da die Vermutung auf der Hand liege, daß sie ausschließlich wegen der Einleitung der Wahl des Betriebsobmanns durch ihn und seine ebenfalls entlassenen Kollegen ausgesprochen worden sei. Die Beklagte sei am 29. Oktober 1984 von seiner Wahl zum Mitglied des Wahlvorstandes unterrichtet worden.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis
mit der Beklagten durch die Kündigung vom
2. November 1984 nicht beendet worden sei
sowie die Beklagte zu verurteilen, ihn über
den 7. November 1984 hinaus als Kraftfahrer
weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Kläger könne den besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3 KSchG nicht in Anspruch nehmen, weil er nicht wirksam zum Mitglied des Wahlvorstandes gewählt worden sei. Die Wahl sei nichtig, weil die Einladung zu der Betriebsversammlung nicht allen Arbeitnehmern mitgeteilt worden sei, diese auch nicht anderweitig hiervon Kenntnis erlangt und deshalb nicht die Möglichkeit gehabt hätten, an der Versammlung teilzunehmen. Sie habe auch die Betriebsratswahl schon deshalb nicht behindert, weil ihr von der Wahl des Klägers zum Mitglied des Wahlvorstandes nichts bekannt gewesen sei.
Der Kläger hat erwidert, er sowie seine Kollegen V und D hätten die Arbeitnehmer Wi, S und We über Termin, Ort und Zweck der geplanten Betriebsversammlung unterrichtet und sie hierzu eingeladen. Der Ehemann der Firmeninhaberin gelte nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Maßgabe abgewiesen, daß das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zum 16. November 1984 beendet worden ist.
Mit der Berufung hat der Kläger nur noch seinen Feststellungsantrag weiterverfolgt. Er hat ergänzend vorgetragen, die Kündigung verstoße auch gegen die Vorschriften des Übereinkommens Nr. 135 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vom 23. Juni 1971 (ILO-Ü Nr. 135) über Schutz und Erleichterungen für Arbeitnehmervertreter im Betrieb, in Kraft getreten durch das Gesetz vom 19. November 1973 (BGBl. II S. 1593).
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte eine ordentliche Kündigung erklärt und nur die Kündigungsfrist falsch berechnet. Diese Kündigung ist nicht nach § 1 KSchG zu überprüfen, weil der Kläger bei ihrem Ausspruch noch nicht sechs Monate im Betrieb der Beklagten beschäftigt war (§ 1 Abs. 1 KSchG).
II. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger könne auch den Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3 KSchG nicht beanspruchen, weil seine Wahl zum Wahlvorstand wegen schwerwiegender Verfahrensmängel nichtig und er deshalb auch nicht im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG zum Mitglied des Wahlvorstandes bestellt worden sei. Dieser Würdigung ist zuzustimmen.
1. Nach § 15 Abs. 3 KSchG beginnt der besondere Kündigungsschutz eines Mitglieds des Wahlvorstandes mit dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Die Norm enthält keine eigenständige Bestimmung des Begriffs der "Bestellung". Deshalb ist auf die einschlägige Regelung in den §§ 16, 17 BetrVG zurückzugreifen. Nach § 16 BetrVG bestellt der Betriebsrat den Wahlvorstand. Besteht kein Betriebsrat, so wird der Wahlvorstand nach § 17 BetrVG in einer Betriebsversammlung gewählt (Abs. 1) oder vom Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei Arbeitnehmern bestellt, wenn trotz Einladung keine Betriebsversammlung stattfindet oder die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand wählt (Abs. 2). Unter Bestellung im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist deshalb auch die Wahl des Wahlvorstandes nach § 17 Abs. 1 BetrVG zu verstehen, da diese nur eine andere Form für die Bestellung darstellt (vgl. Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 17 Rz 13; ebenso KR-Etzel, 2. Aufl., § 103 BetrVG Rz 22).
