Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Scheinarbeitsvertrag
Orientierungssatz
- Bei einem Betriebsübergang geht gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ein Arbeitsverhältnis, nicht aber ein freies Dienstverhältnis auf den Betriebserwerber über.
- Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß ein freies Dienstverhältnis nur zum Schein in ein abhängiges Arbeitsverhältnis umgewandelt und daher nicht vom nachfolgenden Betriebsübergang erfaßt wurde, trägt die Partei, die sich auf die Nichtigkeit des Scheingeschäfts nach § 117 Abs. 1 BGB beruft. Dies gilt auch, wenn diese Umwandlung im “insolvenznahen” Zeitpunkt und wenige Monate vor einem Betriebsübergang erfolgte.
Normenkette
BGB §§ 613a, 117 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. Mai 2001 – 4 (19) Sa 1773/00 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) und über Vergütungszahlungen.
Der Beklagte zu 1) ist durch das Amtsgericht Münster am 1. März 2000 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der R… Betriebsgesellschaft mbH bestellt worden (Schuldnerin), die die “Schloßklinik P…” in B… betrieben hat. Die Beklagte zu 2) hat mit Wirkung vom 1. März 2000 den Klinikbetrieb auf Grund einer Betriebsübernahme weitergeführt. Der Kläger, Inhaber der H…-Office, Organisationsbüro, schloß unter dem 28. November 1999 nach einem vorangegangenen Beraterverhältnis mit der R… Betriebsgesellschaft mbH, vertreten durch deren Geschäftsführerin (G F), einen Arbeitsvertrag/Dienstvertrag, in welchem es ua. heißt:
Ҥ 1
Vertragspartner, Eingruppierung
Von der R… Betriebsgesellschaft mbH, A 1, R…,
wird Herr H… G… He…, geb. 10.09.56, wohnhaft L… 1a, Pu…, gemäß den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeitnehmer in Privatkrankenanstalten und des Vergütungs- und Lohntarifvertrages des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen für Arbeitnehmer in Privatkrankenanstalten in ihrer jeweils gültigen Fassung als Sozialarbeiter mit dem Aufgabenschwerpunkt des sozialen Managements eingestellt.
§ 2
Laufzeit
Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.12.99 und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.
…
§ 18
Zusätzliche Vereinbarungen
Aufgrund der freiberuflichen Tätigkeit von Herrn He… vom 1.10.98 bis 30.11.99 für die Gesellschaft entfällt die Probezeit. Herr He… ist der Geschäftsleitung direkt unterstellt.
Als Vergütung erhält Herr He… monatlich ein Gehalt von DM 11.000,--. Zusätzlich erhält Herr He… monatlich als Entschädigung eine Telefonkostenpauschale von DM 250,-- für sein selbstgenutztes Telefon. Zusätzlich erhält Herr He… eine Fahrtkostenpauschale in Höhe von DM 0,30 pro gefahrenem Kilometer zuzüglich der Benzinkosten.”
Ob daneben noch ein Arbeitsverhältnis des Klägers zu einem von der Geschäftsführerin der R… Betriebsgesellschaft mbH betriebenen Seniorenhotel mit Tagespflegecenter, der “Villa F…”, bestand, ist zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 1999 erteilte die Geschäftsführerin G… F… dem Kläger in Briefform folgende Vollmacht:
“Generalvollmacht
Sehr geehrter Herr He…,
hiermit beauftrage ich Sie, als Bevollmächtigter meine Aufgaben als Geschäftsführerin der Unternehmung in Firma R… Betriebsgesellschaft gemäß §§ 35 ff GmbHG wahrzunehmen.
Sie sind bevollmächtigt, gemäß § 164 BGB im Namen der Unternehmung Firma R… Betriebsgesellschaft GmbH Willenserklärungen abzugeben, Willenserklärungen entgegenzunehmen, die Gesellschaft gegenüber Gerichten, Behörden, Banken und Dritten Personen zu vertreten, Bücher einzusehen, Schriftstücke entgegenzunehmen sowie Zahlungen zu leisten und Geldzahlungen mit schuldbefreiender Wirkung für den Zahlenden anzunehmen.
Die Erteilung der Untervollmacht ist ausgeschlossen. Die Vollmacht erlischt im Todesfalle.”
