Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigung eines ehemaligen Auszubildenden
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Anspruch des Auszubildenden auf vorläufige Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluß des vom Arbeitgeber gemäß § 9 Abs 4 Nr 1 BPersVG vor den Verwaltungsgerichten eingeleiteten Beschlußverfahrens ist bei den Gerichten für Arbeitssachen im Urteilsverfahren geltend zu machen.
2. Ein vom Arbeitgeber nach § 9 Abs 4 Nr 1 BPersVG bzw § 78a Abs 4 Nr 1 BetrVG rechtzeitig eingeleitetes Beschlußverfahren verhindert - jedenfalls vorläufig bis zur anderslautenden rechtskräftigen Entscheidung - auch nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses den Eintritt der Fiktion, daß gemäß § 9 Abs 2 BPersVG bzw § 78a Abs 2 BetrVG ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist. Der Senat verbleibt insoweit bei seiner bisherigen Rechtsprechung (BAG Urteil vom 15. Januar 1980 - 6 AZR 361/79 = BAGE 32, 285 = AP Nr 9 zu § 78 a BetrVG 1972; BAG Urteil vom 16. Januar 1979 - 6 AZR 153/77 = AP Nr 5 zu § 78a BetrVG 1972).
3. Die vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts (Beschluß vom 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122 = AP Nr 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) aufgestellten Grundsätze über den Weiterbeschäftigungsanspruch nach einer Kündigung finden grundsätzlich auch auf den nach einem arbeitgeberseitigen Antrag BPersVG eingetretenen Ungewißheitstatbestand sinngemäße Anwendung. Ein Anspruch auf Beschäftigung besteht dann, wenn der Auszubildende seine Weiterbeschäftigung ordnungsgemäß verlangt hat und der Feststellungsantrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs 4 Satz 1 Nr 1 BPersVG offensichtlich unwirksam ist.
4. Ein Anspruch auf Beschäftigung besteht ferner, wenn die Gerichte für Arbeitssachen unabhängig vom Vorliegen einer zwischenzeitlich ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach umfassender selbständiger Würdigung des Sachverhalts zu dem Ergebnis kommen, der nach § 9 Abs 4 Satz 1 Nr 1 BPersVG gestellte Antrag des Arbeitgebers werde keinen Erfolg haben und deshalb bestehe ein Arbeitsverhältnis. Das Ergebnis einer im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden nicht rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung kann von den Gerichten für Arbeitssachen nicht ohne weiteres, dh nicht ohne eigene Prüfung und Interessenabwägung übernommen werden.
Normenkette
BPersVG §§ 9, 8, 106-107; BetrVG § 78a; PersVG BR § 70; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Beschäftigungsverpflichtung der Beklagten.
Die Klägerinnen waren seit dem 1. August 1981 bei der Beklagten als Auszubildende für den Beruf der Bauzeichnerin tätig. Die Klägerin zu 1) gehörte seit dem 13. Dezember 1983 dem bei der Senatskommission für das Personalwesen der Beklagten gebildeten Ausbildungspersonalrat an. Die Klägerin zu 2) war in der Zeit vom 22. Dezember 1981 bis 13. Dezember 1983 Mitglied des Ausbildungspersonalrats. Die Beklagte teilte den Klägerinnen im April 1984 schriftlich mit, sie könnten nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden, weil in der b Verwaltung zur Zeit keine Arbeitsplätze zu besetzen seien. Die Klägerinnen baten mit Schreiben vom 15. Mai 1984 unter Hinweis auf ihre Tätigkeit in der Personalvertretung um Weiterbeschäftigung nach Abschluß ihrer Ausbildung. Daraufhin beantragte die Beklagte mit Antragsschriften vom 27. Juni 1984 beim Verwaltungsgericht B die Feststellung, daß ein Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 2 BPersVG nicht begründet werde.
Die Klägerinnen beendeten am 11. Juli 1984 die Berufsausbildung mit dem Bestehen der Abschlußprüfung. Die Beklagte verweigerte am 12. Juli 1984 den Klägerinnen die Arbeitsaufnahme.
Daraufhin haben die Klägerinnen mit den vorliegenden Klagen Beschäftigung bis zur rechtskräftigen Beendigung des noch nicht abgeschlossenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens verlangt. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht haben die Feststellungsanträge der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte hat gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt, das noch nicht entschieden hat. Die Klägerinnen werden seit Verkündung der erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung von der Beklagten als Bauzeichnerinnen beschäftigt.
Die Klägerinnen haben gemeint, die Beklagte sei zu ihrer Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluß der verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht verpflichtet, weil zwischen ihnen und der Beklagten nach der erfolgreichen Beendigung der Ausbildung Arbeitsverhältnisse nach § 9 Abs. 2 bzw § 9 Abs. 3 in Verb. mit Abs. 2 BPersVG zustande gekommen seien.
