Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigungsurteil und Beschäftigung im Sinne von § 4 BPersVG
Leitsatz (redaktionell)
1. Personen, die als Arbeitnehmer in der Dienststelle beschäftigt waren, denen dann gekündigt wurde und danach aufgrund Urteils einen Weiterbeschäftigungsanspruch erhalten haben, sind nach dem Ablauf der Kündigungsfrist für die Dauer ihrer tatsächlichen Beschäftigung auch dann Beschäftigte im Sinne von § 4 BPersVG, wenn später rechtskräftig festgestellt wird, daß die Kündigung rechtswirksam ist.
2. Werden diese aufgrund Urteils Beschäftigten für die Dauer von mehr als drei Monaten zu einer anderen Dienststelle abgeordnet, ist der Personalrat nach § 75 Abs 1 Nr 4 BPersVG zu beteiligen.
3. Eine Abordnung ohne Beteiligung des Personalrats ist unwirksam.
Normenkette
BPersVG § 4 Abs. 1, 5, § 69 Abs. 2-5, 1, § 75 Abs. 1 Nrn. 3-4
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 14.12.1989; Aktenzeichen 17 Sa 1423/89) |
ArbG Hamm (Entscheidung vom 24.08.1989; Aktenzeichen 4 Ca 986/89) |
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit darüber, ob die Abordnung des Klägers durch die Beklagte zur Arbeitsleistung vom Arbeitsamt H zum Arbeitsamt D ab dem 30. Mai 1989 wirksam ist.
Der Kläger ist ausgebildeter Diplom-Psychologe . Zum 1. Juli 1986 nahm er seine Tätigkeit als Nachwuchskraft des höheren Dienstes im Angestelltenverhältnis im Landesarbeitsamtsbezirk N auf. Im Rahmen der bei der Beklagten tarifvertraglich vorgesehenen Einweisung von Nachwuchskräften für den höheren Dienst mit einer Dauer von mindestens zwölf Monaten war der Kläger zunächst zur Einarbeitung bei den Arbeitsämtern B , He und R eingesetzt. Mit Wirkung vom 15. Juli 1987 wurde der Kläger nach Bewährung in der Einarbeitungszeit vom Landesarbeitsamt N zum Arbeitsamt H versetzt. Gleichzeitig wurde ihm die vollzeitige Tätigkeit eines Psychologen auf Dauer unter Eingruppierung in die Vergütungsgruppe II Fallgruppe 23 MTA (Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit) übertragen. Im Psychologischen Dienst des Arbeitsamts H waren neben dem Kläger noch zwei Psychologinnen als Halbtagskräfte beschäftigt. Desweiteren waren dem Psychologischen Dienst des Arbeitsamts H haushaltsrechtlich eine Bearbeiter- und zwei Hilfsbearbeiterstellen zugeordnet. Mit Wirkung vom 9. Februar 1988 wurde der Kläger vom Präsidenten des Landesarbeitsamts N mit der Wahrnehmung der Aufgaben einer Ersten Kraft im Psychologischen Dienst (Erster Psychologe) beim Arbeitsamt H betraut. Hiermit war eine Höhergruppierung nicht verbunden, weil dem Kläger nicht mindestens vier Psychologen unterstellt waren (Vergütungsgruppe I b Fallgruppe 13 MTA).
Zuständig für Entscheidungen in Personalangelegenheiten von Angestellten, die in den Vergütungsgruppen IV a bis I b MTA eingruppiert sind, sind die Präsidenten der Landesarbeitsämter. Mit Schreiben vom 4. August 1988 kündigte der Präsident des Landesarbeitsamts N das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos. Diese Kündigung wurde durch Urteil des Arbeitsgerichts vom 24. November 1988 für unwirksam erklärt und die Beklagte verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen seines Arbeitsvertrages als Ersten Psychologen weiterzubeschäftigen. Dieses Urteil wurde rechtskräftig, nachdem die Beklagte ihre Berufung hiergegen am 7. März 1989 zurückgenommen hatte.