Der Kläger erhielt ab Dezember 1999 von der Schuldnerin keinerlei Vergütung mehr. Das Arbeitsamt zahlte ihm auf Grund des Arbeitsvertrages vom 28. November 1999 für die Monate Dezember 1999 bis Februar 2000 Insolvenzgeld.
Der Beklagte zu 1) stellte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter den Kläger mit Schreiben vom 1. März 2000 frei und kündigte ihm schließlich mit Schreiben vom 22. März 2000 zum 30. April 2000. Diese Kündigung hat der Kläger mit seiner Klage angefochten und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu der Beklagten zu 2) geltend gemacht.
Unter dem Briefkopf “Schloßklinik P…” kündigte der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) dem Kläger mit Schreiben vom 27. April 2000, in dem es ua. heißt:
“ich gehe davon aus, dass zwischen uns kein gültiger Arbeitsvertrag besteht, da es sich bei dem zwischen Ihnen und der R… GmbH am 28.11.99 geschlossenen Arbeitsvertrag um einen Scheinvertrag handelt. Diese Auffassung wird auch von anderen fachkundigen Stellen vertreten.
Rein vorsorglich für den Fall, dass das zuständige Arbeitsgericht eine andere Auffassung vertritt und ausdrücklich ohne Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses kündige ich Ihnen hiermit fristgerecht zum 31.05.2000. Die Kündigung erfolgt nicht wegen Betriebsübergang, sondern betriebsbedingt, da wir einen Sozialarbeiter zur Aufrechterhaltung des Klinikbetriebs nicht brauchen.”
Auch hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage und machte Gehaltsansprüche geltend.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe von vornherein ein Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin angestrebt. Diese habe ihn jedoch nur als freien Mitarbeiter angesehen. Dementsprechend habe er ein Gewerbe angemeldet. Neben der Tätigkeit bei der Schuldnerin sei er bis zum 31. Dezember 1998 noch als Angestellter in dem Seniorenheim “Villa F…” in Pu beschäftigt gewesen. Richtigerweise sei er nicht erst ab 1. Dezember 1999, sondern bereits seit 1. Januar 1998 als Arbeitnehmer der Schuldnerin anzusehen. Schon deshalb sei der Vertrag vom 28. November 1999 kein Scheinvertrag gewesen. Im übrigen sei zum Zeitpunkt dieses Vertragsabschlusses die Insolvenz des Unternehmens überhaupt keine feststehende Tatsache gewesen. Vielmehr seien die Geschäftsleitung der Schuldnerin sowie insbesondere auch er selbst davon ausgegangen, daß noch rechtzeitig ein Investor bzw. ein den Betrieb übernehmendes Unternehmen gefunden werde, um den Betrieb vor der Insolvenz zu bewahren und den Mitarbeitern die Arbeitsplätze zu erhalten. Die Kündigung vom 22. März 2000 sei rechtsunwirksam, weil der Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis nur im Hinblick auf den Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) gekündigt habe.
Der Kläger hat zuletzt die Feststellung beantragt, daß sein Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen mit der Beklagten zu 2) fortbesteht. Des weiteren begehrt er gegenüber der Beklagten zu 2) die Vergütungszahlungen für die Monate März bis Mai 2000.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, ein Arbeitsverhältnis habe nicht bestanden. Der Kläger habe mit der Schuldnerin ausdrücklich und bewußt am 28. November 1999 einen Scheinvertrag geschlossen, und zwar ausschließlich, um das ihm nicht zustehende Insolvenzgeld zu erschleichen und unberechtigte Ansprüche aus dem Betriebsübergang abzuleiten. Zum Zeitpunkt des 1. Dezember 1999, als das angebliche Arbeitsverhältnis mit einem Gehalt von 11.000,00 DM habe beginnen sollen, sei die Insolvenz des Unternehmens praktisch eine feststehende Tatsache gewesen. Kein sonstiger Mitarbeiter habe in diesem Zeitpunkt noch irgendwelche Gelder von der Schuldnerin erhalten.
Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteile festgestellt, daß die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 22. März 2000 das Arbeitsverhältnis nicht zum 30. April 2000 aufgelöst hat und die Beklagte zu 2) zur Zahlung der geforderten Monatsgehälter März, April und Mai 2000 verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat nach Verbindung beider Verfahren auf die Berufungen der beiden Beklagten die in den Teilurteilen entschiedene Feststellungsklage und die Zahlungsklage abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Teilurteile. Die Revision gegen den Beklagten zu 1) hat der Kläger mit dessen Zustimmung zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO aF).
Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger sei zu keinem Zeitpunkt Arbeitnehmer der Schuldnerin gewesen. Er habe lediglich in einem freien Mitarbeiterverhältnis zu ihr gestanden, welches nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen sei, so daß diese auch die Vergütung für die Monate März bis Mai 2000 nicht schulde. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers sei auf Grund der Kündigung des Beklagten zu 1) bereits mit dem 30. April 2000 beendet worden, ohne daß ein Verstoß gegen das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 BGB feststellbar sei.
Das Vertragsverhältnis des Klägers zur Schuldnerin sei für die Zeit vom 1. September 1998 bis zum 30. November 1999 rechtlich ein freies Mitarbeiterverhältnis gewesen. Es sei durch den Vertrag vom 28. November 1999 nicht rechtswirksam mit Wirkung vom 1. Dezember 1999 in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt worden. Bei der Umwandlung eines freien Mitarbeiterverhältnisses in ein Arbeitsverhältnis sei zwar grundsätzlich der Inhalt und damit der Wortlaut des als “Arbeitsvertrag” bezeichneten Vertragswerkes ausschlaggebend. Einem Betriebsübernehmer, der nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nur in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs “bestehenden” Arbeitsverhältnisses eintritt, sei es jedoch nicht verwehrt, den Status des den Übergang seines Vertragsverhältnisses geltend machenden Beschäftigten in Abrede zu stellen. Er habe dann das Vorbringen des Arbeitnehmers, das auf Grund der Bezeichnung “Arbeitsvertrag” dem ersten Anschein nach zutreffend sei, durch Gegendarlegungen und Gegenbeweise “zu erschüttern”. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die “Umwandlung” vom freien Mitarbeiterverhältnis in ein Arbeitsverhältnis wenige Monate vor dem Betriebsübergang erfolgt sei. Zwar trage für eine vom Vertragswortlaut abweichende tatsächliche Durchführung die Partei die Darlegungs- und Beweislast, die sich darauf berufe. Finde jedoch im “insolvenznahen” Zeitpunkt eine Umwandlung eines freien Mitarbeiterverhältnisses in ein abhängiges Arbeitsverhältnis statt, so reiche es aus, wenn Tatsachen vorgetragen würden, die “erhebliche Zweifel” an der Wirksamkeit der Vertragsumwandlung aufkommen ließen. Danach sei das Vertragsverhältnis des Klägers zur Schuldnerin ein freies Dienstverhältnis geblieben, das beim Betriebsübergang am 1. März 2000 nicht gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte zu 2) übergegangen sei.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf Grund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann ein am 28. November 1999 zwischen dem Kläger und der Schuldnerin geschlossenes “Scheinarbeitsverhältnis”, das zur Folge hat, daß es bei dem freien Mitarbeiterverhältnis bleibt und ein Betriebsübergang ausscheidet, nicht angenommen werden.
1. Dem Landesarbeitsgericht ist allerdings im Ausgangspunkt zuzustimmen. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es maßgeblich darauf an, ob der Kläger im Zeitpunkt des unstreitigen Übergangs des Klinikbetriebs auf die Beklagte zu 2) am 1. März 2000 in einem Arbeitsverhältnis oder in einem freien Dienstverhältnis zur Schuldnerin stand. Nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB tritt der Betriebserwerber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden “Arbeitsverhältnissen” ein. Erfaßt werden die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob es sich um Arbeiter, Angestellte oder Auszubildende handelt, auch leitende Angestellte fallen darunter (BAG 22. Februar 1978 – 5 AZR 800/76 – AP BGB § 613a Nr. 11 = EzA BGB § 613a Nr. 18; 19. Januar 1988 – 3 AZR 263/86 – BAGE 57, 198 = AP BGB § 613a Nr. 70 = EzA BGB § 613a Nr. 69). Dagegen gilt § 613a BGB nicht für Personen, die in keinem Arbeitsverhältnis, sondern in einem freien Dienstverhältnis stehen (KR-Pfeiffer 5. Aufl. § 613a Rn. 14; ErfK/Preis 3. Aufl. § 613a BGB Rn. 67; LAG Köln 10. September 1998 – 11 Sa 46/98 –; BAG 13. Februar 2003 – 8 AZR 654/01 – DB 2003, 942).
2. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, daß das vorangegangene Beraterverhältnis zwischen dem Kläger und der späteren Schuldnerin bis 30. November 1999 ein freies Dienstverhältnis und kein Arbeitsverhältnis war.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterscheidet sich das Arbeitsverhältnis von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt (vgl. statt aller: 12. September 1996 – 5 AZR 1066/94 – BAGE 84, 108 = AP BGB § 611 Freier Mitarbeiter Nr. 1 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 58, zu II der Gründe). Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler erkannt, daß der Kläger diese persönliche Abhängigkeit in seinem Beraterverhältnis zur späteren Schuldnerin nicht hatte. Zutreffend hat es angenommen, daß ein Beratervertrag, in dem jemand sich verpflichtet, seine Kenntnisse auf bestimmtem Gebiet einem Unternehmer gegen Honorar zur Verfügung zu stellen, typischerweise ein freier Dienstvertrag ist. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auf den Vertrag zwischen der R… Betriebsgesellschaft mbH, der späteren Schuldnerin, und dem Kläger vom 30. August 1998 hingewiesen, wonach vereinbart war, daß die vom Kläger betriebene H…-Office ab dem 1. September 1998 die Schuldnerin “in sozialen Fragen beraten, Marketingstrategien entwickeln, Veranstaltungen verschiedenster Art organisieren und Öffentlichkeitsarbeit leisten” sollte. Die Hinweise des Klägers auf einfach gelagerte Tätigkeiten, zu denen er verpflichtet war, welche mit einer Beratertätigkeit im herkömmlichen Sinne nicht verbunden werden könnte, zB Überwachung und Kontrolle von Umbaumaßnahmen, Organisation von Möbeltransporten usw., rechtfertigen nicht die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Auch die dargelegten Berichtspflichten begründen nicht die Eingliederung des Klägers als abhängigen Arbeitnehmer in die Betriebsorganisation. Dabei kann unterstellt werden, daß der Kläger von vornherein ein Arbeitsverhältnis anstrebte. Diesem Wunsch war die Schuldnerin jedenfalls bis zum 30. November 1999 nicht nachgekommen. Noch im Vertrag vom 28. November 1999 bezeichneten die Parteien unter § 18 die Tätigkeit des Klägers vom 1. Oktober 1998 bis 30. November 1999 als “freiberufliche Tätigkeit”.
3. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann allerdings für die Zeit ab 1. Dezember 1999 keine Fortführung dieses freien Dienstverhältnisses angenommen werden. Hierzu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen zu den Umständen, unter denen es zu dem Arbeitsvertrag/Dienstvertrag vom 28. November 1999 kam. Bei der Annahme des Landesarbeitsgerichts, dieser Vertrag sei ein Scheinvertrag, hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Dies rügt der Kläger zu Recht.
a) Für ihre Behauptung, bei dem Arbeitsvertrag vom 28. November 1999 habe es sich um einen Scheingeschäft iSv. § 117 Abs. 1 BGB gehandelt, liegt die Darlegungs- und Beweislast bei den Beklagten. Wer sich auf die Nichtigkeit eines Geschäfts nach § 117 Abs. 1 BGB beruft, trägt für den Scheincharakter des Geschäfts die Beweislast (Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. § 117 Rn. 9 mwN). Dies gilt auch für die Behauptung, bei einem Arbeitsvertrag habe es sich um ein Scheingeschäft gehandelt (BAG 9. Februar 1995 – 2 AZR 389/94 – EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 12, zu II 4 der Gründe). Die Darlegungs- und Beweislast erfaßt auch den Einwand der Beklagten, der Arbeitsvertrag vom 28. November 1999 sei nicht abredegemäß durchgeführt worden, der Kläger sei weiterhin als freier Mitarbeiter und nicht als Arbeitnehmer beschäftigt worden (vgl. BAG 9. Februar 1995 – 2 AZR 389/94 – aaO).