Die Klägerinnen haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die
Klägerinnen bis zum rechtskräftigen
Abschluß der Verfahren PV 31/84 und PV 32/84
zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen und gemeint, sie brauche die Klägerinnen einstweilen nicht zu beschäftigen. Die mit den Schreiben der Klägerinnen vom 15. Mai 1984 bezweckte Rechtsfolge, ein Arbeitsverhältnis zu begründen, sei durch die von ihr eingeleitete verwaltungsgerichtliche Gegenmaßnahme gehemmt. Sie verhindere zunächst, daß im unmittelbaren Anschluß an das Ausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis begründet werde. So gebe es auch keinen Beschäftigungsanspruch.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben nach den Klageanträgen erkannt. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihre klageabweisenden Anträge weiter, während die Klägerinnen um Zurückweisung der Revision bitten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Klägerinnen verfolgten ihre Ansprüche zu Recht im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren. Ihr Beschäftigungsverlangen sei auch begründet. Die Mitgliedschaft der Klägerinnen im b Ausbildungspersonalrat sei Mitgliedschaft in einer Personal- oder Jugendvertretung im Sinne des § 9 Abs. 1 BPersVG. Es könne offen bleiben, welche Wirkungen den von der Beklagten bei dem Verwaltungsgericht gestellten Feststellungsanträgen gem. § 9 Abs. 4 Nr. 1 BPersVG zukomme. Gehe man mit dem Bundesarbeitsgericht davon aus, daß es bei dem Feststellungsantrag um die Frage gehe, ob ein Arbeitsverhältnis überhaupt begründet worden sei, dann bestehe jedenfalls bis zur rechtskräftigen Entscheidung noch Unklarheit, ob die Fiktionswirkung des § 9 Abs. 2 BPersVG zum Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses durchgreife oder nicht. Es bestehe ein Schwebezustand. Damit sei ein ähnliches Problem angesprochen wie beim Weiterbeschäftigungsanspruch während des Kündigungsschutzprozesses. Nach den Grundsätzen, die der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts ausgesprochen habe, sei der Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerinnen begründet, weil das Verwaltungsgericht in erster Instanz den Feststellungsantrag der Beklagten abgewiesen habe. Der Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerinnen folge auch aus anderen Gründen. Sinn und Zweck des § 9 BPersVG gehe dahin, den Auszubildenden wegen ihrer Tätigkeit in Personalvertretungsorganen in etwa den gleichen Schutz zu gewähren, wie den übrigen Mitgliedern dieser Organe, wie er in den §§ 15, 16 KSchG in Verb. mit § 103 BetrVG bzw. § 47 Abs. 1, § 108 Abs. 1 BPersVG im Fall einer Kündigung gewährt werde. Dieses Schutzes gingen die bisherigen Auszubildenden weitgehend verlustig, wenn der Arbeitgeber durch einen Feststellungsantrag gem. § 9 Abs. 4 Nr. 1 BPersVG die Weiterbeschäftigung bei der bekannten Länge der Verfahrensdauer erst einmal für eine nicht unerhebliche Zeit verhindern könnte. Auch die Gesetzessystematik spreche für einen Weiterbeschäftigungsanspruch. Da dem Arbeitgeber nach § 9 Abs. 4 BPersVG die Klägerrolle zugewiesen sei, sei die Rechtslage gleich der des § 79 Abs. 2 BPersVG, wonach der Arbeitgeber zunächst weiterbeschäftigen müsse. Schließlich sei es auch kaum einsichtig, einen zwischenzeitlichen Beschäftigungsanspruch zu verneinen, wenn der Arbeitgeber den Feststellungsantrag stelle, während er beim Auflösungsantrag zu bejahen sei. Die Entscheidung, ob ein Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bestehe oder nicht, könne nicht davon abhängig sein, in welchem Zeitpunkt der Arbeitgeber die Anträge nach § 9 Abs. 4 Nr. 1 und 2 BPersVG gestellt habe.