Vorsorglich hatte die Beklagte mit Zustimmung des beim Landesarbeitsamt N gebildeten Bezirkspersonalrats das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18. November 1988 wegen des Verdachts der Manipulation an der Zeiterfassungskarte ordentlich zum 31. Dezember 1988 gekündigt. Auch gegen diese ordentliche Kündigung hatte der Kläger unter dem Aktenzeichen 2 Ca 1554/88 Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht H erhoben. Das Arbeitsgericht erklärte auch die ordentliche Kündigung für unwirksam. Darüber hinaus wurde die Beklagte durch einstweilige Verfügung vom 26. April 1989 (- 2 (3) Ga 5/89 -) verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens 2 Ca 1554/88 ArbG H weiterzubeschäftigen. Dieses Urteil ist der Beklagten am 30. Mai 1989 zugestellt worden.
Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 30. Mai 1989 mit:
"Betreff: Weiterbeschäftigung gem. Urteil des Ar-
beitsgerichtes H
Sehr geehrter Herr W ,
zur Abwendung der Zwangsvollstreckung bin ich
unter Aufrechterhaltung meiner Rechtsauffassung
zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereit,
Sie entsprechend dem Urteil des Arbeitsgerichtes
H vom 26.04.1989 - 2 (3) Ga 5/89 - vorläufig
weiterzubeschäftigen.
Ihre Weiterbeschäftigung begründet keinen Fortbe-
stand des gekündigten Arbeitsverhältnisses. Durch
die Weiterbeschäftigung wird zwischen Ihnen und
der Bundesanstalt für Arbeit auch kein neues Ar-
beitsverhältnis begründet.
In entsprechender Anwendung des § 12 Manteltarif-
vertrag für die Angestellten der Bundesanstalt
für Arbeit (MTA) ordne ich Sie aus dienstlichen
Gründen mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres
vom Arbeitsamt H zum Arbeitsamt D ab
und fordere Sie auf, sich unverzüglich zur
Dienstaufnahme bei dem Leiter der Abteilung Ver-
waltung, Herrn VOR K , ,
D 1 (Zimmer 601), einzufinden.
In seinem Urteil vom 10.03.1987 - 8 AZR 146/84 -
hat sich der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichtes
mit der Frage auseinandergesetzt, welche Ansprü-
che ein Mitarbeiter hat, der lediglich zur Abwen-
dung der drohenden Zwangsvoll-streckung vom Ar-
beitgeber bis zur rechtskräftigen Entscheidung
hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung bzw.
der Befristung weiterbeschäftigt wird. Danach
haben Sie Anspruch auf Ersatz des Wertes der ge-
leisteten Arbeit gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 i.V.m.
§ 818 BGB.
Im einzelnen ergeben sich somit folgende Er-
stattungsleistungen:
- Grundvergütung nach VergGr III, in der Sie bis
zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein-
gruppiert waren,
- Ortszuschlag der Stufe 1 entsprechend der
Tarifklasse I b,
- Allgemeine Zulage.
Von diesen Leistungen werden Sozialversicherungs-
beiträge und Steuern abgeführt. Es unterbleibt
aber die Versicherung nach dem Versorgungs-TV 1
(z.B. bei der VBL).
Andere ausschließlich auf einem wirksamen Ar-
beitsverhältnis beruhende Leistungen können Ihnen
nicht gewährt werden. Hierzu gehören u.a.
- Krankenbezüge,
- vermögenswirksame Leistungen,
- Beihilfen,
- Zuwendung (Weihnachtszuwendung),
- Urlaubsgeld.
Ansprüche auf Urlaub und Arbeitsbefreiung beste-
hen nicht. Während der Weiterbeschäftigung gelten
u.a. die Verschwiegenheitspflicht, das Verbot der
Annahme von Schmiergeldern oder sonstigen Vortei-
len und die Verpflichtung, sich so zu verhalten,
wie es auch von einem Angehörigen des öffentli-
chen Dienstes, der in einem wirksamen Arbeitsver-
hältnis steht, erwartet wird.
Zum Verfahren gebe ich folgende Hinweise:
1. Die Erstattungsleistung wird monatlich nach-
träglich gezahlt. Hierbei wird nur die tat-
sächlich erbrachte über die Zeiterfassung
nachgewiesene Arbeitsleistung von maximal 39
Stunden pro Woche erfaßt; die Vorschriften
der Arbeitszeitordnung sind zu beachten.
