Entscheidungsstichwort (Thema)
Elternzeitverlangen. Schriftform
Leitsatz (redaktionell)
Für die Inanspruchnahme der Elternzeit nach § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG ist Schriftform iSd. § 126 Abs. 1 BGB zu wahren. Textform ist nicht ausreichend, auch wenn eine eingescannte Unterschrift verwendet wird.
Normenkette
BGB §§ 125-126, 126a, 127, 242, 295, 615, 126b in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung a.F.; BEEG in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung a.F. § 16 Abs. 1; BEEG in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung a.F. § 16 Abs. 3
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 20.01.2015; Aktenzeichen 6 Sa 49/14) |
ArbG Stuttgart (Urteil vom 13.05.2014; Aktenzeichen 25 Ca 2980/13) |
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 20. Januar 2015 – 6 Sa 49/14 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über Annahmeverzugsansprüche des Klägers für die Monate März und April 2013, in denen sich der Kläger nach Auffassung der Beklagten in Elternzeit befand.
Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. Mai 2012 bis zum 31. Mai 2013 als „Leader Business Development Engineering/Senior Consultant” auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 23. Februar 2012 mit einer Grundvergütung iHv. 6.670,00 Euro brutto beschäftigt. Am 4. Januar 2013 teilte er in einer E-Mail mit dem Betreff „Antrag auf Elternzeit: K (März – April)” der Beklagten mit, er wolle „hiermit ab dem 28.02.2013 meine 2 Monate Elternzeit (28.02.–28.04.2013) beantragen”. Am 10. Januar 2013 antwortete die Personalreferentin der Beklagten per E-Mail ua.:
„nach Rücksprache mit H, bitte ich Dich, einen formvollen Antrag zu stellen: Sprich – Einreichung bei mir in Papier & mit Unterschrift.”
Am 13. Januar 2013 übersandte der Kläger als Anhänge einer E-Mail die „Arbeitgeber-Bescheinigung” (Formular zum Antrag auf Elterngeld) und seine unterzeichnete, eingescannte E-Mail vom 4. Januar 2013, die jedoch insofern geändert war, als der Zeitraum „(28.02. – 28.04.2013)” nicht mehr genannt wurde. In der „Arbeitgeber-Bescheinigung” hatte er als Bezugszeitraum für das Elterngeld die Zeiträume 1. März 2013 bis 28. März 2013 und 29. April 2013 bis 28. Mai 2013 angegeben. Am 15. Januar 2013 bestätigte die Beklagte den Eingang des „Antrages auf Elternzeit ab 28. Februar 2013” und bat um die Vereinbarung eines Termins zu diesem Thema.
Am 1. Februar 2013 fand ein Gespräch zwischen dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten und dem Kläger statt. Als Themen des Gesprächs waren in der Einladung ua. „Personalgespräch: Elternzeit” und „Zielvereinbarungsgespräch: 2013 (bitte Vorschlag analog zu 2012 mitbringen)” genannt. Nach dem Gespräch teilte der Kläger dem damaligen Geschäftsführer am 3. Februar 2013 per E-Mail mit, dass er sich bezüglich der Elternzeit mit seiner Frau besprochen habe und sie bei den Monaten März und Mai 2013 bleiben würden. Alternativ bot der Kläger an, seine Elternzeit zu verschieben, wenn die Beklagte eine variable Vergütung für das Jahr 2012 iHv. 9.333,00 Euro zahle. Am 6. Februar 2013 informierte der Kläger die Personalreferentin der Beklagten wiederum per E-Mail, dass er mit dem damaligen Geschäftsführer über die Elternzeit gesprochen und ihm gesagt habe, dass „wir den März und Mai so nehmen”. In ihrer Antwort vom 8. Februar 2013 teilte die Personalreferentin, welche die „Arbeitgeber-Bescheinigung” für den Antrag auf Elterngeld unter dem 7. Februar 2013 unterzeichnet hatte, ua. Folgendes mit:
„…
nach Prüfung der betrieblichen Gegebenheiten der derzeitigen (Auftrags-)Lage in der P GmbH, möchten wir Dich darauf hinweisen, dass der Antrag auf Elternzeit form- und fristgerecht bisher nur für die Monate 28.02.2013 – 28.04.2013 gestellt wurde.