II. Dieser Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann nicht zugestimmt werden.
1. Die Klägerinnen verfolgen ihre Ansprüche zu Recht im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren.
a) Beim Anspruch auf vorläufige Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluß des von der Beklagten eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens handelt es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG. Die gesetzliche Zuweisung von Rechtsstreitigkeiten an die Verwaltungsgerichte nach den §§ 106, 107 Satz 2, 9 Abs. 4 BPersVG, 70 BremPersVG bezieht sich nur auf Verfahren, in denen der Arbeitgeber als Antragsteller tätig wird, um den gesetzlichen Übergang des Ausbildungsverhältnisses in ein Arbeitsverhältnis zu verhindern oder um ein Arbeitsverhältnis aufzulösen (erkennender Senat Urteil vom 13. März 1986 - 6 AZR 207/85 - EzA § 78 a BetrVG 1972 Nr. 17 = DB 1986, 2235 = NZA 1986, 836; BAGE 46, 270, 273 = AP Nr. 1 zu § 9 BPersVG). Macht der ehemalige Auszubildende jedoch Folgeansprüche aus dem von ihm behaupteten Arbeitsverhältnis geltend, so handelt es sich ebenso wie bei der vom ehemaligen Auszubildenden erhobenen Feststellungsklage um eine individualrechtliche Streitigkeit aus dem Arbeitsrecht, nicht um eine kollektivrechtliche Streitigkeit aus dem dem öffentlichen Dienstrecht zuzuordnenden Personalvertretungsrecht. Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit ergibt sich auch nicht aus dem Sachzusammenhang oder einem Verhältnis von Haupt- und Hilfsanspruch (so wohl LAG Schleswig-Holstein Urteil vom 11. September 1986 - 2 Sa 469/86 - nicht rechtskräftig, nicht veröffentlicht). Der Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers ist kein Hilfsantrag zum Hauptantrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 4 Nr. 1 BPersVG, sondern eigenständiger oder ggfls. zusätzlicher Leistungsantrag zu einem denkbaren Feststellungsantrag des ehemaligen Auszubildenden. Die Zulässigkeit des Rechtswegs kraft Zusammenhangs kann allenfalls in Betracht kommen bei Kumulation oder Alternativität von mehreren Klagegründen eines Klageanspruchs (Kissel, GVG, § 13 Rz 74 ff.). Der von den Klägerinnen geltend gemachte Anspruch auf Beschäftigung ist aber nicht mit dem Feststellungsantrag der Beklagten nach § 9 Abs. 4 Nr. 1 BPersVG identisch. Vielmehr ist die Frage nach der Begründung eines Arbeitsverhältnisses im Streitfall eine Vorfrage.
b) Die Klageanträge sind auch in der richtigen Verfahrensart gestellt worden. Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 78 a BetrVG (BAGE 46, 270, 273 f. = AP aaO) und zu § 9 BPersVG (Urteil vom 13. März 1986 - 6 AZR 207/85 - aaO) ist nur über die Anträge des Arbeitgebers nach den jeweiligen Absätzen 4 im arbeits- bzw. verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahren zu entscheiden.
2. Das Landesarbeitsgericht geht zu Recht davon aus, daß die Klägerinnen den besonderen Schutz Auszubildender nach § 9 BPersVG in Anspruch nehmen können. Diese Vorschrift gilt gemäß § 107 Satz 2 BPersVG im Lande Bremen unmittelbar (BAG Urteil vom 13. März 1986 - 6 AZR 207/85 - aaO). Die Klägerinnen erfüllen die Voraussetzung des § 9 Abs. 2 BPersVG bzw. des § 9 Abs. 3 BPersVG in Verbindung mit § 9 Abs. 2 BPersVG. Die Mitgliedschaft in einem nach den §§ 95 BPersVG, 22 BremPersVG gebildeten Ausbildungspersonalrat ist Mitgliedschaft in einer Personalvertretung im Sinne des § 9 Abs. 1 BPersVG (BAGE 46, 270, 275 = AP aaO). Das Berufsausbildungsverhältnis der Klägerin zu 2) endete vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung ihrer Amtszeit in der Jugendvertretung (BAG Urteil vom 15. Januar 1980 - 6 AZR 726/79 - AP Nr. 8 zu § 78 a BetrVG 1972), während die Klägerin zu 1) noch Mitglied des Ausbildungspersonalrats war, als sie ihre Abschlußprüfung ablegte.
3. Die Klägerinnen haben allerdings keinen aus § 9 BPersVG direkt ableitbaren Anspruch auf Beschäftigung bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage durch die Verwaltungsgerichte. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht in seiner Hilfsbegründung angenommen, als es meinte, dem Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerinnen müßte auch "aus anderen Gründen" entsprochen werden.
a) § 9 BPersVG kennt ausdrücklich keinen Anspruch auf Beschäftigung. Soweit § 9 Abs. 2 BPersVG die Weiterbeschäftigung erwähnt, handelt es sich ebenso wie in § 78 a Abs. 2 BetrVG terminologisch um eine andere Art von (Weiter-) Beschäftigung als die vorliegend beantragte (vorläufige) Beschäftigung. In der Gesetzesvorschrift ist die als Anspruchsvoraussetzung mit dem Namen Weiterbeschäftigung bezeichnete Willenserklärung gemeint, während im Streitfall die Rechtsfolge tatsächliche Beschäftigung begehrt wird. Die §§ 9 Abs. 2 BPersVG, 78 a Abs. 2 BetrVG beschreiben also in ihrem Gesetzeswortlaut nur die Voraussetzungen, unter denen ein Arbeitsverhältnis entsteht, das seinerseits die Grundlage für einen Anspruch sein kann.
