Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsrechtlicher Status von Musikdozenten
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 16.3.1988, 5 AZR 28/87.
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht oder ob die Klägerinnen/Kläger für das beklagte Land als freie Mitarbeiter tätig sind.
Die Klägerinnen/Kläger (im folgenden kurz: Kläger) sind Lehrbeauftragte an der Musikhochschule Lübeck des beklagten Landes. Ihre Beschäftigung beruht auf einem Lehrauftrag. Die Dauer der zeitlichen Inanspruchnahme ist bei ihnen unterschiedlich; im Höchstfall beträgt ihre Unterrichtszeit jedoch 9,5 Semester-Wochenstunden. Der Lehrauftrag für den Kläger zu 6) ist mit Ablauf des Wintersemesters 1985/86 abgelaufen. Die Klägerin zu 9) ist Lehrbeauftragte für das Fach Musikalische Früherziehung und Grundausbildung; sie erteilt Gruppenunterricht. Alle anderen Kläger erteilen Einzelunterricht, und zwar für folgende Instrumente und Gebiete:
die Kläger zu 1), zu 7) und zu 8) Klavier,
die Kläger zu 2) und zu 3) Blockflöte,
die Kläger zu 4) und zu 5) Gesang,
der Kläger zu 6) Gitarre.
Als Vergütung ist der Betrag von 60,-- DM für die Semesterwochenstunde vereinbart. Durch diese Vergütung sind die mit der Lehrtätigkeit zusammenhängenden nichtunterrichtlichen Tätigkeiten, wie die Vorbereitung auf den Unterricht, die Teilnahme an Konferenzen, Besprechungen und ähnlichen Veranstaltungen, abgegolten.
Bei den Rechtsbeziehungen der Parteien handelt es sich nach dem Lehrauftrag "um ein selbständiges, die Arbeitskraft nicht überwiegend beanspruchendes Dienstverhältnis, das sich nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs regelt. Tarifrechtliche Vorschriften finden hierauf keine Anwendung". Ferner ist im Lehrauftrag bestimmt, daß er mit Ablauf des jeweiligen Semesters, für das er erteilt worden ist, endet und sich stillschweigend um ein weiteres Semester verlängert, wenn er nicht 14 Tage vorher gekündigt worden ist. Die Kläger haben den Lehrauftrag angenommen und sich mit den darin aufgeführten Bedingungen einverstanden erklärt.
An der Musikhochschule Lübeck werden die Lehrveranstaltungen zu ungefähr 60 % von Lehrbeauftragten durchgeführt. Diese nehmen wie die hauptamtlichen Dozenten an Fachgruppensitzungen sowie an Aufnahme- und Abschlußprüfungen teil. Im Vorlesungsverzeichnis werden sie wie die anderen Dozenten namentlich aufgeführt, jedoch sind Ort und Zeit ihres Einzelunterrichts nicht vermerkt. Einige Lehrbeauftragte führen den Unterricht auch außerhalb Lübecks durch.
Die Kläger haben geltend gemacht, zwischen ihnen und dem beklagten Land bestehe ein Arbeitsverhältnis. Als Lehrbeauftragte seien sie den festangestellten Dozenten völlig gleichgestellt und wie diese in den Lehrbetrieb der Hochschule eingegliedert. Sie müßten Ort und Termin ihrer Übungsstunden mit den Studenten wegen deren sonstiger Verpflichtungen und wegen der anderweitigen Nutzung der Übungsräume in der Hochschule abstimmen. Sie könnten einzelne Studenten nur zurückweisen, wenn mehr Interessenten von ihnen unterrichtet werden wollten, als sie in der vertraglich vereinbarten Zeit betreuen könnten.
Die Aufgaben der Musikhochschule würden vor allem von Lehrbeauftragten erfüllt. Diese Aufgabenwahrnehmung sei ohne Weisungsgebundenheit nicht denkbar. Die Lehrbeauftragten seien wie Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen an bestimmte Lehrinhalte gebunden und müßten diese vermitteln. Lehrgegenstand und Lehrziel seien durch die Studienordnungen sowie durch die Richtlinien für die jeweiligen Fächer festgelegt. Der zeitliche Rahmen für die Vermittlung ergebe sich aus den festgelegten Prüfungszeiten, der Regelstudienzeit und dem Ziel der Ausbildung. Sie, die Kläger, unterlägen wie ein Lehrer einer Kontrolle hinsichtlich der Qualität und des Umfangs ihrer Tätigkeit. Das ergebe sich schon daraus, daß sie die Zuweisung der Studenten schriftlich bestätigen und den erteilten Unterricht im Studienbuch testieren müßten. Weiter könne die Hochschule anhand der Prüfungsprotokolle den Erfolg ihres Unterrichts überprüfen.