2. Die Arbeitsleistung kann nur innerhalb der für
das Arbeitsamt D geltenden Arbeitszeit-
regelung erbracht werden."
Der Kläger nahm ab dem 30. Mai 1989 seine Tätigkeit als Psychologe im Psychologischen Dienst des Arbeitsamts D unter Vorbehalt auf. Der Psychologische Dienst des Arbeitsamts D verfügt über vier Planstellen für Psychologen. Dementsprechend war der mit der Wahrnehmung der Aufgaben einer Ersten Kraft im Psychologischen Dienst betraute Arbeitnehmer ebenfalls nur in die Vergütungsgruppe A 13/II MTA eingereiht.
Gegen seine Abordnung zum Arbeitsamt D wehrt sich der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit. Erstinstanzlich hat er sich nur darauf berufen, seine Abordnung zum Psychologischen Dienst des Arbeitsamts D sei materiell-rechtlich nicht wirksam, da sie nicht aus dienstlichen Gründen erfolgt sei. Im übrigen werde er beim Arbeitsamt D nicht mit den Aufgaben eines Ersten Psychologen eingesetzt. In zweiter Instanz hat er die Unwirksamkeit der Abordnung zusätzlich damit begründet, die Beklagte habe - was unstreitig ist - vor der Abordnung weder den Personalrat beim Arbeitsamt D noch den Personalrat beim Arbeitsamt H und auch nicht den beim Landesarbeitsamt N gebildeten Bezirkspersonalrat beteiligt.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß seine Abordnung durch die Be-
klagte an das Arbeitsamt D vom 30. Mai
1989 - IV b 211/2200 - unwirksam ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Abordnung des Klägers habe im dienstlichen Interesse gelegen, da es der Leitung des Arbeitsamts H wegen des Verdachts der Manipulation an der Zeiterfassungskarte nicht zumutbar gewesen sei, den Kläger beim Arbeitsamt H weiterzubeschäftigen. Auf einen Einsatz mit den Aufgaben eines Ersten Psychologen habe der Kläger ohnehin keinen Anspruch gehabt. Personalvertretungsrechtliche Beteiligungsrechte der Personalräte habe sie, die Beklagte, nicht beachten müssen, da es vorliegend um eine Beschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungsurteil gegangen sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, der Beklagten sei es nicht gelungen, dienstliche oder betriebliche Gründe ausreichend darzulegen. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 14. Dezember 1989 mit der Begründung abgewiesen, die Abordnung sei unwirksam, weil der Bezirkspersonalrat beim Präsidenten des Landesarbeitsamtes nicht beteiligt worden sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten.
Durch Urteil vom gleichen Tage (- 17 Sa 1140/89 -) hat das Landesarbeitsgericht andererseits das Urteil des Arbeitsgerichts in dem Verfahren 2 Ca 1554/88 betreffend die ordentliche Kündigung vom 18. November zum 31. Dezember 1988 abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat durch Urteil vom 9. August 1990 (- 2 AZR 127/90 -) die Revision des Klägers gegen dieses Urteil des Landesarbeitsgerichts zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
A. Der Antrag des Klägers ist nach wie vor zulässig. Auch wenn aufgrund des Urteils des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 9. August 1990 (- 2 AZR 127/90 -) rechtskräftig feststeht, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Ablauf des 31. Dezember 1988 durch ordentliche Kündigung der Beklagten beendet worden ist, besteht nach wie vor für den Kläger ein rechtliches Interesse daran, daß alsbald festgestellt wird, die Abordnung vom Arbeitsamt H zum Arbeitsamt D sei rechtswidrig. Ein solches Feststellungsurteil ist zwar für die Zukunft bedeutungslos, weil das Arbeitsverhältnis beendet worden ist und der Kläger auch nicht mehr weiterbeschäftigt wird. Von der Wirksamkeit der Abordnung hängt es jedoch ab, ob der Kläger gegen die Beklagte noch materielle Ansprüche hat. So hat die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung selbst darauf hingewiesen, daß der Kläger möglicherweise die Erstattung der durch die Dienstleistung in D entstandenen Mehraufwendungen verlangen könnte, falls sich herausstellt, daß die Abordnung rechtsunwirksam gewesen ist. Der Kläger kann auch nicht darauf verwiesen werden, er müsse nun eine Leistungsklage erheben. Immer dann, wenn die beklagte Partei kraft Amtspflicht die Rechtskraft voraussichtlich ohne Zwang anerkennen und dem Spruch genügen wird, kann eine Feststellungsklage erhoben werden (BGHZ 28, 123, 126). Das gilt insbesondere für Klagen gegen Behörden. Bei ihnen wird angenommen, daß sie Ansprüche, die sich aufgrund von Feststellungsurteilen ergeben, dann auch befriedigen. Für Feststellungsanträge besteht im übrigen immer dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn - wie hier - die Feststellungsklage zu einem sinnvolleren Ergebnis führt als eine Leistungsklage, weil mit ihr gleich ein ganzes Rechtsverhältnis geklärt wird, so daß möglicherweise das Bestehen oder Nichtbestehen mehrerer Ansprüche geklärt wird.