2. Im vorliegenden Fall sind bei der Wahl des Wahlvorstandes grundlegende Verfahrensvorschriften verletzt worden.
a) Da der Betrieb der Beklagten die Voraussetzungen des § 1 BetrVG erfüllt, jedoch noch keinen Betriebsobmann hatte, war der Wahlvorstand nach § 17 Abs. 1 BetrVG in einer Betriebsversammlung (Wahlversammlung) von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer zu wählen. Absatz 2 dieser Vorschrift bestimmt, daß zu dieser Betriebsversammlung drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebes oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen und Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstandes machen können. Im übrigen gelten die Vorschriften der §§ 42 ff. BetrVG über die Betriebsversammlung, soweit sie nicht das Bestehen eines Betriebsrats voraussetzen (Dietz/Richardi, aaO, § 17 Rz 9; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 17 Rz 9; im Ergebnis ebenso: Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl., § 17 Rz 9, 14; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 17 Rz 7 u. 8; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 17 Rz 5 u. 6).
b) Die ÖTV war im Betrieb der Beklagten vertreten und konnte deshalb die Arbeitnehmer gemäß § 17 Abs. 2 BetrVG zu einer Wahlversammlung einladen. Die Einladung ist jedoch mit solch schwerwiegenden Mängeln behaftet, daß die in der Versammlung vom 28. Oktober 1984 durchgeführte Wahl nichtig ist.
aa) Für die Einladung zur Wahlversammlung stellt das Gesetz zwar keine besonderen Formvorschriften auf (Dietz/Richardi, aaO, § 17 Rz 8; Galperin/Löwisch, aaO, § 17 Rz 8; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, aaO, § 17 Rz 4; Hess/Schlochauer/Glaubitz, aaO, § 17 Rz 7). Jedoch müssen gewisse Mindestvoraussetzungen erfüllt sein. Hierzu gehört, daß die Einladung entweder alle Arbeitnehmer des Betriebes tatsächlich erreicht oder so bekannt gemacht wird, daß dieser Personenkreis die Möglichkeit hat, von ihr Kenntnis zu erlangen und an der Wahlversammlung teilzunehmen (allg. M.; vgl. Dietz/Richardi, aaO, § 17 Rz 8 u. 18; Fitting/Auffarth/Kaiser, aaO, § 17 Rz 8; Galperin/Löwisch, aaO, § 17 Rz 5; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, aaO, § 17 Rz 4; Hess/Schlochauer/Glaubitz, aaO, § 17 Rz 7; Stege/Weinspach, BetrVG, 5. Aufl., § 17 Rz 2; LAG Hamm, EzA § 4 BetrVG 1972 Nr. 3).
bb) Fehlt es an dieser Voraussetzung, so ist die in der Versammlung durchgeführte Wahl nach der im Schrifttum herrschenden Meinung (Dietz/Richardi, Galperin/Löwisch, Stege/Weinspach, LAG Hamm, jeweils aaO) nichtig.
Dieser auch vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht stimmt der Senat jedenfalls dann zu, wenn - wie vorliegend - durch diesen Mangel der Einladung das Wahlergebnis beeinflußt werden konnte.
Bei der Bestellung des Wahlvorstandes in einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 1 BetrVG handelt es sich um eine Wahl, für die die an eine demokratische Wahl zu stellenden Grundvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Hierzu gehört der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben hat. Er ist verletzt, wenn die Einladung zu der Wahlversammlung nicht in einer Weise bekannt gemacht worden ist, daß alle nach § 17 Abs. 1 BetrVG wahlberechtigten Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, Ort, Zeit und Zweck der Betriebsversammlung zu erfahren und an ihr teilzunehmen, und wenn auch nicht alle Arbeitnehmer auf andere Weise tatsächlich von der Betriebsversammlung Kenntnis erlangt haben. Hierbei hat das Berufungsgericht zutreffend berücksichtigt, daß die Wahl des Wahlvorstandes nur der Vorbereitung der Betriebsratswahl dient und daher eher einer weniger strengen Beurteilung unterliegt als die Durchführung der Betriebsratswahl (vgl. BAG 18, 41 = AP Nr. 5 zu § 16 BetrVG 1952). Auch eine Betriebsratswahl, die selbst bei Verstößen gegen wesentliche Verfahrensvorschriften nach § 19 BetrVG grundsätzlich nur anfechtbar ist, ist jedoch nichtig, wenn gegen wesentliche Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts in so schwerwiegender Weise verstoßen wird, daß keine Wahl im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes mehr vorliegt (st. Rechtsprechung; vgl. auch den zur Veröffentlichung bestimmten Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 1984 - 6 AZR 43/83 - EzA § 19 BetrVG 1972 Nr. 20).