Bitte stelle form- und fristgerecht erneut einen Antrag falls sich dieser Zeitraum geändert haben sollte.”
Mit Schreiben vom 11. Februar 2013 bestätigte die Beklagte den Eingang des „am 13. Januar 2013 eingegangenen Antrages auf Elternzeit für die Monate vom 28. Februar 2013 bis 28. April 2013” und erklärte, dass sie diesem Antrag entspreche. Mit E-Mail vom gleichen Tag wurde der Kläger aufgefordert, in der „Arbeitgeber-Bescheinigung” für den Antrag auf Elterngeld den Zeitraum 28. Februar bis 28. April 2013 „gemäß deinem schriftlichen Antrag vom 13. Januar 2013” anzugeben. Der Kläger erklärte daraufhin mit Schreiben ebenfalls vom 11. Februar 2013, dass er keine Elternzeit im März und April 2013 nehmen werde, da er keine Elternzeit für den in der „Arbeitgeber-Bescheinigung” angegebenen Zeitraum erhalte.
Am 18. Februar 2013 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der Projekteinsatz bei einem Kunden Ende Februar enden werde. Mit Schreiben vom gleichen Tag mahnte die Beklagte den Kläger ab, weil er bisher keinen Vorschlag für eine Zielvereinbarung eingereicht habe. Ebenfalls mit Schreiben vom 18. Februar 2013 teilte die Beklagte mit, dass man die „Rücktrittserklärung” vom Antrag auf Elternzeit für den Zeitraum vom 28. Februar bis zum 28. April 2013 ablehne und sich auf die Rückkehr des Klägers im Anschluss an diesen Zeitraum freue.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28. Februar 2013 bot der Kläger erfolglos seine Arbeitsleistung an. Die Beklagte beschäftigte den Kläger nicht und zahlte für die Monate März und April 2013 auch keine Vergütung. Der Kläger erhielt für diese beiden Monate Elterngeld unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass ein wirksames Verlangen auf Elternzeit nicht vorliege.
Mit seiner der Beklagten am 26. April 2013 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass er keinen formwirksamen Elternzeitantrag gestellt habe. Die Beklagte habe ihn an seinem ersten formunwirksamen Antrag für die Monate März und April 2013 nur festhalten wollen, nachdem offenbar für diesen Zeitraum ein Projekt weggefallen sei. Die Beklagte sei jedenfalls verpflichtet gewesen, seinem Antrag auf vorzeitige Beendigung der Elternzeit zuzustimmen.
Der Kläger hat – soweit für die Revision von Interesse – beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.670,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2013 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.670,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, dass für die Inanspruchnahme von Elternzeit das Schriftformerfordernis des § 126 BGB nicht gelte, sodass der Kläger wirksam Elternzeit für den Zeitraum vom 28. Februar bis zum 28. April 2013 beantragt habe. Jedenfalls sei es rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger sich nun auf die fehlende Schriftform berufe. Die Kundeneinsätze für die Monate März und April 2013 seien im Januar geplant worden. Ein „Rücktritt” von der beantragten Elternzeit sei ohne Zustimmung des Arbeitgebers nicht möglich. Diese Zustimmung habe sie nicht erteilt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage – soweit für die Revision von Interesse – stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und für diese die Revision beschränkt auf die Rechtsfrage zugelassen, ob „schriftlich” iSv. § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG aF die Schriftform nach § 126 BGB voraussetzt oder Textform iSv. § 126b BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (aF) ausreicht. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.