B. Der Antrag des Klägers ist auch begründet.
I. Der Kläger ist vorliegend nach Ablauf der Kündigungsfrist aufgrund eines Urteils weiterbeschäftigt worden, das die Beklagte verpflichtete, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsrechtsstreit zu beschäftigen. Inzwischen ist durch Urteil des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 9. August 1990 (aaO) rechtskräftig festgestellt worden, daß die ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 1988 rechtswirksam ist.
Der Große Senat hat in dem Beschluß vom 27. Februar 1985 (BAGE 48, 122 ff. = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) die Rechtsnatur des Weiterbeschäftigungsanspruchs offengelassen. Der Achte Senat hat im Urteil vom 10. März 1987 (BAGE 54, 232 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Weiterbeschäftigung) die Frage, ob der Arbeitnehmer, der aufgrund eines Weiterbeschäftigungsurteils beschäftigt worden ist, dessen Kündigung sich aber letztendlich als rechtswirksam herausstellt, einen Anspruch auf anteilige Jahressonderzahlung und Urlaubsabgeltung hat, nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung entschieden. Ob während der Weiterbeschäftigung Beteiligungsrechte nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz bestehen, ist davon abhängig, ob der Kläger nach dem 31. Dezember 1988 (Ablauf der Kündigungsfrist) noch Beschäftigter im Sinne des BPersVG war. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen.
1. a) Nach § 4 Abs. 1 BPersVG sind Beschäftigte im öffentlichen Dienst im Sinne des BPersVG die Beamten, Angestellten und Arbeiter einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sowie Richter, die an eine der in § 1 genannten Verwaltungen oder zur Wahrnehmung einer nichtrichterlichen Tätigkeit an ein Gericht des Bundes abgeordnet sind.
Der Kläger war Angestellter im Sinne von § 4 Abs. 1 BPersVG. Zum Zeitpunkt der Abordnung am 30. Mai 1989 war sein Arbeitsverhältnis allerdings aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 18. November zum 31. Dezember 1988 beendet, ohne daß dies zu dem damaligen Zeitpunkt feststand. Dementsprechend hat die Beklagte den Kläger nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Weiterbeschäftigungsurteil vom 26. April 1989 weiterbeschäftigt.
b) Die Tatsache, daß der Kläger nicht aufgrund seines Arbeitsvertrags, sondern aufgrund des Weiterbeschäftigungsurteils beschäftigt wurde, ändert nichts daran, daß er für die Dauer seiner Beschäftigung Arbeitnehmer - und zwar Angestellter - der Beklagten gewesen ist. Er hat nach wie vor als Psychologe persönlich abhängig für die Beklagte gearbeitet. Wie sich aus dem Schreiben vom 30. Mai 1989 ergibt, hat die Beklagte den Ort der Arbeitsleistung ebenso festgelegt wie die Zeit, in der der Kläger seine Arbeitsleistung zu erbringen hatte. Desweiteren war er in gleicher Weise bezüglich des Inhalts und der Ausführung seiner Arbeitsleistung den Weisungen der Beklagten unterworfen wie zu der Zeit, als er noch aufgrund seines Arbeitsvertrags beschäftigt wurde. Er wurde in dem Schreiben der Beklagten vom 30. Mai 1989 ausdrücklich darauf hingewiesen, er habe sich so zu verhalten, "wie es auch von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes, der in einem wirksamen Arbeitsverhältnis steht", erwartet werde.