Schließlich haben die Kläger vorgetragen, sie müßten mit den Studenten, von denen 50 % Nebenfachstudenten seien, vor allem zu Beginn des Studiums rein technisch-manuelle musikalische Fähigkeiten einüben, da ihnen die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten fehlten. Nur so könnten die Studenten ihr Ausbildungsziel erreichen. Angesichts dieses "sturen Paukens" könne von einer weisungsfreien, selbstbestimmten, persönlich unabhängigen Tätigkeit nicht die Rede sein.
Der Kläger zu 6) hat beantragt
festzustellen, daß er bis zum Ablauf des
Wintersemesters 1985/86 bei der Musikhoch-
schule Lübeck im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses (Arbeitsver-
hältnisses) und nicht als selbständiger
freier Mitarbeiter tätig gewesen ist.
Die Klägerinnen/Kläger haben - mit Ausnahme des Klägers zu 6) - beantragt
festzustellen, daß sie bei der Musikhoch-
schule Lübeck im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses und nicht als
selbständige freie Mitarbeiter tätig sind.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Es hat vorgetragen: Die Kläger seien als freie Mitarbeiter tätig. Sie könnten Ort und Zeit ihres Einzelunterrichts frei bestimmen und den Unterricht frei gestalten. Die Unterrichtszeiten würden zwischen ihnen und den Studenten durch Einzelvereinbarung festgelegt. Sie seien auch nicht gehalten, ihren Unterricht in der Musikhochschule abzuhalten. Der Anteil der Lehrbeauftragten sei deshalb so groß, weil nach dem Konzept der Musikhochschule der Instrumentalunterricht möglichst von solchen Dozenten erteilt werden solle, die in erster Linie selbst hochqualifiziert ausübende Künstler seien.
Das Arbeitsgericht hat den Klagen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richten sich die Revisionen der Kläger, mit denen sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstreben.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind nicht begründet.
I. 1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, zwischen den Parteien sei ein privatrechtliches Dienstverhältnis begründet worden. Ein privatrechtliches Dienstverhältnis kann ein Arbeitsverhältnis oder das Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters sein.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unterscheidet sich ein Arbeitsverhältnis von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters (Dienstvertrag) durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in welcher der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils steht. Danach ist Arbeitnehmer derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hat. Insoweit enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal. Nach dieser Bestimmung ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und daher persönlich abhängig ist der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Allerdings gilt die genannte Regelung unmittelbar nur für die Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters zum abhängig beschäftigten kaufmännischen Angestellten. Über diesen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus enthält die Bestimmung jedoch eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrags vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, zumal da sie die einzige Norm darstellt, die Kriterien hierfür aufzählt (vgl. BAGE 36, 77, 84 = AP Nr. 38 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 3 b der Gründe; sowie aus neuester Zeit BAGE 41, 247, 253 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe). Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation wird insbesondere dadurch deutlich, daß ein Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Häufig tritt auch eine fachliche Weisungsgebundenheit hinzu, sie ist andererseits für Dienste höherer Art - auch künstlerische Tätigkeit gehört dazu - nicht immer typisch (vgl. BAGE 41, 247, 253 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe, m.w.N.).
2. Über die danach vorzunehmende Einordnung des Rechtsverhältnisses (Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag) entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge (z.B. Dienstvertrag ohne Kündigungsschutz) oder eine von ihnen gewählte Bezeichnung, die dem Geschäftsinhalt in Wahrheit nicht entspricht. Der jeweilige Vertragstyp kann nur aus dem wirklichen Geschäftsinhalt erkannt werden. Dieser Geschäftsinhalt kann sich aus den getroffenen Vereinbarungen wie auch aus der praktischen Durchführung des Vertrags ergeben. Widersprechen Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung des Vertrags einander, ist die letztere maßgebend. Aus der praktischen Handhabung lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien ausgegangen sind (vgl. statt vieler BAGE 41, 247, 258 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 3 der Gründe, m.w.N.).