A. Die Revision ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.
Das Landesarbeitsgericht hat für die Beklagte die Revision beschränkt auf die Rechtsfrage zugelassen, ob „schriftlich” iSv. § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG aF die Schriftform nach § 126 BGB voraussetzt oder Textform iSv. § 126b BGB aF ausreicht. Eine solche Beschränkung der Revisionszulassung sieht das Gesetz nicht vor. Das Berufungsgericht darf die Zulassung der Revision nur auf einen tatsächlich oder rechtlich selbstständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränken, nicht aber auf einzelne Anspruchsgrundlagen, Rechtsfragen oder Elemente des geltend gemachten Anspruchs (BAG 15. Januar 2015 – 5 AZN 798/14 – Rn. 5, BAGE 150, 279; 6. November 2008 – 2 AZR 924/07 – Rn. 21 mwN). Die Unzulässigkeit der vom Berufungsgericht vorgenommenen Beschränkung führt nicht zur Wirkungslosigkeit der Zulassung, vielmehr bleiben der unzulässigen Einschränkung die Rechtswirkungen versagt (vgl. BAG 28. Mai 2014 – 10 AZB 20/14 – Rn. 10; 19. März 2003 – 5 AZN 751/02 – zu II 3 der Gründe, BAGE 105, 308). Die Revision der Beklagten ist deshalb gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ArbGG statthaft.
B. Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten hinsichtlich der auf die Vergütung für die Monate März und April 2013 bezogenen Klageanträge zu Recht zurückgewiesen. Es hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 13.340,00 Euro brutto für die Monate März und April 2013 aus dem Arbeitsvertrag iVm. § 615 BGB hat. Die Beklagte befand sich in diesem Zeitraum in Verzug mit der Annahme der vom Kläger ordnungsgemäß angebotenen Arbeitsleistung. Die Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses der Parteien waren nicht aufgrund einer Elternzeit des Klägers suspendiert.
I. Zwar ruhen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis während einer Elternzeit (vgl. BAG 27. April 2004 – 9 AZR 21/04 – zu A I 2 a der Gründe, BAGE 110, 224). Dies setzt aber eine wirksame Inanspruchnahme der Elternzeit voraus. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung (aF), der gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BEEG aufgrund der Geburt des Kindes des Klägers im Jahr 2012 weiterhin Anwendung findet, muss, wer Elternzeit beanspruchen will, diese spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Diesen Anforderungen wurden die Erklärungen des Klägers schon deshalb nicht gerecht, weil sie nicht iSd. § 126 Abs. 1 BGB in einer eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichneten Urkunde verkörpert waren. Dem Kläger ist es auch nicht verwehrt, sich auf diesen Formmangel zu berufen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Inanspruchnahme der Elternzeit nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG aF der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB bedurfte (so auch KR/Bader 11. Aufl. § 18 BEEG Rn. 44; Buchner/Becker MuSchG/BEEG 8. Aufl. § 16 BEEG Rn. 3; ErfK/Gallner 16. Aufl. § 16 BEEG Rn. 2; Kleinebrink FA 2001, 354, 357; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 172 Rn. 11; Hk-MuSchG/BEEG/Rancke 4. Aufl. § 16 BEEG Rn. 6; Tillmanns in Tillmanns/Mutschler MuSchG/BEEG § 16 BEEG Rn. 5; SPV/Vossen 11. Aufl. Rn. 1450; vgl. zu § 16 Abs. 1 Satz 1 BErzGG auch bereits BAG 27. April 2004 – 9 AZR 21/04 – zu A I 2 b bb (3) der Gründe, BAGE 110, 224; aA Brors RdA 2005, 51, 54; HWK/Gaul 7. Aufl. § 16 BEEG Rn. 1; Gotthardt/Beck NZA 2002, 876, 881; Kohte/Müller jurisPR-ArbR 41/2009 Anm. 4; Küttner/Poeche Personalbuch 2016 Elternzeit Rn. 15). Eine Erklärung in Textform gemäß § 126b BGB aF reicht zur Wahrung des Formerfordernisses nicht aus. Die Nichteinhaltung der Form hat gemäß § 125 Satz 1 BGB die Nichtigkeit der Erklärung zur Folge.
a) Bereits der Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG aF spricht dafür, dass für eine wirksame Inanspruchnahme der Elternzeit die Schriftform iSv. § 126 Abs. 1 BGB eingehalten sein musste.