§ 4 BPersVG unterscheidet nicht zwischen Beamten, sowie Angestellten und Arbeitern, die aufgrund eines wirksamen Arbeitsvertrags beschäftigt werden und solchen Personen, für deren Beschäftigung keine wirksame Rechtsgrundlage besteht. § 4 BPersVG grenzt vielmehr nur die Beschäftigten, die gegen Entgelt tätig werden, von solchen Personengruppen ab (§ 4 Abs. 5 BPersVG), deren Beschäftigung überwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist bzw. die überwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung oder sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden. Nur letztere sind keine Beschäftigten im Sinne von § 4 BPersVG.
Dementsprechend ist allgemeine Meinung, daß als Beschäftigte im Sinne von § 4 BPersVG auch solche Personen gelten, deren Arbeitsvertrag nichtig oder anfechtbar ist (vgl. Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 4 Rz 10 und 51; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, Stand Oktober 1990, § 4 Rz 11, die trotz der regelmäßigen Rückwirkung der Nichtigkeits- oder Unwirksamkeitsgründe ein Beschäftigtenverhältnis annehmen, wenn die betreffende Person in den Betrieb eingegliedert ist und in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt wird).
2. a) Arbeitnehmer, die aufgrund wirksamen Arbeitsvertrags im Betrieb beschäftigt waren, denen aber gekündigt wurde und die nach § 102 Abs. 5 BetrVG oder dem Beschluß des Großen Senats vom 27. Februar 1985 (aaO) einen Weiterbeschäftigungsanspruch haben und tatsächlich auch weiterbeschäftigt werden, sind nach allgemeiner Meinung für die Dauer ihrer Beschäftigung weiterhin Beschäftigte bzw. Arbeitnehmer des Betriebs im Sinne des Betriebsverfassungsrechts. Aus diesem Grunde wird allgemein bejaht, daß diese Personen weiterhin wahlberechtigt für den Betriebsrat sind (Kreutz, GK-BetrVG , 4. Aufl., § 7 Rz 30, 31; Fitting/Auffarth/ Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 7 Rz 15; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 7 Rz 10, 11; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 7 Rz 19; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 7 Rz 13; Stege/Weinspach, BetrVG, 6. Aufl., § 7 Rz 10).
b) Dasselbe gilt für den persönlichen Geltungsbereich des BPersVG (Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 13 Rz 16).
Dem persönlichen Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes unterfallen nach § 4 BPersVG alle gegen Entgelt beschäftigten Personen, soweit sie persönlich abhängig sind. Darauf, ob der Arbeitsvertrag (noch) wirksam ist, kommt es nicht an. Für die Frage, ob es sich um Angestellte oder Arbeiter im Sinne des Personalvertretungsrechts handelt, wird allein darauf abgestellt, ob die Personen persönlich abhängig in einer Dienststelle beschäftigt werden, d. h. ob der Arbeitgeber Ort und Zeit der Dienstleistung bestimmt und auch auf ihren Inhalt Einfluß nehmen kann, d. h. berechtigt ist, dem Beschäftigten Weisungen zu erteilen. Auch aus Sinn und Zweck des Personalvertretungsrechts ergibt sich, daß auch die aufgrund eines Weiterbeschäftigungsurteils Beschäftigten unter den persönlichen Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes fallen, unabhängig davon, ob sie in einem "normalen" Arbeitsverhältnis stehen oder nicht. Personalrat und Arbeitgeber sollen für die Mitglieder der Dienststelle eine personalvertretungsrechtliche Ordnung gestalten. Auch der aufgrund eines Weiterbeschäftigungsurteils Beschäftigte ist für die Dauer seiner Beschäftigung ebenso ein Mitglied der Belegschaft wie die anderen Arbeitnehmer. Für ihn muß die personalvertretungsrechtliche Ordnung genauso gelten wie für die anderen.
II. Ist der Kläger Beschäftigter im Sinne von § 4 BPersVG, hatte die Beklagte auch den Bezirkspersonalrat beim Präsidenten des Landesarbeitsamts N um Zustimmung zu der Abordnung des Klägers vom Arbeitsamt H zum Arbeitsamt D zu bitten.