3. Das Landesarbeitsgericht hat sich bei der rechtlichen Bewertung des von ihm festgestellten Sachverhalts an diese Grundsätze gehalten. Das von ihm gefundene Subsumtionsergebnis ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. An die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Senat gebunden, weil die Revision diese nicht mit Verfahrensrügen nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO angegriffen hat (§ 561 Abs. 2 ZPO).
II. 1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kläger unterlägen hinsichtlich der Unterrichtszeit keinen Weisungen des beklagten Landes. Sie könnten die Unterrichtszeiten mit den einzelnen Studenten frei abstimmen, ohne daß die Musikhochschule an dieser Vereinbarung in irgend einer Form beteiligt sei. Daß bei der Abstimmung die Pflichtstundenzahlen der Studenten, die festgelegten Gruppenunterrichtszeiten und sonstige Studienverpflichtungen berücksichtigt werden müßten, führe lediglich zu einem tatsächlichen Sachzwang, der aber charakteristisch für die Lektorentätigkeit an Hochschulen sei. Diesem Ergebnis ist beizupflichten. Die Möglichkeit der Kläger, ihre Unterrichtszeiten mit den Studenten unter Berücksichtigung der beiderseitigen zeitlichen Verpflichtungen im übrigen frei zu bestimmen, spricht eher für das Rechtsverhältnis von freien Mitarbeitern als für ein Arbeitsverhältnis.
2. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, für die Kläger bestehe keine Weisung der Musikhochschule hinsichtlich des Unterrichtsortes. Nach dem eigenen Vortrag der Kläger entspreche es lediglich dem Wunsch des beklagten Landes, daß der Unterricht in den Räumen der Musikhochschule erteilt wird. Wenn auch dem Unterrichtsort nicht unbedingt ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden kann (vgl. BAGE 39, 329, 335 = AP Nr. 32 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten, zu II 4 der Gründe), so verfügen die Kläger jedenfalls insoweit über große Freiheit. Sie können in den Räumen der Hochschule unterrichten oder den Unterricht bei sich zu Hause erteilen. Dieser Umstand spricht ebenfalls mehr für die Eigenschaft der Kläger als freie Mitarbeiter.
3. Das Landesarbeitsgericht hat weiter angenommen, die Kläger seien hinsichtlich der Unterrichtsgestaltung im wesentlichen frei. Zwar müßten sie die Studenten auf ein Examen mit genau festgelegten Anforderungen vorbereiten, die sich hieraus ableitende Vorgabe des Unterrichtsstoffes lege aber nur den Gegenstand der vertraglich geschuldeten Leistung fest. Selbst wenn man unterstelle, daß die "Zusammenstellung von Prüfungsanforderungen für das Fach Klavier aus den verschiedenen Studiengängen" eine rechtlich bindende Richtlinie für den Unterricht der Kläger sei, enthalte diese Richtlinie lediglich die Vorgabe, mit den Studenten Werke aus allen Epochen so einzustudieren, daß die Studenten in der Lage seien, den Prüfungsanforderungen zu genügen. Auch insoweit werde lediglich der Gegenstand der vertraglichen Leistung der Kläger festgelegt. Innerhalb dieser Vorgaben könnten die Kläger den Unterricht frei bestimmen. Danach sei es ihnen möglich, die für den Unterricht wichtigen Werke aus den einzelnen Musikepochen selbst auszuwählen; ebenso sei es ihnen und dem jeweiligen Studenten möglich, nach den individuellen Interessen und Begabungen einen Schwerpunkt auf bestimmte Epochen oder Werke zu legen. Die Musikhochschule erteile den Klägern damit nicht einmal allgemeine Anweisungen in methodischer und didaktischer Hinsicht.
Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit es um die Festlegung des Unterrichtsstoffes geht, handelt es sich um die Abgrenzung des Vertragsgegenstandes (vgl. BAGE 39, 329, 335 = AP Nr. 32 aa0, zu II 3 der Gründe; vgl. ferner die nicht veröffentlichte Entscheidung in der Parallelsache 5 AZR 422/84 vom 5. Februar 1986, zu III 2 der Gründe). Die Bindung des Verpflichteten an einen bestimmten Unterrichtsstoff bedeutet keine persönliche Abhängigkeit. Zur Vermittlung eines bestimmten Wissensbereichs kann man sich als Arbeitnehmer wie auch als freier Mitarbeiter verpflichten. Andererseits verfügen die Kläger über besondere Möglichkeiten der Eigeninitiative, wenn sie beim Unterricht Schwerpunkte bilden und Akzente setzen können. Dies wiederum spricht für ihre Freiheit von Weisungen und für ihren Status als freie Mitarbeiter.
4. Das Landesarbeitsgericht hat weiter festgestellt, die Kläger seien weder hinsichtlich des Umfangs noch hinsichtlich der Qualität ihres Unterrichts einer Kontrolle durch die Musikhochschule unterworfen. Daraus hat es den Schluß gezogen, die Kläger seien als freie Mitarbeiter in einem frei vereinbarten Dienstverhältnis tätig. Auch diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sogar eine gewisse Kontrolle durch die Musikhochschule würde die Kläger nicht zu Arbeitnehmern machen. Denn der Gläubiger hat immer das Recht, die ordnungsgemäße Erfüllung der geschuldeten Leistung zu kontrollieren.
III. Auch die weiteren Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
1. Nach § 2 Abs. 1 des Hochschulgesetzes von Schleswig-Holstein in der Fassung vom 1. März 1979 (GVBl. Schleswig-Holstein, S. 123) dient das Hochschulwesen der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und der Künste durch Forschung, Lehre und Studium. Die Hochschulen sollen so auf eine berufliche Tätigkeit vorbereiten, daß sie die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung vermitteln. Nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 des Hochschulgesetzes sind die Lehrbeauftragten, soweit es im Gesetz selbst oder der Verfassung bestimmt ist, den Mitgliedern der Hochschule gleichgestellt. Nach § 84 des Gesetzes hat der Fachbereich, soweit Ziel, Aufbau und Inhalte eines Studiums nicht durch andere Vorschriften im einzelnen geregelt sind, für jeden Studiengang eine Studienordnung als Satzung zu erlassen. In der Studienordnung sind das Studienziel, der Inhalt und der zweckmäßige Aufbau des Studiums einschließlich einer in den Studiengang eingeordneten praktischen Tätigkeit zu regeln. Nach Absatz 2 der Bestimmung sind die für den Studiengang in Betracht kommenden Lehrinhalte unter Berücksichtigung der fachlichen und hochschuldidaktischen Erfordernisse so auszuwählen und zu begrenzen, daß das Studium in der Regelstudienzeit abgeschlossen werden kann; dabei soll gewährleistet werden, daß der Student nach seiner Wahl an fachübergreifenden Lehrveranstaltungen teilnehmen kann.
Nach § 85 des Hochschulgesetzes stellt der Fachbereich das Lehrangebot sicher, das zur Einhaltung der Studienordnungen und anderer Ziel und Inhalt des Studiums regelnden Rechtsvorschriften erforderlich ist (Mindestlehrangebot). Nach § 101 des Gesetzes mit der Überschrift "Lehrbeauftragte" gilt:
"(1) Zur Ergänzung des Lehrangebots können Lehrauf-
träge erteilt werden. Die Lehrbeauftragten sind
nebenberuflich tätig. Sie nehmen die ihnen über-
tragenen Lehraufgaben selbständig wahr. Der
Lehrauftrag ist zu vergüten. ...
(2) Lehraufträge werden vom Präsidium auf Antrag des
Fachbereichs erteilt. ...
(3) Lehrbeauftragte wirken an der Gestaltung der
Lehre und des Studiums nach der Verfassung der
Hochschule mit. ..."
Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Kläger erfüllten durch ihren Unterricht nicht die wesentlichen Aufgaben der Hochschule, nämlich die Vermittlung der Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung, sondern lediglich die Vermittlung handwerklichen Könnens. Dem kann nicht gefolgt werden. Die insoweit unzutreffende Ansicht des Landesarbeitsgerichts bleibt aber für das Entscheidungsergebnis ohne Bedeutung.