b) § 9 BPersVG enthält zum Beschäftigungsanspruch auch keine Lücke, die im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu schließen wäre. Zwar hat das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt, § 9 BPersVG beabsichtige, den Auszubildenden, die sich in der Personalverfassung engagierten, einen vergleichbaren Schutz zu gewähren wie den Arbeitnehmern, die Mitglied der in § 47 Abs. 1 BPersVG genannten Organe sind. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 13. März 1986 - 6 AZR 207/85 - aaO; BAGE 46, 270 = AP aaO; BAG Urteil vom 23. Juni 1983 - 6 AZR 595/80 - BAGE 43, 115 = AP Nr. 10 zu § 78 a BetrVG 1972). Das Landesarbeitsgericht hat allerdings übersehen, daß nach Auffassung des Senats der durch die §§ 15, 16 KSchG in Verbindung mit § 47 BPersVG bzw. § 103 BetrVG bewirkte besondere Schutz gerade nicht für Auszubildende gilt (BAG aaO). Während Betriebs- und Personalratsmitgliedern vor der Erteilung der Zustimmung bzw. Abschluß des Zustimmungsersetzungsverfahrens nicht gekündigt werden kann und sie somit im in diesem Zeitraum unzweifelhaft bestehenden Arbeitsverhältnis in der Regel einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung haben, ist der Schutz für Auszubildende insoweit vom Gesetzgeber bewußt schwächer gestaltet.
c) Schließlich verweist das Landesarbeitsgericht zu Unrecht auf § 79 Abs. 2 BPersVG. Dort ist der Beschäftigungsanspruch im Gegensatz zu § 9 BPersVG unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen normiert, so daß die Gesetzessystematik die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung gerade nicht rechtfertigt.
4. Die Klägerinnen könnten allerdings einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis haben (§§ 611, 613 BGB in Verbindung mit § 242 BGB, Art. 1 und 2 GG). Ob zwischen den Parteien seit dem 12. Juli 1984 ein Arbeitsverhältnis besteht oder nicht, hat das Landesarbeitsgericht jedoch nicht geprüft. Die richterliche Überzeugung vom Bestand eines Arbeitsverhältnisses ist aber grundsätzlich Voraussetzung für das Zuerkennen eines Beschäftigungsanspruchs außerhalb des Regelungsbereichs der §§ 102 Abs. 5 BetrVG bzw. 79 Abs. 2 BPersVG (Großer Senat des Bundesarbeitsgerichts Beschluß vom 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).
a) Die Klägerinnen können sich allerdings nicht auf ein nach § 9 Abs. 2 BPersVG begründetes Arbeitsverhältnis berufen. Nach dieser Vorschrift gilt zwischen dem Auszubildenden und dem Arbeitgeber im Anschluß an das erfolgreiche Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn ein in § 9 Abs. 1 BPersVG genannter Auszubildender innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung verlangt. Die Klägerinnen haben zwar innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich von der Beklagten die Weiterbeschäftigung verlangt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu dem mit § 9 BPersVG insoweit inhaltsgleichen § 78 a BetrVG kann aber angesichts des zwischenzeitlich eingeleiteten Beschlußverfahrens durch den Arbeitgeber nach § 9 Abs. 4 Nr. 1 BPersVG nicht von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen werden (BAG Beschluß vom 12. Juni 1986 - 6 ABR 39/85 - unveröffentlicht; BAG Urteil vom 15. Januar 1980 - 6 AZR 361/79 - BAGE 32, 285 = AP Nr. 9 zu § 78 a BetrVG 1972; BAG Urteil vom 16. Januar 1979 - 6 AZR 153/77 - AP Nr. 5 zu § 78 a BetrVG 1972). Denn das Begehren des Arbeitgebers mit einem Antrag nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG bzw. § 78 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG geht dahin festzustellen, daß ein Arbeitsverhältnis gar nicht erst begründet wird (BAG aaO). Hat der Feststellungsantrag des Arbeitgebers Erfolg, so steht nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats fest, daß nach Abschluß der Ausbildung zu keiner Zeit ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das ist im Ergebnis auch die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts für den Regelungsbereich des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG.