aa) Verwendet der Gesetzgeber den Begriff „schriftlich” im Zusammenhang mit einer Willenserklärung, wie dies zB in § 22 Abs. 3 BBiG und § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG der Fall ist, spricht dies für eine Unterwerfung unter die Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB (vgl. Lützen NJW 2012, 1627, 1628). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das Formerfordernis des § 126 Abs. 1 BGB trotz des offenen Wortlauts der Vorschrift grundsätzlich auf Rechtsgeschäfte beschränkt. Auf rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen ist die Bestimmung nicht unmittelbar anzuwenden. Daran hat die Ergänzung des § 126 BGB um § 126a und § 126b BGB durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542)nichts geändert. Auch die §§ 126a, 126b BGB sind wegen des fortbestehenden Sachzusammenhangs mit den Bestimmungen über Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte unmittelbar nur auf Willenserklärungen anwendbar. Für rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen gelten sie allenfalls entsprechend (BAG 15. Dezember 2011 – 7 ABR 40/10 – Rn. 33; 10. März 2009 – 1 ABR 93/07 – Rn. 32, BAGE 130, 1).
bb) Bei der Inanspruchnahme von Elternzeit handelt es sich jedoch nicht um eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, sondern wie bei der Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses (§ 22 Abs. 3 BBiG)und dem Weiterbeschäftigungsverlangen eines Auszubildenden nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung (KR/Bader § 18 BEEG Rn. 46; Buchner/Becker § 16 BEEG Rn. 1 und 4; Hk-MuSchG/BEEG/Rancke § 16 BEEG Rn. 5). Das Elternzeitverlangen ist darauf gerichtet, das Arbeitsverhältnis für einen bestimmten Zeitraum zum Zwecke der Betreuung und Erziehung eines Kindes zum Ruhen zu bringen. Es führt aufgrund des der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer eingeräumten Gestaltungsrechts unmittelbar zum Ruhen der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden wechselseitigen Hauptpflichten (so bereits zum BErzGG BAG 19. April 2005 – 9 AZR 233/04 – zu II 3 a aa der Gründe, BAGE 114, 206). Diese Rechtsfolge tritt ein, ohne dass es einer Zustimmung seitens des Arbeitgebers bedarf (so schon zum BErzGG BAG 27. April 2004 – 9 AZR 21/04 – zu A I 2 a der Gründe, BAGE 110, 224).
b) Für die Geltung des strengen Formerfordernisses des § 126 Abs. 1 BGB spricht darüber hinaus die Gesetzeshistorie.
aa) Der Gesetzgeber hat in § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG aF die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 BErzGG weitgehend inhaltsgleich übernommen. § 16 Abs. 1 Satz 1 BErzGG in der Fassung vom 31. Januar 1994 lautete:
„Der Arbeitnehmer muss den Erziehungsurlaub spätestens vier Wochen vor dem Zeitpunkt, von dem ab er ihn in Anspruch nehmen will, vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum oder für welche Zeiträume er Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen will.”
Sodann wurde die Norm folgendermaßen geändert:
„Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen die Elternzeit, wenn sie unmittelbar nach der Geburt des Kindes oder nach der Mutterschutzfrist (§ 15 Abs. 3 Satz 2) beginnen soll, spätestens sechs Wochen, sonst spätestens acht Wochen vor Beginn schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren sie Elternzeit nehmen werden.”
Zu dieser Änderung mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des BErzGG mit Wirkung zum 1. Januar 2001 hat der Gesetzgeber ausgeführt (BT-Drs. 14/3553 S. 22):
„Für die Anmeldung und die zeitliche Einteilung des Erziehungsurlaubs ist nach Satz 1 in Zukunft die Schriftform notwendig, um die Gesamtübersicht zum flexibilisierten Erziehungsurlaub zu verbessern.”
Der Gesetzgeber hat damit für die Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs bzw. der Elternzeit bewusst ein Formerfordernis eingeführt. Mit dem Begriff „Schriftform” hat er dabei auf die gesetzliche Überschrift des § 126 BGB Bezug genommen.