Nach § 2 Abs. 1 des Hochschulgesetzes soll die Musikhochschule Lübeck auf eine berufliche Tätigkeit so vorbereiten, daß sie die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung vermittelt. Voraussetzung für musikalisch-künstlerische Gestaltung ist die sichere Beherrschung der manuell-technischen Seite des Faches. Daher sind Technik und künstlerische Gestaltung nicht streng voneinander zu trennen, sondern fließen ineinander über. Studenten einer Musikhochschule müssen selbstverständlich auch die technische Seite ihres Fachs lernen, um die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung zu erwerben. Die technische Seite lediglich als die Vermittlung handwerklichen Könnens zu verstehen, greift daher zu kurz. Letztlich kann es auf eine Unterscheidung zwischen der manuell-technischen und der künstlerisch-gestalterischen Seite jedoch nicht ankommen, weil die Vermittlung "handwerklichen" Könnens wie die Vermittlung gestalterischer Fähigkeiten auf der Grundlage eines Dienstvertrages ebenso rechtlich zulässig ist wie auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses.
2. Soweit § 101 Abs. 1 Satz 1 des Hochschulgesetzes die Ergänzung des Lehrangebots durch Lehraufträge vorsieht, ist darunter die Ergänzung in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht zu verstehen. Die Tätigkeit der Kläger ergänzt das Lehrangebot. In welcher Weise dies geschieht, gibt für sich genommenen keine Antwort auf die Frage, ob die Kläger Arbeitnehmer oder freie Mitarbeiter sind. Jedenfalls wird der Gegenstand der von den Klägern vertraglich übernommenen Leistung nicht dadurch verändert, daß an der Hochschule 60 % des Lehrangebots durch Lehrbeauftragte wahrgenommen werden. Hierbei handelt es sich um eine Frage der Organisation und des wissenschaftlichen oder künstlerischen Niveaus der Hochschule. Schlußfolgerungen in der Richtung, daß die Lehrbeauftragten deswegen Arbeitnehmer seien, sind nicht möglich. Es muß dem beklagten Land überlassen bleiben, wenn es zur Verwirklichung seiner gesamtdidaktischen Konzeption möglichst viele hochqualifizierte freischaffende Künstler heranzieht. Als Rechtsform dafür stehen Dienstvertrag und Arbeitsvertrag zur Verfügung. Wer - wie die Kläger - seine Leistung aufgrund eines Dienstvertrages erbringt, kann auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung verlangen, wie ein Arbeitnehmer behandelt zu werden, weil er Dienste erbringt, die in gleicher Weise in der Rechtsgestalt eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden können und von anderen erbracht werden. Maßgeblich ist, wie dargelegt, der Geschäftsinhalt der vertraglichen Vereinbarung. Dieser Geschäftsinhalt stimmt im Fall der Kläger mit dem von den Parteien Erklärten überein.
3. Daß die Kläger seit sieben Jahren oder länger mit einem etwa gleichen wöchentlichen Unterrichtsdeputat in ihrem Fach beschäftigt werden, ergibt nicht ihre Arbeitnehmereigenschaft. Der Senat hat schon früher mehrfach darauf hingewiesen, daß das Vorliegen eines Dauerrechtsverhältnisses für sich genommen noch nicht den Schluß auf ein Arbeitsverhältnis erlaubt, sondern daß auch bei Bestehen eines Dauerrechtsverhältnisses stets geprüft werden muß, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt (vgl. BAGE 30, 163, 167 f. = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B I 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 23. April 1980 - 5 AZR 426/79 - AP Nr. 34 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu I 4 der Gründe; zuletzt Urteil vom 24. Oktober 1984 - 5 AZR 346/83 -, zu B II 1 der Gründe, nicht veröffentlicht). Arbeitsverhältnis wie Dienstverhältnis sind mit wie auch ohne Dauerverpflichtung möglich (vgl. Senatsurteil vom 13. November 1985 - 5 AZR 435/84 -, zu B II 5 der Gründe; nicht veröffentlicht).
Dr. Thomas Dr. Gehring Griebeling
Heinz Dr. Hirt
Fundstellen