b) Die Rechtsprechung des Senats hat im Schrifttum Zustimmung (Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 78 a Rz 8 f.; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 78 a Rz 26; Thiele, GK-BetrVG, 3. Bearb. November 1982, § 78 a Rz 54; Auffarth, Festschrift für Herschel S. 19), aber auch Kritik erfahren (Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 78 a Rz 17 a; Reinecke, Die Übernahme des Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis nach § 78 a BetrVG, DB 1981, 889; Misera, Urteilsanm. in SAE 1980, 260; Moritz, DB 1974, 1016; Grunsky, Anm. zum Senatsurteil vom 15. Januar 1980 - 6 AZR 361/79 - in EzA § 78 a BetrVG 1972 Nr. 9; KR-Weigand, 2. Aufl., § 78 a BetrVG Rz 49). Der Senat hält nach nochmaliger Überprüfung an seiner Auffassung fest. Der Wortlaut, der für die Gesetzesinterpretation maßgebend ist, spricht für die Auslegung des Senats (insoweit auch zustimmend Reinecke, aaO). Wenn der Gesetzgeber mit der Formulierung "nicht begründet wird" die Zeitform Futur gewählt hat, so ist damit hinreichend zum Ausdruck gekommen, daß - wie in § 78 a Abs. 2 BetrVG bzw. § 9 Abs. 2 BPersVG grundsätzlich vorgesehen - vom Eintritt einer Fiktion vorläufig, nämlich bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag des Arbeitgebers nicht ausgegangen werden kann.
aa) Wenn Löwisch (aaO) meint, trotz des Feststellungsantrags nach § 78 a Abs. 4 Nr. 1 BetrVG komme das Arbeitsverhältnis aufgrund der Abs. 2 und 3 mit der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses wirksam zustande, weil es nicht vertretbar sei, während der Dauer des Feststellungsverfahrens dem Arbeitnehmer einen durchsetzbaren Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Beschäftigung nicht gewähren zu können, so unterstellt er zu Unrecht ohne weiteres bereits die Arbeitnehmereigenschaft des ehemaligen Auszubildenden, um deren Feststellung es aber zunächst geht.
bb) Soweit Reinecke (aaO) dem Senat entgegenhält, der Gesetzgeber dürfte eine unterschiedliche Rechtswirkung der Anträge nach § 78 a Abs. 4 Nr. 1 und 2 BetrVG nicht gewollt haben, so ist diese Annahme aus den Materialien (BT-Drucks. VII/1170) nicht zu belegen. Die an die unterschiedliche Fassung der Gesetze knüpfende Beschäftigungsproblematik hat der Gesetzgeber nicht gekannt. Dasselbe gilt für Reineckes These, der Gesetzgeber habe den Feststellungsantrag nur vorgesehen, weil vor dem Ausbildungsende kein Auflösungsantrag möglich sei. Aus den Materialien läßt sich das nicht entnehmen. Ebenso ist denkbar, daß der Gesetzgeber den entscheidungsfreudigen Arbeitgeber bewußt nicht mit dem Bestand eines Arbeitsverhältnisses belasten wollte. Der Senat anerkennt Reineckes weitere Bedenken, Auszubildende könnten ihren Antrag auf Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber erst bewußt so spät zuleiten, daß dieser zeitlich nicht mehr in der Lage ist, einen Feststellungsantrag nach § 9 Abs. 4 Nr. 1 BPersVG zu stellen und so ein Arbeitsverhältnis kraft Fiktion entsteht. Es wäre in der Tat eine unerwünschte Folge der Wortauslegung, wenn damit zulasten des Arbeitgebers in jedem Fall eine Beschäftigungspflicht verbunden wäre. Es ist aber nicht zwingend, daß der ehemalige Auszubildende und nunmehrige Arbeitnehmer in einem so zustande gekommenen Arbeitsverhältnis in jedem Fall einen Beschäftigungsanspruch hat. Dem Arbeitgeber bleibt auch in diesem Fall in zwar engen Grenzen eine Suspendierungsmöglichkeit. Macht er davon Gebrauch und läßt der Arbeitnehmer sie gerichtlich überprüfen, so kann der Arbeitgeber neben den sachlichen Gründen für die Nichtbeschäftigung auch die Tatsachen über das bewußt verspätet gestellte Weiterbeschäftigungsverlangen in die dann vorzunehmende Interessenabwägung einbringen.
cc) Misera (aaO) hält die Auslegung des Senats unter dem Gesichtspunkt der vom Gesetzgeber ebenfalls intendierten zeitlichen Amtskontinuität für nicht vertretbar. Die Rechtsprechung des Senats habe die Konsequenz, daß der Auszubildende für die Dauer des Prozesses zeitweilig verhindert sei, sein Amt wahrzunehmen (§ 25 Abs. 1 Satz 2, § 65 Abs. 1 BetrVG). Das ist zutreffend. Der ehemalige Auszubildende ist während der Dauer des Feststellungsverfahrens gehindert, seine betriebsverfassungs- oder personalvertretungsrechtlichen Aufgaben wahrzunehmen. Das ist aber angesichts des schwächer ausgebildeten Schutzes der Auszubildenden, auf den bereits hingewiesen worden ist, nach Auffassung des Senats ebenso vertretbar wie es dem mit Zustimmung des Betriebsrats gekündigten Betriebsratsmitglied nur eingeschränkt möglich ist, sein Amt wahrzunehmen.