1. Entgegen der Auffassung der Revision ist es für die Beantwortung der Frage, ob die Zustimmung des Bezirkspersonalrats erforderlich gewesen ist, unerheblich, ob § 12 MTA auf das Beschäftigungsverhältnis noch Anwendung findet.
Nach § 12 Abs. 1 MTA kann der Angestellte aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen versetzt oder abgeordnet werden. Diese Tarifvorschrift, auf die in dem Arbeitsvertrag des Klägers Bezug genommen worden ist, berechtigte den Arbeitgeber, den Kläger aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen abzuordnen. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann diese Berechtigung des Arbeitgebers nicht mehr unmittelbar dem Arbeitsvertrag entnommen werden. Daraus ergibt sich aber weder, daß die Entsendung des Klägers für mehr als drei Monate zu einer anderen Dienststelle keine Abordnung mehr i.S. von § 75 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG ist, noch daß die Beklagte den Kläger abordnen kann, ohne die Beteiligungsrechte der Personalvertretung zu wahren.
2. Bei der Verfügung der Beklagten, der Kläger solle vom 30. Mai 1989 bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits seinen Dienst statt in H beim Arbeitsamt in D versehen, handelt es sich um eine Abordnung.
a) Der seit dem 1. Juli 1986 bei der Beklagten beschäftigte Kläger wurde zum 15. Juli 1987 vom Landesarbeitsamt N zum Arbeitsamt H versetzt. Versetzung im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG ist anders als nach § 95 Abs. 3 BetrVG nicht jede Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs für mehr als einen Monat. Versetzung im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG ist vielmehr nur die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs in einer anderen Dienststelle auf Dauer (Dietz/ Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rz 61). Mit dem Vollzug der Versetzung wird die neue Dienststelle die Stammdienststelle, in die der Arbeitnehmer nunmehr eingegliedert ist. Er hat seine Arbeitsleistung in dieser Dienststelle zu erbringen, umgekehrt ist er in dieser Dienststelle zu beschäftigen. Zur Arbeitsleistung in einer anderen Dienststelle an einem anderen Arbeitsort konnte der Kläger nur durch eine weitere Versetzung oder Abordnung verpflichtet werden.
b) Darüber war die Beklagte sich auch im klaren. Dementsprechend hat sie in dem Schreiben vom 30. Mai 1989 die Abordnung des Klägers vom Arbeitsamt H zum Arbeitsamt D verfügt.
Der Hinweis der Revision, die Rechtslage werde durch die unrichtige Rechtsauffassung einer Partei nicht verändert, ist zwar richtig. Vorliegend war aber die Rechtsauffassung der Beklagten, als sie von einer Abordnung des Klägers ausging, zutreffend.
Das Arbeitsamt H war die Stammdienststelle des Klägers. Durch Urteil vom 24. November 1988, durch das die fristlose Kündigung für unwirksam erklärt wurde, wurde die Beklagte verurteilt, den Kläger als Psychologen im Arbeitsamt H weiterzubeschäftigen. Dieses Urteil ist am 7. März 1989 rechtskräftig geworden. Von diesem Zeitpunkt an bestand die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger über den Zugang der fristlosen Kündigung hinaus im Arbeitsamt H weiterzubeschäftigen. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren 2 (3) Ga 5/89 beim Arbeitsgericht H ist die Beklagte dann durch Urteil vom 26. April 1989 verpflichtet worden, den Kläger über das Ende der ordentlichen Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits über die ordentliche Kündigung (- 2 Ca 1554/88 -) weiterzubeschäftigen. In den Tenor ist zwar nicht ausdrücklich aufgenommen worden, daß der Kläger in H weiterzubeschäftigen war. Das ergab sich aber aus der Tatsache, daß das Arbeitsamt H die Stammdienststelle des Klägers gewesen ist. Es fehlt jeglicher Anhaltspunkt für die Annahme der Revision, sie habe aufgrund des Weiterbeschäftigungsurteils vom 26. April 1989 den Kläger irgendwo in der Bundesrepublik beschäftigen können. Das hat die Beklagte auch so gesehen und hat deshalb den Kläger vom Arbeitsamt H zum Arbeitsamt D "abgeordnet".