bb) Das Argument, für das Verlangen der Elternzeit genüge die Wahrung der Textform, weil bei Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des BErzGG mit Wirkung zum 1. Januar 2001 § 126b BGB aF noch nicht galt, trägt nicht. Diese Vorschrift wurde zwar erst mit Wirkung vom 1. August 2001 eingeführt (BGBl. I S. 1542). Jedoch hat der Gesetzgeber bei der Überführung des § 16 BErzGG in das BEEG und den zahlreichen Änderungen des BEEG davon abgesehen, das Wort „schriftlich” durch die Formulierung „in Textform” zu ersetzen. Dieser Wille des Gesetzgebers ist zu achten, zumal dieser Textform iSv. § 126b BGB aF vornehmlich nicht bei Willenserklärungen, sondern bei rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen oder bei gesetzlichen Informationspflichten vorschreibt (MüKoBGB/Einsele 7. Aufl. § 126 Rn. 4). Insofern kann von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers ausgegangen werden, über die sich die Gerichte auch dann nicht hinwegsetzen dürfen, wenn sie das Schriftformerfordernis nicht für angemessen erachten.
c) Schließlich geben auch Sinn und Zweck der Regelung vor, dass das Elternzeitverlangen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG aF der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB bedurfte. Dabei ist nicht allein auf den in der Gesetzesbegründung ausdrücklich formulierten Zweck der Verbesserung der Gesamtübersicht zum flexibilisierten Erziehungsurlaub abzustellen (aA wohl Gotthardt/Beck NZA 2002, 876, 881).
aa) Die Wahrung der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB bei der Inanspruchnahme der Elternzeit bewirkt zunächst Rechtssicherheit für die Arbeitsvertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit, ob und ggf. für welche Zeiträume Elternzeit verlangt worden ist. Durch die Unterzeichnung wird der Aussteller der Urkunde erkennbar. Außerdem wird durch die Verbindung zwischen Unterschrift und Erklärungstext gewährleistet, dass die Erklärung inhaltlich vom Unterzeichner herrührt (BAG 17. Dezember 2015 – 6 AZR 709/14 – Rn. 27).
bb) Das Schriftformerfordernis bei der Inanspruchnahme der Elternzeit schützte aber nicht nur den Arbeitgeber als Erklärungsempfänger. Es entfaltete darüber hinaus für die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer eine Warnfunktion. Hat eine Formvorschrift auch Warnfunktion, führt dies grundsätzlich zu den strengen Anforderungen des § 126 Abs. 1 BGB (vgl. BAG 15. Dezember 2011 – 7 ABR 40/10 – Rn. 37; ErfK/Preis §§ 125 – 127 BGB Rn. 13). Durch die Schriftform soll die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer vor einem unüberlegten oder übereilten Elternzeitverlangen geschützt werden. Durch die Inanspruchnahme von Elternzeit wird das Arbeitsverhältnis für die Dauer von bis zu drei Jahren zum Ruhen gebracht. Dies hat zur Folge, dass der Vergütungsanspruch für diesen Zeitraum entfällt. Mit der im Arbeitsverhältnis erzielten Vergütung bestreiten Arbeitnehmer regelmäßig – zumindest größtenteils – ihren Lebensunterhalt. Die Ausübung des Gestaltungsrechts muss daher wohlüberlegt sein (Tillmanns in Tillmanns/Mutschler § 16 BEEG Rn. 5), zumal eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit nach § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG aF grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich war.
cc) Daraus wird deutlich, dass für ein wirksames Elternzeitverlangen die Einhaltung der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB konstitutiv wirkt. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Formvorschrift eingeführt hat, ohne diese iSv. § 125 Satz 1 BGB einzuordnen, fehlen (vgl. zu einem solchen Ausnahmefall BGH 1. Juli 1999 – I ZR 181/96 – zu II 2 b der Gründe mwN; vgl. zu § 4 Abs. 1 Satz 1 BBiG aF auch BAG 21. August 1997 – 5 AZR 713/96 – zu II 2 der Gründe).
d) Der Kläger hat mit seinen durchweg per E-Mail abgegebenen Erklärungen die Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB nicht gewahrt.
aa) Das Gesetz unterscheidet in § 125 BGB zwischen einer durch Gesetz vorgeschriebenen schriftlichen Form und der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form. Nach § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung. Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss nach § 126 Abs. 1 BGB die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Gemäß § 126 Abs. 3 BGB kann die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem SigG versehen (§ 126a Abs. 1 BGB).