dd) Die prozessualen Argumente Grunskys (aaO) und Weigands (aaO) überzeugen den Senat ebenfalls nicht, weil ohne nähere Begründung vom Eintritt der Fiktion des § 78 a Abs. 2 BetrVG bzw. des § 9 Abs. 2 BPersVG auch nach Erhebung des Feststellungsantrags ausgegangen wird und dann konsequent eine Umstellung des Antrags auf Auflösung entsprechend § 264 Nr. 3 ZPO gefordert wird. Diese prozessuale Folge wäre sicherlich zutreffend, begründet jedoch nicht die materiell-rechtliche Prämisse. So bleibt der Senat bei seiner Auffassung, daß von einem nach Abschluß der Ausbildung kraft gesetzlicher Fiktion begründeten Arbeitsverhältnis nur ausgegangen werden kann, wenn der Auszubildende die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 BPersVG (gegebenenfalls in Verb. mit § 9 Abs. 3 BPersVG) erfüllt und der Arbeitgeber es versäumt hat, bis zum Ablauf des Ausbildungsverhältnisses einen Feststellungsantrag nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG zu stellen. In diesem Fall kann sich der Arbeitgeber nur durch Auflösung des zwischenzeitlich begründeten Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG von seinem ehemaligen Auszubildenden trennen. Bis dahin kann der Arbeitnehmer alle Ansprüche aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis geltend machen, in der Regel auch einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung (BAG Beschluß vom 27. Februar 1985 - GS 1/84 - aaO, zu C I 3 der Gründe). Hat der Arbeitgeber aber zuvor den Feststellungsantrag nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG gestellt, so ist es ungewiß, ob ein Arbeitsverhältnis entstanden ist. Die spätere rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Entscheidung wird deklaratorisch die Rechtslage beschreiben. Das kann die Feststellung sein, daß ein Arbeitsverhältnis nicht begründet worden ist, weil z.B. der Auszubildende nie einem der in § 9 Abs. 1 BPersVG genannten Organe angehört hat, er nicht in einem Ausbildungsverhältnis gestanden hat (BAG Urteil vom 23. August 1984 - 6 AZR 519/82 - AP Nr. 1 zu § 9 BPersVG), sein Ausscheiden aus dem Amt bereits länger als ein Jahr zurückliegt, weil er die Frist des § 9 Abs. 2 BPersVG nicht eingehalten hat oder weil dem Arbeitgeber letztlich die Weiterbeschäftigung nicht zumutbar war. Das kann aber auch die klarstellende Entscheidung sein, daß seit dem Ende der Ausbildung ein Arbeitsverhältnis besteht, weil der ehemalige Auszubildende alle Voraussetzungen erfüllt hat und keine Tatsachen festgestellt werden können, die es dem Arbeitgeber unzumutbar machen, den Auszubildenden als Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen. Im Streitfall ist eine solche rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Entscheidung noch nicht getroffen. Es ist seit dem 12. Juli 1984 nach wie vor ungewiß, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist oder nicht.
c) Bei der Ungewißheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach einer Kündigung hat der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts (aaO, zu C II 2 der Gründe) angenommen, der allgemeine Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag müsse in diesem Fall zunächst hinter den Interessen des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung zurücktreten. Die Interessenlage ändere sich jedoch, wenn im Kündigungsprozeß ein die Instanz abschließendes Urteil ergehe, das die Unwirksamkeit der Kündigung und damit den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststelle. Durch ein solches noch nicht rechtskräftiges Urteil werde zwar keine endgültige Klarheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geschaffen. Aber die Parteien hätten Gelegenheit gehabt, dem Gericht in einem ordentlichen Prozeßverfahren die zur rechtlichen Beurteilung der Kündigung aus ihrer Sicht erforderlichen Tatsachen vorzutragen, dafür Beweis anzutreten und ihre Rechtsauffassungen darzustellen. Wenn ein Gericht daraufhin eine die Instanz abschließende Entscheidung treffe und die Unwirksamkeit der Kündigung feststelle, so sei damit zumindest eine erste Klärung der Rechtslage im Sinne des klagenden Arbeitnehmers eingetreten. Das bewirke, daß nunmehr die Ungewißheit des endgültigen Prozeßausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen könne. Liege ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Instanzurteil vor, so müßten zur Ungewißheit des Prozeßausgangs grundsätzlich weitere Umstände hinzukommen, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergebe, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen. Diese Grundsätze hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts auf den Streit über die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses übertragen (Urteil vom 13. Juni 1985 - 2 AZR 410/84 - EzA § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 16).