b) Diesen Grundsätzen genügt die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht, wenn sie dem vorgelegten Arbeitsvertrag lediglich den Beweis des ersten Anscheins zubilligt, der durch den Vortrag, der Vertrag sei lediglich abgeschlossen worden, um dem Kläger Insolvenzgeld und Ansprüche aus dem Betriebsübergang zu sichern, erschüttert und entkräftet sei. Durch Vorlage des Arbeitsvertrages ist der Kläger zunächst seiner Beweislast für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nachgekommen. Bis zum Beweis des Gegenteils spricht der vorgelegte Arbeitsvertrag dafür, daß der Kläger ab 1. Dezember 1999 in einem Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin stand.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt der Vorlage des Arbeitsvertrages nicht bereits deshalb keine Beweiskraft zu, weil der Vertrag im “insolvenznahen” Zeitpunkt eine Umwandlung eines freien Mitarbeiterverhältnisses in ein abhängiges Arbeitsverhältnis enthält. Der “insolvenznahe” Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist lediglich im Rahmen einer Gesamtbeurteilung, ob ein Scheinvertrag vorliegt, zu würdigen. Dabei ist auch der Vortrag des Klägers zu werten und ggf. darüber Beweis zu erheben, der Kläger habe bei Vertragsabschluß nicht gewußt, daß die Mitarbeiter 1999 kein Novembergehalt erhalten würden und zu diesem Zeitpunkt noch auf die Rettung der späteren Schuldnerin vertraut. In diesem Zusammenhang wird auch von Interesse sein, wann die weitere Kassenzulassung der Schuldnerin abgelehnt wurde und die Bank die Kredite nicht mehr verlängerte. Ebenso ist die von den Beklagten behauptete und unter Beweis gestellte Äußerung des Klägers zu würdigen, er habe mit der Geschäftsführerin G… F… “noch schnell einen Arbeitsvertrag gemacht, damit er im Konkursfalle, der ja wohl nicht mehr aufzuhalten sei und der sicherlich kurzfristig anstehe, Konkursausfallgeld erhalte und weitere Entschädigungsansprüche an einen eventuellen Nachfolger habe”. Zur Beurteilung des Scheincharakters des Vertrages vom 28. November 1999 wird das Landesarbeitsgericht daher noch weitere Feststellungen zu treffen und eine Gesamtbewertung vorzunehmen haben. Die Darlegungs- und Beweislast für den Scheincharakter des am 28. November 1999 geschlossenen Arbeitsvertrages trägt dabei die Beklagte zu 2).
4. Der Senat kann ohne diese Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Soweit das Landesarbeitsgericht meint, auch bei Annahme eines Arbeitsverhältnisses sei dieses wegen seiner “Zuordnung zur Geschäftsführung” und “zum Management gehörig” nicht gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergangsfähig, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Nach dieser Vorschrift tritt bei einem Betriebs(teil)übergang der Betriebserwerber in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden “Arbeitsverhältnisses” ein. Auf sonstige Dienstnehmer, die keine Arbeitnehmer sind, wie zB freie Mitarbeiter, Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstandsmitglieder einer AG, findet § 613a BGB keine Anwendung. Dagegen werden die Arbeitsverhältnisse auch der leitenden Angestellten vom Betriebsübergang erfaßt (BAG 22. Februar 1978 – 5 AZR 800/76 – AP BGB § 613a Nr. 11 = EzA BGB § 613a Nr. 18).
Stand der Kläger deshalb ab 1. Dezember 1999 in einem Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin, ist dieses Arbeitsverhältnis bei dem unstreitigen Betriebsübergang am 1. März 2000 auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Der Kläger war als Arbeitnehmer allenfalls leitender Angestellter, nicht aber Geschäftsführer und damit Organ der Schuldnerin. Auf die rechtliche Bewertung der “Generalvollmacht” vom 23. Dezember 1999 kommt es letztlich nicht an.
Unterschriften
Hauck, Dr. Wittek, Laux, Morsch, R. Iskra
Fundstellen
Haufe-Index 952457 |
NJW 2003, 2930 |
NWB 2003, 2603 |
FA 2003, 280 |
JR 2004, 396 |
NZA 2003, 854 |
ZAP 2003, 912 |
AP, 0 |
EzA-SD 2003, 8 |
EzA |
ZInsO 2003, 868 |
ArbRB 2003, 239 |