bb) Die erste E-Mail vom 4. Januar 2013 genügt dem Formerfordernis nicht, weil es sich nicht um eine Urkunde mit eigenhändiger Namensunterschrift handelt. Die elektronische Form iSd. § 126a BGB ist mangels qualifizierter elektronischer Signatur nach dem SigG nicht eingehalten.
cc) Auch die als Anhang zur E-Mail vom 13. Januar 2013 übersandte PDF-Datei genügt dem Formerfordernis nicht. Zwar mag es sein, dass der Kläger zunächst eine den Anforderungen des § 126 Abs. 1 BGB gerecht werdende Urkunde mit eigenhändiger Unterschrift erstellt hat. Da es sich bei der Inanspruchnahme von Elternzeit um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, wird die Erklärung nur wirksam, wenn die formgerecht errichtete Erklärung dem Erklärungsempfänger zugeht (vgl. BGH 28. Januar 1993 – IX ZR 259/91 – zu II 2 der Gründe, BGHZ 121, 224; Palandt/Ellenberger 75. Aufl. § 126 BGB Rn. 12). Bei der PDF-Datei handelt es sich im Ergebnis nur um eine Ablichtung der Urkunde. Wie beim Telefax genügt der Zugang dieser Ablichtung nicht dem Schriftformgebot (zur Inanspruchnahme von Elternzeit per Telefax vgl. BAG 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15 – Rn. 31; zur Übermittlung einer Kündigung per Telefax vgl. BAG 17. Dezember 2015 – 6 AZR 709/14 – Rn. 47).
2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass es dem Kläger nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs verwehrt ist, sich auf den Formmangel zu berufen.
a) Formvorschriften dürfen im Interesse der Rechtssicherheit nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen, wobei strenge Maßstäbe anzulegen sind. Das Ergebnis darf die betroffene Partei nicht bloß hart treffen, sondern es muss schlechthin untragbar sein (BGH 24. April 1998 – V ZR 197/97 – zu II 5 der Gründe mwN, BGHZ 138, 339). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat (BGH 9. April 2008 – XII ZR 89/06 – Rn. 28).
b) Die einzelfallbezogene Würdigung der Umstände durch die Tatsachengerichte ist in der Revisionsinstanz als Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff des Rechtsmissbrauchs verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter § 242 BGB Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (BAG 11. Juni 2013 – 9 AZR 786/11 – Rn. 11).
c) Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger handele nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er sich darauf beruft, mit seinen Erklärungen die erforderliche Form nicht gewahrt zu haben, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht, er werde sich auf den Formmangel nicht berufen. Zwar hat die Beklagte durch die E-Mail ihrer Personalreferentin vom 8. Februar 2013 und durch das Schreiben vom 11. Februar 2013 deutlich gemacht, dass sie davon ausgehe, dass der Kläger für den Zeitraum vom 28. Februar bis zum 28. April 2013 „form- und fristgerecht” Elternzeit in Anspruch genommen habe. Einer Elternzeit in diesem Zeitraum hat der Kläger seinerseits bereits mit Schreiben vom 11. Februar 2013 unverzüglich widersprochen. Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht auch zu der Auffassung gelangt, dass es zu keiner Einigung der Parteien über die Elternzeit gekommen ist. Im Übrigen hätte eine solche Einigung auch der Schriftform des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG aF bedurft.
II. Nachdem die Beklagte mit dem Schreiben vom 18. Februar 2013 die „Rücktrittserklärung” des Klägers „abgelehnt” und erklärt hatte, dass man ihn erst nach seiner Elternzeit wieder beschäftigen werde, genügte gemäß § 295 Satz 1 BGB das wörtliche Angebot der Arbeitsleistung mit Schreiben vom 28. Februar 2013, um die Beklagte in Annahmeverzug zu setzen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beschäftigte die Beklagte den Kläger tatsächlich nicht und zahlte ihm für die Monate März und April 2013 auch keine Vergütung.
III. Soweit der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum Elterngeld bezogen hat, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass ein Anspruchsübergang nach § 115 Abs. 1 SGB X nicht erfolgt ist.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Brühler, Krasshöfer, Klose, Wullhorst, Kranzusch
Fundstellen
Haufe-Index 9806037 |
ArbR 2016, 529 |