d) Nach Auffassung des erkennenden Senats gelten die Grundsätze in der Regel auch für den Ungewißheitstatbestand, der nach einem arbeitgeberseitigen Antrag gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG eingetreten ist, wobei allerdings Besonderheiten zu beachten sind. So hat die Revision zu Recht darauf hingewiesen, daß bei einer Kündigung feststehe, daß ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, während es im vorliegenden Fall darum gehe, ob überhaupt ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist. Ferner hat die Revision zutreffend bemerkt, daß die Interessenlage im Streitfall mit der nach Ausspruch einer Kündigung nicht identisch ist. Denn dort bestand bereits eine grundsätzliche Beschäftigungspflicht, um deren Fortsetzung es im Fall des § 9 BPersVG nicht geht. Die Grundsätze des Großen Senats haben dennoch für Fälle der vorliegenden Art Gültigkeit. Die Parteien eines solchen Rechtsstreits hatten zuvor zwar kein Arbeitsverhältnis, aber ein durch ein Gesetz (Berufsbildungsgesetz) besonders ausgestaltetes Rechtsverhältnis eigener Art. Sie sind sich also nicht fremd wie ein Arbeitssuchender und ein Arbeitgeber, die über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses verhandeln. Es bestehen bereits Rechte und Pflichten zwischen den Vertragspartnern, wenn auch anderer Art als im Arbeitsverhältnis. Häufig wird ein Ausbildungsverhältnis begründet mit dem Ziel der Übernahme in ein Arbeitsverhältnis. Berücksichtigt man daneben, daß der Gesetzgeber die Auszubildenden, die sich in der Personalvertretung engagieren, durch die Vorschriften des § 9 BPersVG vor möglichen Nachteilen schützen will, wenn auch nicht so intensiv wie die Arbeitnehmer nach § 79 Abs. 2 BPersVG, so rechtfertigt es sich, Auszubildende während des Ungewißheitszeitraums über die Begründung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich wie Arbeitnehmer nach einer Kündigung während der Ungewißheit des Kündigungsschutzprozesses zu behandeln. Daraus folgt, daß der ehemalige Auszubildende gegen seinen Ausbilder einen Anspruch auf Beschäftigung hat, wenn er seine Weiterbeschäftigung ordnungsgemäß verlangt hat, der Feststellungsantrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG aber offensichtlich unwirksam ist. In einem solchen Fall besteht ebenso wie im Kündigungsschutzprozeß bei offensichtlich unwirksamer Kündigung objektiv gar keine Ungewißheit über die Begründung des Arbeitsverhältnisses. Liegen die Verhältnisse nicht so, überwiegt zunächst das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des vermeintlichen Arbeitnehmers.
e) Die Interessenlage verändert sich zugunsten des die Begründung eines Arbeitsverhältnisses behauptenden ehemaligen Auszubildenden, wenn der die Beschäftigung beurteilende Richter von der Unbegründetheit des vom Arbeitgeber gestellten Feststellungsantrags überzeugt ist. Diese Überzeugung müssen sich die Richter eines Gerichts für Arbeitssachen in ihrem der Parteimaxime unterliegenden Verfahren über die Beschäftigung selbst bilden, unabhängig davon, ob bereits eine die Instanz abschliessende Entscheidung der Verwaltungsgerichte vorliegt und wie die Entscheidung lautet. Die Gerichte für Arbeitssachen sind weder berechtigt noch verpflichtet, auf die verwaltungsgerichtliche Entscheidung zu warten oder sich nach ihrem Ergebnis zu richten, sondern sie müssen die Erfolgsaussichten des arbeitgeberseitigen Feststellungsantrags selbst in ihrem Verfahren beurteilen. Die gesetzliche Zuständigkeitsregelung des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG hindert die Gerichte für Arbeitssachen nicht, den Bestand des Arbeitsverhältnisses als entscheidungserhebliche Vorfrage für den Weiterbeschäftigungsanspruch zu prüfen, solange keine rechtskräftige Entscheidung der Verwaltungsgerichte vorliegt. Die gesetzlich angeordnete Zuweisung bezieht sich nur auf die ausdrücklich dort genannten Anträge des Arbeitgebers. Die Gerichte für Arbeitssachen müssen über den inhaltlich auf die Lösung derselben Rechtsfrage gerichteten Antrag des ehemaligen Auszubildenden entscheiden (BAG aaO). Das gilt ebenso für andere vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängige Ansprüche bürgerlich-rechtlicher Art, z.B. für den Anspruch auf Vergütung aus Annahmeverzug. Eine vergleichbare rechtliche Situation findet sich im Recht der Schwerbehinderten. Das Ergebnis eines Verwaltungsverfahrens nach § 4 SchwbG in der Fassung vom 26. August 1986 hat ebenso wie das eines etwaigen sozialgerichtlichen Verfahrens lediglich deklaratorischen Charakter und stellt klar, ob der Antragsteller Schwerbehinderter ist oder nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zuletzt Urteil vom 26. Juni 1986 - 8 AZR 75/83 - AP Nr. 5 zu § 44 SchwbG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt). Deshalb kann der noch nicht als Schwerbehinderter Anerkannte seine arbeitsrechtlichen Ansprüche aus dem Schwerbehindertengesetz auch schon vor der Anerkennung geltend machen und ggfls. durchsetzen (Wilrodt/Neumann, SchwbG, 6. Aufl., § 3 Rz 37), z. B. einen Anspruch auf Zusatzurlaub (BAG Urteil vom 26. Juni 1986 - 8 AZR 266/84 - AP Nr. 6 zu § 44 SchwbG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt). Die gesetzliche Zuweisung der deklaratorischen Feststellung des Status an Verwaltungsbehörden und Sozialgerichte hindert die Gerichte für Arbeitssachen nicht, den Status selbst als Vorfrage zu klären. So ist auch das Verhältnis von Feststellungsverfahren nach § 9 Abs. 4 Nr. 1 BPersVG und arbeitsvertraglicher Leistungsansprüche zu beurteilen.