3. Vorliegend handelte es sich um eine Abordnung im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG. Danach hat der Personalrat mitzubestimmen bei der Abordnung für die Dauer von mehr als drei Monaten.
Mit der Abordnung wird die vorübergehende Zuweisung eines Arbeitsbereichs in einer anderen Dienststelle unter Aufrechterhaltung des Beschäftigungsverhältnisses zur abordnenden Dienststelle erfaßt. Von der Versetzung unterscheidet sich die Abordnung i.S.v. § 75 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG lediglich dadurch, daß bei ihr der Arbeitnehmer vorübergehend für die Dauer von mehr als drei Monaten bei einer anderen Dienststelle beschäftigt wird. Wie bei der Versetzung gehört aber zu den konstitutiven Begriffsmerkmalen der Abordnung, daß dem Arbeitnehmer ein Arbeitsplatz in einer anderen Dienststelle zugewiesen wird (Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rz 75; Cecior/Dietz/Vallendar, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen , Stand: Februar 1989, § 72 Rz 149). Auf den Zweck der Abordnung kommt es für die Frage, ob die Personalvertretung zu beteiligen ist, nicht an (Lorenzen/ Haas/Schmitt, BPersVG, Stand Dezember 1990, § 75 Rz 65 a). Vorliegend war der Kläger für die gesamte Dauer des Rechtsstreits über die Kündigungsschutzklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung abgeordnet worden, das bedeutete eine Abordnung für mehr als drei Monate.
4. Liegt aber eine Abordnung für die Dauer von länger als drei Monaten vor, hat der Arbeitgeber nach § 69 Abs. 1 BPersVG die Zustimmung des zuständigen Personalrats zu dieser Abordnung einzuholen. Zu beteiligen war vorliegend der Bezirkspersonalrat beim Landesarbeitsamt N , weil der Präsident des Landesarbeitsamts für die Personalentscheidungen bei Angestellten, die in den Vergütungsgruppen IV a bis I b MTA eingruppiert sind, zuständig ist.
Nach § 69 Abs. 5 BPersVG kann der Leiter der Dienststelle allerdings bei Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen treffen. Er hat in diesem Falle dem Personalrat die vorläufige Regelung mitzuteilen und zu begründen und unverzüglich das Verfahren nach den Absätzen 2 bis 4 einzuleiten oder fortzusetzen. § 69 Abs. 5 BPersVG bedeutet nur, daß der Arbeitgeber trotz fehlender Zustimmung eine Abordnung als vorläufige Maßnahme durchführen darf, nicht aber, daß er die Personalvertretung überhaupt nicht beteiligen muß.
Vorliegend hat die Beklagte den Bezirkspersonalrat zu keinem Zeitpunkt beteiligt. Die Rechtsfolge ist, daß die Abordnung unwirksam ist (so schon Senatsurteil vom 2. Juni 1987 - 1 AZR 645/85 - n.v.). Dies folgt aus dem Zweck des Beteiligungsrechts, mit dem in erster Linie der von der Abordnung betroffene Arbeitnehmer geschützt werden soll, in zweiter Linie aber auch die Interessen der Dienststellenangehörigen berücksichtigt werden sollen (BAGE 17, 248, 257 = AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: BAVAV; BAGE 18, 142, 151 = AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: BAVAV, zu III b der Gründe; BAGE 19, 295, 300 = AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: BAVAV; Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, § 69 Rz 37; Grabendorff/ Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 6. Aufl., § 69 Rz 36).
Dementsprechend hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, die Klage sei begründet, so daß die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen war.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Breier Hilgenberg
Fundstellen
BAGE 67, 35-46 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
BAGE, 35 |
DB 1991, 2677-2677 (Leitsatz 1-3) |
NZA 1991, 695 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
RdA 1991, 189 |
ZTR 1991, 346-347 (Leitsatz 1-2 und Gründe) |
AP § 4 BPersVG (Leitsatz 1-3 und Gründe), Nr 4 |
AR-Blattei, Personalvertretung XIA Entsch 8 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht, Nr 50 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
PersR 1991, 307-309 (Leitsatz 1-2 und Gründe) |
PersV 1996, 229 (Leitsatz) |