Bei der Wahl des Wahlvorstandes nach § 17 Abs. 1 u. 2 BetrVG hängt die Beschlußfähigkeit der Wahlversammlung nicht von der Teilnahme einer Mindestzahl von Arbeitnehmern ab; der Wahlvorstand wird vielmehr von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt. Ferner gelten für das Wahlverfahren keine besonderen Vorschriften, so daß auch keine geheime Abstimmung erforderlich ist (Dietz/Richardi, aaO, § 17 Rz 21, 23; vgl. BAG 18, 41 = AP Nr. 5 zu § 16 BetrVG 1952). Damit hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Einleitung einer Betriebsratswahl und die Wahl von Betriebsräten erleichtern wollen. Somit kann eine kleine Minderheit von Arbeitnehmern eines Betriebes die Bestellung eines Wahlvorstandes durchsetzen und eine Betriebsratswahl einleiten. Gerade deshalb muß gewährleistet sein, daß alle Arbeitnehmer zumindest die Möglichkeit erhalten, an dieser Wahl mitzuwirken. Anderenfalls könnte durch eine gezielte Auswahl der eingeladenen Arbeitnehmer der überwiegenden Mehrheit die Durchführung einer Betriebsratswahl aufgezwungen werden. Deshalb kann auch von einer Wahl im Sinne des § 17 Abs. 1 BetrVG zumindest dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die Einladung zur Wahlversammlung nicht in der im Betrieb üblichen Weise bekannt gemacht wurde und die auch nicht anderweitig unterrichteten und der Versammlung ferngebliebenen Arbeitnehmer das Wahlergebnis beeinflußt haben konnten.
3. Wie das Berufungsgericht ebenfalls richtig angenommen hat, genießt ein durch eine nichtige Wahl zum Wahlvorstand gewählter Arbeitnehmer nicht den besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG. Die Nichtigkeit der Wahl kann, im Gegensatz zur Anfechtbarkeit, von jedermann zu jeder Zeit und in jeder Form geltend gemacht werden. Der Arbeitgeber kann sich deshalb auch im Kündigungsschutzprozeß gegenüber einem Arbeitnehmer, der den Kündigungsschutz für Wahlvorstandsmitglieder in Anspruch nimmt, hierauf berufen. Die in einer nichtigen Wahl gewählten Arbeitnehmer haben nicht die Rechtsstellung von Wahlvorstandsmitgliedern. Insoweit kann nichts anderes gelten als für die in einer nichtigen Betriebsratswahl gewählten Arbeitnehmer (vgl. dazu BAG Urteil vom 27. April 1976 - 1 AZR 482/75 - AP Nr. 4 zu § 19 BetrVG 1972 - für die Nichtigkeit der Betriebsratswahl).
4. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, daß die am 28. Oktober 1984 durchgeführte Wahl zum Wahlvorstand nichtig ist und dem Kläger deshalb der besondere Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht zusteht.
Die Einladung der ÖTV vom 25. Oktober 1984 ist im Betrieb nicht bekannt gemacht worden. Die Beklagte handelt auch nicht rechtsmißbräuchlich, wenn sie sich auf diesen Umstand beruft, obwohl sie der dahingehenden Bitte der ÖTV nicht nachgekommen ist. Denn sie war hierzu nicht verpflichtet, während die ÖTV nach § 2 Abs. 2 BetrVG das Recht hatte, nach Unterrichtung der Beklagten den Betrieb zum Zwecke der Einladung der Arbeitnehmer zu der Wahlversammlung zu betreten (vgl. Fitting/Auffarth/Kaiser, aaO, § 17 Rz 9). Nach dem unstreitigen Sachverhalt haben auch nicht alle zur Wahl des Wahlvorstandes berechtigten Arbeitnehmer anderweitig von der beabsichtigten Versammlung Kenntnis erlangt. Der Ehemann der Firmeninhaberin gilt zwar nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG nicht als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes und ist deshalb auch nicht für eine Wahl nach § 17 Abs. 1 BetrVG wahlberechtigt (allgem. M.; vgl. statt aller: Dietz/Richardi, aaO, § 17 Rz 19). Von den wahlberechtigten neun Arbeitnehmern wurden jedoch drei von der Wahlversammlung nicht unterrichtet. Von den sechs unterrichteten Arbeitnehmern nahmen nur drei an der Versammlung teil. Deshalb kann die Abwesenheit der drei nicht eingeladenen Arbeitnehmer das Wahlergebnis beeinflußt haben, da diese eine Mehrheit für die Wahl der erschienenen Arbeitnehmer hätten verhindern können.
III. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, daß die Kündigung der Beklagten auch nicht wegen Wahlbehinderung nach § 20 Abs. 1 BetrVG oder wegen Verstoßes gegen das ILO-Ü Nr. 135 unwirksam ist. Diese Würdigung läßt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
1. Unter das Verbot der Behinderung der Betriebsratswahl nach § 20 Abs. 1 BetrVG fällt auch eine Kündigung, die anläßlich der Betätigung für die Betriebsratswahl oder in Zusammenhang mit ihr gerade deshalb ausgesprochen wird, um die Wahl dieses Arbeitnehmers zu verhindern oder ihn wegen seines Einsatzes bei der Betriebsratswahl zu maßregeln (BAG Urteil vom 13. Oktober 1977 - 2 AZR 387/76 - AP Nr. 1 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung). Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, hat der Kläger die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen dieses Verbot nicht ausreichend dargetan, auch wenn man davon ausgeht, daß eine Wahlbehinderung bereits bei der Einleitung der Betriebsratswahl in Betracht kommen kann und die Beklagte bei Ausspruch der Kündigung von der Wahl des Klägers in den Wahlvorstand gewußt hatte. Nach dem unstreitigen Sachverhalt wurden die drei Kündigungen im Zusammenhang mit der Stillegung von drei Lastkraftwagen und dem damit verbundenen Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten für Kraftfahrer ausgesprochen. Damit lagen Umstände vor, die geeignet waren, ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG für alle drei Kündigungen abzugeben. Sämtliche gekündigten Arbeitnehmer waren erst kurze Zeit beschäftigt. Der Kläger hatte noch nicht die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt und durfte deshalb auch nicht im Rahmen der sozialen Auswahl den Vorzug vor den Arbeitnehmern erhalten, die den allgemeinen Kündigungsschutz erworben hatten (Senatsurteil vom 25. April 1985 - 2 AZR 140/84 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 35). Deshalb ist allein der Umstand, daß gerade ihm und den beiden anderen zu Wahlvorstandsmitgliedern gewählten Arbeitnehmern gekündigt wurde, nicht geeignet, einen Anschein dafür zu begründen, daß die Kündigungen gerade deshalb ausgesprochen wurden, um die Arbeitnehmer wegen ihres Einsatzes für die Einleitung einer Betriebsratswahl zu maßregeln.
2. Einen Verstoß gegen das ILO-Ü Nr. 135 hat das Berufungsgericht zu Recht bereits deshalb verneint, weil das Übereinkommen nur Personen schützt, die nach Art. 3 als Arbeitnehmervertreter anzusehen sind. Hierzu gehören nur Gewerkschaftsvertreter und im Betrieb von Arbeitnehmern gewählte Vertreter. Auch wenn man hierzu Wahlvorstandsmitglieder zählt, hatte der Kläger eine solche Stellung jedoch durch die nichtige Wahl nicht erworben. Das Berufungsgericht konnte deshalb offenlassen, ob und inwieweit das Übereinkommen unmittelbar als innerstaatliches Recht gilt.
Hillebrecht Triebfürst Dr. Weller
zugleich für den ehren-
amtlichen Richter Brenne
Dr. Hautmann, dessen
Amtszeit abgelaufen ist.
Fundstellen
DB 1986, 1883-1884 (LT1-2) |
ARST 1987, 130-131 (LT1-2) |
BehindR 1988, 43-44 (LT1-2) |
NZA 1986, 753-755 (LT1-2) |
RdA 1986, 338 |
RzK, II 1e 1 (LT1-2) |
AP § 15 KSchG 1969 (LT1-2), Nr 18 |
AR-Blattei, Betriebsverfassung VI Entsch 61 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 530.6 Nr 61 (LT1-2) |
EzA § 17 BetrVG 1972, Nr 5 (LT1-2) |