f) Sofern bereits eine (nicht rechtskräftige) verwaltungsgerichtliche Entscheidung ergangen ist, können die Gerichte für Arbeitssachen deren Ergebnis für die von ihnen vorzunehmende Interessenabwägung nicht ohne weiteres übernehmen. Die Entscheidung und ihre Begründung ist nur ein wichtiger Umstand des Einzelfalls im Rahmen der Gesamtwürdigung. Sie wird ohne besonderes Gewicht sein, wenn sie ersichtlich unzutreffend ist, z.B. wenn das Verwaltungsgericht den Antrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG zurückgewiesen hat, obwohl der Auszubildende seinen Weiterbeschäftigungsanspruch außerhalb der letzten drei Monate gestellt hatte. In einem solchen Fall wird ein Gericht für Arbeitssachen trotz der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Beschäftigung anerkennen können, weil die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfallen muß. Denn in Wahrheit besteht kein Fall der Ungewißheit. Ähnliches dürfte gelten, wenn die anderen Anspruchsvoraussetzungen wie Mitgliedschaft in einem der in § 9 Abs. 1 BPersVG genannten Organe der Personalverfassung oder Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Amtszeit nicht vorliegen. Aber auch das Vorliegen der Unzumutbarkeit im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 2. Halbs. BPersVG ist der Überprüfung durch die Gerichte für Arbeitssachen zugänglich, wobei sie sich bei gegebenenfalls notwendiger Sachaufklärung streitig gebliebener Tatsachen des Urkundenbeweises durch Beiziehung der verwaltungsgerichtlichen Vorgänge bedienen können. Denn auch insoweit ist das Arbeitsgericht nicht von seiner Pflicht entbunden, die anspruchsbegründenden Voraussetzungen selbständig zu prüfen.
5. Das Landesarbeitsgericht hat es versäumt, den Bestand des Arbeitsverhältnisses als Vorfrage selbständig zu prüfen und dann eine umfassende Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Es hat vielmehr allein die vorangegangene verwaltungsgerichtliche Entscheidung seinem Urteil zugrunde gelegt. Da das allein nicht genügt, um den Klägerinnen einen Beschäftigungsanspruch zuzusprechen, muß die Sache erneut verhandelt und entschieden werden, wobei die Parteien Gelegenheit haben, wenigstens so umfassend wie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorzutragen.
Dr. Röhsler Schneider Dörner
Hohnheit Ziegenhagen
Fundstellen
BAGE 55, 284-297 (LT1-4) |
BAGE, 284 |
BB 1987, 2091 |
DB 1987, 2104-2105 (LT1-4) |
EzB BPersVG § 9, Nr 10 (LT1-4) |
EzB BetrVG § 78a, Nr 46 (LT1-4) |
NZA 1987, 443 |
NZA 1987, 820-823 (LT1-4) |
RdA 1987, 318 |
RzK, II 4b 5 (LT1-4) |
SAE 1988, 231-234 (LT1-4) |
AP § 9 BPersVG (LT1-4), Nr 4 |
AR-Blattei, Berufsausbildung Entsch 55 (LT1-4) |
AR-Blattei, ES 400 Nr 55 (LT1-4) |
EzA § 78a BetrVG 1972, Nr 18 (LT1-4) |
EzBAT, § 22 MTV Auszubildende Betriebs- und Personalratsmitglieder (Jugendvertret |
PersV 1989, 435-440 (LT1-4) |